Saint-Saëns, Camille

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Saint-Saëns, Camille

Piano Concerto No. 2 in G minor Op. 22 (Piano Reduction for 2 pianos, 2 copies)

Art.-Nr.: 1248b Kategorien: ,

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Preface

Saint-Saëns, Camille

Piano Concerto No. 2 in G minor Op. 22 (Piano Reduction for 2 pianos, 2 copies)

Ohne Zweifel war Camille Saint-Saëns der brillanteste, vielseitigste und erfolgreichste französische Komponist seiner Zeit, die führende Persönlichkeit im Musikleben seiner Heimat ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende seiner langen Karriere im 20. Jahrhundert. Seine aussergewöhnliche musikalische Kreativität äusserte sich in seiner Arbeit als Konzertpianist und Komponist, darüber hinaus veröffentlichte er kritische Schriften zur Musik. Geboren in Paris in einer Familie ohne nennenswerte musikalische Interessen erhielt Saint-Saëns ab seinem dritten Lebensjahr Klavierunterricht durch seine Grosstante mütterlicherseits (nach dem Tod seines Vaters). Seinen ersten Konzertauftritt absolvierte er im Alter von zehn Jahren in Pariser Salle Pleyel mit einem Programm, das auch Klavierkonzerte von Mozart und Beethoven enthielt, die das Kind aus dem Gedächtnis spielte (das Mozartkonzert enthielt Saint-Saëns eigene Kadenz). Um diese Zeit empfahl man, dass Saint-Saëns Kompositionsstudien bei Pierre Maleden (ein Schüler von Fétis) und Gottfried Weber nehmen solle. Auch profitierte Saint-Saëns von seiner weltoffenen Erziehung, die in ihm den Geschmack an französischer Literatur, klassischen Sprachen, Naturwissenschaften und Philosophie reifen liess. Auch sollte er zeitlebens als Autor in einigen dieser Disziplinen tätig sein.

