Salomon Jadassohn
(geb. Breslau, 13. August 1831 — gest. Leipzig, 1. Februar 1902)

Serenade in vier Canons g-Moll, op. 42
Serenade Nr. 2 D-Dur, op.46
Serenade für Flöte und Streichorchester, op. 80

Preface
Salomon Jadassohn (1831-1902) war einer der bekanntesten und angesehensten Professoren für Komposition in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Am 13. August 1831 in Breslau, der Hauptstadt der Preußischen Provinz des Schlesien geboren, wuchs er in einem jüdischen Elternhaus auf und verlebte die Kindheit in seinem Geburtsort. Frühzeitig erhielt er Violin- und Theorie-unterricht, darüber hinaus unterrichtete ihn Adolf Friedrich Hesse im Klavierspiel. 1848 wurde er am Leipziger Konservatorium aufgenommen, wo er Komposition bei Moritz Hauptmann, Ernst Richter und Julius Rietz studierte sowie Klavier mit Ignaz Moscheles. Gleichzeitig war er Privatschüler von Franz Liszt in Weimar.

Für einen Juden war es damals schwierig, für die Kirche zu arbeiten, worunter auch viele seiner Kommilitonen zu leiden hatten. Stattdessen arbeitete er für eine Synagoge in Leipzig und einige lokale Chöre, außerdem gab er Privatunterricht. So gehörten zu seinen Schüler Grieg, Busoni, Delius, Karg-Elert, Reznicek und Weingartner.

Jadassohn schrieb mehr als 140 Werke der unterschiedlichsten Gattungen: Symphonien, Konzerte, Lieder, Opern und Kammermusik. Obwohl er als Meister des Kontrapunkts und der Harmonie betrachtet werden könnte, war er auch in melodischer Hinsicht überragend und folgte der Tradition von Mendelssohn.

Als Komponist erlangte Jadassohn nie den Bekanntheitsgrad, der ihm eigentlich zugestanden hätte. Nach Klaus-Peter Kochs Ansicht waren hierfür zwei Faktoren verantwortlich: Carl Reinecke und der zunehmende Antisemitismus am Ende des 19. Jahrhundert im wilhelminischen Deutschland. Reinecke, ein Zeitgenosse Jadassohns, war als Pianist weltbekannt und ein bedeutender Dozent des Leipziger Konservatoriums. Außerdem leitete er als Dirigent das Leipziger Gewandhausorchester. Unter diesen Umständen war er recht schwierig für Jadassohn, mehr ins Rampenlicht zu treten.
Darüberhinaus griffen antisemitische Kritiker seine Musik mit unbegründeten Argumenten an und bezeichneten sie als akademisch und unpersönlich.

Jadassohns Serenade in vier Canons g-Moll op. 42 wurde 1872 komponiert; es handelt sich um ein mit österreichischen Marschklängen durchsetztes schwungvolles, dabei aber nicht schwülstiges Werk. Die Sätze Introduzione, Minuetto, Adagietto, Intermezzo und Finale sind vom technischen Anspruch wie auch vom Klangeindruck her ziemlich ähnlich; im Finalsatz sorgt ein unerwartetes, fremdartiges Tranquillo kurz vor Schluss für eine Überraschung. Eine weitere Besonderheit ist die dem Finalsatz immanente Anlage als Kanon, der jedoch wegen der zu geringen Unterschiede beider Themen nicht hörbar ist und somit nur auf dem Papier existiert. Im Minuetto der Serenade hört Hermann Kretzschmar ein „Feuer der Hoffnung“ anklingen; vermutlich hatten es ihm die abrupten Übergänge zwischen den Stimmungen angetan.

Am 18. Februar 1875 dirigierte Jadassohn seine Serenade Nr. 2 D-Dur im Gewandhaus; sie ist in Intrada, Notturno, Minuetto alla marcia, Minuetto da capo und Finale unterteilt. Infolge ihrer „Fasslichkeit und durchsichtigen Instrumentation“ wurde sie mit Beifall aufgenommen. An anderer Stelle bestätigte man dem Werk „gewandt Facturirtes und dem Wohllaut stets Rechnung Tragendes“. Rezeptionsgeschichtlich von Belang sind mehrere Konzerte mit der Serenade Nr. 2 D-Dur: Sie wurde in Wiesbaden vom Städtischen Churorche-ster in einem Extrakonzert und kurz darauf in einem Abonnementskonzert aufgeführt. Außerdem fand sie den Weg nach Koblenz in ein Konzert des Cäcilienvereins und nach Düsseldorf in einen Singverein.

