Rachmaninoff, Sergey

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Rachmaninoff, Sergey

First Symphony in D-minor op.13

Art.-Nr.: 1663 Kategorie:

52,00 

Preface

Sergej Rachmaninow – Erste Symphonie in d – Moll, op.13

(geb. Oneg, Novgorod, 2. April 1873 – gest. Beverly Hills, 28. März 1943)

Vorwort

Die Premiere von Rachmaninows Erster Symphonie ist als berühmt – berüchtigtes Ereignis in die Musikgeschichte eingegangen, eine verheerende Aufführung, begleitet von einer böswilligen Kritik. Erschwerend kam hinzu, dass es sich um eine Erstaufführung handelte, auf die Rachmaninows Kollegen äusserst gespannt waren.

Man erwartete viel von dem talentierten jungen Mann. In Moskau unterrichtet von den berühmten Lehrern Anton Arensky and Sergey Taneyev, war seine Abschlusskomposition an der Universität, die Oper Aleko, ein grosser Erfolg, der ihm 1892 die Grosse Goldmedaille einbrachte.

In St. Petersburg war Rachmaninow bereits als erfahrener Pianist eingeführt, er hatte für sein Instrument kurze Stücke geschrieben und aufgeführt, darunter das später weltberühmte Präludium in cis Moll op.3 Nr. 2. Auch war der Erfolg seiner Orchesterfantasie Der Fels (mph 1619), uraufgeführt 1894 in Moskau, bei den Musikfreunden der Stadt nicht unbemerkt geblieben.

So war die Premiere seiner Symphonie am 15./18. März 1897 ein Grossereignis. Viele der wichtigsten Persönlichkeit der Musikwelt waren zugegen, darunter Rimsky – Korsakow, der Kritiker Stassow, der Kritiker und Komponist Cesar Cui und der Mäzen und Verleger Mitrofan Belaieff. Sergey Taneyev reiste eigens aus Moskau an, um das Konzert zu besuchen. Alexander Skriabin, der ebenfalls dort lebte, bat Belaieff ein paar Tage vor dem Konzert: „Bitte schreibe mir, welchen Eindruck Rachmaninows Symphonie auf dich macht.“ Die Aufführung jedoch geriet zum Desaster. Zahlreiche Erklärungen waren seither zu hören. Obwohl Alexander Glazunov über eine mehr als zehnjährige Erfahrung als Dirigent verfügte, war seine Aufführung schlampig. Ihm stand keine ausreichende Probezeit für ein Konzert zur Verfügung, das ganze drei Premieren zu bieten hatte. Zahlreiche Zeugen waren der Ansicht, dass auch seine Alkoholsucht ein erschwerender Faktor war. Der Komponist war alles andere als zufrieden mit dem Konzert, und wünschte, er hätte das Orchester selbst dirigiert. Die meisten der Zuschauer, die bei den Proben einen Tag zuvor anwesend waren, teilten Rachmaninows abschätziges Urteil über Glazunovs Dirigat.

Rachmaninow hatte ein Epigraph der Partitur vorangestellt: „Mein ist die Rache, ich will vergelten, spricht der Herr.“ (Römer, XII, Vers 19). Im Verlauf der Symphonie wird einige Male auf das Dies Irae angespielt. Das Publikum war erschrocken über die Vehemenz der Musik, die meisten Kritiker zeigten sich abgeneigt. Man bezichtigte den Komponisten der Dekadenz und des Modernismus und beschimpfte ihn, er sei einzig daran interessiert, nach neuen Orchesterfarben zu suchen. Cuis Kritik enthielt beleidigende Zeilen, in denen er ätzte, die Symphonie illustriere die sieben ägyptischen Plagen, als habe ein Student eines höllischen Konservatoriums sie komponiert. Ein Jahr zuvor bereits hatte Cui einen sehr kritischen Artikel über Rachmaninows Der Fels verfasst.

Jedenfalls kam die ablehnende Reaktion von Publikum und Fachwelt völlig unerwartet. Rachmaninows Freunde, vor allem diejenigen, die nicht zum Konzert nach St. Petersburg zu reisen konnten, waren tief enttäuscht. Der desillusionierte Komponist verschwand aus der Stadt und verfiel in eine Periode tiefer Depression, von der er sich nur allmählich erholte.