1848 wurde Saint-Saëns am Pariser Konservatorium zugelassen und gewann den Preis für Orgelspiel im Jahr 1851. Komposition, Orchestersatz, Begleitung und Gesang studierte er bei Halévy. Zu dieser Zeit schrieb er verschiedene Werke für Orchester, ein Stück für Chor und kleinere, teilweise unvollendete Kompostionen. Beim Prix de Rome war er nicht erfolgreich, aber seine Ode à Sainte-Cécile gewann den ersten Preis in einem Wettbewerb in Bordeaux. Seine zwei opéras comiques, begonnen in den 1850ern, blieben unvollendet, aber er vollendete Ouvertüren, Lieder, ein Klavierquintett und eine weitere Symphonie (die einen zweiten Preis in Bordeaux gewann). Auch begann er, Werke von Gluck herauszugeben, später veröffentlichte er Kompositionen der französischen Cembalisten, von Mozart, Beethoven und Liszt. Schon früh in seiner Karriere war er mit führenden Musikern wie Pauline Viardot, Gounod, Rossini und Berlioz befreundet, auch gewann er die Bewunderung von Liszt (der von Saint-Saëns’ Fähigkeiten als Komponist und dessen kraftvollen Improvisationen beeindruckt war). In seiner ersten Anstellung diente er als Kirchenorganist an St. Maria und verdiente sich durch die Komposition einer Messe die Dankbarkeit von Abbé Gabriel, der ihn zu einer Italienreise einlud (der Beginn eines beständigen Reiselebens). Auch in den 1860er Jahren wuchs seine beneidenswerte Reputation als Komponist und Klaviervirtuose, was sich in erfolgreichen Aufführungen seines ersten Klavierkonzerts in Paris und an anderen Orten niederschlug. Saint-Saëns’ einzige Anstellung als Lehrer fand zwischen 1861 und 1865 statt, als er an der Ècole Niedermeyer arbeitete, die sich der Verbesserung der französischen Kirchenmusik widmete. Zu seinen Studenten zählten Fauré und andere französische Musiker, mit denen er sein Leben lang verbunden blieb. Als strenger, aber anregender Pädagoge inspirierte er seine Schülern immer wieder durch seine weitreichenden Interessen an den Künsten. In den 1870er Jahren wurde Saint-Saëns als Förderer der Musik anderer prominenter Komponisten aktiv, darunter Zeitgenossen wie auch verstorbene Kollegen, Bach, Händel, Mozart, Schumann, Liszt und Wagner. 1871 war er Mitbegründer der Société Nationale de Musique, die das Ziel verfolgte, zeitgenössische französische Musik zu fördern (unter den Kommiteemitgliedern befanden sich Fauré, César Franck und Lalo). Die Société veranstaltetet Erstaufführungen von prominenten Komponisten wie Debussy und Ravel. Saint-Saëns verfasste Artikel für Renaissance littéraire et artistique, die Gazette musicale und die Revue bleue, oft im lebhaften Dialog mit kritischen Gegnern, und sollte auch für den Rest seiner Karriere Texte veröffentlichen. Er erlebte und bewunderte den Ring 1876 in Bayreuth, obwohl er sich später, als Antwort auf den ersten Weltkrieg, verpflichtet sah, seine Haltung gegenüber der deutschen Musik zu ändern. 1875 heiratete der Komponist, wurde aber drei Jahre später unter ungewöhnlichen Umständen geschieden und liess sich nie wieder auf eine romantische Beziehung ein (für den Rest seiner Laufbahn sollten seine engen Beziehungen zu anderen französischen Musikern sein soziales Fundament sein). 1877 schenkte ihm Albert Libon, der Widmungsträger seiner Oper Le timbre d‘argent 100.000 Francs, so dass er sich ganz der Komposition widmen konnte. Im Gefolge seiner ausgezeichneten Karriere wurde Saint-Saëns 1881 zum Mitglied der Académie des Beaux-Arts gewählt (deren Präsident er 1901 wurde) und schliesslich Offizier der Légion d‘Honneur in 1884 (und deren Grand Officier im Jahr 1900, wo er 1913 das Grande Croix verliehen bekam). So berühmt war er inzwischen, dass im Juli 1890 in Dieppe ein Museum unter seinem Namen eröffnet wurde. Auf seinen Weltreisen setzte er bis in die 1890er Jahre seine Konzertverpflichtungen fort. Das heutzutage berühmt – berüchtigte Le carnaval des animaux, aus dieser Zeit stammend, wurde innerhalb von nur wenigen Tagen während seiner Ferien in Österreich vollendet, aber nur das berühmte Le cygne erklang zu seinen Lebzeiten. In Russland traf Saint-Saëns Tschaikowsky und Nikolai Rubinstein.

Selbst noch im frühen 20.Jahrhundert, als Saint-Saëns‘ Popularität in Frankreich nachliess, galt er international als der grösste französische Musiker. Seine Aktivität versiegte auch nicht im 20. Jahrhundert, ganz im Gegenteil expandierte sie und brachte ihm weitere Ehrungen ein. Seine Arbeit, mit der er Kompositionen zu fast allen wichtigen Gattungen beigetragen hatte, führte ihn schliesslich viele Jahre nach seinem ersten Ruhm auf seine letzten Tage nach Algier, wo er, immer noch komponierend, starb. In Paris bereitete man ihm ein Staatsbegräbnis.

