Braunfels, Walter

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Braunfels, Walter

Die Vögel, Op. 30 (in two volumes with German libretto. First time available for sale)

Art.-Nr.: 2057 Kategorie:

72,00 

Walter Braunfels

(geb. Frankfurt, 19. Dezember 1882; gest. Köln, 19 März 1954)

Die Vögel (1913-19)

Lyrisch-phantastisches Spiel in zwei Aufzügen. op. 30
Libretto des Komponisten frei nach Aristophanes

Vorwort
Walter Braunfels gehört zur Gruppe der deutschen Komponisten, die während des Dritten Reiches in die „innere Emigration“ getrieben wurden. Im Jahre 1933 – auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn, nachdem er bereits mehrere Opern erfolgreich zustandegebracht hatte – wurde er von seiner leitenden Stelle an der Kölner Musikhochschule fristlos entlassen und unter ein reichsweites Berufsverbot gestellt: Keine Aufführungen seiner Musik durften stattfinden, sein Name wurde aus der Fachliteratur gestrichen. Als Halbjude und eindeutiger Regierungsgegner zog er sich aus dem öffentlichen Leben zurück und ging aufs Land, wo er in Weltabgeschiedenheit an seinen Kompositionen arbeitete. Nach dem Krieg wurde er von Konrad Adenauer persönlich in sein früheres Amt an der Kölner Musikhochschule wieder eingesetzt, an deren Wiederaufbau er bis zu seiner Emeritierung 1950 mitwirkte. Er hinterließ ein umfangreiches Oeuvre, das von den brillanten komischen Opern und Orchesterwerken seiner Jugendzeit bis zum strengen mystischen Oratorium seiner spätem Jahre reichte (Braunfels war gläubiger Katholik).

Heute bleibt Braunfels vorwiegend wegen seiner Opern in Erinnerung, zu denen er die meisten Libretti nach literarischen Vorlagen selber schrieb, darunter Die Vögel nach Aristophanes (1920), Princess Brambilla nach E. T. A. Hoffmann (1908) und Don Gil von den grünen Hosen nach Tirso de Molina (1924). Von diesen Bühnenwerken gelten Die Vögel als sein Meisterwerk. Den Grund für die relative lange Entstehungszeit (1913-19) findet man am ehesten im Ersten Weltkrieg, in dem Braunfels nach seiner Einberufung im Jahre 1915 an der Westfront diente und 1917 verwundet wurde. Nach seiner Rückkehr in seine Geburtstadt Frankfurt konvertierte er zum katholischen Glauben, setzte seine musikalische Laufbahn als brillanter Pianist fort und stellte 1919 die Partitur der Vögel fertig. Uraufgeführt wurde das Werk am 30. November 1920 im Nationaltheater München mit einer Starbesetzung, zu der die Sopranistin Maria Ivogün (der bevorzugte Koloratursopran von Richard Strauss) und der großartiger Tenor Karl Erb gehörten. Der Dirigent dieser denkwürdigen Vorstellung war kein geringerer als Bruno Walter, der später in seinen Memoiren Die Vögel als „eine der interessantesten Novitäten meiner Münchener Amtsperiode“ bezeichnete. „Wer Karl Erbs Gesang von der Sehnsucht des Menschen und die tröstende Stimme der Nachtigall aus der Baumkrone über ihm von der Ivoguen gehört hat, wen die grotesken Szenen des Werkes erheitert und die romantischen gerührt haben, wird dieser poesie- und geistvollen Umwandlung der Komödie des Aristophanes zur Oper und ihrer Münchener Aufführung dankbar gedenken.“ (Thema und Variationen, Frankfurt 1988, S. 306).