Es wird Rachmoninow nachgesagt, dass er wegen seines Misserfolgs drei Jahre lang nicht mehr komponierte. Tatsache ist, dass Savva Mamontov, der Eigentümer der Moskauer Privatoper, ihn engagiert hatte, mehr als zehn Opern in den nächsten Spielzeiten zu dirigieren. So war Rachmaninow anfangs einfach zu beschäftigt, um weitere Werke zu komponieren, hatte er sich nun doch auf den Weg zu einer brillanten Karriere als Dirigent gemacht. Er lehnte Mamontows Angebot ab, seinen Vertrag auf die Spielzeiten 1898 bis 1899 zu verlängern. Stattdessen begab er sich auf eine Konzertreise ins Ausland und dachte über seine Zukunft nach. Schliesslich überwand er seine Depression und konzentrierte sich erneut auf das Komponieren. Im Jahr 1900 überraschte er das Publikum mit seinem Zweiten Klavierkonzert, das bis heute eines der populärsten seiner Art ist.

Die Originalpartitur gilt als verloren, entweder vernichtet von seinem Schöpfer selbst und verbrannt im Jahr 1917 bei einem Feuer in Rachmaninows Haus. Nach seinem Tod im Jahr 1943 machte sich der Musikwissenschaftler Alexander Ossowsky (1871-1957), der die Geschichte des Werks kannte, auf die Suche nach den Orchesterstimmen der Symphonie. Es gelang ihm, ausreichend Material aus St. Petersburger Archiven und beim Verlag Belaieff auszugraben, um die Partitur zu rekonstruieren. Schliesslich vollendete B.G. Shal‘man diese Aufgabe unter der Aufsicht des bekannten Dirigenten Alexander Gauk.

Wie aber steht es nun um die Musik selbst? Das Werk eröffnet mit einem wilden „Motto“, einem fortissimo in D, ornamentiert mit einem langen Vorhalt, gespielt von Holzbläsern und Hörnern. Dieses kurze Motiv bleibt lauernd im Hintergrund während der gesamten Symphonie. Klarinetten und Streicher präsentieren nun das „Vergeltungs“motiv, das an ein berühmtes Lied erinnert. Bei dem zweiten Thema handelt es sich um eine lyrische Melodie, wie sie in späteren Werken Rachmaninows immer wieder auftauchen sollte: ein grosses Intervall aufwärts, gefolgt von einer gewundenen Abwärtsbewegung. Markiert wird dieser Abstieg durch einen kräftigen Impuls (sfff), dann führt ein Fugato über das Hauptthema in die Durchführung. Rachmaninow schichtet Steigerung auf Steigerung und bereitet so die Reprise vor. Die Koda beendet den Satz, er wird allmählich langsamer und schliesst mit einem letzten sfff – Akkord des gesamten Orchesters.

Das im ersten Satz gespielte Material ist die Quelle für die Themen der weiteren Sätze.

Wie bereits bei Balakirew und Borodin gehört, setzt Rachmaninow das Scherzo als zweiten Satz. Es beginnt mit einem Motto, dann folgt eine Phrase, die sich aus dem Hauptthema des vorangegangenen Satzes herleitet. Raffinierte triolische Figuren bestimmen die Begleitung. Im dreizehnten Takt des Scherzo hören wir zum ersten Mal ein auffälliges Thema aus zwei Achteln, gefolgt von einer halben Note.

Der langsame Satz (Larghetto) beginnt mit der Wiederholung des Mottos in forte. Dann setzt Rachmainow wiederum Materialien aus früheren Zusammenhängen ein, um eine verfeinerte, kultivierte Atmosphäre zu erzeugen, unterbrochen von kontrollierten Steigerungen.

Das Finale in D – Dur hebt an in festlicher Stimmung. Obwohl einige leise Passagen sich mit lauten, marschähnlichen Partien abwechseln, macht der Satz einen ausgelassenen Eindruck. Insgesamt ist er weniger überzeugend als die vorherigen drei Sätze. Eine lange, schnelle und laute Koda erweckt den Eindruck, das Werk abzuschliessen, aber dann eröffnet ein Paukensolo ein Largo, in dem das Motto im Vordergrund steht. Ganz am Ende der Symphonie wird wieder und wieder gemeinsam zusammen mit dem Motiv des Scherzo fortissimo wiederholt.

Dieser erste Versuch eines grossen symphonischen Werks eines jungen Komponisten hat, wie nicht anders zu erwarten, seine Schwachstellen, aber er hat auch viel zu bieten. Er deutet bereits den Weg an, den der Komponist möglicherweise eingeschlagen hätte, wäre die Erstaufführung nur besser geprobt und die kritische Presse günstiger gestimmt gewesen.

Willem Vijvers, 2015

Aufführungsmaterial ist von Boosey & Hawkes, Berlin, zu beziehen. Nachdruck eines Exemplars der Musikabteilung der Leipziger Städtischen Bibliotheken, Leipzig.

Score Data

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Orchester

Seiten

288

Format

210 x 297 mm

Druck

Reprint

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