Bruckner, Anton

Alle

Bruckner, Anton

Symphony Nr. 9 in D minor, Finale (Completed performance version / Erstdruck)

Art.-Nr.: 444 Kategorie:

44,00 

Anton Bruckner – Symphony Nr. 9 in D minor, Finale (Completed performance version)

VORWORT ZUR LETZTGÜLTIG REVIDIERTEN AUSGABE 2012

»Nur eine schlichte Bemerkung – wenn Sie Aufführungsfassungen von unvollständigen Kompositionen und Entwürfen nicht zustimmen, zwingt Sie keine Macht der Welt, zuzuhören. Unterdessen hören diejenigen unter uns, die geistig neugierig geblieben sind, immer noch lieber solche Entwürfe irgendwie klanglich realisiert, als sie in irgendwelchen Archivregalen verschimmeln zu lassen, auch wenn wir natürlich wissen, daß diese oder jene Aufführungsfassung wirklich niemals das sein kann, was der Komponist selbst daraus gemacht hätte. Nochmals: keine Macht der Welt zwingt Sie zum Zuhören …«[Dace Gisclard, Houston/USA, 26. 8. 2003, Kundenrezension für www.amazon.com]

Im Jahr 1983 begannen Nicola Samale und Giuseppe Mazzuca den mühevollen Arbeitsprozess einer Vervollständigung des unvollendet überlieferten, doch ursprünglich weitestgehend konzipierten vierten Satzes zu Anton Bruckners IX. Sinfonie d-moll. Das Erststadium davon, die Ricostruzione (1985), wurde unter Eliahu Inbal für Teldec sowie unter Gennadij Roshdestvenskij für Melodiya auf CD eingespielt. Mazzuca zeigte nach der Ricordi-Veröffentlichung 1985 kein Interesse mehr an einer weiteren Mitarbeit am Finale. Zu dieser Zeit begann Samale mit Benjamin-Gunnar Cohrs zusammenzuarbeiten. Bis 1989 entstanden infolgedessen mehrere Stadien der Partitur, die unter anderem der Dirigent Hubert Soudant für den Niederländischen Rundfunk NCRV aufgenommen hat (Produzent: Cornelis van Zwol); der live-Mitschnitt einer Aufführung unter Samale selbst erschien außerdem bei Melodram Italia auf CD. Letztere Zwischenfassung enthielt bereits zahlreiche bedeutende Neuerungen – neben umfangreichen Änderungen der Instrumentation unter anderem erstmals die Realisierung eines Schluß-Halleluja in D-Dur. 1990 begann Samale, intensiv auch mit dem australischen Musikwissenschaftler John A. Phillips zu arbeiten, der die Funde von Samale, Mazzuca und Cohrs nochmals an den Manuskripten überprüfte und seine Forschungsergebnisse in seiner Dissertation (University of Adelaide, 2002) wie auch in einigen Bänden der Bruckner-Gesamtausgabe vorlegte. Besonderer Bedeutung kommt seiner ›Faksimile-Ausgabe sämtlicher autographen Notenseiten zum Finale‹ (= FA) zu, die 1996 im Musikwissenschaftlichen Verlag Wien erschien und erstmals einer breiten Öffentlichkeit die genaue Kenntnis all dessen ermöglicht, was von Bruckners Hand zu diesem Satz erhalten ist. Sie diente auch der hier vorgelegten letztgültig revidierten Neu-Ausgabe (= NA) als unerläßliche Referenz-Quelle. Phillips gab außerdem eine weitere Revision der Partitur der Aufführungsfassung (= AF) des Finales heraus, die 1992 im Selbstverlag in Bremen und Adelaide erschien. Sie faßte die früheren Arbeiten zwischen 1983 und 1989 zusammen, angereichert um wichtige neue Erkenntnisse, und ist als Aufführungsfassung von Samale-Phillips-Cohrs-Mazzuca (= AF 1992) bekannt geworden, mitunter auch ›SPCM-Version‹ genannt.
