Reinecke, Carl

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Reinecke, Carl

Violin Concerto in G minor, Opus 141

Art.-Nr.: 1777 Kategorie:

31,00 

Preface

Carl Heinrich Carsten Reinecke
(geb. Altona, 23. Juni 1824 — gest. Leipzig, 10. März 1910)

Violinkonzert in g-Moll, op.141 (1876)

Erstaufführung 21. Dezember 1876, Leipzig:
Joseph Joachim (Violine), begleitet vom Gewandhausorchester
unter Leitung des Komponisten.

„Der Tod von Carl Heinrich Carsten Reinecke in Leipzig am 19. März nimmt einen Musiker von uns, dessen Werk, das er auf seine bescheidene Art schuf, einen nachdrücklichen Stempel bei der heutigen Generation von Komponisten und Künstlern hinterlassen hat. Obwohl er ein fruchtbarer Komponist war, übte er seinen Einfluss als Professor für Komposition und Studiendirektor des Leipziger Konservatoriums aus, einer Institution, mit der er über 40 Jahre verbunden war.“

So steht es im Nachruf auf den Komponisten in der The Musical Times. Sein Leben war bestimmt von akademischen Pflichten, dem Klavierspiel und dem Komponieren – er hinterliess nicht weniger als 288 Werke mit Opuszahl. Geboren in Altona, einer Stadt, die damals unter der Verwaltung des dänischen Königreiches stand, erhielt er seine frühe musikalische Erziehung durch den Vater, ab 1845 reiste er in seiner Eigenschaft als Lehrer und Pianist durch ganz Europa. Man ernannte ihn 1846 zum Hofpianisten in Kopenhagen, in Leipzig erwartete ihn ein herzlicher Empfang durch Mendelssohn und die Schumanns. 1851 zog er nach Köln an das dortige Konservatorium, das erst kürzlich von Ferdinand Hiller wiederaufgebaut worden war, und zwischen 1854 und 1859 war er Kapellmeister in Barmen, wo er das Niveau des öffentlichen Musiklebens auf ein spektakuläres Niveau hob. Ab 1860 lebte er in Leipzig. Reinecke lehrte am dortigen Konservatorium und prägte die Institution ab 1897 als dessen Direktor durch seine aufgeklärten – wenn auch konservativen – Ansichten. Bis 1895 dirigierte Reinecke auch das Gewandhausorchester, gefolgt von Nikisch. Überschüttet mit Ehrungen im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts ging er 1902 in den Ruhestand, aber komponierte weiter bis zu seinem Lebensende acht Jahre später. Man mochte Reinecke. Wie Fritz Bose, ein Professorenkollege am Leipziger Konservatorium anmerkte: „Freunde, die das Privileg genossen, ihn zu Hause zu besuchen, konnten immer aus seinen Gesprächen, in denen ein gewisser feiner Humor mitschwang, lernen. Er wurde nie müde, von seinen Begegnungen mit grossen Künstlern zu berichten: Schumann, Liszt und Jenny Lind unter anderem. Für Liszt, der ihn regelmässig bei seinen Aufenthalten in Leipzig besuchte, hegte er den grössten Respekt: immer wieder betonte er, wie sehr er es bedauere, dass er ihn als Komponisten nicht so hochschätzen könne.“

Viele sind mit Reinecke durch seine Klavierwerke vertraut, insbesondere jene, die er für junge Musiker schrieb. Echos aus Schumanns Werken sind nicht zu überhören, auch Anklänge an Mendelssohn, aber der Reiz seiner Melodien stammt ganz von ihm selbst. Diese Eigenschaft trug er auch in seine großformatigen Werke, wie in seine betörenden Märchenopern, seine gediegene Kammermusik, drei Symphonien, Orchestermusik und seine Konzerte. Reinecke schuf ein frühes Violinkonzert in der Hoffnung, Joseph Joachim möge es aufführen. Aber der grosse Geiger war von der Musik nicht inspiriert und lehnte ab. Ohne Zurückhaltung jedoch begegnet er dem vorliegenden Violinkonzert op. 141; gewidmet „meinem Freund Joseph Joachim“ scheint die Komposition viele der Charakteristiken von Joachims Geigenspiel anzusprechen. Der Joachim spielte die Premiere am 21. Dezember 1876, jedoch übernahm er es nicht in sein Repertoire. Wahrscheinlich wurde das durch das Erscheinen von Brahms’ Violinkonzert in D-Dur im darauffolgenden Jahr verdrängt. Obwohl Reinecke hauptsächlich Pianist war, spielte er doch auch Geige auf fortgeschrittenem Niveau und verstand die Möglichkeiten des Instrumentes aus der Praxis. Reinecke und Joachim teilten viele musikalische Überzeugungen, nicht zuletzt eine starke Abneigung gegen Virtuosität um ihrer selbst willen und den Willen, die Gattung des Geigenkonzerts als eine „seriöse“ Form zu fördern, die in ihren expressiven Möglichkeiten jeden Vergleich mit einer Symphonie standhalten könne.

Atmosphärisch ist op. 141 vergleichbar mit Bruchs Konzert in der gleichen Tonart, und und ähnlich wie dort scheint es, als zelebriere es im mittleren langsamen Satz den tatsächlichen Grund, warum es überhaupt geschrieben wurde. Gesetzt ist die Komposition für doppelte Holzbläser und ein Paar aus Hörnern und Trompeten, optional Posaunen, Pauken und Streicher. Nach einem konventionellen und weiträumigen Eröffnungssatz in der Sonatenform ist das Lento in H-Dur gesetzt, eine glühende und schimmernde Tonart im Vergleich zur vorangegangenen. Hier findet sich auch die einzige melodische Idee des Konzerts, die in Erinnerung bleibt. Offenbar war Reinecke selbst äusserst angetan von der Einmaligkeit dieser melodischen Erfindung, denn sie erklingt ein weiteres Mal an prominenter Stelle im finalen Sonatenrondo. Der letzte Satz steht nicht wirklich im Kontrast zum langsamen Satz, aber in seinem letzten Teil baut er beachtlichen Druck auf, und die Einbeziehung der Hauptmelodie des langsamen Satzes erzeugt am Ende das Gefühl grossen Wohlbefindens.

Alasdair Jamieson, 2016

Aufführungsmaterial ist von Breitkopf und Härtel, Wiesbaden, zu beziehen.

Score Data

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Violine & Orchester

Format

210 x 297 mm

Klavierauszug

vorhanden

Druck

Reprint

Seiten

138

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