Grétry, André

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Grétry, André

Le Magnifique, Ouvertüre

Art.-Nr.: 1849 Kategorie:

17,00 

André-Ernest-Modeste Grétry

Le Magnifique
Ouverüre

(geb. Lüttich, 8. Februar 1741 – gest. Montmorency,24. September 1813)

Preface
André-Ernest-Modeste Grétry wurde als sechstes Kind eines Geigers an der Hochschulkirche St.Denis in Lüttich geboren. Dort besuchte er auch die Chorschule, aber da der Chorleiter über keine kompositorischen Kenntnisse verfügte, schickte man den Jungen zum Studium des Kontrapunkts zu H.J. Renkin und Henri Morceau. Die folgenreichste Erfahrung während seiner Kompositionsstudien war der Besuch einer italienischen Operntruppe, spezialisiert auf komische Opern, die in Lüttich zwischen 1753 bis 1755 ihre Zelte aufgeschlagen hatte. Im Jahre 1760, nach zahlreichen erfolgreichen Kompositionsarbeiten, reiste Grétry nach Rom, um seine Studien am College Dragees fortzusetzen. Später diente er unter einem Schutzherrn in Genua, wo er zum ersten Mal mit der opéra comique in Berührung kam. Einige Jahre später reiste der Komponist nach Paris, um sich nach einem neuen Mäzen umzuschauen. Jedoch blieb seine Suche erfolglos. Ab 1769 jedoch waren seine Kompositionen wie die sechs opéras comiques, die er gemeinsam mit Jean François Marmontel und Josef Kohaut schuf, wie auch sein Le tableau parlant (1769), derart erfolgreich, dass er nunmehr ein Leben als einflussreiche ud wohlhabende Persönlichkeit führen konnte. Im Jahre 1771 heiratete der Komponist Jeanne-Marie Grandon, mit der er drei Töchter hatte, von denen die zweite Lucille zwei eigene Opern schrieb. Obwohl er seiner Familie einen beachtlichen Teil seiner Zeit und Aufmerksamkeit widmete, kümmerte sich Grétry mit grossen Erfolg um das Wohlergehen seiner Bühnenwerke. Um die grösstmögliche Zuhörerschaft zu erreichen und den damals Regierenden zu gefallen, bezeichnete sich Grétry selbst in seinen Memoiren von 1801 als den „geborenen Republikaner“, obwohl er viel für die königliche Familie gearbeitet hatte und sich zudem abfällig über die Revolutionskompositionen geäussert hatte. Während der Revolution wie auch während des Empire wurden ihm grosse Ehrungen zuteil, aber er lehnte es ab, seine Postion am Pariser Konservatorium anzutreten, auf die man ihn berufen hatte.

Am bekanntesten ist Grétry für seine Beiträge zur opéra comique und seine Tätigkeit als persönlicher Musikdirektor von Marie Antoinette. Kurz bevor er in diese prestigeträchtige Position aufstieg, schuf eine wenig bekannte komische Oper Le Magnifique, die am 4. März 1773 im Hôtel de Bourgogne in Paris uraufgeführt wurde. Dieses Theater und seine Truppe besorgte die Premieren zahlreicher komischer Opern, bevor es bei Ausbruch der Revolution in einen Ledermarkt umgewandelt wurde. Innerhalb des Librettos von Michel-Jean Sedaine entzückte Grétry insbesondere die Szene, in der Clementine, die Heldin des Werks, ihre Liebe zu Le Magnifigue zu erkennen gibt, indem sie eine Rose fallen lässt. Diese Episode empfand er als wahrhaftige Herausforderung, die ihn zur Schaffung neuer Methoden des musikalischen Ausdrucks antrieb, denn die Szene enthielt keinen Text, so dass es allein dem Orchester oblag, Clementines Gefühle zu vermitteln. Diese Episode wurde sehr erfolgreich, und viele Pariser besuchten wiederholt die Aufführungen, um den leidenschaftlichen Moment ein weiteres Mal zu erleben.

