Saint-Saëns, Camille

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Saint-Saëns, Camille

La Lyre et la Harpe Op. 57, cantata for orchestra, SATB choir, and SATB soloists (with French & German libretto)

Art.-Nr.: 4286 Kategorie:

42,00 

Camille Saint-Saëns – La lyre et la harpe. Kantate für Orchester, SATB-Chor und SATB-Solisten, op. 57 (1879)

(geb. Paris, 9. Oktober 1835 – gest. Algier, 16. Dezember 1921)

Vorwort

Camille Saint-Saëns ist heute vor allem für sein bezauberndes Orchesterwerk Le carnaval des animaux und die melodramatische Oper Samson et Dalila bekannt. Obwohl die Themen dieser beiden Werke sehr unterschiedlich sind – das erste stellt allseits bekannte Tiere innerhalb eines musikalischen Programms dar, während das zweite eine berühmte biblische Geschichte erzählt -, sind beide einem westlichen Publikum zugänglich und vertraut, was sicherlich zur anhaltenden Popularität der Stücke beigetragen hat.

Ein weniger bekanntes Werk von Saint-Saëns jedoch ist ein besserer Einstieg in die kreative Welt des Komponisten. Seine dreizehnsätzige Kantate La lyre et la harpe konzentriert sich auf einige der zentralen Ideen der französischen Romantik: Glaube, Liebe, Tod und die Aufgabe des Künstlers in der Welt. Sie basiert auf dem gleichnamigen Gedicht von Victor Hugo aus dem Jahr 1822 und ist das erste Auftragswerk eines französischen Komponisten für das Birmingham-Festival, was die Bedeutung von Saint-Saëns in der damaligen Musikwelt verdeutlicht.

In Hugos Gedicht wetteifern die Lyra (die das griechisch-römische Heidentum repräsentiert) und die Harfe (die für das Christentum steht) miteinander und versuchen, einen Dichter davon zu überzeugen, ihrer jeweiligen Weltanschauung zu folgen – am Ende entscheidet der Dichter, dass beide Konzepte in der Kunst verwendet werden können. Im 19. Jahrhundert lebten Heidentum und Katholizismus in Frankreich miteinander, hatte doch das wachsende wissenschaftliche und künstlerische Interesse an Griechenland und Rom auch den Dialog über die nicht-katholischen Traditionen der Verehrung Gottes angeregt.1 Hugos Werke kritisierten die herrschenden Klassen, einschließlich der Monarchie und der katholischen Führer, wie etwa in den berühmten Schurkereien des Claude Frollo in Notre-Dame de Paris (1831) und Inspektor Javerts in Les Misérables (1862). Gleichzeitig priesen sie unterdrückte, antiroyalistische Franzosen wie jene, die zur Französischen Revolution aufriefen.

Mit der Vertonung von Hugos Text zeigte Saint-Saëns, dass er die Überzeugungen der Romantiker teilte, die nach der französischen Revolution Kirche und Monarchie ablehnten, aber er hegte auch ein tiefes akademisches Interesse an der Antike und veröffentlichte als Ergebnis seiner Studien der antiken römischen Kunst Essays über die römische Lyra und alte Theatertraditionen. Saint-Saëns war von der Bedeutung von Massenszenen in überdimensioniertem Ambiente überzeugt.2

La lyre et la harpe besteht aus einem Präludium und zwölf Sätzen. Saint-Saëns dirigierte die erste Aufführung des Werks in Birmingham im August 1879 mit 500 Musikern. Die Vertonung des Gedichts von Hugo nimmt sich des zentralen Gedankens an, dass wie zu seiner Zeit griechisch-römische und christliche Philosophien nebeneinander existieren können. Das Werk ist für SATB-Chor, SATB-Solisten und grosses Orchester gesetzt. Durch die sorgfältige Verwendung von Tonarten, thematischem Material und Texturen gruppiert Saint-Saëns die einzelnen Abschnitte um Satz 7, der den Text von Harfe und Lyra verbindet und den Mittelpunkt des Werkes darstellt. Präludium, Satz Nr. 7 und der Epilog, in denen das musikalische und poetische Material der konkurrierenden Richtungen zusammengeführt wird, verwirklichen deutlich Hugos Idee, dass die Philosophie von Lyra und Harfe durchaus miteinander leben können.

Saint-Saëns konfrontiert die jeweiligen Sätze der Lyra und der Harfe mit Hilfe von Unterschieden in der Struktur. Das Präludium in der ABAB-Form konstituiert die strukturelle Zweiteilung, indem es von der Solo-Orgel in den Harfenteilen zu einer dichteren Orchesterstruktur in den Lyrateilen wechselt. Die Harfen-Sätze verwenden eine sparsamere orchestrale Textur. Das Harfen-Thema, das das Präludium eröffnet (Beispiel 1), erklingt leise auf der Solo-Orgel, vielleicht dem Stil der katholischen Kirchenorganisten abgelauscht. Die meisten Harfensätze verzichten auf Chorgesang. Nur einer, Nr. 6, enthält einen Chor, der aber von einem Tenorsolisten unterstützt wird.

Beispiel 1: Präludium, La lyre et la harpe, Orgel, mm. 1-4, „Harfen-Thema“

Das Lyra-Thema (Beispiel 2) erscheint in den Harfen, denn sie kommen der antiken Lyra in der Klangfarbe am nächsten. Saint-Saëns stellt einen strukturellen Kontrast zwischen den Harfen- und Lyra-Sektionen her, indem der Chor mit Ausnahme von zwei Sätzen an allen Lyra-Sätzen beteiligt ist. Diese Verwendung von Chor und einem durchgängig grossen Orchester könnte auf den Eindruck des Komponisten verweisen, dass im griechisch-römischen Theater große Chöre eingesetzt wurden, die ein großes Publikum anzogen.

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