Daniel M. Fallon und Sabina Teller Ratner merken an: „Saint-Saëns schrieb in jedem musikalischen Genre des 19. Jahrhunderts, aber seine erfolgreichsten Werke fußten auf den traditionellen Wiener Modellen, vor allem Sonaten, Kammermusik, Symphonien und Konzerte. … während der gesamten Karriere war seine Kunst eher von Verschmelzung und Adaption gekennzeichnet als durch das Verfolgen neuer und origineller Pfade.“1 Das Zweite Klavierkonzert bleibt dem klassischen Wiener Stil verbunden, mit einer Tendenz zu einem binären Modell im ersten Satz. Die Komposition und deren Erstaufführung fanden 1868 statt, das Autograph (heute in der Bibliothèque Nationale) trägt die Überschrift ‘Faubourg Saint-Honoré 168’ (diese Strasse findet man heute noch in einem der vornehmsten Viertel von Paris). Die Notation des Autographs, geschrieben in schwarzer Tinte, ist ausserordentlich klar, ordentlich und wohlorganisiert, mit gelegentlichen rhythmischen und dynamischen Klarstellungen in roten und blauen Anmerkungen. Eine Beispiel für rhythmische Verdeutlichung ist die präzise Anweisung ‘à huit croches’ (in Rot) bei E im ersten Takt, was bedeutet, dass wegen der ausgiebig untergliederten Notenwerte im Pianopart dieser Takt gespielt werden soll, als bestehe er aus acht und nicht vier Viertelschlägen, was der Komponist verdeutlicht, indem er die betroffenen Viertel in Blau in vier gebundene Paare zusammenfasst. Bei der hier veröffentlichten Version handelt es sich um ein Reprint der Ausgabe, die vom Verlag der Marie-Auguste Massacrié-Durand (1830- 1909) veröffentlicht wurde, die gemeinsam mit Saint-Saëns und Franck am Pariser Konservatorium studierte.

Der allgemeine Ton des ersten Satzes ist tragisch und von grosser Geste, das Klavier schlägt einen kraftvollen, männlichen Ton an. Die einführenden, arpeggierten Figuren der Eröffnungs – Rhapsodie (ohne Taktstriche) erinnern an Bach (insbesondere an einige seiner Präludien für Tasteninstrumente) und sind Ausdruck einer archaisierenden Tendenz, die sich aus Saint-Saëns’ lebenslangem Respekt vor der alten Musik herleitet und einherging mit seiner Bevorzugung österreichisch – deutscher Musikstrukturen und (an anderer Stelle seines Oeuvre) mit Einflüssen wie zum Beispiel einem orientalischen Exotismus (beachte seine temperamentvolle Africa – Phantasie für Klavier und Orchester in der gleichen Tonart). Der Satz beginnt angemessen mit einer feierlichen, rhythmisch betonten Begleitfigur in der linken Hand, zu der sich in der rechten eine rhapsodische Cantilena hinzugesellt (deren melodische Kontur der Begleitung gleicht). Wo die Wiener Sonatenform nicht vollständig verwirklicht ist, wird strukturelle Kontrolle und formale Disziplin über das einleitende thematische Material mit Hilfe akribischer Sorgfalt beim harmonischen Rhythmus bewahrt und einem baldigen und glatten Übergang zur Nebentonalität ( B – Dur) und in eine neue Sektion, wo sich das rhapsodische Klima fortsetzt. Was die Musik zu diesem sehr frühen Zeitpunkt ebenso charakterisiert ist die hohe Qualität der melodischen Erfindung, selbst wenn der rhythmische Zusammenhang an der Oberfläche unbewegt und pedantisch bleibt (tatsächlich scheinen diese Eigenschaften nur dazu gedient zu haben, sich beim Publikum einzuschmeicheln und durch ihren grossartigen Effekt dem Stück einen bleibenden Platz innerhalb des Repertoires zu sichern). Man kann in der Tat behaupten, dass sowohl im Haupt – und Nebenbereich des ersten Satzes, thematisch wie tonal, die Struktur und das musikalische Material relativ undifferenziert bleibt. Dies ist einer der auffälligen Faktoren, die die Feierlichkeit und Grösse dieses ernsten Konzertes ermöglichen. Der Übergang zurück zu g -Moll, der dem zweiten Bereich folgt, geschieht allmählich und gezielt und wird durch einen harmonischen Abstieg im Bass geführt. Der wahre Höhepunkt dieses Satzes, nach zahlreichen, in Oktaven kaskadierenden Pianopassagen, ist das ruhig – ausdrucksvolle, aber beseelte und tragische Piano in der zehntaktigen molto espressivo – Passage am Ende der Kadenz, die von Earl Wild in seiner hochpoetischen und definitiven RCA – Aufnahme (mit Massimo Freccia als Dirigent) von 1967 auf die Spitze getrieben wird. Der Satz endet mit einer ausgedehneten Reprise des Anfangsmaterials.

