Hasse, Johann Adolph

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Hasse, Johann Adolph

La Conversione di Sant Agostino, Oratorio

Art.-Nr.: 1850 Kategorie:

31,00 

Johann Adolph Hasse

(geb. Deutschland, 25. März 1699 – gest. Venedig, 16. Dezember 1783)

La conversione di Sant‘ Agostino

Vorwort
Johann Adolph Hasse war ein braver Sohn und setzte das Familiengeschäft fort: die Musik. Bereits in seiner Kindheit übte er sich als Sänger und Komponist, sein erstes Geld verdiente er als Tenor am Hofe zu Brunswick im Jahre 1719. Nach dem regionalen Erfolg seiner Oper Antioco (1721), in der Hasse auch selbst sang, machte er sich 1722 auf die „grand tour“, jene zur damaligen Zeit obligatorische Reise der besser gestellten Kreisen durch Europa, die in Neapel, der musikalischen Hauptstadt des Kontinents endete. Hier begannen seine Verbindungen mit den grössten Sängern seiner Zeit,und hier vervollkommnete er seine Fähigkeiten als Komponisten unter den wachsamen Augen von Alessandro Scarlatti. Hasses Erfolge in Italien wurden bald Gesprächsthema in ganz Europa, und gemeinsam mit seinem Freund Pietro Metastasio wurde er zum Aushängeschild der opera seria für Generationen.

Hasse, nunmehr eine internationale Berühmtheit, war an den königlichen Höfen auf dem gesamten Kontinent heiss begehrt. 1730 akzeptierte er das Stellenangebot als Kapellmeister am Dresdener Hof. Obwohl sein Ruhm auf seinem umfangreichen Schaffen für die Opernbühne beruhte, schuf er ebenso ein bemerkenswertes Oeuvre an sakraler Musik. Am 28. März 1730 präsentierte Hasse sein Oratorium La conversione di Sant‘ Agostino in der Kappelle des königlichen Palastes in Dresden. Das Libretto hatte die Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis verfasst, es beruhte auf einem jesuitischen Drama von Franciscus Neumayr. Der Dresdener Premiere folgten zahlreiche Aufführungen in Leipzig, Hamburg, Mannheim, Padua, Rom, Riga, Prag, Potsdam und Berlin, ein Beweis für die Popularität des Stücks in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das Werk ist uns überliefert in einem Manuskript aus der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden

Hasse beginnt La Conversione di Sant’ Agostino mit einer orchestralen Einleitung, die das tonale Zentrum B-Dur des Werks einführt. Tonartlich gruppieren sich die meisten der Arien eng um dieses Zentrum. Aus der Erhabenheit und dynamischen Intensität dieser Introduktion erhebt sich der erste Gesangsbeitrag des Oratoriums. Der Zuhörer wird Zeuge eines Gespräches zwischen dem Priester Simpliciano (Tenor) und Monika (Sopran), der Mutter von Sankt Augustinus von Hippo. Monika verleiht ihren Befürchtungen Ausdruck, ihr Sohn würde nie seinen sündhaften Weg verlassen können.Dieser dringende Wunsch wird zum zentralen dramatischen Thema des gesamten Werks mit Alipio (Alt), dem Freund und Navigio (Bass), dem Bruder, deren dramatische Funktion darin besteht, den verzweifelten Wunsch nach Wandlung zu intensivieren. Im Vergleich mit seiner Mutter Monika ist die Rolle von Sankt Augustin (Alt) zweitrangig; lediglich zwei Arien sind ihm zugewiesen, beide besingen seinen Wunsch nach Erlösung von seinem sündigen Lebenswandel. Der Wandlung wird ausdrücklich in Teil II bestätigt, in dem Augustinus Gott bittet, dass er ihn mit Barmherzigkeit betrachte, nachdem sein Herz ihn getadelt hat.

