Kaminski, Heinrich

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Kaminski, Heinrich

Double Fugue for String Orchestra (first print)

18,00 

Kaminski, Heinrich

Double Fugue for String Orchestra (first print)

(1911)

Vorwort
Heinrich Kaminski war einer der wenigen Komponisten der Epoche des Umbruchs von der nachromantischen, dur-moll-tonalen Tradition zur sogenannten Moderne, der es schaffte, eine Kontinuität über den Paradigmenwechsel hinweg zu bauen und einen eigenen, völlig unverwechselbaren, zeitlosen Stil auszuprägen, der weder ein Echo des Überlieferten ist noch sich dagegen stellt oder davon abschneidet. Sein künstlerisches Motto war ‚Evolution, nicht Revolution’, und die klare Absicht war, die Errungenschaften der höchsten Kunst deutscher Kontrapunktik, ausgehend von Johann Sebastian Bach, dem späten Beethoven und Anton Bruckners symphonischer Größe, in neue Gefilde des Ausdrucks und der interkulturellen Verbindung fortzuführen. Dies ist ihm in überzeugender und auch handwerklich makellos vollendeter Weise gelungen, und es gelang ihm, wesentliche Aspekte seines künstlerischen Tuns und Ethos’ an seine begabtesten und ernsthaftesten Schüler, also an Reinhard Schwarz-Schilling (1904-85) und Heinz Schubert (1908-45) weiterzuvermitteln. Mitte der zwanziger Jahre bis Anfang der dreißiger Jahre galt Kaminski als zentrale Stimme des neuen Musikschaffens jenseits von Reaktion und Avantgarde, doch mit dem Dritten Reich wurde seine Kunst zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Kein Wunder bei einem Mann, der Bismarck als ursächliches Element ausmachte, der „dem ehrlichen und bewunderungswürdig einsichtigen Bemühen des damaligen Kronprinzen Friedrich III. (im Verein mit seiner Gemahlin und seiner Schwester, der Großherzogin und seinem Schwager, dem Großherzog von Baden) einen wirklichen Bund der deutschen Länder (ohne preußische Hegemonie!) zu schaffen, seinen verbissen-zähen und leider nur allzu erfolgreichen Widerstand entgegensetzte – so dass ab 1871 die Verpreußung Deutschlands in immer ausgesprochenerer Form ihren Weg zu diesem katastrophalen Ende gehen konnte“. Man hat Kaminskis Schaffen zwar nicht mit Aufführungsverbot belegt, doch war es unerwünscht und wurde dementsprechend bis auf wenige Ausnahmen (insbesondere Heinz Schubert in Flensburg und Rostock) nicht mehr aufgeführt. Nach dem Kriege hätte seine Zeit wiederkommen können, doch war ihm nicht mehr als ein Jahr vergönnt, und es ist auch höchst zweifelhaft, ob der faschistoide Geist des seriellen Materialismus als Diktat in der Gegenwartsmusik seinem Wirken eine ausreichende Nische gelassen hätte. Da seine Musik zudem von höchster Komplexität und auch instrumentaltechnisch hohen Schwierigkeiten geprägt ist, hat bis heute keine Kaminski-Renaissance stattgefunden, auch wenn sich führende Musiker – wie Lavard Skou Larsen in Neuss – mit Leidenschaft und Kompetenz für sein Schaffen einsetzen. Die wichtigsten Werke Kaminskis gehören den Gattungen der zum Orient erweiterten Sakralmusik, der Orchestermusik und der Kammermusik an (nicht vergessen seien hierüber seine beiden wenig bühnenwirksamen, gewissermaßen vergleichbar Wagners ‚Parsifal’, Enescus ‚Œdipe’ oder Szymanowskis ‚Krol Roger’ mystisch durchtränkten Musiktheaterwerke ‚Jürg Jenatsch’ und ‚Das Spiel vom König Aphelius’). Kaminski hat mit seinem Wirken eine machtvolle, vielschichtige Strömung initiiert, die infolge der Verstrickungen der deutschen Geschichte gewaltsam abgebrochen wurde. Vielleicht ist es heute möglich, daran anzuknüpfen und die Widersprüche der Geschichte zu transzendieren.

Die Doppelfuge für Streichorchester, die gegebenenfalls auch von solistischen Streichern ausgeführt werden kann, schrieb Kaminski laut Birgitta Hartogs Werkverzeichnis (in: ‚Heinrich Kaminski; Komponisten in Bayern, Band 11’; Tutzing 1986) 1911 während seiner Berliner Studienzeit als Kompositionsschüler von Paul Juon (1872-1940) in der von seiner Gönnerin Martha Warburg (1879-1973) finanzierten Mietwohnung im Vorort Zehlendorf. Bereits in diesem Werk erweisen sich seine handwerkliche Hochkarätigkeit als substanzieller Kontrapunktiker und seine stilistische Unabhängigkeit und Eigenart in frappierender Weise. Er hatte im Herbst 1909 mit dem Studium am Sternschen Konservatorium in Berlin begonnen, wo er bei dem berühmten Leschetitzky-Schüler Severin Eisenberger (1879-1945) im Klavierspiel und zunächst bei Wilhelm Klatte (1870-1930) in Theorie unterwiesen wurde. Ein kurzes Intermezzo in Komposition bei Hugo Kaun (1863-1932) schloss sich an, bevor er in Paul Juon jenen Lehrer fand, dem er noch den entscheidenden Schliff verdanken sollte. Doch von Anfang an ging sein ganzes Streben dahin, in der weltentrückten Versenkung seine ganz eigene Sprache zu finden. Clara Holler, eine Kommilitonin aus der Eisenberger-Klasse, schrieb in ihren Aufzeichnungen 1956 über den jungen Komponisten:
„Kaminski war 23 Jahre alt, als ich ihn in Berlin kennenlernte. Er studierte damals Klavier bei Severin Eisenberger […] In jener Zeit erwachte sein Schöpferdrang mit einer fast unheimlichen Vehemenz […]

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