Hartmann, Emil

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Hartmann, Emil

Concerto pour Piano et Orchestre

Art.-Nr.: 4514 Kategorie:

35,00 

Emil Wilhelm Emilius Zinn Hartmann – Klavierkonzert f-Moll

(21.02.1836, Kopenhagen – 18. Juli 1898, Kopenhagen)

 

Vorwort
Siegfried Wagner, Franz Xaver Mozart, Axel Gade – alle diese Namen sind Beispiele für Komponisten, die in die ungeliebte Kategorie „Kinder musikalischer Genies“ fallen. Dazu gehört auch der dänische Komponist Emil Hartmann. Als Sohn des Johann Peter Emilius Hartmann (1805-1900) war in seinem Heimatland stets nur „der Sohn des großen Hartmann“ und konnte sich kaum gegen den mächtigen Schatten seines Vaters behaupten. Dieser war von 1830 bis zu seinem Tod im Jahr 1900 neben Niels Wilhelm Gade der tonangebende Komponist Dänemarks und brachte nachhaltig den „nationalen Ton“ in die dänische Kunstmusik mit ein. Unter diesen Umständen war es für den Sohn Emil Hartmann äußerst schwer, sich einen Platz im heimischen Konzertleben zu sichern. Dies war auch gar nicht unbedingt nötig, denn in Deutschland wurde Emil Hartmann frenetisch gefeiert. Seine Werke eroberten die deutschen Musikhauptstädte und liessen ihn dort zum populärsten dänischen Komponisten neben Niels W. Gade werden. Dennoch liess ihn der Schatten des Vaters, in dem er 1836 das „Licht der Welt“ erblickte, zeitlebens mit Kummer an seine dänische Heimat denken, wo man ihm jegliche Eigenart und einen persönlichen Stil absprach. Dies entspricht jedoch nicht den Tatsachen, was leicht anhand seiner nordisch-geprägten Werke mit mendelssohnschem Einfluss überprüfbar ist.

Dabei erhielt Hartmann keine musikalische Ausbildung im eigentlichen Sinn. Außer einigen Klavierstunden bei Niels Ravnkilde – einem Schüler des Vaters – sind keine Lehrstudien belegt, wobei sein Vater sicherlich anfangs hilfreich zur Hand ging. Im Alter von 22 Jahren konnte Emil Hartmann sein Debut als Komponist feiern. Anlässlich eines Gründonnerstagsgottesdienstes wurden seine Passionspsalme für Sopran, Chor und Orchester aufgeführt, womit seine Karriere langsam Fahrt aufnahm. Es folgte das Ballett Fjeldstuen (Die Berghütte) am königlichen Theater, das ein großer Erfolg wurde. Aufgrund der stetig wachsenden Hoffnungen in den jungen Musiker erhielt er 1867 das Anckersche Legat, welches Hartmann eine sechsmonatige Studienreise nach Deutschland ermöglichte. Von dem reichen Musikleben des Nachbarlandes war der angehende Komponist äußerst begeistert und wünscht sich daher, selbst einmal dort „tonangebend“ zu werden. Und tatsächlich – Hartmann beginnt relativ schnell im deutschen Musikleben Fuß zu fassen. Obgleich zuhause in Dänemark seine Frau Bolette samt Kindern warten, wird Deutschland immer mehr zum zweiten Lebensmittelpunkt Hartmanns. Seinen Durchbruch erzielte er im Jahr 1868, als Carl Liebig seine später nicht gezählte e-Moll-Sinfonie bei mehreren Gelegenheiten in Berlin mit großem Erfolg spielte. Weitere Werke und Aufführungen folgten, sodass Hartmann mit Freuden seiner Frau von seinem Siegeszug über die deutschen Konzertpodien berichten konnte. Den Erfolg verdankte er nicht zuletzt den zahlreichen Kontakten, die er über die Jahre gefunden hatte und bereit waren, sich für sein Werk einzusetzen. Um an Aufführungen zu gelangen bedrängte er sie in teils penetranter Weise, was allerdings auch zu seinem Erfolg führte– Hartmann wird um 1870 in einem Satz mit Niels Wilhelm Gade, Anton Svendsen und Edvard Grieg genannt!

Neben seinen sinfonischen Werke brachten besonders seine Solistenkonzerte Emil Hartmann große Erfolge ein. Bevor sich der Komponist von 1887 bis 1890 an das vorliegende Klavierkonzert machte, komponierte er bereits ein Violin- sowie ein Cellokonzert. Von den drei Werken fand das Klavierkonzert die geringste Verbreitung, was sicherlich auch daran liegt, dass es sich dabei um kein typisches Virtuosenstück handelt. Die technischen Herausforderungen sind nicht sehr hoch, allerdings erfordert das Werk eine musikalisch-empfindsame Ausführung.

