Strauss, Richard

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Strauss, Richard

Bardengesang for three four-part male choirs and orchestra, Op. 55

Art.-Nr.: 4641 Kategorie:

23,00 

Richard Strauss – Bardengesang op. 55

(geb. München, 11. Juni 1864 – gest. Garmisch-Partenkirchen, 8. September 1949)

für drei vierstimmige Männerchöre und Orchester

Vorwort
Mit dem Bardengesang op. 55 schuf Richard Strauss eines jener politisch aufgeladenen Werke des frühen 20. Jahrhunderts, die sehr deutlich den allesumfassenden Nationalismus dieser Zeit ausdrücken. Dabei ist das gewählte Thema, die Schlacht im Teutoburger Wald zwischen den vom cheruskischen Arminius angeführten Germanen und den Römern unter der Leitung des Feldherren Varus im Jahre 9 nach Christus ebenso typisch für die Gründerzeit und die Wilhelminische Epoche: Strauss selbst vertonte bereits im Jahre 1886 Ausschnitte aus Die Hermannsschlacht von Heinrich von Kleist für Männerchor, Blechbläser und Harfe (diese Komposition ist heute verschollen) und Hans Pfitzner schrieb 1906, ebenfalls auf den Text Kleists, einen Gesang der Barden WoO 19 für Männerchor, Bratschen, Celli und Hörner. Schließlich wandte sich der 41-jährige Strauss 1906 noch einmal dem Thema zu, diesmal in der Verarbeitung des Stoffes durch Friedrich Gottlob Klopstock, der in den Jahren 1766/67 das Schauspiel Die Hermanns Schlacht verfasste. Darin spielen die zahlreichen Gesänge der Barden eine wichtige Rolle, in den meisten der 14 Szenen kommen sie zum Einsatz. Strauss wählte die Gesänge der sechsten Szene aus und konzipierte sie (gemäß den drei Chören in Klopstocks Schauspiel) für drei Männerchöre zu je vier Stimmen und großes Orchester. Er begann mit der Komposition am 6. April und vollendete sie bereits kurze Zeit später am 26. April 1906 in Charlottenburg. Die Drucklegung unter der Opuszahl 55 erfolgte im selben Jahr beim Musikverlag Fürstner. Ursprünglich hatte Strauss die Absicht, den Bardengesang Kaiser Wilhelm II. zu widmen, denn dieser gewährte ihm fünf freie Sommermonate bei seiner Stellung als erster Preußischer Hofkapellmeister in Berlin; letztendlich eignete Strauss die Komposition jedoch dem Freund und Chormeister Gustav Wohlgemuth zu. Die Uraufführung des Bardengesangs fand am 6. Februar 1907 in Dresden unter der Leitung von Friedrich Brandes statt.

Klopstocks Bardengesänge der sechsten Szene von Die Hermanns Schlacht umfassen zwölf Strophen zu je vier Versen, Strauss übernahm die Zuordnung der Strophen zu den drei Chören von der textlichen Vorlage. In den ersten drei Strophen werden die Krieger zum Kampf gerufen, um den drei Römern Fabius, Aemilius und Julius (vermutlich stellvertretend für die drei römischen Legionen, die in der Hermannsschlacht den Germanen unterlagen) und deren Gefolgsleuten entgegenzutreten. Das Schlachtgetümmel wird dabei von einem Riesenorchester eindrucksvoll in Musik umgesetzt. Einen naturalistischen Effekt erzeugt Strauss mit der Positionierung von zusätzlichen Blechbläsern hinter der Bühne, die wiederholt ein Fanfarensignal (Quartsprung) spielen. Hinzu tritt das Schlagwerk, dass in dieser Darstellung einer Schlacht eine inhaltlich wie akustisch dominante Rolle einnimmt. In den Strophen 4–7 werden die germanischen Stämme aufgezählt und glorreich besungen, bevor in der siebten Strophe von der Niederlage der Römer erzählt wird. Dabei fällt auf, dass Strauss die drei vierstimmigen Männerchören nie eine Zwölfstimmigkeit erreichen lässt, sondern diese oft unisono, manchmal zweistimmig singen. Die Besetzung mit drei Männerchören hat also mehr dramatische Wirkung als musikalische und lehnt sich an die Vorlage Klopstocks an. In der achten Szene äußern sich die Barden spottend über den schnellen Aufstieg und Fall Roms. Die letzten drei Strophen sind wieder an die Germanen gerichtet und erzählen von der Erscheinung der Ahnen, die den Germanen in der Schlacht beigestanden sind. Grundsätzlich kann man sagen, dass der Bardengesang weniger von den Gesangsstimmen als vom Orchesterklang lebt, denn den Männerchören sind vor allem kurze melodische Floskeln zugeteilt, die sich erst gegen Ende der rund zehn Minuten dauernden Komposition hin zu richtigen Melodien entwickeln. In der zwölften und letzten Strophe treten die Anfangs entfernt aufgestellten Blechbläser auf die Bühne und die siegreichen Germanen hören schließlich Walhallas Lobgesang.

Der dem Chorwerk zugrundeliegende Text von Friedrich Gottlob Klopstock wurde bereits früh als sehr umständlich und für eine musikalische Umsetzung nicht geeignet betrachtet. Vor allem die als belehrend empfundene, fast schulmeisterliche Aufzählung der vielen germanischen Stämme in den Strophen 4–7 rief Hohn und eine Missbilligung der Textauswahl durch Strauss hervor. Trotz der Kritik am Text wurde die musikalische Gestaltung der Chöre sehr positiv aufgenommen und das Werk wurde zum Erfolg. Dass der Bardengesang heute kaum mehr auf die Programme gesetzt wird, liegt einerseits an der großen Besetzung des Werks (drei Männerchöre mit großem Orchester) und andererseits am Inhalt, der wohl in der Wilhelminischen Epoche für Begeisterung beim Publikum gesorgt haben mag, mit dem sich heutige Zuhörerinnen und Zuhörer jedoch weit weniger identifizieren können.

Matthias Guschelbauer, 2021

Das Aufführungsmaterial ist vom Verlag Schott, Mainz., zu beziehen.

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Partitur Nr.

4641

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Chor/Stimme & Orchestra

Format

Druck

Reprint

Seiten

68

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