Leoš Janáček
(geb. Hukvaldy, 3. Juli 1854 — gest. Moravská Ostrava / Mährisch-Ostrau, 12. August 1928)

Das Kind des Dorfmusikanten

(1912, revidiert 1914)
Veröffentlicht 1924 von Hudebni Matice (Prag).
Dauer: 12 Minuten

Diese Arbeit, betitelt mit Sumarovo Dite ist unter verschiedenen Titeln bekannt:. im Englischen üblicherweise unter The Fiddler’s Child oder The Village Fiddler’s Child, im Deutschen als Das Kind des Dorfmusikanten, Des Spielmanns Kind, Des Fiedlers Kind oder Dorfgeigers Kind. Weiterhin untertitelt als Ballade, basiert es auf dem gleichnamigen Gedicht von Svatopluk Cech.

Ein armer und notleidender Dorfgeiger stirbt und lässt zwei Dinge zurück: eine Geige und sein Kind. Eine Frau aus dem Dorf nimmt sich beider an und erklärt sich bereit, das Kind aufzuziehen. Eines Nachts vernimmt sie vertraute Musik und träumt, dass des Kindes toter Vater bei dessen Bett steht und es anfleht und lockt, mit ihm in das Land von Musik, Schönheit und Glückseligkeit zu gehen und jenes Leben voller Qual und Elend zurückzulassen. Am Morgen ist das Kind tot und die Geige verschwunden.

Es überrascht nicht, das der Violinpart (vorgetragen vom Konzertmeister) eine überragende Rolle in diesem Stück spielt, wird doch der Geiger repräsentiert. Die Komposition ist im Stil des reifen Janacek geschrieben, mit plötzlichen Ausbrüchen, die den Fluss der Melodie unterbrechen, und fragmentierten Strukturen. Trotzdem gelingt es Janacek, wie insgesamt in seinem späten Ouevre, die einzelnen Abschnitte zu einer geschlossenen Form zu vereinen; dies zu verwirklichen ist die Hauptaufgabe der Musiker.

Das Stück gliedert sich in drei grössere Abschnitte, der erste beschreibt den Geiger, sein Wanderleben, seinen Tod. Die mittlere Abteilung ist eine exquisite Beschreibung des Vaters am Bett des Kindes und seiner Versuche, das Kind zu betören. Der letzte Abschnitt lebt von knappen, gebrochenen musikalischen Gesten und wird sehr schnell und erregt, als das Kind am Morgen entdeckt wird. Wie nicht anders zu erwarten, verklingt die Geige in dem Moment, als sie auch in der Handlung verschwindet. Die Musik verlangsamt sich und verstummt bis hin zu ihrem pianissimo - Ende, mit ausgehaltenen, aber dünn gesetzten Akkorden. In den Schlusstakten jedoch gibt es noch eine überraschende Wendung, als sich die Musik unerwartet (und zum ersten Mal in entschiedener Weise) in ein sanftes Es - Dur auflöst, vielleicht um anzudeuten, dass der Geiger und sein Kind schliesslich doch noch ihren Frieden gefunden haben.

M.J. Sunny Zank, Professor of Music, Ohio Northern University, 2010

Aufführungsmaterial ist von Kalmus, Boca Raton zu beziehen. Nachdruck eines Exemplars der Musikabteilung der Leipziger Städtische Bibliotheken, Leipzig.

Leoš Janáček
(b. Hukvaldy, 3 July 1854 — d. Moravská Ostrava, 12 August 1928)

The Fiddler’s Child

Composed in 1912, revised 1914
Published by Hudebni Matice (Prague) 1924.
Duration: 12 minutes

This work, called Sumarovo Dite is known by several names; in English it is usually rendered The Fiddler’s Child or The Village Fiddler’s Child. In German it is called Das Kind des Dorfmusikanten; Des Spielmanns Kind; Des Fiedlers Kind; or Dorfgeigers Kind. It is called a “ballad” and is based on the poem of the same name by Svatopluk Cech.

A poor and destitute village fiddler (Dorfgeiger) dies, leaving behind only two things: his fiddle and a child. A village woman takes both, and agrees to raise the child. One night she hears the familiar music and dreams that the child’s dead father is standing by the child’s bed, enticing and beseeching him to go with him, to a land of music, beauty, and happiness, and to leave behind the life of poverty and squalor that the father had known. In the morning, the child is dead and the fiddle has disappeared.

Not surprisingly, the violin solo (played by the concertmaster) has a very large role in this piece as representing the fiddler. The work is in Janacek’s mature style, with sudden outbursts disrupting the flow of melodies, and fragmented structures. However, as in his other later works, the sections can be held together to form a unified whole; this is a major challenge for the performers.

The piece falls into three larger sections, the first depicting the fiddler and his wandering life, and death. The middle section is a exquisite portrayal of the fiddler at the child’s bedside, attempting to coax him away. The last section has terse, disruptive musical gestures and becomes very fast and agitated as the child is discovered in the morning. And of course the violin solo ceases, just as the fiddle itself has disappear-ed. The music slows down and draws to its pianissimo conclusion using sustained but thinly scored chords, but a surprise twist occurs as the final measures unexpectedly resolve (for the first time decisively) to a serene E flat major, perhaps suggesting that the fiddler and his child have found peace and happiness after all.

M.J. Sunny Zank, Professor of Music, Ohio Northern University, 2010

 

For performance material please contact the publisher Kalmus, Boca Raton. Reprint of a copy from the Musikabteilung der Leipziger Städtische Bibliotheken, Leipzig.