Christian Frederik Emil Horneman
(geb. Kopenhagen, 17. Dezember 1840 - gest. Kopenhagen, 8. Juni 1906)

Ouverture héroïque – Helteliv
(Heldenleben)
(1867)

Vorwort
Christian Frederik Emil Horneman gehört bis heute zu jener Gruppe von Komponisten, die das Pech hatten, zur falschen Zeit am richtigen Ort zu sein und dadurch in Vergessenheit gerieten. Am 17. Dezember 1840 in Kopenhagen geboren, wuchs Horneman in einer musikalischen Familie auf. Seine Mutter entstammte der reichen, kunstliebenden Kopenhagener Bürgerfamilie Zinn, deren Haus jahrelang einen Treffpunkt für die bedeutendsten Musiker und Künstler der Stadt bot. Der Vater war der Musikalienhändler und Verleger Ole Emil Horneman, der mit dem Kriegslied „Dengang jeg drog afsted“ ein Werk komponiert hatte, das im deutsch-dänischen Krieg um die Herzogtümer Schleswig und Holstein 1848 nationale Bedeutung erlangt hatte. C.F.E. Horneman besuchte außerdem 1858 bis 1860 zwei Jahre lang zur musikalischen Aus- und Weiterbildung das Leipziger Konservatorium, zu dieser Zeit eine der renommiertesten Ausbildungsstätten für Musiker in Europa.

Eigentlich boten sich Horneman damit gute Voraussetzungen, um eine erfolgreiche musikalische Karriere anzustreben. Als er 1860 nach Kopenhagen zurückkehrte, um sich im Musikleben seiner Heimatstadt als Komponist und Dirigent zu etablieren, waren jedoch bereits alle einflussreichen Posten der Stadt vergeben. Niels Wilhelm Gade (1817-1890) und sein Kreis, allen voran sein Schwiegervater Johann Peter Emilius Hartmann (1805-1900) dominierten die musikalische Szenerie. Gade hatte – ausgestattet mit den Erfahrungen aus einem fünfjährigen Leipzig-Aufenthalt – einige Jahre zuvor das Kopenhagener Musikleben aus seiner im internationalen Vergleich großen Rückständigkeit geführt und nach Leipziger Vorbildern modernisiert. Dementsprechend stark und gefestigt war seine Machtposition.

Dieses Bollwerk der Älteren auf den Gebieten Musikpraxis, Musikpädagogik und Komposition blieb sowohl für Horneman als auch andere Vertreter der nachrückenden Musikergeneration in Dänemark zeitlebens undurchdringlich. Hier erlebte Horneman eine andere Situation als etwa sein Altersgenosse Edvard Grieg (1843-1907), mit dem Horneman eine lebenslange Freundschaft verband. Während der Norweger in Bergen und Kristiania (Oslo) große Erfolge feierte und eine bedeutende Karriere als Komponist einschlug, blieb seinem Studienfreund aus Leipziger Zeit derselbe Aufstieg verwehrt. Gade starb 1890, Horneman überlebt ihn um 16 Jahre, aber auch in dieser Zeit sollte es ihm nicht mehr gelingen, Gades Erbe anzutreten. Vielmehr blieb Horneman sein Leben lang die Rolle des Antipoden Gades, den er bisweilen aus seiner aussichtslosen Situation heraus mit regelrechtem Hass überzog. In seinen letzten Lebensjahren zog sich Horneman immer mehr in eine Verbitterung über die fehlende Anerkennung seiner Lebensleistung zurück. Als er am 8. Juni 1906 starb, hatte er sich, wie ein Arzt es kommentierte, „zu Tode gegrämt“.

