Nicodé, Jean Louis / orch. Pohle, Max

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Nicodé, Jean Louis / orch. Pohle, Max

Bilder aus dem Süden (Pictures from the South) Op. 29

Art.-Nr.: 4790 Kategorie: Schlüsselwort:

35,00 

Preface

Jean Louis Nicodé – »Bilder aus dem Süden« op. 29 for orchestra

(geb. Jezyce [Jerczik] bei Poznan [Jersitz bei Posen], 12. August 1853 – gest. Langebrück [Dresden], 14. Oktober 1919)

orchestriert von Max Pohle
(geb. Leipzig, 25. Mai 1852 – gest. Chemnitz, 12. November 1909)

(ca. 1885/86, orch. ca. 1903/04)

I Bolero. Markiert (p. 1) – Mäßig (p. 9) – Tempo primo (p. 17) – Mäßig (p. 25) – Più mosso (p. 29) – Langsamer (p. 31) – Stringendo (p. 32)
II Maurisches Tanzlied. In mäßigem Tempo (p. 1)
III Serenade. Nicht zu schnell, ohne zu schleppen (p. 1) – Etwas ruhiger (p. 9) – Tempo primo (p. 12)
– Ruhig (p. 16)
IV Andalusienne. Lebhaft (p. 1) – Sehr schnell (p. 23)
V Provençalisches Märchen. Allegretto (p. 1) – Lebhaft (p. 6) – Sehr schnell (p. 12) – Tempo primo (p. 13)
VI In der Taberna. Ziemlich schnell, lustig (p. 1) – Langsam, fast melancholisch (p. 11) – Tempo primo (p. 16) – Ruhiger (p. 24) – Prestissimo (p. 25)

Vorwort
Jean Louis Nicodé zählt zu den bedeutendsten deutschen Komponisten zwischen Johannes Brahms und Richard Strauss. Väterlicherseits war er französisch-hugenottischer, mütterlicherseits polnischer Abstammung. Drei Jahre nach seiner Geburt zog die Familie, nachdem der Vater sein Anwesen „durch Missgeschick“ verloren hatte, nach Berlin. Nach anfänglichem Musikunterricht bei seinem Vater wurde er dort privat von dem Organisten Hartkaes unterwiesen, bevor er 1869 sein Studium an der von Theodor Kullak (1818-82) 1855 gegründeten Neuen Akademie der Tonkunst aufnahm, wo er bei Direktor Kullak Klavier- und zunächst bei dem Mendelssohn-Schüler Richard Wüerst (1824-81), dann bei Friedrich Kiel (1821-85) Kompositionsunterricht erhielt.

Nach Abschluss des Studiums wurde Nicodé zuerst als Pianist bekannt und 1878 als Klavierlehrer an das seit einem Jahr von Franz Wüllner (1832-1902) geleitete Königliche Konservatorium in Dresden berufen. Ab 1884 leitete Wüllner das Kölner Konservatorium, und 1885 folgte ihm Nicodé dorthin, nachdem man ihn in Dresden daran gehindert hatte, das vierhändige Arrangement von Franz Liszts Faust-Symphonie aufs Programm zu setzen.

Doch dann erreichte ihn das Angebot, die Leitung der Philharmonischen Konzerte in Dresden zu übernehmen. Er setzte sich für die Neudeutschen ein, wurde massiv angefeindet und legte 1888 die Leitung nieder. 1893 über-nahm er die Leitung der Chemnitzer Städtischen Kapelle und gründete dort 1896 auch einen Chor, der bald als der ‚Nicodé-Chor’ bekannt wurde. In Dresden veranstaltete er bis 1900 die ‚Nicodé-Konzerte’ und setzte allen konservativen Widerständen zum Trotz Musik von Felix Draeseke, Anton Bruckner und Richard Strauss durch. Vor allem als Beethoven- und Wagner-Dirigent wurde er legendär, Beethovens Missa solemnis wurde in 22 Proben erarbeitet, und Ferdinand Pfohl (1862-1949) beschrieb ihn als „geniale Dirigenten-Natur. In Nicodés Art zu dirigieren eint sich echt musikalische, in die letzten Tiefen des Kunstwerks eindringende Auffassung mit geist- und gemütvoller, durch innere Wärme und Temperament belebter Interpretation, mit Klarheit und Plastik: ein volles Erfassen des Kunstwerks nach außen und innen.“ 1900 zog sich Nicodé vom Dirigieren zurück, widmete sich endlich wieder intensiv der Komposition und schuf innerhalb von drei Jahren sein Hauptwerk, die ca. zwei Stunden ohne Unterbrechung dauernde, riesenhaft besetzte symphonische Tondichtung ‚Gloria! Ein Sturm- und Sonnenlied’ für Chor und Orchester op. 34, die am 30. Mai 1904 bei der Tonkünstler-Versammlung in Frankfurt am Main zur Uraufführung kam (mit 12 Hörnern, 7 Trompeten, 8 Glocken, 12 Trillerpfeifen, Orgel usw.). Diesem gewaltigen Werk gingen als Hauptwerke Nicodés voran: die Symphonie-Ode ‚Das Meer’ op. 31 für Männerchor, Solo, großes Orchester und Orgel nach Dichtungen von Karl Woermann (1844-1933) und zuvor die Johannes Brahms gewidmeten Symphonischen Variationen op. 27, über welche Ferdinand Pfohl 1902 schrieb: „Die Harmonik Nicodés ist kühn und großartig, seine kontrapunktische Meisterschaft imposant, seine Orchestration poetisch, dramatisch und von besonderer Schönheit und Eigenart des Kolorits.“
»Bilder aus dem Süden« op. 29, orchestriert von Max Pohle