Diese 1991 in Linz vom Bruckner-Orchester unter Manfred Mayrhofer erstaufgeführte Weiterentwicklung der Partitur erwies sich als recht erfolgreich. Davon zeugen bis 2003 etwa 40 Aufführungen, verschiedene Rundfunk-Produktionen, Konzertmitschnitte und zwei CD-Einspielungen (Bruckner-Orchester Linz, Kurt Eichhorn; Camerata Tokyo / Neue Philharmonie Westfalen, Johannes Wildner; SonArte & Naxos). Zusätzliches Gewicht erhielt sie durch die von Phillips herausgegebene ›Dokumentation des Finale-Fragments‹ (= DFF), 1999 von den Wiener Symphonikern unter Nikolaus Harnoncourt in Wien aufgeführt und vom gleichen Dirigenten mit den Wiener Philharmonikern 2002 für RCA/BMG auf CD eingespielt. Diese Produktion enthielt auch erstmals die Neu-Ausgabe der ersten drei Sätze der Neunten, die Cohrs mitsamt kritischem Bericht für die Bruckner-Gesamtausgabe vorgelegt hatte.
Unterdessen hatten Samale und Cohrs seit 1985 verschiedentlich Gelegenheit, die Neunte und die AF selbst zu dirigieren; jede Aufführung brachte neue Einsichten. Im Jahr 2003 waren beide überzeugt von der Notwendigkeit, eine Revision der gesamten Partitur durchzuführen. Schließlich entschied Samale als Initiator des Projekts, in Zusammenarbeit mit Cohrs eine Neu-Ausgabe des Finales vorzubereiten, die dann 2005 als Study Score 444 in der Reihe Repertoire Explorer der Musikproduktion Höflich erschien. Auch nach dieser Veröffentlichung boten jedoch verschiedene Aufführungen Anlaß zu weiteren Korrekturen und Umarbeitungen im Detail. Außerdem gewann Cohrs im Zuge seiner Dissertation über das Finale (Universität Hamburg, 2009), die eine erneute Sichtung der Quellen einschloß, neue Erkenntnisse zu bisher strittigen Stellen. Diese stießen eine weitere Diskussion der Partitur an, der in Form eines revidierten Nachdrucks (veröffentlicht 2008) Rechnung getragen wurde. In dieser Form erklang das Finale erstmals am 8. und 9. November 2007 in Stockholm (Orchester des Schwedischen Rundfunks unter Daniel Harding).
Doch weitergehende Einsichten führten dessen ungeachtet nochmals zu einer langen und fruchtbaren Diskussion zwischen Samale, Cohrs und Phillips. Der endgültige Anstoß zur Vorbereitung einer ›letztmalig revidierten Ausgabe‹ ist Sir Simon Rattle zu verdanken, der sich dazu entschloß, die Neunte mitsamt der AF zur Aufführung und Einspielung durch die Berliner Philharmoniker anzusetzen und charmant an die Bearbeiter schrieb: »Ich muß gleich hier loswerden, was für eine erstaunlich beeindruckendes Stück Arbeit Sie geleistet haben. Ich habe die Entwürfe in den vergangenen Jahren immer wieder einmal durchgesehen, und ich habe eine andere namenlose Rekonstruktion gehört, die mich beinahe für den Rest des Lebens davon abgebracht hätte. (…) Ich habe die komplette Sinfonie für Februar 2012 mit den Berliner Philharmonikern aufs Programm gesetzt, auch für ein Gastspiel in New York. Ich fühle mich immer mehr überzeugt von Ihrem Stück plastischer Chirurgie, und fühle, daß es viel verbreiteter gehört und verstanden werden sollte. Und dies von einem Mann, der Mozarts Requiem ganz beiseite gelegt hat! Nochmalige Glückwünsche zu Ihrer erstaunlichen Entdeckungsreise.« …

 

Komplettes Vorwort > HIER

Partitur Nr.

Edition

Genre

Seiten

Format

Druck

Nach oben