Robert Volkmann
(geb. Lommatzsch bei Meißen, 6. April 1815 - gest. Budapest, 29. Oktober 1883)

Ouvertüre zu Shakespeares Richard III op.68 (1870)

Die Bühnenwerke Shakespeares übten auf viele Komponisten eine große Faszination aus. Nicht nur Schauspielmusiken, Opern und Ballette, sondern auch zahlreiche eigenständige Orchesterwerke wurden durch Shakespeares Werke inspiriert. Zu nennen sind hier vor allem Tschaikowskys „Romeo und Julia“ - Ouvertüre, Berlioz´ „Romeo und Julia“, Dvořáks „Othello“ - Ouvertüre und die Symphonischen Dichtungen „Hamlet“ von Liszt sowie „Macbeth“ von Richard Strauss. Auffällig ist jedoch, dass es nur wenige Werke gibt, die sich mit Shakespeare´s Königsdrama „Richard III“ musikalisch auseinandersetzen. Neben Volkmanns Ouvertüre ist hier eigentlich nur Smetanas gleichnamige Symphonische Dichtung als bedeutend zu erwähnen.

Robert Volkmann wurde 1815 in Lommatzsch bei Meißen als Sohn eines Kantors geboren. Sein Vater unterrichtete ihn im Klavier-und Orgelspiel sowie im Gesang. Außerdem erhielt er Geigen- und Cellounterricht. Er studierte in Leipzig bei Karl Ferdinand Becker Komposition und Theorie. Im Anschluss arbeitete für kurze Zeit als Gesangslehrer in Prag.
Seit 1841 lebte er dann, mit einer kurzen Episode in Wien, bis zu seinem Tode in Budapest. Hier arbeitete Volkmann zunächst als Klavierlehrer und als Korrespondent der „Allgemeinen Wiener Musik-Zeitung“. Als Komponist konnte er jedoch zunächst nicht auf sich aufmerksam machen. Der Erfolg seines 1852 veröffentlichten Klaviertrios in b-Moll, für das sich Franz Liszt und Hans von Bülow einsetzten, ermutigte Volkmann 1854 nach Wien überzusiedeln. Hier blieb ihm allerdings ein weiterer Erfolg verwehrt, trotz der Komposition seines wertvollen Cellokonzertes. Bereits 1858 kehrte er nach Budapest zurück, zumal sein Freund, der Verleger Gustav Heckenast aus dem ungarischem Maróth ihm anbot, seine sämtlichen Werke zu drucken und ihm dafür ein regelmäßiges Einkommen zu zahlen. Befreit von Geldsorgen konnte sich Volkmann nun gänzlich dem Komponieren widmen. In den folgenden Jahren entstanden dann auch seine bedeutendsten Kompositionen, wie die beiden Symphonien (1869 bis 1870) und eben die Ouvertüre zu „Richard III“. Auch der Erfolg stellte sich nun ein. Bereits 1863 wurde in Budapest ein reines Volkmann - Konzert veranstaltet; die Aufführung seiner ersten Symphonie in Moskau war ein überwältigender Erfolg und seine Streichquartette erfreuten sich großer Beliebtheit. Ab 1871 entstanden jedoch nur noch wenige Werke. Schließlich wurde er 1875 als Professor für Harmonielehre und Kontrapunkt an das Budapester Konservatorium berufen. Nach dem Tode seines Mäzens Heckenast gingen die Rechte an den Werken Volkmanns zum Schott Verlag in Mainz über. Volkmann starb am 29. Oktober an einem Gehirnschlag.
Obwohl Hans von Bülow und Franz Liszt sich für Volkmann einsetzten und er trotz angeschlagener Gesundheit 1882 nach Bayreuth reiste, um Wagners neuen „Parsifal“ zu hören, steht er stilistisch doch eher Schumann nahe und weist voraus auf Brahms. Daher wundert es nicht, dass er außer der Ouvertüre zu Shakespeares Tragödie „Richard III“ keinerlei Programmmusik schuf.
Das Werk entstand 1870, nachdem er mit seinen beiden Symphonien wertvolle Erfahrungen bei der Komposition größerer Orchesterwerke sammeln konnte. Die Ouvertüre wurde am 22. August unter Volkmanns eigener Leitung in Budapest uraufgeführt. Es folgten zahlreiche Aufführungen der Ouvertüre, die Volkmann veranlass-ten, für Shakespeares Werk noch vier weitere Zwischenaktmusiken zu komponieren, wobei er auf Material aus der Ouvertüre zurückgriff.

Volkmann selber nennt seine Ouvertüre ein „Tongemälde“ und wollte dabei nicht die Handlung im einzelnen nacherzählen, sondern ähnlich wie Tschaikowsky, Dvořák und Liszt in den eingangs erwähnten Werken eher eine allgemeine Stimmung wiedergeben. Dennoch zergliedert Volkmann sein Werk ein wenig, indem er diese etwas 15 Minuten dauernde Ouvertüre in immerhin acht größere Abschnitte teilt. Er gab in einem Brief an den Dresdener Kritiker Ludwig Hartmann denn auch direkte Hinweise zu einem Programm: „Das folgende Fortissimo H der Kontrabässe (bei Buchstabe A) soll den Haltruf ausdrücken, welchen Richard den Leichenträgern entgegendonnert, acht Takte weiter zweiter Haltruf - dann Klage der durch Richard unschuldig Leidenden (Oboenmotiv von vier Tönen in e-Moll) hierauf Kontrabaßmotiv mit einer Achteltriole, Richards gewaltsames Vorgehen bezeichnend“.
Bedeutsam ist seine Weiterentwicklung in der Instrumentierung, hierbei fällt besonders die Verwendung der bei Volkmann ansonsten selten eingesetzten kleinen Trommel und Triangel sowie des sehr sparsam eingesetzten Tam-Tams auf. Auch die chromatisch angereicherte Harmonik ist fortschrittlicher als in seinen vorangegangenen Orchesterwerken.
Volkmanns Ouvertüre zu „Richard III“ stellt also eine interessante Alternative zu den weitaus häufiger zu hörenden von Shakespeare inspirierten Werken seiner berühmteren Komponistenkollegen dar.