Kaum weniger positiv äußerte sich der damals führende Musikkritiker und -forscher Alfred Einstein, der den Versuch unternahm, den damals kaum bekannten Braunfels musikhistorisch in die erste Garnitur der deutschen Opernkomponisten einzuordnen: „Ich glaube nicht, dass über die deutsche Opernbühne je ein so absolutes Künstlerwerk gegangen ist wie dieses ‚lyrisch-phantastische Spiel noch Aristophanes’

[…. ] Man erkennt sehr deutlich die Linie in der Opernbewegung, in die es gehört, – Es ist eines der Dokumente des Antinaturalismus in der Oper, der die Komponisten im letzten Jahrzehnt im wachsenden Maße ergriffen hat, und zu dessen Marksteinen die unwirkliche Stilbalance der ‚Ariadne’, die Märchenwelt der ‚Frau ohne Schatten’, vielleicht auch die besten Elemente der Opern Schrekers zählen. Nur daß es scheinbar subjektiver und doch in seinem besonderen und tiefen Sinn notwendiger ist als alle diese Opern.“ (Münchener Kunstschau).

Kurzum: Die Vögel erlebten bei der Uraufführung einen uneingeschränkten Triumph. Allein in München wurde das neue Werk 50mal aufgeführt; im weiteren Verlauf ihrer frühen Rezeptionsgeschichte eroberten sie die wichtigsten Bühnen der deutschsprachigen Opernwelt: Berlin, Wien, Stuttgart, Köln u.v.m. Zusammen mit dem kurz darauf folgenden, ebenfalls von Bruno Walter in München uraufgeführten Te Deum op. 32 verschaffte die neue Oper Braunfels einen Platz in der vordersten Reihe seiner Komponistengeneration. Nach der plötzlichen Wende zur „Neuen Sachlichkeit“ Mitte in der zwanziger Jahre hatte sich Braunfels in die falsche Richtung eines musikästhetischen Scheidewegs begeben, und seine Musik wurde langsam in den Hintergrund gedrängt: Konnte das Münchner Nationaltheater bereits zwei Jahre nach der Uraufführung auf eine Aufführungsserie von 50 Vorstellungen zurückblicken, so zählte der Opernstatistiker Wilhelm Altmann des führenden Musikjournals Musik des Anbruch für das Jahr 1927 lediglich zwei Aufführungen im ganzen deutschsprachigen Raum („sehr bedauerlich“ bemerkte der sonst sachlich-nüchterne Statistiker) und ab 1928 überhaupt keine Aufführungen mehr. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde 1933 das Gesamtwerk Braunfels’ mit einem Bann belegt; nach 1945 befand er sich im Nachkriegsdeutschland musikästhetisch wieder auf der falschen Seite, da er sich von den neuen Strömungen der musikalischen Avantgarde fernhielt.

Die Wiederentdeckung der Vögel vom deutschen Opernbetrieb musste bis 1971 warten, knapp zwei Jahrzehnte nach dem Tod des Komponisten, als eine Neuinszenierung in Karlsruhe stattfand. Gefolgt wurde diese von einer etwas gewollt avantgardistischen Bremer Produktion, die der weltentrückten Utopie, in die Braunfels die grob bis unflätige Gesellschaftssatire des Aristophanes verwandelt hatte, keinen guten Dienst erwies. Der rezeptionsgeschichtliche Durchbruch kam erst 1996 mit einer Gesamteinspielung, die der Dirigent Lothar Zagrosek zur Reihe „Entartete Musik“ der Plattenfirma Decca beitrug. Seitdem sind Die Vögel immer häufiger auf der Opernbühne zu erleben, und dies nicht nur in Deutschland: 2004 im Grand Théâtre Genf (Dir. Ulf Schirmer), 2007 im Teatro Lirico di Cagliari (Dir. Roberto Abbado), 2009 im Berliner Konzerthaus (konzertant mit Videoinstallationen, Dir. Lothar Zagrosek) sowie kürzlich 2014 in einer hoch angesehenen, wenn auch etwas übermäßig grellen Inszenierung in Osnabrück. Die US-amerikanische Erstaufführung fand 2005 in Charleston, South Carolina, im Rahmen des Spoleto Festival USA unter der Leitung von Julius Rudel statt, gefolgt im Jahre 2009 von einer Inszenierung an der Los Angeles Opera, die mittlerweile auch auf DVD erschienen ist (2009, Dir. James Conlon). Kurzum: Eine der großen opernhistorischen Leistungen der deutschen Spätromantik findet langsam wieder das Publikum, das in den frühen zwanziger Jahren in ihrem Bann stand und das diese ebenso klangschöne wie bühnenwirksame Oper heute so reichlich verdient.

