Cornelius, Peter

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Cornelius, Peter

“Der Barbier von Bagdad” Original-Ouvertüre

Art.-Nr.: 137 Kategorie:

13,00 

Peter Cornelius

(geb. Mainz, 24. Dezember 1824 — gest. Mainz, 26. Oktober 1874)

»Der Barbier von Bagdad« Original-Ouvertüre h-moll (1858)

Vorwort
Die Uraufführung von Peter Cornelius’ komischer Oper Der Barbier von Bagdad am 15. Dezember 1858 zu Weimar unter Leitung von Franz Liszt geriet zum Skandal, indem Anhänger des Intendanten Dingelstedt das vielbeachtete Ereignis mißbrauchten, um lautstark gegen Liszt zu opponieren, der daraufhin Weimar verließ und nach Rom ging. Cornelius’ später populärstes Werk aber wurde zu seinen Lebzeiten kein weiteres Mal aufgeführt. Doch schon im Vorfeld war es, trotz Liszts unverhohlener Begeisterung für die Musik, zu mannigfachen Veränderungen der Partitur gekommen, die darin gipfelten, daß Cornelius eine neue Ouvertüre zu schreiben hatte, an deren Instrumentation Liszt einigen Anteil hatte. Als die Oper später wiederaufgeführt wurde, kamen — teilweise mit Liszts Billigung — viele weitere gravierende bearbeitende Eingriffe hinzu, vor allem von Seiten des Wagner-nahen Dirigenten Felix Mottl, der dem Werk zu ersten Erfolgen half. Nachdem Hermann Levi am 15. Oktober 1885 in München dem Werk in der Mottlschen Fassung zum Durchbruch verholfen hatte, zeichnete er für die Veröffentlichung der bearbeiteten Partitur beim Leipziger Verlag Kahnt verantwortlich — ohne jegliche Benennung der bearbeiterischen Zusätze, was man als fahrlässige Fälschung bezeichnen kann. Max Hasse war es schließlich, der 1904 in der Schrift ‘Peter Cornelius und sein Barbier von Bagdad, die Kritik zweier Partituren; Peter Cornelius gegen Felix Mottl und Hermann Levi’ offen für die Original-fassung eintrat und die Drucklegung der Originalpartitur in der bei Breitkopf & Härtel erschienen Ausgabe der Werke betreute. Im Juni 1904 wurde am Weimarer Hoftheater ein Cornelius-Fest, veranstaltet, bei dem erstmals die Originalfassungen der Opern Der Barbier von Bagdad und Der Cid zu hören waren. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die ursprüngliche Ouvertüre zum Barbier von Bagdad uraufgeführt. Welcher Rang der Original-Ouvertüre — die sich bis heute an den Theatern nicht eindeutig gegen die von Liszt und Mottl bearbeitete zweite Ouvertüre durchsetzen konnte — zukommt, hat aufs Überzeugendste Felix von Weingartner in einer kleinen Schrift dargelegt, die sich in seiner Aufsatzsammlung Akkorde (Breitkopf & Härtel, Leipzig 1912) findet und aus der nachfolgend zitiert sei:

“Die erwähnte Ouvertüre, die Cornelius ursprünglich zu seiner Oper komponiert hatte, mußte das herbe Schicksal des ganzen Werkes in doppelt verstärktem Maße erfahren, denn sogar Liszt, dessen großherziger Enthusiasmus mit voller Liebe für seinen Schützling eingetreten war, … hat sie verworfen, und der »gute Peter«, wie Wagner Cornelius freundschaftlich nannte, schrieb eine neue Ouvertüre, die dann noch durch instrumentale Nachhilfen seitens Liszt und anderer zu einem recht glänzenden Musikstück aufgestutzt wurde. Man kann ihr manches Gute nachsagen; sie klingt prächtig, verwendet geschickt Motive aus der Oper und ist mit ihren wechselnden Rhythmen ein ganz interessantes Stück. Ein rechter Fluß will jedoch nicht hineinkommen; der Schluß ist überhastet, und man merkt ihr an, daß sie mehr infolge persönlicher Einflüsse kombiniert als wirklich komponiert ist. Außerdem ist sie viel zu schwerfällig und pompös für das fein humoristische, beinahe nur auf der Schärfe des Dialogs beruhende Sujet und die duftige, melodienreiche Musik der nachfolgenden Oper. Zu dieser gehört eine frisch dahinströmende, leichte, prickelnde Lustspiel-Ouvertüre; gerade eine solche ist aber das von Liszt und seinen Zeitgenossen unbegreiflicherweise verkannte Stück… Der Vorzug vor der zweiten Ouvertüre, der ihr schon durch ihren Charakter gebührt, wird in noch erhöhtem Maße durch ihre speziell musikalischen Werte gerechtfertigt.
Zunächst ist durch sie eine Form wieder zu Ehren gekommen, die seit der Ouvertüre zu »Figaros Hochzeit« nicht mehr für ein Orchesterstück verwendet worden ist, die aber gerade für Einleitungen zu komischen Opern höchst geeignet ist, nämlich die Form der Sonatine. Der Durchführungsteil fehlt, ebenso wie in der nachfolgenden Handlung der eigentliche Konflikt; keinerlei Ballast beschwert das zartsinnige Werk und seine leichtbeschwingte Einleitung. Die für eine lustige Ouvertüre ungewöhnliche Tonart, H-moll, gibt ihr, mit Recht, ein etwas orientalisches Kolorit. Sehr ursprünglich ist die Erfindung. Graziös, ohne vorhergehende Einleitung, springt das erste Thema herein, anmutig wird es weiter gesponnen; hierauf intoniert das Cello als Seitenthema einen süßen Gesang, der durch eine kleine trotzige Figur der Holzbläser mehrmals unterbrochen wird. Die beiden Motive, die den Schlußsatz bilden, strotzen von all den Teufeleien, die das Liebespaar vor seinem endlichen Sieg durch den salbadernden, immer an unrechter Stelle hilfbereiten Haar- und Schwatzkünstler Ali Eben Bekkar auszustehen hat. Wenige überleitende Takte führen der Sonatinenform gemäß zur Reprise. Aber welch’ meisterliche Überraschung gestattet sich hier der pfiffig lächelnde Komponist! Er bringt uns beinahe das ganze bisherige Stück nunmehr in kanonischer Imitation, den Hauptsatz um einen Takt verschoben in derselben Tonart, den Seitensatz um zwei Takte verschoben eine Quart höher. Frei, mit der Sicherheit der Vollendung schweben die so verdoppelten Tongruppen mit- und durcheinander, als ob tanzende Gestalten ihre zierlichen Figuren vor einem Zauberspiegel ausführten, durch den das gespiegelte Bild Leben gewinnt und aus dem Rahmen heraustritt. In einer fast leidenschaftlichen Phrase klingt das schöne Spiel aus und führt zu einer einfachen Wiederholung des Schlußsatzes. Gerade diese einfache Wiederholung offenbart aber das feine Kunstgefühl des Komponisten, denn, hätte er den Schlußsatz auch kanonisch verdoppelt, so wäre aus einer herzigen Neckerei, die unsere musikalische Phantasie nur flüchtige Augenblicke in reizender Spannung hält, ein ermüdendes polyphones Kunststück geworden, das schließlich, statt daß es wie auf Vogelfittichen vorüberfliegt, durch seine eigene Schwere zu Boden fiele.
Ganz am Schluß zeigt sich der Einfluß des von Cornelius schwärmerisch verehrten Berlioz, der auch hier und da in der Oper selbst fühlbar wird, ohne daß gegen Cornelius der Vorwurf einer Entlehnung erhoben werden könnte. In der Ouvertüre zu »Benvenuto Cellini« bricht das Orchester mit einem Schlage ab, und vor den letzten Takten ertönt in den Violoncellen noch einmal die behäbige Melodie des Kardinals. Bei Cornelius bricht das Orchester ebenfalls kurz ab, und in Gestalt eines sehr drolligen Posaunensolo macht uns Ali Eben Bekkar seine letzte Verbeugung, worauf ein kurzes Auflachen des Orchesters den definitiven Schluß bildet.
Ein Meisterstück ist diese Ouvertüre, wage ich gegenüber dem Lisztschen Urteile zu behaupten, eine der besten heiteren Opernouvertüren, die überhaupt geschrieben worden sind. Keine andere darf jemals zum »Barbier von Bagdad« gespielt werden…
Wie es aber, wenn man auch von der ganzen Oper nichts weiter gekannt hätte, als diese Ouvertüre, möglich war und ist, von schlechter Instrumentation zu sprechen, ist einfach unverständlich. Ich stehe nicht an zu erklären, daß die drei größten Meister der Instrumentationskunst, ich nenne sie Mozart, Weber und Berlioz, die Partitur dieser kleinen Ouvertüre nicht feiner, durchsichtiger, dem Inhalt kongenialer und dadurch vollendeter hätten gestalten können, als Cornelius es getan hat. Allerdings, den modernen Riesenpartituren sieht sie nicht ähnlich, aber es gibt ja gottlob auch über Instrumentation verschiedene, ja sogar sehr verschiedene Ansichten.”