Spieldauer: ca. 15 Minuten.

Marcus Prieser 2010.

 

 

 

 

In Fragen des Aufführungsmaterials wenden Sie sich bitte an Schott, Mainz. Nachdruck eines Exemplars aus der Sammlung Markus Prieser, Wittmund.

Robert Volkmann
(b. in Lommatzsch near Meißen, 6. April 1815 – d. in Budapest, 29. October 1883)

Overture to Shakespeare’s
“Richard III”
op. 68 (1870)

Shakespeare’s stages works fascinated many composers. Not only incidental music, operas and ballet but also many independent orchestra works were inspired by Shakespeare’s writing. In particular Tchaikovsky’s “Romeo and Julia” overture, Berlioz’ “Romeo and Julia”, Dvořák’s “Othello” overture and the symphonic poems “Hamlet” by Liszt, as well as “Macbeth” by Richard Strauss. It is however significant that there are only a few works that musically engage with Shakespeare’s royal drama “Richard III”. In addition to Volkmann’s overture only the symphonic poem of the same name by Smetana is worth mentioning.

Robert Volkmann was born in 1815 in Lommatzsch near Meißen, the son of a precentor. His father gave him piano and organ lessons as well as singing lessons. In addition he received violin and cello lessons. In Leipzig he studied composition and theory under Karl Ferdinand Becker. Subsequently he worked for a short while as singing teacher in Prague.
From 1841 he lived, apart for a short period in Vienna, in Budapest until his death. Here Volkmann initially worked as a piano teacher and correspondent of the “Allgemeine Wiener Musik-Zeitung”. To start with he could not gain any attention as a composer. The success of his piano trio in b-minor, published in 1852, which was supported by Franz Liszt and Hans von Bülow, encouraged Volkmann to move to Vienna in 1854. Here however further success was not forthcoming in spite of the composition of his valuable cello concerto. Already in 1858 he returned to Budapest, as his friend, the publisher Gustav Heckenast from the Hungarian Maróth, offered to print all his compositions and to pay him a regular income. Relieved of financial worries, Volkmann could now fully concentrate on composition. In the following years his most significant compositions appeared, such as the two symphonies (1869 to 1870) and the overture to “Richard III”. His success became established. As early as 1863 a concert was held, consisting solely of works by Volkmann; the performance of his first symphony in Moscow was an overwhelming success, and his string quartets were very popular. From 1871 however only few works were created. Finally in 1874 he was appointed professor for harmony and counterpoint at the Budapest conservatoire. After the death of his patron Heckenast the rights for Volkmann’s work were transferred to the Schott Publishing House in Mainz. Volkmann died on the 29th of October from a apoplexy.

Hans von Bülow and Franz Liszt supported Volkmann, and in spite of bad health he tra-velled in 1882 to Bayreuth to listen to Wagner’s new “Parsifal”. However, his style is closer to Schumann and already points to Brahms. It is therefore not surprising that apart from the overture to Shakespeare’s tragedy “Richard III”, he created no program music.
The work was composed in 1870, after he had been able to collect useful experience with his two symphonies in the composition of larger orchestral works. He directed the first performance of the overture himself on the 22nd of August in Budapest. Many performances of the overture followed, which led Volkmann to compose four additional entr`acte pieces for Shakespeare’s work, in which he made use of material from the overture.

Volkmann calls his overture a “tone painting” and did not want to recount the plot in detail, but as Tchaikovsky, Dvořák and Liszt in the compositions mentioned above, rather to produce a general atmosphere. However, Volkmann broke up his work a bit, in that he divided the overture, which lasts about 15 minutes, into a eight larger sections. In a letter to the critic Ludwig Hartmann from Dresden he gave the following detailed instructions to a program: “The following fortissimo B in the double bass (at letter A) should express the command to stop, which Richard thunders to the pall bearers, eight bars further a second command to stop – then lamentation of the innocents suffering because of Richard (oboe motif of four tones in e-minor) thereafter motif from the double bass with a quaver triplet, indicating Richard’s violent action”.
His further development of the instrumentation is significant; particularly striking is the use of the small drum and triangle, normally seldom used by Volkmann, as well as the very economically applied tam-tam. The chromatically enriched harmony is also more advanced than in his previous orchestral works.
Volkmann’s overture to “Richard III” provides therefore an interesting alternative to the more frequently heard compositions which have been inspired by Shakespeare’s works from more famous composers.

Duration: about 15 minutes.

Translation: John Conrad

 

 

 

 

 

 

 

For performance material please contact the publisher Schott, Mainz. Reprint of a copy from the collection Markus Prieser, Wittmund.