Samuel Coleridge-Taylor
(geb. Croydon, 15. August 1875 – gest. Croydon, 1. September 1912)
Szenen aus The Song of Hiawatha
op. 30 für Soli, Chor und Orchester
Hiawatha’s Wedding Feast
(score n 673)
The Death of Minehaha
(score n 674)
Hiawatha’s Departure
(score n. 675)
Am 11. November 1898 versammelte sich eine große Menschenmenge im Londoner Royal College of Music, um die Uraufführung eines neuen Werks für Chor und Orchester zu erleben. Zwar wurde das Ereignis nicht groß bekanntgemacht, durch Mundpropaganda wußte man jedoch, daß etwas Ungewöhnliches im Anzug war. Das Publikum war demnach zu zahlreich, um in den vorgesehenen Konzertsaal – ein provisorisches Gebäude mit dem Spitznamen “the tin tabernacle” (das Royal College befand sich damals immer noch in der Aufbauphase) – untergebracht zu werden, und viele Zuhörer mußten an der Tür abgewiesen werden. Zu denen, die dennoch einen Sitzplatz fanden, gehörte kein geringerer als Sir Arthur Sullivan.
Beim neuen Werk handelte es sich um Hiawatha’s Wedding Feast des 23jährigen Komponisten Samuel Coleridge-Taylor. Binnen kürzester Zeit konnte es sich neben Mendelssohns Elias als meistaufgeführtes Oratorienwerk der unzähligen britischen Chorvereinigungen etablieren - nach Händels Meisterstück Messias , das damals wie heute den ersten Platz belegte.
Coleridge-Taylor – sein eigentlicher Nachname lautete “Taylor”, “Coleridge” war ursprünglich sein Rufname – hatte eine Familienabstammung, die selbst für das britische Empire ungewöhnlich und für den Rest der westlichen Welt praktisch undenkbar war. Sein westafrikanischer Vater Daniel Hughes Taylor war ein Abkömmling befreiter Sklaven, der in den 1860er Jahren von Sierra Leone nach London auswanderte und es dort zum zugelassenen Arzt brachte. Nachdem er die junge Engländerin Alice Hare geheiratet hatte, zog er nach Croydon, das damals lediglich eine ländliche Kleinstadt südöstlich von London war (heute ist sie ein Stadtteil der ausufernden Londoner Vororte) und schloß sich als „Doctor Taylor“ einer erfolgreichen Gemeinschaftspraxis an. Kurz darauf kam sein Sohn zur Welt, den er nach dem großen englischen Dichter Samuel Taylor Coleridge nannte.
Nach dem Tod seines Praxispartners führte der Vater die Arztpraxis alleine weiter, wobei sich seine Lage eindeutig zum Nachteil änderte. In einem frühen Beispiel für die Rassendiskriminierung wanderten die Patienten langsam aber sicher zu anderen Ärzten ab. Als Assistent eines weißen Artzes war Dr. Taylor angeblich durchaus akzeptabel, ein schwarzer Hauptarzt jedoch verstieß gegen das viktorianische Selbstverständnis. Angesichts dieses Mißtrauens gegenüber seinen beruflichen Fähigkeiten wurde dem Vater die Weiterführung der Praxis zur unerträglichen Last; er verließ seine Familie und kehrte nach Sierra Leone zurück. Coleridge hat ihn nie wieder gesehen.
Mit fünf Jahren bekam der junge Coleridge eine kleinformatige Geige als Geschenk von seinem Großvater, der ihm auch den ersten Geigenunterricht erteilte. Eines Tages, als der Junge seine Violine auf den Straßenrand abstellte, um mit anderen Kindern spielen zu können, wurde er vom Eigentümer des benachbarten Wohnhauses beobachtet. Dieser Nachbar war Joseph Beckwith, Hauptdirigent des Theaterorchesters in Croydon, der vom Anblick eines schwarzhäutigen Siebenjährigen mit Geige so faszinierte war, daß er den Jungen zu sich ins Haus einlud, um mit ihm Duette zu spielen. Coleridge sollte sieben Jahre lang sein Schüler bleiben.
Ein zweiter maßgebender Einfluß auf den jungen Coleridge war der Leiter seiner Schule, Dr. Drage, der sein musikalisches Talent förderte und ihn zu seiner ersten nachgewiesenen Komposition anregte: einer Vertonung von God Save The Queen, die Coleridge mit neun Jahren für den Schülerchor schrieb. Übrigens war es auch Dr. Drage, der seinen Schüler zum Rufnamen „Coleridge“ überredete, um dadurch den Vornamen Samuel zu vermeiden, den die anderen Jungen allzu gerne beleidigend in „Sambo“ abkürzten.
