Berlioz, Hector

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Berlioz, Hector

Symphonie funèbre et triomphale Op. 15

Art.-Nr.: 892 Kategorie:

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Hector Berlioz

Grande Symphonie funèbre et triomphale
op. 15

(geb. La Côte-St.-André, 11. Dezember 1803 — gest. Paris, 8. März 1869)

Seit etwa 1830 unternahm Hector Berlioz ernsthafte Anstrengungen, ein umfangreiches, festliches Werk zu komponieren: In Italien dachte er 1831 an ein Oratorium Le Dernier jour du monde [Der letzte Tag der Welt].xxii Ein Jahr später skizzierte er die Anfänge einer Sinfonie mit Chor unter Verwendung der Marseillaise, Le Retour de l’armée d’Italie: Symphonie militaire [›Die Heimkehr der italienischen Armee: Militär-Symphonie‹].xxiii Bis 1835 wurde daraus eine Fête musicale funèbre à la mémoire des hommes illustres de la France [›Musikalische Trauerfeier zum Andenken der ruhmreichen Männer Frankreichs‹].xxiv Bis zur Einstellung dieses Projektes wurden bereits zwei Sätze davon beendet.xxv

1840 plante die französische Regierung anläßlich des zehnten Jahrestags der Revolution von 1830 die Leichen der damals Gefallenen in ein neues Ehrenmal am Platz der Bastille umzubetten. Berlioz bot dafür eine ›große Trauer-Symphonie‹ an, zu spielen während der Überführungs-Prozession und nachfolgenden Feierstunde. Innenmister Charles de Rémusat nahm das Angebot an und stellte die Übernahme der Kosten in Höhe von 10.000 Francs in Aussicht. Berlioz soll das Werk in nur 40 Stunden niedergeschrieben haben,xxvi verwendete dafür allerdings Material aus den eben genannten, aufgegebenen Projekten. Die Grande Symphonie funèbre et triomphale [›Große Trauer- und Triumph-Symphonie‹] wurde wie vorgesehen bei den Feierlichkeiten in Paris am 28. Juli 1840 uraufgeführt.

Berlioz vierte und letzte Sinfonie folgt dem Vorbild der groß besetzten, zeremoniellen Blasmusiken von Gossec, Cherubini, Catel und anderen aus der Zeit um die Revolution von 1789 und der Napoleonischen Ära. Der Verzicht auf Stilmittel, die man affektiert oder aristokratisch nennen könnte, war eine wohl bedachte Strategie jener Komponisten, die wollten, daß ihre Werke auch beim gewöhnlichen Volk ankamen. Stattdessen wurde die schlichte traditionelle Patrioten-Musik Frankreichs heraufbeschworen und als Sahnehäubchen wohl dosierte Grandezza mit breiten Pinselstrichen aufgetragen. Diese Mode war zwar um 1840 schon weitgehend ›out‹, aber Berlioz bediente sich ihrer mit guter Wirkung in der Grand Messe des morts wie auch der Symphonie funèbre, damit eine dramatische Sinfonie mit Elementen aus Theater und Oper erzeugend, deren Stil noch den sinfonischen Dichtungen von Liszt und Strauss den Boden bereitete. Berlioz plante »eine große Sinfonie in breiten, schlichten Zügen, und da sie unter offenem Himmel gespielt wurde, wo delikate Orchestereffekte verloren gehen würden«, engagierte er »eine Militärkapelle von mehr als 200 Mann«.xxvii »Für ein solches Werk schien mir, je simpler der Plan, umso besser. (…) Zunächst wollte ich die Konflikte jener berühmten drei Tage traurigster Anspannung durch einen bleichen, doch erschreckenden Marsch in Erinnerung rufen, zu spielen während der Prozession; dem sollte eine Art (…) letzter Gruß an die ruhmreichen Toten folgen, zu spielen während der Bestattung, um schließlich mit einem Ruhmesgesang zu enden.«xxviii

Die Uraufführung litt unter ernsten akustischen Problemen: »Trotz der enormen Lautstärke einer so großen Blaskapelle war während der Prozession nur sehr wenig zu hören. Auf dem offenen Platz an der Bastille war es noch schlechter, und bei knapp zehn Metern Abstand konnte man schon fast gar nichts mehr hören.«xxix Doch da Berlioz solche Probleme erwartet hatte, ließ er die Generalprobe zwei Tage zuvor für das Publikum öffnen. Dies nannte er die ›eigentliche Aufführung‹. »Der Eindruck war so ungeheuer, daß der Impresario der Halle mich für vier Abendkonzerte engagierte, jeweils mit der Sinfonie als Hauptwerk; dabei wurde viel Geld eingenommen.«xxx Die Symphonie funèbre wurde noch im glei-chen Jahr mehrmals aufgeführt, darunter in der Pariser Oper am 1. November mit mehr als 450 Mitwirkenden (manche Quellen sprechen von 600 Musikern), und all diese Aufführungen wurden wohlwollend aufgenommen. »Jede Aufführung zeigte, daß das Werk für das Publikum attraktiver war als all seine Vorgänger«, meinte Berlioz. »Die Leute wurden regelrecht verrückt danach.«xxxi

Bis Februar 1842 hatte er die Partitur umgearbeitet, im eröffnenden Trauermarsch Celli und Kontrabässe sowie im Finale komplette Streicher ergänzt, um das Werk für den Konzertsaal tauglicher zu machen. Allerdings sind die Streicher ausdrücklich ad libitum bezeichnet; sie verdoppeln entweder die Bläser oder führen gelegentlich Dreiklangs- oder Tonleiter-Figurationen ein, die für das Eigentliche, gespielt von Bläsern und Schlagwerk, unbedeutend sind. Außerdem wurde ein optionaler Chor in der Apothéose ergänzt, nach einem Text von Antony Deschamps: Venez élus de l’autre vie! Gloire et triomphe à ces héros! (etc.) [›Kommt, Auserwählte für das nächste Leben! Sieg und Ruhm sei diesen Helden!‹ etc.] In dieser Fassung wurde das Werk erstmals in Brüssel am 26. September 1842 vorgestellt. Weitere Aufführungen mit Chor folg-ten in Paris und Dresden, und über das nächste Dutzend Jahre er-klang die Symphonie funèbre unzählige Male in Frankreich, ebenso in Deutschland, England und Russland, üblicherweise mit Streichern und Chor, und oft dirigiert vom Komponisten selbst. Nach einem weiteren Triumph in der Pariser Oper am 7. November 1842 schrieb Berlioz seinem Vater: »Ich wurde nach der Apothéose, die schon lange vor ihrem Schluß vom Beifall unterbrochen worden war, zweimal herausgerufen und mußte auf die Vorbühne. Selbst die Logen, aus denen in der Opéra sonst nie applaudiert wird, waren in Aufruhr. Kurz, der Erfolg war ein vollständiger.«xxxii Die Apothéose wurde in Berlioz’ Konzerten der Vierziger Jahre oft auch als eigenständiges Stück gespielt, und dem Kulturhistoriker Jacques Barzun zufolge wurde es »zumindest in Frankreich sein populärstes Werk überhaupt.«xxxiii Doch noch vor Berlioz’ Tod verschwand die Sinfonie allmählich von den Spielplänen, und schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählte sie zu den unbekann-testen seiner Werke.

 

 

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