Aufführungsmaterial (nach der Ausgabe von Cornelius’ Werken) ist vom Verlag Breitkopf & Härtel, Wiesbaden erhältlich.


Peter Cornelius

(born Mainz, 24 Dezember 1824 – died Mainz, 26 October 1874)

»The Barber of Bagdad« Original Overture in b minor (1858)

Preface
The premiere of the comic opera Der Barbier von Bagdad by Peter Cornelius was given on 15th December 1858 in Weimar with Franz Liszt conducting. It turned into a scandal in as much as supporters of Dingelstedt, the Intendant at the time, misused this prominent event to rail vociferously against Liszt, who left Weimar after the incident and headed for Rome. The work, however, was later to become Cornelius’s most popular composition, but was never staged again during his lifetime. Already during the preparations there had been many changes to the score, despite Liszt’s obvious enthusiasm for the music; this culminated in Cornelius having to write a new overture with Liszt playing quite a role in the instrumentation. At subsequent performances of the opera, many additional severe changes were made – partly with Liszt’s consent – mainly by Felix Mottl, a pioneering Wagner conductor who secured the work’s initial success. After Hermann Levi had helped secure Mottl’s version of the work a breakthrough performance in Munich on 15th October 1885, he subsequently became responsible for the publication of the reworked score by the Leipzig publisher Kahnt. He made no mention of the reworked additions, which have to be seen as a careless forgery. Finally, it was Max Hasse who openly defended the original version in his article ‘Peter Cornelius und sein Barbier von Bagdad, die Kritik zweier Partituren; Peter Cornelius gegen Felix Mottl und Hermann Levi’ (Peter Cornelius and his Barber of Bagdad, a critique of two scores; Peter Cornelius versus Felix Mottl and Hermann Levi). It was Hasse, too, who took care of the printing of the original score, issued in the complete edition of the works and published by Breitkopf & Härtel. In June 1904, a Cornelius Festival was arranged at the Weimar Hoftheater, where the original versions of both the Der Barbier von Bagdad and Cornelius’s other important opera Der Cid were first performed. On this occasion, the original overture to the ‘Barber’ was also premiered. The status of the original overture in the theatre was such that, until today at least, it had never been able to prevail with any unanimity over the second version as reworked by Liszt and Mottl. This is explained most convincingly by Felix von Weingartner in an essay found in his larger collection Akkorde (‘Chords’, Breitkopf & Härtel 1912) from which the following quotation is taken:

“The present overture, one that Cornelius had originally composed for his opera, suffered twice at the hand of fate, for even Liszt, whose enthusiasm for his protégé knew no bounds…had cast it out, and our ‘dear Peter’, as Wagner called Cornelius as an expression of friendship, wrote a new overture, which only then came into its own after Liszt and others had had a hand in the instrumentation. One can say many nice things about the latter : it sounds marvellous, uses in a most clever way a number of motifs from the opera, and in its varied rhythms turns out to be a really interesting piece. But it never really flows; the final section is rushed, and one can not help but notice how a number of personal styles have produced an overture that is more a ‘combination’ than a ‘composition’. Furthermore, the expression is far too heavy and the manner rather pompous for such a humorous subject, one that relies almost entirely on a cutting dialogue and is supported in the opera itself by such fragrant and melodious music. What is needed here is a fresh and sparkling overture that fits the lusty mood; and the one penned by Liszt and his contemporaries is just such an overture – although one can not understand why it was to fall from grace. This second overture has a truly special character and must be cherished for its musical value alone.
“Thanks to this piece, a form has been taken up once more that not only has seldom been used in orchestral music since the time of the overture to ‘The Marriage of Figaro’, but which also is completely suitable to introduce comic opera: namely, the sonatina. The development section is missing, just as is the actual conflict in the ensuing plot; no superfluous ballast weighs down this tender work and its slightly tipsy opening. The key of b-minor is unusual for such a jolly overture, but it lends the work just the right oriental flavour. This is truly invention at its most original. With grace, and lacking any means of introduction, the first subject makes its presence felt; it is subjected to an intriguing development. The cello enters with a subsidiary subject, one that is as sweet a voice as one could wish for and which is continually interrupted by a stubborn little motif from the woodwind. Both these ideas, used to configure the final section, are redolent with all those devilish things with which the loving couple must contend as they finally gain victory over Ali Eben Bekkar, whose sanctimonious prating is always inopportune and who is but a prattling figure famous for his gibberish. A short bridge leads to the recapitulation, just as it should be in sonatina form. But what kind of masterly surprise has the composer prepared for us! With a grin on his face no doubt, he manages to fashion almost the entire piece in canonic form, the main music shifted a bar forward in time, and the outer passages by two bars and transposed up a perfect fourth. Defying gravity, these different musics are simply doubled up as it were and seem to hover in the air, for in their conjunction and confusion they progress with great certainty to an inevitable close, just as if a number of flickering figures were to dance before some kind of magic mirror that comes to life when its reflections step out of the frame. A phrase of telling beauty announces the end of the game, and leads to a simple repeat of the final section. This very repetition demonstrates the sensitivity of the composer: for if he had doubled up this passage as a canon, he would have turned a sweet and teasing thing – that manages to hold our musical attention for long enough in order that the tension is palpable – into a kind of tiresome polyphonic stunt that, instead of being carried on the wings of a bird, would simply fall to earth under its own weight.
“The closing bars evince just how much Cornelius looked up to Berlioz, who makes his presence felt here and there as well as in the opera itself, without ever giving rise to the complaint that Cornelius was indulging in borrowing. In the overture to ‘Benvenuto Cellini’, the orchestra comes to an abrupt halt, and just before the final phrases the cellos intone the wonderful melody of the Cardinal. In the case of Cornelius, the same happens, with the band stopping suddenly and a tipsy trombone solo allowing Ali Eben Bekkar one final bow before the rest of the players indulge in a most risible passage that takes us to what is an absolute conclusion.
“This overture is a masterpiece, if I may be so bold as to argue against the Lisztian case, and one of the best comic operatic overtures that have ever been written. No other overture should ever be allowed to open the ‘Barber of Bagdad’…
“But how did it come to pass – and assuming that one knew nothing from the entire opera except this overture – that the subject of “bad instrumentation” has been raised; this is simply incomprehensible. It is certainly not my task to point out that the three great masters of instrumentation, and I shall mention them here by name, Mozart, Weber and Berlioz, could not have created a short overture whose contents are more pleasant and complete than that which Cornelius committed to the page. Nonetheless, some modern scores of mammoth proportions make use of very different methods of instrumentation, and there are thank God many, indeed very many, equally valid approaches to this subject.”

For performance materials (based on the edition of Cornelius’s works) please contact the publisher Breitkopf & Härtel, Wiesbaden.

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