Dediu, Dan

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Dediu, Dan

Verva Op.102 for orchestra (large size/first print)

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Dediu, Dan

Verva Op.102 for orchestra (2003)

 

(geb. Brăila, 16. März 1967)

 

durchschnittliche Laufzeit: 18’

erste Aufführung: Bukarest, 30. November 2003, Saal des Rumänischen Rundfunks, Nationalorchester des Rundfunks, Dirigent Horia Andreescu

Einleitung

Geschrieben im Jahre 2003, ist Verva das Opus Nr. 102 im Werk eines hervorragenden zeitgenössischen rumänischen Komponisten. Dan Dedius Persönlichkeit hat eine konstante Präsenz seit mehr als 20 Jahren, obwohl er ein junger Komponist ist, der 1967 das Licht der Welt erblickte und zwar in Brăila, eine Stadt, die auch der Geburtsort von Iannis Xenakis ist.

Ausgebildet als Musiker vor den politischen Ereignissen in Rumänien des Jahres 1989, profitierte Dan Dediu von der Anleitung durch die goldene Generation der rumänischen Komponisten. Durch die Änderung des politischen Regimes Anfang der 90er Jahre öffneten sich neue Horizonte für Dan Dediu. Er nutzte die Gelegenheit, im Ausland studieren zu können. Demgemäß wurde er zwischen 1990-1991 von der Bukarester Musikuniversität (Konservatorium ”Ciprian Porumbescu” zum Zeitpunkt seines Abschlusses) Stipendiant der Hochschule für Musik in Wien. Von diesem Zeitpunkt an wurde der direkte Kontakt zur internationalen Musik durch seine Position als Stipendiant vieler namhafter Institutionen wie der Alfred – Toepfer Stiftung in Hamburg, der Alban Berg Stiftung in Wien, des New Europe College Bukarest, des Wissenschaftskollegs zu Berlin, der Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr in Schweiz und der Villa Concordia Bamberg gefördert.

Wer ist aber eigentlich Dan Dediu? Er kann gleichzeitig als meisterhafter Pianist (mit zahlreichen Konzerten), als herausragender Komponist (seine Werke werden oft in Rumänien und im Ausland gespielt und auch bei rumänischen und ausländischen Plattenfirmen aufgenommen; außerdem bekam er zahlreiche Preise im Inland und Ausland für seine Kompositionen), als leidenschaftlicher Pädagoge (er unterrichtet seit 1993 Komposition an der Bukarester Nationaluniversität für Musik, deren Rektor er seit 2008 ist), als Förderer der Musik (in seiner Rolle als künstlerischer Leiter mehrerer Festivals der zetigenössischen Musik und des Ensembles „Profil”, als Verantwortlicher für mehrere Radio- und Fernsehsendungen), als origineller Theoretiker der musikalischen Sprache (er hat wichtige Studien, Artikel und Werke publiziert) betrachtet werden.

Der Tonschöpfer Dan Dediu wurde vielfältig beschrieben, wie „vielgestaltiger”, „versatiler”,

„dynamischer” und „fruchtbarer” Komponist. Seine Ausdrucksarten sind immer unterschiedlich, nicht einem einzigen Genre, einer einzigen Instrumente-/Ensembleart oder Kompositionsmethode verhaftet. Dan Dediu stellt sich chamäleonartig dar, folgt keiner Mode und kann nicht einer Epoche oder bestimmten Generation zugeschrieben werden. Seine überströmende Imagination kann unterschiedliche Sensibilitätsniveaus erreichen und in seiner unermüdlichen Suche findet er vielseitige Formen des musikalischen Ausdrucks. Er behandelte mit gleicher Begeisterung unteschiedliche Genres. Sein Werk beinhaltet bis zum jetzigen Zeitpunkt vier abgeschlossene Symphonien, zahlreiche Stücke für Orchester, darunter, neben Verva, auch Narcotic Spaces, Ornaments, Studii-motto, Spaima, Frenesia, Mantrana, Grana, den Zyklus Hyperkardia, Tabula Angelorum, Uvertura pe teme săseşti. Zudem erwähnenswert sind fünf Konzerte (für Saxophon, Bratsche, Geige und Klavier), 5 Streichquartette, Kammermusik, Werke für Klavier, Kantaten, die Opern Post-ficţiunea, Münchhausen, Eva! und O scrisoare pierdută, Balletmusik, elektronische Musik, Chöre, Lieder.

Als schöpferischer Antrieb können für Dan Dediu die Expressivität einer Idee oder eines Eindrucks, eines geheimen Szenarios, eine ungewöhnliche Sonorität oder die Übernahme neuer Kompositionstechniken dienen. Verva ist ein Beispiel dafür: ihre eigene Substanz wird Teil eines breiteren

Feldes in der ästhetischen Kategorie, die der Autor Visceralia nennt. Zu dieser Kategorie gehören auch andere schöpferische Werke der selben Art wie Vaier, Lacrimae, Vertiges de la Lontaneité, Frenesia, Grana, Spaima. Andere Zyklen behandeln Themen in der Form anderer Kapitel wie Personae, Solaria, Sacralia, Stilistica sau Lost Continents. Überdies bestehen raffinierte Filiationen zwischen den Werken, die unterschiedlichen Kapiteln angehören, mögliche Überschneidungen durch Assoziationen unterschiedlicher Zustände und Personen, metaphysische Aufstiege und Niedergänge, Schwingungen vom spielerischen zum tragischen Stil.