Hasse bedient sich durchgängig formaler Konventionen, um die dramatische Handlung zu verstärken. Die erste Arie, gesungen von Monika, ist eine Dacapo-Form. Obwohl diese Standardform durch übermässigen Gebrauch in zahlreichen zeitgenössischen Stücken verpönt war, ist die Monika-Arie eine von drei Dakapo-Arien des Oratoriums. Die Arien erklingen zu Beginn des Werks, in der Mitte – Monikas zweite Arie am Anfang von Teil II, in der sie sich wegen des Lebenswandels ihres Sohnes grämt -, und als abschliessende Arie, in der Simpliciano alle jene mahnt, die sich in ähnlicher Seelenqual befinden, dem Beispiel von Sankt Augustinus zu folgen. Der Einsatz dieser Arienform dient der Betonung der Dringlichkeit eines Wandels, ebenso wie die Wiederholung von Textstellen mit weiteren Verzierungen der Intensivierung der Fürbitten der Leidenden dient. Alle anderen Arien des Werks verwenden Dal Segno-Form, in der das eröffnende Ritornello entfällt und ein neue orchestrale Überleitung zwischen B und A‘ erscheint. Die Figuren des Oratoriums kommunizieren hauptsächlich mittels Secco-Reziativen und Arien, der Chor ist reserviert für intensive dramatische Passagen, die am Ende von Akt I nach der Erlösung des sündigen Sankt Augustinus verlangen, dann am Ende von Akt II nach der Erlösung der gesamten Menschheit. Der Chor bietet eine dramatische Wiederaufnahme im finalen Duo von Akt II zwischen Monika und Alipio, in der Monika verzweifelt betet, dass die langsame Entwicklung ihres Sohnes nach einer inneren Umkehr nicht umsonst gewesen sein mag. Zum Abschluss von Teil II, nachdem Simpliciano zum ersten Mal in einer Arie die Notwendigkeit eines Wandels besingt, erlebt der Chor seinen dramatischen Höhepunkt innerhalb dieses Dramas. Allein schon die ansehnliche Anzahl an Gesangsnummern, die der Chor in diesem Werk zu bewältigen hat, dient dazu, die Botschaft des Simpliciano zu verstärken und den Zuhörer zu drängen, Augustinus‘ Beispiel zu folgen.

Das Oratorium bietet die einmalige Gelegenheit zu einem Einblick in die Aufführungspraxis des mittleren 18. Jahrhunderts, insbesondere was die Konventionen der Ornamentierung und die ausgewogene Balance zwischen Stimmen und Instrumenten betrifft. Hasses Instrumentierung erinnert an die Bachpassionen – das Stück ist besetzt mit zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Violinen, einer Bratsche, einem Cello, einem Bass und einem Tasteninstrument. Verglichen mit Bach jedoch sind Hasses harmonische Vorstellungen einfacher, um Reibungen mit dem Text zu vermeiden. Gemäss der „galanten“ Ästhetik, die musikalische Einfachheit verfocht, hält Hasse die Textur des Stückes recht dünn, fast durchgängig nur mit Streichern und Continuo als Begleitung der Rezitative. Diese selbst sind oft sehr lang, aber gemäss Aufführungspraxis seiner Zeit wurden zahlreiche Verzierungen hinzugefügt, um mehr Interesse an der vokalen Linie zu erwecken. Eines der am häufigsten benutzen Ornamente verlangte, die vorletzte Silbe eine Stufe höher als die geschriebene Tonhöhe anzusetzen, um eine Kadenz vorauszunehmen, die auf der letzten Silbe folgen sollte. Hasse verwendet in seiner Begleitung Streicher und Continuo in italienischer Manier und kreiert gelegentlich einen Dialog zwischen dem Sänger und einem oder zwei Instrumenten. So enthält Monikas erste Arie einen Wechsel und später eine Vereinigung von blumigen, melismatisch verzierten Passagen zwischen der Gesangslinie und der ersten Flöte. Hasse reserviert dichtere orchestrale Texturen für die Passagen, in denen die Sänger schweigen, als wolle er vermeiden, dass die Stimme und die Deklamation des Textes unklar werden. Oft enthalten Chöre, die einen Akt beenden, colla parte-Passagen, wörtlich „mit der Stimme“, in denen die Instrumente wie Gesangsstimmen klingen, insbesondere gemeinsam mit dem Chor, manchmal aber auch mit den Solisten. Bei einer Aufführung sollte darauf geachtet werden, dass diese Linien gut ausbalanciert sind.

Tucker Bilodeau, Michael McGee, and Ryan Wardell, 2016

Aufführungsmaterial ist von Breitkopf und Härtel, Wiesbaden, zu beziehen. Nachdruck eines Exemplars der Musikbibliothek der Münchner Stadtbibliothek, München.

Partitur Nr.

1850

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Chor/Stimme & Orchestra

Format

Druck

Reprint

Seiten

132

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