Durch Dr. Drage lernte Coleridge auch den Chorleiter der örtlichen Presbyterianer-Gemeinde Colonel Herbert Walters kennen, der den Jungen mit seiner glänzenden Knabenstimme zum Vorsingen einlud und bald im Kirchenchor solistisch einsetzte. Der Einfluß Walters auf die berufliche Ausbildung des jungen Coleridge sollte jedoch weitaus größer werden, denn er stellte dem 15jährigen ein Empfehlungsschreiben für ein Geigen- und Klavierstudium am Royal College of Music aus. Zu diesem Zeitpunkt spielte Coleridge immer noch auf einer kleinformatigen Geige und mußte ein Instrument in voller Größe erst vom Royal College ausleihen!
Geigenschüler blieb der junge Coleridge jedoch nicht lange: Bereits im ersten Studienjahr schrieb er eine Vertonung des Te Deum, gefolgt von einer Reihe von Kirchenwerken, die alle bei Novello & Co. in Druck erschienen. Dadurch machte er die Bekanntschaft des Verlagsleiters Augustus Jaeger, der zum lebenslangen Verfechter der Musik Coleridges werden sollte. Colonel Walters zeigte diese Komposition dem damaligen Rektor des Royal College of Music, Sir George Grove, und schlug vor, den Jungen eher in die Kompositionsklasse aufzunehmen. Grove stimmte zu, worauf der junge Mann zum Schüler des eminenten, von Coleridge abgöttisch geliebten Kompositionsprofessors Charles Villiers Stanford wurde. Der angehende Komponist reagierte darauf, indem er sich um ein offenes Stipendium bewarb – und es auch erhielt. Daraufhin richtete Grove folgende Worte an den Jungstudenten: „Jetzt, da Du Student bist, erwarte ich sehr große Fortschritte ... Jetzt stehst Du vor der Welt.“
Die Fortschritte stellten sich rasch ein. Im Oktober 1893 gab Coleridge in seiner Heimatstadt Croydon sein erstes öffentliches Konzert, in dem neben seiner Klarinettensonate und seinem Klavierquintett auch eine Reihe Kunstlieder zur allgemeinen Zustimmung ertönten. Durch den Einsatz Stanfords, der bereits mit Joseph Joachim zusammenmusiziert hatte, wurde ein beachtliches Klarinettenquintett durch ein von Joachim geleitetes Streichquartett in Berlin aufgeführt. Auch komponierte Coleridge eine Symphonie, die Stanford jedoch nur mißbilligen konnte (unfairerweise, denn einer neuerlichen CD-Aufnahme nach zu schätzen ist das Werk durchaus gelungen). Auch ein Nonett entstand am Royal College, und Coleridge fing an, das Streichorchester des Croydoner Konservatoriums regelmäßig zu dirigieren. Zu Ostern 1897 schloß er sein Studium am Royal College ab und wurde Dozent am Croydoner Konservatorium.
Ein Musiker, der auf das Talent Coleridges sein Augenmerk richtete (und der selbst kurz vor dem nationalen und internationalen Durchbruch stand), war Edward Elgar, der wahrscheinlich durch seinen guten Freund Jaeger bei Novello auf den jungen Mann aufmerksam gemacht wurde. Elgar, den man gebeten hatte, ein kurzes Orchesterwerk für das in Gloucester stattfindende Three Choirs Festival 1898 zu komponieren, war verhindert und lehnte aus Zeitnot ab. Daraufhin schrieb er folgende Zeilen in seinem Entschuldigungsbrief an den Organisationsausschuß: «Ich wünschte von ganzem, ganzem, ganzem Herzen, Sie würden Coleridge-Taylor mit dem neuen Werk beauftragen. Ihm mangelt immer noch die gebührende Anerkennung, und er ist doch mit Abstand der gescheiteste unter meinen jüngeren Kollegen. Bitte verscherzen Sie nicht diese Gelegenheit, eine gute Tat zu vollbringen!»
Tatsächlich vergab der Ausschuß den Auftrag schließlich an Coleridge, der im Gegenzug die Ballade a-Moll op. 33 für Orchester lieferte.
Als die Ballade mit großem Beifall zur Aufführung gelangte, war die Kantate Hiawatha’s Wedding Feast bereits abgeschlossen.