Horneman brachte Gade einzig und allein in seiner Rolle als Komponist hohe Wert-schätzung entgegen. Er lehnte sich an Gades ureigenste Schöpfung, den „Nordischen Ton“, basierend auf dänischen und skandinavischen Volksliedwendungen sowie modalen Tonarten, an. Gade spielte daher in der Ausbildung der Tonsprache Hornemans keine unerhebliche Rolle. Da Horneman sich wie beschrieben nie als Komponist durchsetzen konnte und ihm keine finanzielle Unabhängigkeit durch sein Werkschaffen gegeben war, musste der Däne sein Geld als Musikpädagoge und Musikverleger verdienen. Aus diesem Grund hält sich der Umfang seines kompositorischen Œvres in überschaubaren Grenzen. Auf dem Gebiet der Instrumentalmusik ist nur wenig überliefert oder überhaupt im Druck erschienen. Erhalten geblieben sind zwei Streichquartetten und zwei Konzertouvertüren – ungeachtet einer nicht identifizierbaren Ouvertüre, die während Hornemans Studienzeit am Leipziger Konservatorium entstanden war. Mit den Ouvertüren zu Aladdin (1864) und der Ouverture héroïque - Helteliv erschöpft sich bereits der Bestand für Orchestermusik in Hornemans Schaffen. Horneman komponiert schwerpunktmäßig Bühnen- und Schauspielmusiken sowie geistliche und weltliche Vokalmusik mit Orchester. Die Ouverture héroïque ist als Konzertouvertüre das einzige selbständige Orchesterwerk in Hornemans Gesamtschaffen geblieben. Die populärere Aladdin-Ouvertüre ist eher der gleichnamigen, wenn auch erst gut 25 Jahre später vollendeten Oper zuzurechnen.

Die Ouverture héroïque entstand in den Jahren 1866 bis 1867. Vermutlich im Sommer 1867 brach Horneman zu einer Studienreise durch Deutschland auf, die ihm durch die Gewährung eines Stipendiums des dänischen Königs ermöglicht wurde. Nach einem Aufenthalt an seinem früheren Studienort Leipzig hieß die nächste Station München. Dort kam es im Herbst des Jahres zur Uraufführung der Ouvertüre. Ob ihr ein Programm zugrunde liegt, ist nur schwer zu bestimmen. In Hornemans Nachlass finden sich keine Hinweise darauf, aus welcher Motivation heraus der Däne sich für den Titel Helteliv entschieden hatte. Möglicherweise handelt es sich auch um die reine Charakterisierung eines heldenhaften musikalischen Gestus, worauf die französische Variante Ouverture héroïque hindeutet. Wahrscheinlich wollte sich der Däne mit der Wahl eines französischen Titels internationaler präsentieren und damit auch den deutschen Verlagsmarkt auf sich aufmerksam machen. Titel in der Landessprache stellten in Skandinavien zwar spätestens seit der Einführung durch Gade mit der Ouvertüre Efterklange af Ossian („Nachklänge an Ossian“) op. 1 1840 keine Besonderheit mehr dar. Dennoch spielte die dänische Sprache im mitteleuropäischen Musikleben im Vergleich zu Französisch, Italienisch oder Deutsch kaum eine Rolle.

Nicht nur die Wahl des Titels, auch der kompositorische Stil der Ouverture héroïque offenbaren einen Wandel in Hornemans Stil, eine Öffnung zur Internationalität. In einem frühen Werk, dem 1861 komponierten Streichquartett D-Dur, hatte sich der Däne noch am Klang des Nordischen Tons orientiert. In der Helteliv-Ouvertüre lehnt sich Horneman dagegen deutlich hörbar an deutsche, romantische Vorbilder an. Die Ouvertüre ist klang- und kraftvoll und lässt die Farben des Orchesters leuchten. Horneman lässt die bisweilen folkloristische Einfachheit der frühen Werke hinter sich und setzt an ihre Stelle eine größere Polyphonie- und Chromatikgebundenheit. Fanfaren-Motive tauchen durchgängig auf und deuten den „heldenhaften“ Hintergrund der Ouvertüre an. Formal betrachtet, weist die Helteliv-Ouvertüre eine große Ähnlichkeit mit der drei Jahre zuvor entstandenen Aladdin-Ouvertüre auf. Es taucht eine ähnlich diffuse Sonatensatzform auf, der eine klare Gliederung fehlt. Einzelne Abschnitte werden unverbunden nebeneinander gestellt und haben meist einen episodischen Charakter. Die große Klammer um das ganze Werk zieht das düstere, fragende Thema aus der langsamen Einleitung in g-Moll, das am Schluss in seiner Dur-Variante die Ouvertüre und das „Heldenleben“ versöhnlich enden lässt. Die Ouvertüre erschien, was selten genug für Hornemans Werke ist, als Klavierauszug und Partitur beim Verlag Wilhelm Hansen in Kopenhagen Sie ist eines der drei Werke Hornemans, die jemals unter Gade im einflussreichsten Konzertunternehmen Kopenhagens, Musikforeningen (Musikverein), aufgeführt wurden (1885).