Am 17. Februar 1887 stellte Jadassohn im Gewandhaus seine als “reizend” bezeichnete Serenade für Flöte und Streichorchester op. 80 vor. Frische und Zuversicht des Inhalts sowie die Gediegenheit und Freiheit der Durchführung wurden als besonders anziehend hervorgehoben. Die Serenade eröffnet mit einer Intrata, ein Allegro di marcia, in dem sich die Stimmen rhythmisch unisono bewegen. Der Intrata folgen Notturno und Minuetto , dann endet das Werk mit einem Finale Tarantella, sehr prickelnd und schnell, mit Anklängen an die typischen Themen der Neapolitanischen Tarantella. Trotz des reizenden Tarantella-Finales fehlte dem zeitgenössischen Rezensenten der entschieden südländische Charakter.

Valeria Andriani, 2008

Nachdruck eines Exemplars der Musikabteilung der Leipziger Städtische Bibliotheken, Leipzig.

Salomon Jadassohn
(b. Breslau, 13 August 1831 — d. Leipzig, 1 February 1902)

G-minor Serenade in Four Canons, op. 42
Serenade No. 2 in D major op.46
Serenade for Flute and String Orchestra, op. 80

Preface
Salomon Jadassohn (1831-1902) was one of the best-known and most highly esteemed professors of composition in the latter half of the nineteenth century. Born on 13 August 1831 in Breslau, the capital of the Prussian province of Silesia, he grew up in a Jewish household and spent his childhood in his native town. At an early age he received instruction in violin and theory and took piano lessons from Adolf Friedrich Hesse. In 1848 he enrolled at Leipzig Conservatory, where he studied composition with Moritz Hauptmann, Ernst Richter, and Julius Rietz as well as piano with Ignaz Moscheles. At the same time he took private lessons from Franz Liszt in Weimar.

In those years it was difficult for a Jew to receive a church appointment – a situation many of his coreligionists had to endure. Instead, Jadassohn worked for a synagogue in Leipzig, led several local choirs, and gave private lessons. Among his pupils were Grieg, Busoni, Delius, Karg-Elert, Reznicek, and Weingartner.

Jadassohn composed more than 140 works in a wide variety of genres: symphonies, concertos, lieder, operas, and chamber music. Though a recognized master of counterpoint and harmony, he had an outstanding gift for melody and followed in the Mendelssohn tradition.

As a composer, Jadassohn never achieved the recognition that was his due. According to Klaus-Peter Koch, this resulted from two factors: Carl Reinecke and the increasing anti-Semitism in Wilhelmine Germany during the late nineteenth century. Reinecke, Jadassohn’s contemporary, was a world-famous pianist, a leading teacher at Leipzig Conservatory, and the head of the Gewandhaus Orchestra. Under these circumstances it was quite difficult for Jadassohn to step out of the shadows and into the limelight. Moreover, anti-Semitic critics attacked his music with unfounded arguments, branding it as academic and impersonal.
Composed in 1872, Jadassohn’s G-minor Serenade in Four Canons, op. 42, is a buoyant but by no means overwrought work permeated by the strains of Austrian marches. Its movements – Introduzione, Minuetto, Adagietto, Intermezzo, and Finale – are fairly similar in both their technical demands and their overall sound. The final movement harbors a surprise in a strange and unexpected Tranquillo shortly before the end. Another peculiarity of the finale is its intrinsic design as a canon which, owing to the marked similarity of its two themes, is inaudible and thus exists only on paper. In the Minuetto Hermann Kretzschmar, presumably impressed by its abrupt changes of mood, detected a “fire of hope.”

On 18 February 1875 Jadassohn conducted his Serenade No. 2 in D major in the Leipzig Gewandhaus. It is subdivided into an Intrada, Notturno, Minuetto alla marcia, Minuetto da capo, and Finale. Thanks to its “easy intelligibility and transparent instrumentation,” it was received with warm applause. Elsewhere it was said to reveal “suave workmanship and the euphony of music that takes everything into account.” Several concerts were important for the subsequent reception of the Serenade No. 2: it was performed in Wiesbaden in an extra concert of the Municipal Resort Orchestra and, a short while, in a subscription concert. It also found its way to a concert given by the Cecilia Society in Koblenz and another by a Düsseldorf choral society.

On 17 February 1887 Jadassohn presented his “charming” Serenade for Flute and String Orchestra, op. 80, in the Leipzig Gewandhaus. The freshness and affirmative character of its underlying mood and the suavity and freedom of its execution were singled out for special praise. The Serenade opens with an Intrata, an “Allegro di Marcia” in which the voices move in rhythmic unison. The Intrata is followed by a Notturno and Minuetto, after which the work ends with a fast and very thrilling Finale Tarantella with allusions to typical themes of the Neapolitan tarantella. Despite this delightful tarantella finale, the contemporary critic lamented the absence of a distinctive southern European character.

Translation: Bradford Robinson
 

 

 

Reprint of a copy from the Musikabteilung der Leipziger Städtische Bibliotheken, Leipzig.