Coleridge lernte das epische Gedicht The Song of Hiawatha des Henry Wadsworth Longfellow 1896 kennen, als er die Bekanntschaft des schwarzamerikanischen Dichters Paul Laurence Dunbar machte, mit dem ihn bald eine Freundschaft verband und der später mit ihm an einigen gemeinsamen musikalischen Projekten arbeitete. Die Dichtkunst Longfellows – vor allem die von ihm verwendeten nordamerikanischen indianischen Namensformen (Hiawatha, Minnehaha, Gitchee-Gumee, Gitchie Manito, Chibiabos, Pau-Puk-Keewis und noch viele weitere mehr) – schlug Coleridge sofort in ihren Bann. Obwohl er bald ein Werk namens Hiawatha Sketches für Violine und Klavier zu Papier brachte, war ihm bewußt, daß er doch noch einer größeren Leinwand bedurfte.
Mehr als irgend ein anderes Werk aus seiner Feder begründete Hiawatha’s Wedding Feast („Hiawathas Hochzeit“, 1898) den Ruhm des Komponisten Coleridge. Das Werk hatte gerade genug exotische Züge (meistens dem Dvorák der Symphonie Aus der Neuen Welt, des Cellokonzerts und des „Amerikanischen“ Streichquartetts abgehört), um das englische Konzertpublikum zu fesseln. Bald darauf folgten zwei weitere Chorwerke – The Death of Minnehaha („Der Tod des Minnehaha“, 1899) und Hiawatha’s Departure („Hiawathas Scheiden“, 1900) – sowie eine Hiawatha-Ouvertüre für Orchester (1899), die alle zusammen die Scenes from the Song of Hiawatha op. 30 bildeten. Zwei Orchestersuiten – die Hiawatha Ballet Suite und die Minnehaha Suite – waren die letzten Werke, die er je komponierte (1912).
Mit dem beruflichen Erfolg ging auch häusliches Glück einher, denn Coleridge verdiente nunmehr genug Geld, um eine Kommilitonin am Royal College – Jessie Walmisley – heiraten zu können. Seiner Hautfarbe wegen versuchten seine künftigen Schwiegereltern zunächst die Heirat zu vereiteln, wurden letztlich jedoch von seiner gewinnenden Persönlichkeit bezaubert. Der Ehe entsprangen zwei Kinder: Hiawatha und Gwendolen.
Immer weiter wuchs das Werkverzeichnis Coleridges: Die Symphonic Variations on an African Air für Klavier und Orchester und The Bamboula, eine Tanzrhapsodie für Orchester stellen nur zwei der vielen Werke dar, die von seiner Abstammung väterlicherseits inspiriert wurden. Das Orchesterwerk Toussaint l’Ouverture porträtiert den Anführer eines Sklavenaufstandes gegen die Franzosen auf Haiti. Einige Bühnenmusiken, darunter auch eine Othello-Partitur und Szenen aus Goethes Faust, sowie Chorwerke wie Kubla Khan (Text von Samuel Tayor Coleridge, Musik von Samuel Coleridge-Taylor) und A Tale of Old Japan, von einem vorzüglichen Violinkonzert ganz zu schweigen, sorgten dafür, daß sein Name – anders als bei vielen seiner komponierenden britischen Zeitgenossen – im allgemeinen Bewußtsein zum festen Begriff wurde. Weder sein Altersgenosse Vaughan Williams noch Gustav Holst – nicht einmal Elgar selber – erfreuten sich eines so stark ausgeprägten öffentlichen Profil wie Coleridge.
Im Jahre 1903 wurde Coleridge zum Professor für Komposition am Trinity College of Music ernannt; ein Jahr darauf leitete er ein hochangesehenes „Coleridge-Taylor“-Festival in Baltimore/USA (seit einigen Jahre hatte er die Namensform „Coleridge-Taylor“ als Familiennamen übernommen) und dirigierte seine Werke auch in Boston, New York, Philadelphia, Chicago und Washington. Noch zweimal – 1906 und 1910 – sollte er Amerika wieder bereisen, und zwar erneut mit großem Erfolg. Zuhause in Großbritannien stieg er zum Professor für Musiktheorie und Harmonielehre an der Crystal Palace School of Art and Music hinauf, leitete die Croydon Orchestral Society und veranstaltete eine eigene Reihe von Coleridge-Taylor Symphony Concerts, in denen einige der renommiertesten Musiker Londons mitwirkten. Am Königlichen Konzert anläßlich der Krönung von George V. im Jahre 1911 war Coleridge-Taylor als einziger Komponist neben Wagner mit zwei Werken im Rahmen-programm vertreten – eine Auszeichnung, die selbst von der Berliner Presse zur Kenntnis genommen wurde.
