Purcell, Henry

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Purcell, Henry

Fantazias and other Instrumental Music

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Preface

Henry Purcell – Fantasien und andere Instrumentalmusik

(b. Westminster, 10. September 1659 (?) – d. Westminster, 21. November 1695)

Preface
„Ein englischer Musiker von umfassenderen Genie, als sich unser Land vielleicht zu irgendeinem anderen Zeitpunkt rühmen kann“. So wurde Henry Purcell mehr als hundert Jahre nach seinem Tod von dem berühmten englischen Reisenden und Historiker Charles Burney in seinem Eintrag über den Komponisten in Abraham Rees‘ The Cyclopedia gepriesen – eine der umfassendsten Enzyklopädien des 19. Jahrhunderts in englischer Sprache (Bd. 29, 1819 in London veröffentlicht). Purcell stand bereits zu Lebzeiten für englische Musik – das hat sich auch im einundzwanzigsten Jahrhundert, mehr als 300 Jahre nach seinem Tod, nicht geändert. Seine Opern und Oden werden nach wie vor in der ganzen Welt aufgeführt – Werke, die ihm den Beinamen „der führende Komponist von Vokalmusik in englischer Sprache“ eingebracht haben. (Alan Howard, Compositional Artifice in the Music of Henry Purcell, OUP, 2020)

Selbst im achtzehnten Jahrhundert, als der in Deutschland geborene Georg Friedrich Händel der führende Komponist in England wurde, änderte dies nichts an Purcells Status. Als Charles Burney die beiden Männer verglich, erklärte er Purcells Vokalmusik „im Akzent, in der Leidenschaft und im Ausdruck der englischen Worte… als einer Übersetzung eines Originalgedichts Händels überlegen“. Doch dieses Zitat von Burney – und in diesem Zusammenhang eine Vielzahl anderer Zitate – zeigt einen augenscheinlichen Mangel an Bewusstsein für viele von Purcells Instrumentalwerken, vor allem für seine Musik für das Gambenconsort. Werke, die – wie Peter Holman in seinem Artikel über den Komponisten im New Grove behauptete – zu „Eckpfeilern des modernen Gamben-Consort-Repertoires“ geworden sind.

Als Kind der Restauration von Charles II. stieg der frühreife Henry Purcell schnell auf der Karriereleiter nach oben. Nach einer frühen Karriere als Chorknabe in der Chapel Royal (ca. 1669-73) wurde Purcell 1677 Komponist im Auftrag des Monarchen. Im Jahr 1679 trat John Blow, der prominenteste Tonschöpfer der Zeit, von seinem Posten als Organist der Westminster Chapel zurück, um Purcell zu seinem Nachfolger zu machen. Schließlich wurde Purcell 1682 zum Organisten der Chapel Royal ernannt. Er behielt all diese Ämter bis zu seinem vorzeitigen Tod im Jahr 1695.

Es muss kurz nach der Übernahme der Stelle an der Westminster Chapel gewesen sein, dass Purcell mit der Arbeit an seinen Werken für das Gambenconsort begann. Sein Schaffen für dieses Ensemble besteht aus dreizehn vollständigen Fantasien (drei in drei Stimmen, neun in vier Stimmen sowie die fünfstimmige „Fantazia auf einer Note“), einer unvollständigen vierstimmigen Fantazia, zwei In Nomines (in sechs und sieben Stimmen) und vier Pavanen (in drei Stimmen). Den leeren Seiten des Manuskripts der Fantasien nach zu urteilen, scheint Purcell beabsichtigt zu haben, seiner Sammlung weitere Fantasien in 5, 6, 7 und 8 Stimmen hinzuzufügen – eine Absicht, die nie verwirklicht wurde.

Von Andrew R. Walkling (in The Ashgate Research Companion to Henry Purcell) als „Inbegriff abstrakter Musik“ in Purcells Werk beschrieben, stellen diese Werke die allerletzten Beispiele in der englischen Gamben-Consort-Tradition dar, die bis in die erste Hälfte des 16 zurückreicht. Obwohl Purcells Werke anscheinend für Consorts von Gamben gedacht waren, haben Peter Holmans umfangreiche Forschungen gezeigt, dass solche Werke oft mit Orgelbegleitung – oft vom Komponisten selbst gespielt – aufgeführt wurden, die einige oder alle Stimmen verdoppelte. Das Fehlen von Einzelstimmen bei den meisten dieser Werke hat jedoch Zweifel daran aufkommen lassen, ob sie überhaupt zur Aufführung bestimmt waren.