Auch die Ouvertüre geht einher mit einer Handlung ohne Text. Während Gefangene still auf die Bühne marschieren, eröffnet ein Orchester aus Hörnern, Trompeten, Pauken und Trommeln ausserhalb der Bühne den ersten Satz der Ouvertüre. Die selben Trommeln eröffnen auch den zweiten und dritten Satz mit dem gleichen marschähnlichen Motiv. Le Magnifique repäsentiert eines der ersten Beispiele für programmatische Musik, in der eine stumme Bühnenhandlung nicht begleitet, sondern vom Orchestern „erzählt“ wird. Die militaristische Eröffnung durch die Perkussion, gefolgt von den punktierten Rhythmen des nachfolgenden melodischen Materials entspricht den Charakteristiken der französischen Ouvertüre, wie sie von Lully eingeführt wurde. In der Ouvertüre finden sich herausragende Beispiele für den Galanten Stils aus dem 18. Jahrhundert, der gekennzeichnet war durch die Dominanz der Melodie, die Trennung der Melodie vom Bass und eine weitgehend homophone Textur. Von den modulatorischen Konventionen seiner Zeit, in der die Beziehungen der Tonarten über den Quintenzirkel organisiert sind, weicht Grétry jedoch ab. So beginnt der dritte Satz in der Tonart E-Dur, die in einer Terzbeziehung zum C-Dur des ersten und zweiten Satzes steht. Dem Werk mangelt es an rhythmischer Komplexität, jedoch arbeitet Grétry mit einer Vielzahl von Orchesterfarben, zwischen den Instrumentengruppen wechselnden Melodien und Frage-Antwort-Motiven zwischen den Streichern und Holzbläsern. Das Manuskript der Opernouvertüre liegt in einer Kopie von Johann Heinrich Grave in der Staatsbibliothek–Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (Mus.ms. 8508/5) in Berlin.

Mittelpunkt der Handlung von Le Magnifique ist Horace, der von Le Magnifique, dem heimlichen Schwarm seiner Tochter Clementine, aus langjähriger Gefangenschaft befreit wurde. Le Magnifique weiss nichts von ihren Gefühlen, noch kann diese ihm ihre Gefühle eröffnen, da ihr Vormund Aldobrandin seine eigenen Pläne hat und die junge Frau heiraten will. Die Dramatik der Situation spitzt sich zu, als öffentlich wird, dass Magnifigue die Gefühle Clementinens erwidert, und bisher unbekannte Wahrheiten über die Gefangenschaft des Vaters ans Tageslicht kommen. Dieser Typus von Rettungsopern charakterisiert zahlreiche Werke Sedaines und sollte später auch eine Inspirationsquelle von Beethoven’s Fidelio sein. Der Begriff der Rettungsoper betrifft jene französischen opéras comiques, die um die Revolutionszeit entstanden, in denen auf die Verschleppung einer Person durch einen Tyrannen die Befreiung des Gefangenen folgt, gewöhnlich durch das Opfer eines einfachen Bürgers. Hier wird die Tugend des Retters der Bosheit des Tyrannen gegenübergestellt. Obwohl der Held von Le Magnifique nicht der vom typischen Helden des Genres erwarteten Gesellschaftsklasse entstammt, gehört das Werk wegen des Siegs über den geldgierigen Tyrannen und des Heroismus, den die Diener der betroffenen Familie repräsentieren, zu jenen Rettungsopern, die der Revolutionsperiode vorangingen. Auch konfrontiert Sedaine häufig Unschuld und Grausamkeit, hier in Form von Clementines reiner Liebe für Le Magnifique, kontrastiert mit Aldobrandins Wunsch, sie zu heiraten, um auf diese Weise an das Anwesen ihres Vaters zu kommen. Wie in den meisten komischen Opern wird klar zwischen den Gesellschaftsklassen unterschieden, hier die Familie aus der Oberschicht, dort ihre Dienerschaft aus der Unterklasse. Fabio, einer der Diener, übernimmt die Rolle des komischen Basses oder basso buffundo, indem er schnelle Noten im tiefen Register singt, in dem Geschwindigkeit nur schlecht funktioniert. Wie Leporello in Mozarts Don Giovanni stellt Fabio den Lakaien dar, der die Befehle des Antagonisten Aldobrandin in Empfang nimmt.

Obwohl dieses Werk nicht zu Grétrys berühmten Bühnenstücken zählt, handelt es sich dennoch um eine bahnbrechende Schöpfung. In diesem Werk dehnt Grétry seine kompositorischen Fähigkeiten in neue expressive Regionen aus, indem er die Handlung nicht mittels eines Textes, sondern musikalisch vorantreibt, aber dennoch auf die sorgfältige Behandlung der französischen Aussprache Wert legt.

 

Beth Uhimchuk, 2016

André-Ernest-Modeste Grétry, Ouverture du Magnifique. pour le Clavecin. de Grétry. 1773. Grave,Paris: 1773.Mus.mus. 8508/5.b.

Aufführungsmaterial ist von Ricordi, Mailand, zu beziehen. Nachdruck eines Exemplars der Musikbibliothek der Münchner Stadtbibliothek, München.

Partitur Nr.

1849

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Ouverture

Format

Druck

Reprint

Seiten

44

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