Reinecke, Carl

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Reinecke, Carl

Kinder-Symphonie in C Dur für Pianoforte, 2 Violinen, Violoncello & 9 Kinder-Instrumente, Op. 239 (Partitur and Stimmen)

25,00 

Carl Reinecke – Kinder-Symphonie (Toy-Symphony) C-Dur op. 239 (1895)

(geb. Altona [Hamburg], 23. Juni 1824 – gest. Leipzig, 10. März 1910)

I Allegro un poco maestoso (p. 1)
II Andantino (p. 13) – Poco più lento (p. 16) – Tempo primo (p. 17)
III Moderato (p. 20) – Un poco animato (p. 21)
IV Steeple Chase. Molto vivace (p. 23) Ancor più vivace (p. 30)

Vorwort
Carl Reinecke, einer der prominentesten deutschen Komponisten der Generation Bruckner-Brahms, ist in der Musikgeschichtsschreibung keineswegs unumstritten, war er doch bis ins hohe Alter in Zeiten des Umbruchs von der Revolution der Neudeutschen um Liszt bis zur Demontage der tonalen Ordnung ein Hüter der Tradition, der unbeirrt den Idealen einer von Mendelssohn und Schumann befruchteten klassizistischen Romantik huldigte. Bereits als Sechsjähriger erhielt er Musikunterricht von seinem Vater Johann Rudolf Reinecke und trat erstmals 1835 öffentlich als Pianist hervor. Er reiste als Solist durch Europa und wurde als „graziöser Mozartspieler“ bekannt. 1843-46 weilte er dank eines Stipendiums des dänischen Königs und holsteinischen Herzogs Christian VIII. (1786-1848) in Leipzig (Altona, heute ein Stadtteil von Hamburg, war damals die schleswig-holsteinische Kulturmetropole), wurde von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-47) protegiert und spielte am 16. November 1843 dessen Serenade und Allegro giocoso op. 43 im Gewandhaus. Auch machte er die Bekanntschaft Robert Schumanns (1810-56), den er zutiefst verehrte. So ist es kein Wunder, dass Mendelssohn und Schumann zu den Leitsternen seines eigenen Schaffens wurden, und wenn man ihn später auf seine Abhängigkeit von diesen Vorbildern ansprach, konnte er entspannt antworten: „Ich würde nicht dagegen opponieren, wenn man mich einen Epigonen nennt.“

1847 wurde Reinecke zum dänischen Hofpianisten ernannt, doch der Aufenthalt war nur von kurzer Dauer. Der preußisch-dänische Krieg 1848 zwang ihn zur Rückkehr nach Leipzig, wo er diesmal jedoch kein Glück hatte und daher 1849 nach Bremen ging, um zu dirigieren. Auf einen Wink von Franz Liszt (1811-86) lud ihn Hector Berlioz (1803-69) nach Paris ein. Dort trat er als Pianist auf und traf Ferdinand Hiller (1811-85) wieder, den er bereits aus Leipzig kannte. Mittlerweile war Hiller Direktor des Kölner Konservatoriums geworden und holte Reinecke ab 1851 als Klavierlehrer an sein Haus. Reinecke nahm den Kontakt zu Schumann, nunmehr im nahe gelegenen Düsseldorf, wieder auf und lernte dort auch den jungen Johannes Brahms (1833-97) kennen. 1854-59 wirkte Reinecke als Kapellmeister in Barmen (lange Zeit eine blühende Musikstadt, heute Ortsteil von Wuppertal) und ging 1859 als Musikdirektor nach Breslau.

Kaum hatte er sich dort eingerichtet, als er die Offerte des Leipziger Gewandhaus-Orchesters erhielt, dessen Leitung zu übernehmen. Es sollte die Stelle seines Lebens werden, die er 25 Jahre lang von 1860 bis 1895 bekleidete. Außerdem wirkte er nun als Professor für Klavier und Komposition am Leipziger Konservatorium in einer Zeit, als eine Flut hochbegabter Komponisten aus aller Welt dort den handwerklichen Schliff verpasst bekam. Unter seinen Studenten finden sich denn keine Geringeren als (in der Reihenfolge ihres Alters) Max Bruch, Johan Severin Svendsen, Arthur Sullivan, Edvard Grieg, Hugo Riemann, Hans Huber, Charles Villiers Stanford, Iwan Knorr, Leoš Janáček, George Chadwick, Julius Röntgen, Christian Sinding, Ethel Smyth, Karl Muck, Emil Nikolaus von Reznicek, Isaac Albéniz, Frederick Delius, Robert Teichmüller, Felix Weingartner, Cornelis Dopper, Hermann Suter, Eyvind Alnæs, Gerhard von Keußler, Julián Carillo, Richard Wetz, Mikolajus Konstantinas Čiurlionis oder Sigfrid Karg-Elert.