Am 28. August nahm alles ein jähes Ende, als Coleridge am Bahnhof von East Croydon zusammenbrach. Er hatte kürzlich an einer ernsthaften Grippe gelitten, die alsbald in eine Lungenentzündung ausartete. Er starb am 1. September und wurde in Croydon zu Grabe gelegt. Obwohl die englische Musik im frühen 20. Jahrhundert mehrere junge Komponisten verlor, von denen William Hurlstone, George Butterworth und Samuel Coleridge-Taylor wohl am vielversprechendsten waren, war der Verlust von Coleridge-Taylor umso schmerzhafter, als er unter diesen den schöpferisch produktivsten darstellte und die ganze Bandbreite seiner Begabung bereits unter Beweis gestellt hatte. Er wurde im liebevollen Andenken behalten. Auf seinem Grabstein steht folgendes Zitat aus Hiawatha’s Departure:
NOTEN
gefolgt von den Worten:
Too young to die –
His great simplicity, his happy courage in an alien world
His gentleness, made all that knew him, love him.
(„Zu früh entrissen – Durch seine großartige Einfachheit, seine heitere Mut in einer fremden Welt und sein sanftes Wesen gewann er die Herzen aller, die ihn kannten“)
Szenen aus The Song of of Hiawatha
op.30
Das Gedicht Longfellows steht in einem ununterbrochenen Versmaß, das die unerbittlichen rhythmischen Trommelschlägen der Indianer nachzuahmen scheint:
NOTEN
(In der Tat jedoch handelt es sich hierbei um eine Täuschung: Longfellow lehnte sich Dieser Abschnitt, der vom einzigen Gesangsolisten im ganzen Werk – einem Tenor – gesungen wird, wurde bald zu einem der renommiertsten Tenorlieder überhaupt, das auch außerhalb des ursprünglichen Zusammenhangs vorgetragen bzw. auf Schallplatte aufgenommen wurde. Hier bedient sich Coleridge-Taylor absichtlich einer chromatischen Schreibweise, die an den “Chant Indoue” aus der Oper Sadko von Rimsky-Korsakow oder an “Mon coeur s’ouvre à ta voix” aus der Oper Samson et Delila von Saint-Säens erinnert.
Schließlich erscheint Iagoo (vgl. Nr. 57) – „the great boaster, he the marvellous storyteller“ („er der Prahler, er der Fabler und Erzähler”) – und erzählt den versammelten Hochzeitsgästen
…the strange adventures
Of Osseo, the Magician,
From the Evening Star descended.
Such was Hiawatha’s Wedding,
Thus the wedding-baquet ended,
The Death of Minnehaha
„Der Tod der Minnehaha“ op. 30 Nr. 2
Es herrscht Winter, das Land wird von Hungersnot heimgesucht:
O the famine and the fever!
O the wasting of the famine!
O the blasting of the fever!
O the wailing of the children!
O the anguish of the women!
O, der Hunger und das Fieber!
O, des Hungers langsam Zehren!
O, des Fiebers rasch Verheeren!
O, das Wehgeschrei der Kinder!
O, die Qual und Angst der Frauen!
Als zwei „stille Gäste“ – Hungersnot und Fieber – den Wigwam der Minnehaha betreten, wird auch sie von einer tödlichen Schwäche befallen. Hiawatha versucht, Nahrung für sie aufzutreiben, indem er Gitchie Manito den Mächtigen heraufbeschwört:
Give your children food, O father!
Give us food, or we must perish!
Give me food for Minnehaha,
For my dying Minnehaha!
Vater, deinen Kindern Nahrung,
Nahrung gib uns, sonst vergehn wir!
Nahrung gib für Minnehaha,
Meine sterbende Minnehaha!
Während er verzweifelt nach Nahrung sucht, hört er eine Stimme rufen:
Minnehaha! Minnehaha!
Bei seiner Rückkehr liegt seine Frau tot in den Armen der Nokomis, die singt:
Would that I had perished for you,
Would that I were dead as you are!
O, wär´ ich für dich gestorben!
O, wär ich tot, wie es du bist!
Worauf Hiawatha ...
Uttered such a cry of anguish,
That the forest moaned and shuddered,
That the very stars in heaven
Shook and trembled with his anguish.
Tat so grausen , wilden Wehschrei,
Daß die Waldung schaudernd mitschrie,
Daß die Sterne selbst am Himmel
Zitterten bei seinen Qualen.
In dieser Kantate werden zwei Gesangsolisten – ein Bariton und eine Sopranistin – eingesetzt, wobei den Löwenanteil die männliche Stimme bestreitet. Vor allem ist es der Bariton, der das große Abschiedslied Hiawathas an seine Frau vorträgt (vgl. Nr. 63):
“Farewell!” said he, “Minnehaha!