Der zweite Satz, ein lebhaftes scherzando in Es -Dur, spiegelt Saint-Saëns’ Vorliebe für die konventionelle Gegenüberstellung in Terzen wieder, die bei Schubert und Beethoven eingeführt wurde und die tonale Spannweite verstärkt. Es – Dur steht zu g – Moll in eben jener Beziehung, und demgemäss findet eine solche Referenz (wenn auch nicht allzu ausführlich) in diesem Satz statt. Überraschenderweise ist dieser Abschnitt Saint-Saëns’ vollständigster Versuch innerhalb dieses Werks, eine reguläre Sonatenform zu verwirklichen, deren konsequente ternäre Struktur im Gegensatz zur binären Tendenz des ersten Satzes (mit seinem großformatigen Sinn für harmonische Abgeschlossenheit) steht. Möglicherweise wollte Saint-Saëns die strenge Verwirklichung traditioneller Form für diesen Satz aufsparen, denn die äusseren Sätze sind tonal und thematisch auf einen höheren, tragisch – poetischen Inhalt hin gewichtet, weswegen er für diesen Zweck freiere und flexiblere Strukturen wünschte. Abgesehen von dem burlesken zweiten Thema (im Bereich des Tonika – bzw. – Dominantraums innerhalb der Sonatenstruktur) hat der Satz dennoch zusätzliche Dramatik zu bieten, insbesondere durch die Chromatik im durchführenden Übergang von G bis zwölf Takte vor K, in welchem das Klavier lebhaft und dekorativ bleibt. Hier findet sich kein Spannungsabfall in der Qualität von Saint-Saëns’ ansprechender Melodik, die nun in eine stringent – verspielte Struktur eingebettet ist, statt jene brütende Majestät des ersten Satzes zu zelebrieren.

Das komplexe Presto – Finale (mit einer spannungsvollen Metronomvorgabe von halbe Note = 120 im Autograph) ist ein atemberaubendes Stück Musik und eine pianistische Tour – de – Force. Es beginnt mit einem energischen Tanz in Triolen, dessen keckes Thema in der rechten Hand einen weiten Tonumfang durchschreitet. Die Triolenfiguration wird durch eine leicht archaische trillando – Phrase unterbrochen, die bei B beginnt und eine Oktave tiefer wiederholt wird. Diese Phrase erscheint nur gelegentlich bis zum sechsten Takt nach D und wird von dort an bis 21 Takte vor E einer ausgiebigen episodischen Durchführung unterworfen, während der die Wiederholung der Phrase gegen eine akkordische Figur der Hörner, mit einer harmonischen Bewegung aus den B – Tonarten heraus in immer weiter entfernte Kreuztonarten hinein, eine eindrucksvolle statische Qualität erzeugt, von der wir nie sicher sind, wann sie enden wird. Im dramatischen und strukturellen Sinn ist diese Episode Saint-Saëns’ Meisterstück, und es gibt eine Notwendigkeit und subtile „Richtigkeit“, die jenseits eines schlichten Gesetzes der „guten Fortführung“ angesiedelt ist. Im Rest des Satzes verwirklicht (wenn auch nicht vollständig) der Komponist eine respektable Sonatenform, die Musik endet ohne Auflösung in g – Moll nach einigen schweren Akkorden bei G, die auf Weiteres hinzuweisen scheinen.

Kevin O’Regan, 2013

1 New Grove 2

 

Score Data

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Tasteninstrument & Orchester

Format

225 x 320 mm

Anmerkungen

KLavierauszug & Solo Piano, 2 Exemplare

Druck

Reprint

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