Carl Maria von Weber (geb. Eutin, 18. November 18 1786
– gest. London, 5. Juni 1826)
Jubel-Ouvertüre, op. 59
Als Carl Maria von Weber im September 1818 seine Jubel-Ouvertüre
komponierte, war er bereits königlicher Kapellmeister am
Dresdner Hof. Die Ouvertüre ist zwischen dem 2. und dem
11. September des gleichen Jahres entstanden und wurde
am 20. September im Dresdener Opernhaus im Rahmen eines
Konzerts zum 50jährigen Jubiläum des Amtsantritts Friedrich
August III. als Kurfürst von Sachsen uraufgeführt. Zu diesem
Anlaß bat man Weber zunächst um eine „Jubel-Cantate“, die
er im August des gleichen Jahres in seiner Sommerfrische
in Klein-Hosterwitz komponierte. Nach seiner Rückkehr nach
Dresden am Ende des Monats mußte er jedoch feststellen,
daß das Jubiläumsprogramm bereits in seiner Abwesenheit
ohne seine Kantate organisiert war. Daraufhin machte der
Komponist seine Beteiligung an den Feierlichkeiten rückgängig.
Später jedoch, nachdem der Intendant des Königlichen Theaters,
Graf Heinrich Vitzhum, mit einem Kompromißvorschlag eingegriffen
hatte, erklärte sich Weber bereit, eine Ouvertüre für das
Zeremoniell zu liefern. Seine Zusage wurde jedoch an eine
Bedingung geknüpft: Die Jubel-Cantate müsse am 23. September
in der Kirche Neustadt-Dresden anläßlich eines Benefizkonzerts
zugunsten der Harzbauern aufgeführt werden.
Bei der Jubel-Ouvertüre handelt es sich um ein fast idealtypisches
Gelegenheitsstück, das nach einer breit angelegten, feierlich
schreitenden Einführung mit einem lebhaften Presto assai
aufwartet. In seiner formalen Anlage entspricht das Werk
den bekannten Weber-Ouvertüren zum Freischütz, Oberon oder
Euryanthe mit Ausnahme der Coda, in der nach einem Triangelschlag
eine reich instrumentierte Orchesterfassung der Hymne Heil
dir im Siegerkranz ertönt. Diese Melodie diente zu verschiedenen
Zeitpunkten auch in Großbritannien, Island, Norwegen, Schweden,
Dänemark, Liechtenstein, in der Schweiz sowie im zaristischen
Rußland als patriotisches Lied und ist in den Vereinigten
Staaten als die patriotische Hymne My country tis of thee
bekannt. Auch wurde sie von verschiedenen Komponisten in
den unterschiedlichsten Werken eingesetzt, beispielsweise
von Johann Christian Bach in einem Variationszyklus über
God Save the King als Finale seines 6. Klavierkonzerts
(op. 1, ca. 1763), von Beethoven als Thema eines Zyklus
von sieben Klaviervariationen C-Dur (WoO 78, 1802/03) sowie
als Zitat von so unterschiedlichen Komponisten wie Clementi
(Symphonie Nr. 3 G-Dur), Liszt (Klavierparaphrase), Johann
Strauß (Finale des Walzers Huldigung der Königin Victoria
von Großbritannien op. 103) oder Debussy (Hommage à S.
Pickwick Esq.). Sowohl Rossini als auch Donizetti ließen
das Thema auch im Opernhaus erklingen, beim erstgenannten
in der Arie des Lord Stanley “Della real pianta” aus Il
Viaggio a Reims, beim letzteren in der Ouvertüre zu Roberto
Devereux. Nirgends jedoch wird das Thema brillanter und
überraschender eingesetzt als in der Jubel-Ouvertüre Webers,
wo es den hinreißenden Schluß dieses kleinen Meisterwerks
bildet.
Translation: Bradford Robinson
Aufführungsmaterial ist von der Kalmus, Boca Raton zu
beziehen.Nachdruck eines Exemplars der Musikbibliothek
der Münchner Stadtbibliothek, München
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