Dass Hornemans Leben stets im Schatten Gades stand und nicht wie Helteliv in Dur endete bzw. der Däne nie die ihm zustehende Anerkennung erfahren hatte und nach seinem Tod zu Unrecht in Vergessenheit geriet, verdeutlich, dass kein geringerer als Carl Nielsen die Grabrede hielt. Eindringlich betonte er Hornemans unterschätzte Bedeutung für die Musikgeschichte Dänemarks: „Er war die Flamme, die klare Flamme, das reinigende Feuer in der dänischen Musik, jenes Feuer, das alles Künstliche, Falsche einschmilzt und das Unehrliche vernichtet.“

Yvonne Wasserloos, 2006

Wegen Aufführungsmaterial wenden Sie sich bitte an Musikverlag Wilhelm Hansen, Kopenhagen.

Christian Frederik Emil Horneman
(b. Copenhagen, 17 December 1840 - d. Copenhagen, 8 Juni 1906)

Ouverture héroïque - Helteliv
(A Hero’s Life) (1867)

Preface

Christian Frederik Emil Horneman continues to be one of those composers who had the misfortune to be born in the right place at the wrong time, and thus to fall into oblivion. Born in Copenhagen on 17 December 1840, he grew up in musical surroundings. His mother hailed from the Zinns, a rich, art-loving bourgeois family of Copenhagen whose home was for many years a meeting place for the city’s leading musicians and artists. His father, Ole Emil Horneman, was a music dealer and publisher whose war song Dengang jeg drog afsted («When I departed») achieved national prominence in 1848 during the first war with Prussia for control of the duchies of Schleswig and Holstein. To advance and perfect his musical training, the boy also spent two years from 1858 to 1860 at Leipzig Conservatory, then one of Europe’s most illustrious institutions of musical education.

Given this background, Horneman should have had ample opportunity to advance on a successful musical career. However, when he returned to Copenhagen in 1860 to enter the city’s musical life as a composer and conductor, it turned out that all the influential positions were already taken. The city’s musical affairs were dominated by Niels Wilhelm Gade (1817-1890) and his circle, above all his father-in-law Johann Peter Emilius Hartmann (1805-1900). A few years earlier Gade, equipped with the experiences of a five-year stay in Leipzig, had led Copenhagen out of the musical backwaters it had formerly occupied on the international scene and modernized it along Leipzig lines. Inconsequence, his position of power was strong and secure.

Throughout Horneman’s entire life this bulwark of the older generation in the fields of musical performance, education, and composition remained impregnable, not only for Horneman himself, but for other members of Denmark’s emerging generation of musicians. The predicament he faced differed markedly from that of his Norwegian age-mate, fellow-student in Leipzig, and lifelong friend Edvard Grieg (1843-1907), who was lionized in Bergen and Christiania (Oslo) and could embark on a significant career as a composer. Horneman, in contrast, encountered obstacles to his rise at every turn. Although he outlived Gade by sixteen years (the older man died in 1890), he was even then unable to inherit his mantle. Instead, he remained trapped in his lifelong role as Gade’s polar opposite, a role that even led him at times to heap venom on Gade’s name. In the final years of his life Horneman increasingly withdrew in bitterness at the lack of recognition accorded to his life’s work. When he passed away on 8 June 1906, a physician remarked that he had «died of vexation.»