Handelnde Personen
Hoffegut, Bürger einer großen Stadt – Tenor
Ratefreund, Bürger einer großen Stadt – Hoher Bass
Stimme des Zeus – Bariton
Prometheus – Bariton
Wiedhopf, einstens ein Mensch, nun König der Vögel – Bariton
Nachtigall – Hoher Sopran
Zaunschlüpfer – Sopran
1. Drossel – Tiefer Sopran
2. Drossel, 1.-3. Schwalbe, 1.-2. Meise – Sechs Soprane
1.-4. Wendehals – Vier Tenöre
1.-2. Kiebitz – Zwei Bässe
Adler – Bass
Rabe – Bass
Flamingo – Tenor
4 Tauben – Vier Altstimmen
3 Kuckucke – 3 Bässe

Chor
Grasmücken und andere Vögel, Stimmen der Winde und Blumendüfte

Tanzszene
Taube, Täuberich, Vögel

Ort und Zeit der Handlung
Beides unbestimmt.

Zusammenfassung der Handlung
Prolog: Von einem Baum aus begrüßt die Nachtigall die Zuschauer, preist die Freuden und Vorzüge des Vogellebens und bedauert die Menschen ob ihrer Unrast and ihrer Sorgen; am Schluss jedoch gesteht sie ein, dass auch sie sich nach etwas Fernem, Ungekanntem, Unerreichbarem sehnt.

I. Aufzug, felsige Berggegend: Ratefreund und Hoffegut suchen nach dem Reich der Vögel, um eine friedvolle Bleibe zu finden. Von Wiedhopf, dem König der Vögel, empfangen, entwirft Ratefreund den Plan zu einer Stadt in den Lüften, Wolkenkuckucksheim, um den Vögeln die Herrschaft über Götter und Menschen zu sichern. Das herbeigerufene Vogelvolk, den Menschen aus der großen Stadt zunächst feindselig entgegentretend, lässt sich schließlich von dem Vorhaben begeistern und begibt sich eilig ans Werk.

II. Aufzug, Vollmondnacht auf einem Gebirgshain: In einem ausgedehnten lyrischen Dialog mit der Nachtigall wird Hoffegut, der dem Tatmenschen Ratefreund als romantisch-kontemplativer Charakter gegenübersteht, von der Ahnung des Unendlichen berührt. Die freudige Erregung des Vogelvolks über die inzwischen fertiggestellte Stadt wird durch eine Tanzszene von Taube und Täuberich, die als erstes Paar in Wolkenkuckucksheim einziehen, gekrönt. Doch der Auftritt des Prometheus stört die Idylle; er warnt vor dem Zorn des Zeus. Seine Worte missachtend, ruft man zum Krieg gegen die Götter. Er endet mit der Zerstörung der Stadt und zwingt die Vögel zur Anerkennung der unumstößlichen Größe des Gotts. Die beiden Menschen machen sich indessen zur Rückkehr auf. Ratefreund denkt als prosaischer Charakter an den warmen Ofen, Hoffegut ist durch das romantische Erlebnis mit der Nachtigall innerlich umgewandelt.

Bradford Robinson, 2016

Aufführungsmaterial ist von Universal Edition, Wien, zu beziehen.

Partitur Nr.

2057

Edition

Opera Explorer

Genre

Oper

Format

Druck

Reprint

Seiten

468

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