Brookes, Phillip

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Brookes, Phillip

A Boat Easy To Pull, Meditation for small orchestra, Op. 45 (first print)

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Brookes, Phillip

A Boat Easy To Pull, Meditation for small orchestra, Op. 45 (first print)

Vorwort
Mein Schwiegervater starb am 12. Januar 1988. Sein Tod war plötzlich, unerwartet und für jede ihm nahestehende Person lebensverändernd. Er war einer der liebenswertesten, intelligentesten und scharfsinnigsten Personen, die ich gekannt habe, mit einer Begeisterung für das Leben, für seine Familie und seine vielen Interessen. All dies wurde noch schmerzlicher dadurch, dass er von Kindheit an krank war, eine Verfassung, die er mit Würde trug, selbst wenn er sonst nichts anderes mehr tragen konnte. Zu seiner Beerdigung las ich diese Passage aus Drei Mann in einem Boot, von der ein Teil der Partitur vorangestellt ist – und aus der der Titel entnommen ist. Es war für uns beide ein Lieblingsbuch:

„ Ich heiße das Weisheit in höchster Potenz, nicht nur in Bezug auf die gegenwärtige Frage und Reise, sondern in Bezug auf die Lebensreise überhaupt. – Wie viele Leute laden für diese Reise ihr Boot mit einem Haufen unnötiger Sachen voll, so dass es beständig in Gefahr schwebt, umzukippen! All diese Sachen halten sie für unerlässlich zu ihrem Vergnügen und ihrer Behaglichkeit, während sie in der Tat ganz unnützer Ballast sind!

Wie häufen sie doch das arme, kleine Ding an, mit schönen Kleidern, mit großen Häusern, mit einer Bande fauler Bedienten, mit einer Schar schmarotzender Freunde, die sich keinen Pfifferling um sie kümmern, und um die sie sich selbst keinen halben Pfifferling kümmern, wie beladen sie es mit kostspieligen Festen, an denen niemand ein wirkliches Vergnügen findet, mit Förmlichkeiten und Modetorheiten, mit Anmaßung und Herausforderung, und – o schwerster und dümmster Ballast! – mit der Furcht, was wird mein Nachbar dazu sagen? Mit Luxus, der doch nur Tünche, mit Vergnügungen, deren wir doch bald überdrüssig werden! Mit leeren Schaustellungen, die unser Haupt schmerzen und bluten machen, wie die eiserne Krone, die man ehedem dem Verbrecher aufsetzte!

Ballast ist‘s, ihr Leute, lauter Ballast! Werft ihn über Bord! Er macht nur, dass euer Boot so schwer vorwärts zu bringen ist, dass ihr beinahe darüber erliegt! Er macht, dass euer Boot so mühsam und gefährlich zu steuern ist, dass ihr niemals auch nur für einen Augenblick der Angst und Sorge ledig seid; dass ihr euch niemals, auch nur für einen Moment, dem dolce far niente hingeben dürft, dass euch keine Zeit bleibt, die flüchtigen Schatten zu beobachten, wie sie über die Untiefen weghuschen, oder die glänzenden Sonnenstrahlen zu verfolgen, wie sie auf den sich kräuselnden Wellen umherhüpfen, oder das Auge zu weiden an den hohen Uferbäumen, die ihr eigen Bild in der Tiefe betrachten, an den Wäldern mit ihren goldgrünen Wipfeln, an den weißen und gelben Lilien, an den düsterwogenden Ried- und Schilfgräsern, an den blassen Orchideen oder den blauen Vergißmeinnichtaugen!