It was only in his capacity as a composer that Horneman could bestow admiration on Gade. He drew on Gade’s great personal achievement, the «Nordic tone,» based on modal tonalities and turns of phrase from Danish and Scandinavian folk song. Thus, Gade played no inconsiderable role in the formation of Horneman’s personal idiom. But since Horneman could not, as already mentioned, establish himself as a composer or achieve financial independence through his compositions, he was forced to earn his living as a teacher and publisher. This accounts for the relative slenderness of his compositional output. Little of his instrumental music has survived, if it appeared in print at all. All that has come down to us are two string quartets and two concert overtures, apart from an unidentified overture written during his years of study in Leipzig. The Aladdin Overture (1864) and the Ouverture héroïque - Helteliv («A Hero’s Life») exhaust the body of orchestral music in the Horneman canon. Instead, he focused his attention on incidental music, theater scores, and sacred or secular vocal pieces with orchestral accompaniment. Being a concert overture, the Ouverture héroïque is the only self-contained orchestral piece in his entire oeuvre; the more popular Aladdin Overture should by rights be assigned to the like-named opera, which, however, was only completed twenty-five years later.

After composing the Ouverture héroïque in 1866-7 Horneman set out, probably in the summer of 1867, on a study tour of Germany made possible by a scholarship from the king of Denmark. After visiting his former student haunts in Leipzig he moved on to Munich, where the overture was premièred that autumn. It is difficult to determine whether the work has an underlying program. Nor is there any evidence among Horneman’s posthumous papers to explain why he chose the title Helteliv. Perhaps it merely indicates a generalized musical depiction of heroism, as suggested by the French title Ouverture héroïque. By choosing a French title, Horneman probably sought to pose as an international figure, thereby attracting the attention of German publishers. Admittedly titles in native Scandinavian languages were nothing new, at least since Gade had introduced them in his overture Efterklange af Ossian («Echoes of Ossian»), op. 1 (1840). Still, compared to French, Italian, or German, Danish played practically no role in the musical life of Central Europe.

Not only the choice of title but the compositional style of the Ouverture héroïque reveals a change in Horneman’s idiom toward a more international outlook. In one of his early works, the D-major String Quartet (composed in 1861), he had still taken his bearings on the sound of the «Nordic tone.» For the Helteliv Overture, however, he conspicuously draws on German romantic forebears. The piece is sonorous, virile, and revels in the colors of the orchestra. Horneman abandons the sometimes folk-like simplicity of his early works in favor of greater cohesion of counterpoint and chromaticism. The overture abounds in fanfare motifs pointing to its «heroic» backdrop. With regard to its form, it closely resembles the Aladdin Overture written three years previously, adopting a similarly diffuse and vaguely articulated sonata-allegro form. Sections are disjointedly juxtaposed and remain largely episodic. The entire work is bracketed by a gloomy, nagging theme from the slow G-minor introduction that reappears at the end of the overture - and of the «hero’s life» - in a conciliatory G major. As rarely happened in Horneman’s music, the overture was published in score and piano reduction by Wilhelm Hansen of Copenhagen. It was also one of the three Horneman works that Gade ever saw fit to perform in Copenhagen’s most prestigious concert association, the Musikforeningen (1885).

Horneman’s entire life was spent in Gade’s shadow, and, unlike Helteliv, it did not end in the major mode. That he never received proper recognition and was unjustly forgotten after his death is made clear by the fact that his funeral speech was delivered by none other than Carl Nielsen, who urgently stressed Horneman’s under-appreciated significance to the history of Danish music: «He was the flame, the bright flame, the refining fire in Danish music, the fire that melts everything artificial and false and annihilates dishonesty.»

Translation: Bradford Robinson

For questions of performance material please contact Wilhelm Hansen, Copenhagen.