Die zehn vierstimmigen Fantazien, Produkte eines jugendlichen Purcell, tragen ein genaues Datum (vermutlich das Kompositionsdatum), die meisten davon stammen aus dem Jahr 1680. Wie Burneys bereits erwähnte Purcell-Biographie darlegt, waren diese Werke jedoch vielen nicht bekannt. Sogar der Biograph Nigel North, ein Zeitgenosse Purcells, der ihn auch persönlich kannte, zeigt seine mangelnde Kenntnis dieser Werke, indem er Matthew Lockes Fantasien als „die letzten der Art, die komponiert wurden“ schildert.

Kein anderes Genre in Purcells Oeuvre ist so rätselhaft wie die für Gambenconsort geschriebenen Stücke. Die Entstehungsgeschichte dieser Stücke – und folglich der Grund für diesen Umstand – ist nie mit Sicherheit geklärt worden. Die am häufigsten akzeptierte Erklärung ist, dass sie ursprünglich wahrscheinlich als Kompositionsübungen gedacht waren (eine Theorie, die u.a. von Peter Holman vertreten wird). Sie stellen Werke dar, die in einer ausgesprochen antiquierten Gattung geschrieben wurden, die gegen die Normen der damaligen Zeit verstieß, die durch die neue italienische Mode – in Form der neu entwickelten Sonate – sowie durch die Dominanz der Mitglieder der Violinfamilie diktiert wurden. Der neue Geschmack an kontinentaler Musik wurde am deutlichsten von dem Monarchen Karl II. artikuliert, der sich zu seiner Vorliebe für Musik bekannte, zu der er mit den Füßen wippen konnte (wie Roger North berichtete). So dürfte die Chacony in g-Moll – ein weiteres Werk, über dessen Entstehung wir so gut wie nichts wissen – dem König aufgrund ihrer rhythmischen Vitalität gefallen haben.

Purcells Experimente und Innovationen in dieser Sammlung von Werken sind sehr unterschiedlich. Während seine Fantasien die kontrapunktischen Möglichkeiten des siebzehnten Jahrhunderts erforschen, greifen seine In Nomines auf das sechzehnte Jahrhundert zurück – auf eine Gattung, die in den 1520er Jahren in den Werken John Taverners ihren Anfang nahm. In Fantazia upon One Note stellt Purcell sich der beispiellosen Herausforderung, ein komplexes kontrapunktisches Gerüst um einen eintönigen Cantus firmus (mittleres C, in der Tenorstimme gehalten) zu erschaffen. Purcells Pavanen hingegen könnten eine weitere kompositorische Herausforderung dargestellt haben (wie Peter Holman vermutet): das Schreiben einer Pavane in jeder herkömmlichen Tonart – ein Projekt, das nicht zur vollen Entfaltung kam.

Purcells Gambenwerke markieren das Ende des „goldenen Zeitalters“ der Gambe in England, einer Tradition, die fast 150 Jahre lang ruhte, um dann um die Jahrhundertwende wieder aufzutauchen (diese Unterbrechung wurde von Peter Holman in seiner Monografie von 2010 eingehend untersucht). Sie wurden erst 1927 in einer Ausgabe von Peter Warlock und André Mangeot veröffentlicht. Danach dauerte es mehr als dreißig Jahre, bis eine wissenschaftliche Ausgabe erschien. Diese wurde von Thurston Dart unter der Schirmherrschaft der Purcell Society durchgeführt und 1959 veröffentlicht. Der vorliegende Band stellt diese Ausgabe zur Verfügung und würdigt damit Darts bahnbrechende Bemühungen auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Edition Alter Musik.

Siavash Sabetrohani, 2020

Nachdruck eines Exemplars aus der Musikbibliothek der Münchner Stadtbibliothek, München.

Score Data

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Orchester

Format

210 x 297 mm

Druck

Reprint

Seiten

114

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