Nach seiner recht abrupten und demütigenden Entlassung als Gewandhaus-Kapellmeister – wo ihm Arthur Nikisch (1855-1922) nachfolgte und eine neue, glanzvoll die gediegene Reinecke-Ära überstrahlende Epoche eröffnete und das Orchester zu einem der führenden Klangkörper weltweit formte – war Reinecke von 1897 bis 1902 Direktor des Leipziger Konservatoriums. Reinecke war bis in seine späte Zeit ungebrochen aktiv, spielte 1905 als erster Pianist auf Welte-Mignon-Rollen das Larghetto aus Mozarts ‚Krönungs’-Konzert ein und trat 1906 mit seinem Schüler Fritz von Bose (1865-1945) in Mozarts Konzert für zwei Klaviere KV 365 auf. Noch 1909 konzertierte er im Gewandhaus. Neben der Orientierung an Mozart, Mendelssohn und Schumann sind in seinem Klaviersatz auch Einflüsse von Chopin und Brahms zu erkennen. In der Orchestermusik dominiert zweifellos das von Mendelssohn und Schumann ererbte, und es fällt durchaus auf, dass erstaunlich wenig von der Kraft und Entschiedenheit Beethovens auf ihn abstrahlte, auch wenn er sich ein Leben lang intensiv mit dessen Klaviersonaten beschäftigte. Heute kennt man Reinecke als Komponisten vor allem deshalb, weil er Solokonzerte für zwei von den Großmeistern der Romantik sehr vernachlässigte Instrumente geschrieben hat: das Harfenkonzert e-moll op. 182 und das 1908 erschienene Flötenkonzert D-Dur op. 283. Auch die ‚Undine’-Sonate für Flöte und Klavier in e-moll op. 167 ist nach wie vor beliebt, und in letzter Zeit haben die Streichorchester seine sehr schöne Serenade in g-moll op. 242 von 1898, eine passende Ergänzung im von Robert Volkmann (1815-83), Dvořák, Grieg, Tschaikowsky und Robert Fuchs (1847-1927) so dankbar bedachten Genre, wieder entdeckt.

Carl Reinecke komponierte nicht nur vier Klavierkonzerte, sondern auch vier Symphonien, deren erste in G-Dur – komponiert vor 1850 und von 1850 bis 1858 mehrfach aufgeführt – er allerdings nicht mit einer Opuszahl versah und später nicht mehr anerkannte. Sie ist verschollen. So beginnt die von ihm autorisierte Zählung mit der Ersten Symphonie in A-Dur op. 79, die in der Erstfassung am 2. Dezember 1858 in Leipzig und am 22. Oktober 1863 ebendort zur Uraufführung kam. Sie erschien 1864 bei Breitkopf & Härtel im Druck. Die beiden weiteren Symphonien schrieb Reinecke in seiner Funktion als Gewandhaus-Kapellmeister. Die Zweite Symphonie in c-moll op. 134 ist 1874 entstanden und 1875 beim Leipziger Verlag Robert Forberg in Partitur, Stimmen und vierhändigem Klavierauszug veröffentlicht worden. Die Dritte Symphonie in g-moll op. 227 schließlich stellte Reinecke 1894 fertig, und zwei Jahre später erschien sie bei Simrock.

1895 schrieb Reinecke seine beim Londoner Verleger Augener & Co. im selben Jahr erschienene, viersätzige ‚Kinder-Symphonie’ op. 239 unter Mitwirkung von Spielzeuginstrumenten, die er als deklarierten „Carnevals-Scherz“ selbstverständlich nicht mit einer Nummer versah und entsprechend nicht als vollgültige Symphonie erachtete. Unter den zahlreichen Zitaten und Anspielungen seien im zweiten Satz die folgenden genannt: ‚Brüderlein fein’ von Wenzel Müller (1759-1835), ‚Sehnsucht nach dem Frühling’ KV 596 von Walfgang Amadeus Mozart, Melodien aus Carl Maria von Webers ‚Oberon’ und Ludwig van Beethovens Septett op. 20 und die fünfte Nummer (‚Letzter Gedanke von Weber’ aus den ‚Danses brillantes’ op. 26 von dem romantischen Modekomponisten Carl Gottlieb Reißiger (1798-1859). Der Partitur sind einführende Worte des Komponisten vorangestellt. Die ‚Kinder-Symphonie’ gehört seit der Veröffentlichung in ihrer scherzhaften Anspruchslosigkeit zu den meistgespielten Kompositionen Carl Reineckes.

Christoph Schlüren, Mai 2016

Aufführungsmaterial ist von Simrock, Hamburg, zu beziehen.

Partitur Nr.

1843

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Orchester

Format

Anmerkungen

Druck

Reprint

Seiten

88

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