Nicodé komponierte seine ‚Bilder aus dem Süden‘ op. 29 für Klavier zu vier Händen. Es ist sein letztes Werk für diese damals so weit verbreitete, in der Hausmusik und zur Abendunterhaltung in bürgerlichen Kreisen ungemein beliebte Besetzung. Frühere Werke für Klavier zu vier Händen von Nicodé waren die 4 Miscellen op. 7 (Breitkopf & Härtel 1876), Walzer-Capricen op. 10 (Breitkopf & Härtel 1877), Scherzo fantastique op. 16 (Bote & Bock 1878) und der Walzer ‚Eine Ballszene‘ op. 26 (Breitkopf & Härtel 1883). Die ‚Bilder aus dem Süden‘ entstanden ca. 1885/86 nach den Symphonischen Variationen op. 27 für großes Orchester von 1884-85, mit denen Nicodé sich als einer der führenden Orchesterkomponisten seiner Zeit durchsetzte. Im Druck erschien das aus sechs Genrestücken bestehende Werk, das musikalische Szenen aus Spanien und Italien in äußerst natürlicher, echt empfundener Weise vor dem Hörer evoziert, 1886 bei Breitkopf & Härtel in Leipzig. Wie schon in seinen Faschingsbildern für Orchester erweist sich Nicodé als ganz großer Meister der leichten Musik und knüpft damit an eine Kunst an, wie sie unter den Großen Mozart, Schubert, Rossini oder Weber selbstverständlich beherrschten und wie sie zu seiner Zeit insbesondere von Brahms und Dvořák in ihren Tänzen gepflegt wurde. Alle sechs Sätze sind absolute Meisterstücke feinster Arbeit, charakteristischer Eleganz und vollendet gestalteter Form. Es müssen übrigens keineswegs alle sechs Sätze zusammenhängend aufgeführt werden, auch wenn dies wunderbar schlüssig funktioniert.

Die Orchestration von Max Pohle, die vom Komponisten autorisiert wurde, entstand ca. 1903/04 und ist so feinsinnig, charakteristisch und brillant, dass sie ebenso gut auch von Nicodé selbst stammen könnte. Prof. Hermann Eduard Max Pohle war von 1889 bis zu seinem frühen Tode Leiter der Städtischen Kapelle Chemnitz und als Musiker Nicodé in gegenseitiger Wertschätzung freundschaftlich verbunden. Möge dieser erstmalige Nachdruck des 1904 in sechs Einzelausgaben erschienenen Erstdrucks vielen Dirigenten Ansporn sein, diese zauberhaft leichtfüßige, äußerst geschmackssichere und wirkungsvolle Musik, die in idealer Weise genau das ausdrückt, was sie ausdrücken will und soll, zu entdecken und möglichst oft aufzuführen. Es wird kein Publikum geben, das damit nicht zu fesseln und im besten Sinne zu unterhalten wäre.

Partitur und Stimmen von Max Pohles Orchestration der »Bilder aus dem Süden« op. 29 erschienen 1904 bei Nicodés Stammverlag Breitkopf & Härtel in Leipzig im Druck. Vorliegende erste Studienausgabe der Partitur ist ein unveränderter Nachdruck des Erstdrucks.

Christoph Schlüren, Juli 2023

Aufführungsmaterial ist erhältlich vom Originalverlag Breitkopf & Härtel, Wiesbaden (www.breitkopf.com).

 

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Score Data

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Orchester

Seiten

144

Format

210 x 297 mm

Druck

Reprint

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