„Ich betrachte gerne die von mir komponierte Musik als stürmisch, eine Musik, in der sich die Dringlichkeit und Adrenalin vermischen”, gesteht Dan Dediu. Rezeptiv für neue Tendenzen der musikalischen Sprache ist der Komponist sensibel und offen für die Vielfältigkeit der gegenwärtigen musikalischen Ausdrucksweisen. Von klassischer Musik zu Jazz, von traditioneller Musik zur Filmmusik, in Dan Dedius Partituren gelingen einzigartige Synthesen. Das Gedächtnis einer Vergangenheit, die als

„Speicher der Urgeschichte” integriert wurde, passt sich in seinem Fall dem raschen Rhythmus der Veränderungen der zeitgenössischen Musiksprache an. Des öfteren kann sich der Komponist hinter stilistischen Vorkonstruktionen verstecken, die er erneut behandelt, verschmilzt und mit einer außergewöhnlichen Phantasie wiedererfindet. Seine Musik wirkt immer eigenartig, farbig, engagiert, sie wird immer eine Substanz haben und wird auch die Fähigkeit besitzen, immer wieder zu den Themen zurückzukehren, die das Interesse eines Umfelds in ständiger Veränderung wecken.

Überzeugend erscheint, was Dediu von sich selbst sagt: „Ich habe meinen Platz gefunden, dieser kann aber nicht durch den Bezug auf eine bestimmte Musik definiert werden, sondern durch den Bezug auf fünf Namen von Schriftstellern: Ionesco, Vargas Llosa, Garcia Marquez, Rushdie und Kundera. Eigentlich sehe ich mich schon auf einem Nashorn reitend, ich, ein Erzähler aus Macondo, während ich den Kindern mitten in der Nacht über die unerträgliche Leichtigkeit des Seins erzählte. Wie könnte sich denn eine derartige Musik anhören? Bunt, reich und brennend. Und ich muss zu Cioran zurückkehren, dessen Meinung war, dass die Musik einen verrückt machen muss. Das ist auch meine Meinung. ”

*

Verva ist entstanden als Folge einer Bestellung seitens des Rumänischen Rundfunks 2003 für sein

75. Jubiläum. Gleichzeitig ist das Werk dem Dirigenten Horia Andreescu und dem Radio Nationalorchester gewidmet, das die Uraufführung besorgte.

Die Absicht einer Würdigung des Rundfunks förderte viele Facetten der Konstruktion und des Musikmaterials, des allgemeinen Artikulationstons. Das entstandene Universums des Stücks ist vielfarbig; es reicht von der Erwähnung des ersten Rundfunksignals, der Nachahmung des Hahnenschreis, eines nostalgischen Ikonismus des Anfangs der Geschichte, zu einem Überblick über das Kaleidoskop musikalischer Quellen. Dan Dediu spielt an auf die Möglichkeit eine Programmänderung durch einen Knopfdruck, entwirft dabei gleichzeitig eine musikalische Metageschichte des Rundfunks, die aus Diversität, Kombinationen aller Arten, tolerierten oder geförderten Kontrasten besteht. Es sind die mehrfachen Spiegel der in dem auditiven Sturm vermischten Stile, und deren Eindrücke schwingen, so wie Dan Dediu es ausdrückt, zwischen einem ”folkloristischen Dadaismus” und einem ”romantischem Suprarealismus”.

Die Unterteilung der inneren Struktur, die in einer Rhapsodie der wechselnden Elemente üblich ist, hebt unterschiedliche Quellen hervor – traditionelle Musikarten, Jazzmusik oder byzantinische Musik, Anklänge an die Unterhaltungsmusik oder den Hard Rock. Die Veränderung der Perspektive wird von den Spielzeiten des Orchestermusik bestimmt, aber auch von deren Unterbrechungen durch Tempo- oder Rhythmusänderungen.

Trotz allem bleibt als allgemeiner Eindruck der von Kontinuität und Fluss. Die Kohärenz des künstlerischen Diskurses stützt sich auf eine sehr intime Wechselbeziehung der Motive. Die Metamorphosen an der Oberfläche beinhalten in ihrer Tiefe einen begrenzten Wortschatz an Musikfragmenten, die im Laufe des Stücks wesentlichen Änderungen unterzogen werden. Ein eloquentes Beispiel in dieser Hinsicht stellt ein der Zentralthemen dar, betrügendes Zitat oder Muster eines Stücks,

der das wohlbekannte Leitmotiv des Ravels Bolero „zu sein scheint”, „ist es aber nicht” genau. Mit einer Leidenschaft und Ekstase, die die Grenze des Wahnsinns erreichen, die musikalische Substanz übernimmt die Virtuosität der Klangfarbe, die der Dialog zwischen den Orchesterteilen besitzt.

Demgemäß erklärt Dan Dediu, „durch die Begegnung des Wesens des Rundfunks mit der Musik entstand eine dauerhafte Unruhe, eine Diversität von Stilen und Methoden (von traditioneller bis zur Avantgardemusik, von Jazz bis Rap, von Folklore zur musique concrete) die alle in einer Vision enthalten sind, in der sich sowohl Gegenwart als auch Vergangenheit und Zukunft wiederfinden.”

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Das Copyright liegt bei dem Komponisten. Wegen Aufführungsmaterial wenden Sie sich bitte an: Romanian Union of Composers and Musicologists (Bucharest), the UCMR-ADA department. (www.ucmr-ada.ro)

Antigona Rădulescu Auf Deutsch: Anca Ianc

2012

 

 

Komplettes rumänisches Vorwort lesen > HIER

Partitur Nr.

4138

Sonderedition

Genre

Orchester

Aufführungsmaterial

vorhanden

Druck

Erstdruck

Seiten

54

Sonderformat

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