Farewell, O my Laughing Water!
All my heart is buried with you,
All my thoughts go onward with you!
Come not back again to labour,
Come not back again to suffer,
Where the Famine and the Fever
Wear the heart and waste the body,
Soon my task will be completed,
Soon your footsteps I shall follow
To the Islands of the Blessed,
To the kingdom of Ponemah!
To the land of the Hereafter!”
«Zieh´ denn,» sprach er, «Minnehaha!
Lebewohl, mein Lachend Wasser!
Liegt mein Herz mit dir im Grabe,
Wandert mit dir all mein Denken!
Komm nicht wieder, hier zu mühn dich,
komm nicht wieder, hier zu leiden,
Wo der Hunger und das Fieber
Dörr´n das Herz, den Leib versehren
Bald getan ist meine Arbeit,
Bald nun folg´ ich deinen Schritten
Nach den Inseln der Glücksel´gen,
In das Königreich Ponemah,
In das Wohnland des Nachdiesem!»
Hiawatha’s Departure
„Hiawathas Scheiden“ op. 30 Nr. 4
Dieses Werk, das Coleridge-Taylor noch während seiner Flitterwochen zu Ende komponierte, wurde von der Royal Philharmonic Society (dem gleichen Verein, der Ludwig van Beethoven den Auftrag zur „Neunten Symphonie“ gab) aus der Taufe gehoben. In diesem abschließenden Teil der großen Chortrilogie werden alle drei Gesangsolisten eingesetzt.
Das Werk handelt von der Zukunftsvision, die Hiawathas seinem Volk verkündet, nämlich vom Heraufkommen der Weißen:
In the great canoe with pinions
Came, he said, a hundred warriors;
Painted white were all their faces
And with hair their chins were covered!
In dem großen Boot mit Schwingen
Kamen, sagt´ er, hundert Krieger;
Weiß gemalt war Aller Antlitz,
Und ihr Kinn bedeckt mit Haaren!
Diese Vision ist alles andere als tröstlich, denn Hiawatha sagt die Vertreibung der Indianervölker nach Westen und die Zerstreuung seines Stamms voraus:
Like the withered leaves of Autumn!
Wie das welke Laub im Herbste.
Schließlich treffen weiße Missionare ein, die die frohe Botschaft von Christus und der Jungfrau Maria verkünden (vgl. Nr. 49). Darauf antworten die Indianer:
We will think on what you tell us.
It is well for us, O brothers,
That you come so far to see us!
Wollen, was ihr sagt bedenken!
Es ist gut für uns, o Brüder,
Daß so weit ihr zu uns herkommt!
Anders verhält sich jedoch Hiawatha, dessen Zeit nun zu einem Ende gekommen ist und der am Anfang einer neuen Weltordnung steht. Er verabschiedet sich von Nokomis, indem er sie bittet, dafür Sorge zu tragen, daß den Missionaren – seinen Gästen – nichts zuleide getan wird. Er richtet Abschiedsgrüße an seine Krieger aus und ermahnt sie, auf die Worte der Missionare zu achten. Dann:
Westward, westward Hiawatha
Sailed into the fiery sunset,
Sailed into the purple vapours,
Sailed into the dusk of evening…
And they said, “Farewell for ever!”
Said, “Farewell O Hiawatha!”…
Thus departed Hiawatha,
Hiawatha the Beloved,
In the glory of the sunset,
In the purple mists of evening,
To the regions of the home-wind,
Of the Northwest wind, Keewaydin,
To the Islands of the Blessed,
To the kingdom of Ponemah!
To the land of the Hereafter!
Westwärts, westwärts, immer westwärts
In den glüh`nden Sonnenhingang,
In die purpurfarbnen Wolken,
In das Graun des Abends fuhr er ...
Und sie sagten: «Nun für immer
Lebewohl, o Hiawatha!»
Also schied mein Hiawatha,
Hiawatha der Geliebte,
In des Sonnenhingangs Glorie,
In des Abends Purpurnebeln,
Zu den Gegenden des Heimwinds,
Des Nordwestens, des Keewaydin,
Zu den Inseln der Glücksel`gen,
In das Königreich Ponemah,
In das Wohnland des Nachdiesem!
Übersetzung: Bradford Robinson
Deutsche Übersetzung der Gesangstexte nach Ferdinand Freiligrath (1857) Aufführungsmaterial ist bei www.chesternovello.co.uk zu beziehen. Nachdruck von Partituren aus der Sammlung Philipp Brookes, Market Drayton.
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