Robert Schumann
(geb. Zwickau, 8. Juni 1810 — gest. Bonn, 29. Juli 1856)

Fest-Ouvertüre
mit Gesang über das Rheinweinlied mit Orchester und Chor, op. 123

Schumann schrieb seine Fest-Ouvertüre zur Abschlussfeier des 31. Niederrheinischen Musikfestes (17. Mai 1853), auf dem sich mehrere Tage lang sowohl Profi - wie auch Amateur-Musiker aus Düsseldorf und näherer Umgebung produzierten. An den Vortagen hatte das Publikum Auszüge aus Händels Messiah, Mendelssohns Oratorien Elias und Paulus sowie Beethovens Violinkonzert, vorgetragen von Joseph Joachim, zu hören bekommen. Schumann, Direktor des städtischen Musikvereins, war auf dem Festival mit seiner revidierten vierten Sinfonie und dem Klavierkonzert mit Clara als Solistin vertreten. Bei seiner Ankunft einige Jahre früher war er von den Honoratioren und der musikalischen Klasse der Stadt noch mit offenen Armen empfangen worden, doch zur Zeit dieses Festivals hatte er es sich schon mit fast jedem verdorben. Er überließ sogar die meisten Dirigate auf dem Musikfest einem Assistenten – eine extrem angespannte Zeit für Schumann wie auch die Düsseldorfer Musiker und der Anfang vom Ende seiner Karriere. Die Symptome seiner Geisteskrankheit kündigten sich allmählich an und begannen seine Funktionen zu beeinflussen. 1853 war sein letztes wirklich produktives Jahr als Komponist, und drei Jahre später würde er tot sein.

Die Fest-Ouvertüre ist ein typisches Stück Gebrauchsmusik, das üblicherweise bald nach dem eigentlichen Anlass wieder in Vergessenheit gerät. Andere Beispiele dieser Untergattung bei Komponisten des 19. Jahrhunderts vom Range Schumanns schließen Beethovens Die Weihe des Hauses und Berlioz’ Chant des chemins de fer ein, letzteres komponiert in nur drei Tagen anläßlich der Einweihung einer Eisenbahnlinie. Werke dieser Art veröffentlicht und spielt man heute eher aus historischem Interesse und nicht unbedingt wegen ihres musikalischen Werts. Der Chor der Fest-Ouvertüre verwendet das Rheinweinlied (1775) von Matthias Claudius wie vertont von Johann Andrè. Der Tenor-Solist beginnt den Chor außerdem mit Originalworten des örtlichen Arztes und Dichters Peter Wilhelm Carl Müller (1816-1873), der unter dem Pseudonym Wolfgang Müller von Königswinter schrieb. Die langsame Einleitung und das Ouvertüren-artige Orchestervorspiel für den Chor basiert auf der Melodie von Andrè. Ein oder zwei Beispielverse mögen genügen, um zu zeigen, wie es um den Text als Ganzes bestellt ist:

So trinkt ihn denn,
Und lasst uns alle Wege
Uns freu’n und fröhlich sein,
Uns freu’n und fröhlich sein!

Und wüssten wir,
Wo jemand traurig läge,
Wir gäben ihm den Wein,
Wir gäben ihm den Wein!

David Gilbert, Los Angeles, California, © 2009

Aufführungsmaterial ist von Breitkopf und Härtel, Leipzig zu beziehen. Nachdruck eines Exemplars der Musikabteilung der Leipziger Städtische Bibliotheken, Leipzig.

 

 

Robert Schumann
(b. Zwickau, 8 June 1810 — d. Bonn, 29 July 1856)

Fest-Ouvertüre
mit Gesang über das Rheinweinlied mit Orchester und Chor, op. 123

Schumann composed the Fest-Ouvertüre for the closing ceremony (17 May 1853) of the 31st Lower Rhine Music Festival, several days of both professional and amateur music making featuring musicians from Düsseldorf and the environs. During the previous days the audience had been treated to excerpts from the Messiah, Mendelssohn’s oratorios Elijah and St. Paul, and the Beethoven Violin Concerto performed by Joseph Joachim. Schumann – the town’s musical director and composer in residence – was represented on the programs by the revised Fourth Symphony and the Piano Concerto with Clara as soloist. Although on arrival in Düsseldorf only a few years earlier Schumann had been welcomed with open arms by the town dignitaries and various musical establishments, by the time of the festival his relationship with almost everyone had become difficult. In fact, he left the conducting of much of the festival to a subordinate. It was an extremely difficult period for both Schumann and the musicians of Düsseldorf. It was also the beginning of the end of Schumann’s career. The symptoms of his coming mental illness began to affect his ability to function and 1853 was really his last productive year as a composer. He would be dead in another three.

The Fest-Ouvertüre is an example of a type of gebrauchsmusik that composers write for specific occasions and that are usually remembered only as long as the affair for which the music was composed. Other examples of this sub-genre by nineteenth-century composers of Schumann’s rank include Beethoven’s Die Weihe des Hauses and Berlioz’s Chant des chemins de fer, the later composed in three days for the opening of a railway line. There has been agreement throughout history that Die Weihe des Hauses is not one of Beethoven’s masterpieces. Works of this nature are performed and published today for their historical associations and who composed them rather than for any inherent musical value. The chorus of the Fest-Ouvertüre features the Rheinweinlied (1775) by Matthias Claudius set to Johann Andre’s original tune. The tenor soloist introduces the chorus with original words by a local doctor and poet Peter Wilhelm Carl Müller (1816-1873) who wrote under the pseudonym Wolfgang Müller von Königswinter. The slow introduction and overture-like orchestral procedure that precedes the chorus is all based on Andre’s theme. A sample verse or two will provide an adequate sense of the text as a whole.

So drink,
And let us on all our ways
friends and joyful be,
friends and joyful be!

And we wish,
Where anyone who remains sad,
To give him wine,
To give him wine!

David Gilbert, Los Angeles, California, © 2009

For performance material please contact the publisher Breitkopf und Härtel, Leipzig. Reprint of a copy from the Musikabteilung der Leipziger Städtische Bibliotheken, Leipzig.