Werft ihn über Bord, ihr Menschen, den Ballast! Laßt euer Lebensschifflein leicht dahinschweben, nur mit dem Nötigsten beschwert! Ein heimliches Nest mit seinen stillen Freuden, ein oder zwei Freunde, die dieses Namens wert; jemand, den ihr liebt, und jemand, der euch liebt! Eine Katze, ein Hund, eine Pfeife oder zwei; Kleidung und Nahrung, soviel man braucht; und etwas Überfluß an trinkbarem Stoff, – denn der Durst ist gefährlich! Dann werdet ihr das Boot leichter fortbringen, und es wird weniger der Gefahr des Umkippens ausgesetzt sein, und es wird auch nicht viel schaden, wenn es ein- oder das andremal umschlägt; gute, richtige Ware muss auch einmal nass werden dürfen! Ihr habt dann Zeit zum Nachdenken sowohl als zur Arbeit, Zeit, des Lebens Sonnenschein einzusaugen, Zeit, den Äolsharfentönen zu lauschen, welche Gottes Winde auf den Saiten des Menschenherzens erklingen lassen –“
Zu seinem ersten Todestag skizzierte ich die ersten 30 Takte dieses Stücks und notierte Ideen für den Walzer bei Ziffer 8 und das Scherzo-Thema (Ziffer 12). Dies alles basierte wiederum auf einem kurzen Stück, welches ich 1979 schrieb. Während ich diesen Text hier schreibe, habe ich mein Skizzenbuch bei mir, und seine Initialien wie die Worte „in memoriam“ sind deutlich über die Skizze geschrieben.

Doch diese Gedanken gingen im Laufe der nächsten Monate verloren, die besonders schwierig waren für meine Familie, einen Umzug in einen anderen Teil Englands eingeschlossen. Im Oktober 1989 beendete ich die Partitur ohne Widmung und ohne Hoffnung auf eine Aufführung. Möglicherweise gab es nie den richtigen Zeitpunkt, darüber zu diskutieren, oder vielleicht habe ich das nur vergessen. Jedenfalls lag die Partitur für 25 Jahre zwischen meinen Papieren, ohne dass ich viel an sie gedacht hätte, bis ich sie 2015 wiederfand. Nun habe ich die Musik revidiert, und es ist mir schließlich möglich, den Tribut an jemanden zu zollen, der viele Leben beeinflusst hat, meines eingeschlossen; Und schlussendlich erhielt es seine zugedachte Widmung: For J. L. F.

Im Wesentlichen handelt es sich um eine Fantasie über eine Chaconne, die ich 1980 geschrieben habe – und die in ihrer originalen Gestalt in der Suite Where Once We Danced (Wo wir einst tanzten)(MPH score 1399) erschienen ist. Das Original wurde erstmals am 25. Juli 1980 in der Tudor Merchants‘ Hall von einem Ensemble aufgeführt, in welchem seine beide Töchter mitspielten. Ich assoziiere das Stück immer mit einem warmen Sommerabend und allmählich abebbendem Licht, als ich es dirigierte. Doch hier ist es erweitert zu einer 15-minütigen „Wanderung“ („ramble“, wie Percy Grainger sagen würde) über den grundierenden Bass, welcher der Chaconne zugrunde liegt.

Das Thema verwandelte sich in einen zarten Walzer und in ein lebendiges, synkopiertes Scherzo, das – zumindest für mich – Erinnerungen an das Fahren eines „klassischen“ Automobils heraufbeschwört. Gegen Ende wird die originale Chaconne in Gänze gespielt. Das Gesamtbild ist eine Meditation der Zartheit, des Enthusiasmus, der Integrität und der Zufriedenheit. Edward Elgar verwendete einst den Ausdruck „Lächeln mit einem Seufzer“ („smiling with a sigh“): Diese Worte wirken sehr angemessen für dieses Stück.

Ich beabsichtigte es immer als ein intimes Werk für Kammerorchester und widerstand der Versuchung, die Besetzung darüber hinaus durch die Hinzunahme eines zweiten Horns zu erweitern. Daraus leitet sich ab, dass eine kleine Streicherbesetzung erforderlich ist. Die Streicher sollten mindestens 4:3:2:2:1 besetzt sein und nicht 6:6:4:4:2 übersteigen.

Übersetzung: Oliver Fraenzke

Aufführungsmaterial ist von Musikproduktion Höflich (https://musikmph.de), München, zu beziehen.

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