Das Konzert beginnt mit einem stürmischen Thema in der Haupttonart f-Moll, dem ein sehr lyrisches Nebenthema in As-Dur (Buchstabe B) folgt, das durch seine rhythmisch breite Ausgestaltung in halben Noten einen starken Kontrast zum vorwärtsdrängenden Hauptthema darstellt. Die Durchführung ab Seite 27 lässt beide Themen gegeneinander antreten, wobei das lyrische Nebenthema die Oberhand zu gewinnen scheint. In der folgenden Kadenz hingegen (ab Seite 51) verarbeitet Hartmann das Mollthema in virtuoser Manier, das schließlich auch den Kopfsatz kraftvoll beendet.

Der zweite Canzonette überschriebene Satz in Des-Dur beginnt direkt mit dem einschmeichelnden, gesanglichen Hauptthema im Klavier. Äußerst romantisch und dezent von den Streichern begleitet, gibt es den Ausführenden beste Gelegenheit, ihre musikalische Ausdrucksfähigkeit darzustellen. Im kurzen B-Teil (Buchstabe B) lässt Hartmann schwelgende Motive im Orchester erklingen, die vom Klavier akkordisch umspielt werden. In der abschließenden Wiederholung des A-Teils erklingt erneut das Hauptthema, wobei Hartmann das Klavier äußerst intim instrumentiert begleiten lässt. Im reinsten Dur-Klang haucht dieser romantische Satz aus.

Ein punktiertes Motiv bildet den Beginn des letzten Satzes. Nach einer kurzen Steigerung dieses Motivs leitet Hartmann in das freudig bewegte F-Dur Finalthema über, welches durch einen Auftakt mit Sext-Sprung äußerst charakteristisch ist. In der Folge werden verschiedene kurze Motive eingefügt und variiert, sodass ein thematisch abwechslungsreicher Satz vorliegt, der dennoch durch die Wiederkehr der Motive sein Spannungsgefüge behält. Freudige Dur-Läufe im Klavier beenden das rund 25minütige Werk äußerst effektvoll.

Im Gegensatz zu Hartmanns Violinkonzert, das zu den Lebzeiten des Komponisten häufig aufgeführt wurde, sind für sein Klavierkonzert nur zwei Aufführungen belegt. Die Uraufführung fand im März 1891 im Kopenhagener Musikverein statt. Niels Wilhelm Gade sollte eigentlich das Konzert leiten, verstarb jedoch im Dezember des Vorjahres, weshalb Emil Hartmann als sein Nachfolger selber den Taktstock in die Hand nahm. Den Klavierpart übernahm die junge Pianistin Agnes Hansen (1865-1935, später Agnes Adler). Das Konzert wurde überaus freundlich aufgenommen, dabei jeder Satz separat beklatscht, wobei die Canzonette wiederholt werden musste. Ein Kritiker der Zeitung „København“ wunderte sich, dass das Publikum „im siebten Himmel“ war, obwohl das Konzert „zu sehr nach Zuckerwasser schmeckte.“ Das in der Tat äußerst melodiöse Werk gefiel trotzdem auch der Kritik – man lobte die Formsicherheit des Komponisten, war sich jedoch auch einig, dass Hartmann bedeutendere Werke geschaffen hatte. Anlässlich einer späteren Aufführung in Berlin, bemerkte ein Kritiker, dass es „reine deutsche Musik“ sei und stellte es in die Nähe der Weberschen Solistenkonzerte.

Als Emil Hartmann 1898 stirbt – er war seit früher Zeit nervenkrank – wird es schnell ruhig um ihn. Deutschland entwickelt sich in den folgenden Jahren zu einer Hochburg musikalischer Strömungen, durch die Hartmanns Musik schnell verdrängt wird. In Dänemark hingegen hat er nie die Anerkennung gefunden, die ihm als bedeutender Vertreter dänischer Tonkunst hätte zukommen müssen. Man erklärte es sich damit, dass der „nordische Ton“ zwar im Ausland als etwas Fremdartig-besonderes aufgefasst werde, in Dänemark jedoch keine Besonderheit sei. Erst in den vergangenen Jahren wird Hartmann wiederentdeckt, wobei sich besonders seine Kammermusik wieder größerer Beliebtheit erfreut und aufgeführt wird. Das Klavierkonzert wurde 2004 mit dem Helsingborg Symphony Orchestra unter Hannu Lintu mit Per Salo als Solist veröffentlicht und wartet nur noch auf eine erneute Aufführung im Konzertsaal.

Christian Biskup. 2021

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