Friedrich Gernsheim
(geb. Worms, 17. Juli 1839 — gest. Berlin, 11. September 1916)

Symphonie No. 4 (B-dur) für großes Orchester, Op. 62 (1896)

I Allegro
II Andante sostenuto
III Vivace scherzando e con grazia
IV Allegro con spirito e giocoso

Vorwort
Liest man den Namen Friedrich Gernsheim — und das geschieht immer noch recht selten — so meist in Verbindung mit dem von Johannes Brahms: Jener gehöre zum Brahms-Kreis und sei von Brahms beeinflusst. Das stimmt zum Teil, unterschlägt jedoch manches. Tatsächlich war Gernsheim ein konservativer Komponist, von der Programm-Musik wenig und allem Anschein nach von der Oper noch weniger angezogen als Brahms; zwar blieb er mit Brahms seit ihrer ersten Begegnung im Jahre 1862 bis zum Tod des Meisters in freundschaftlichem Kontakt. Doch der Vorwurf, er sei bloß ein Brahms-Epigone, beruht auf Unkenntnis seiner Werke, oft auch auf latentem (oder gar nicht latenten) Antisemitismus. Bei näherer Betrachtung erkennt man in Gernsheim einen Komponisten, der in seiner Musik — sei es dank seiner rheinländischen Herkunft, sei es dank seiner dirigentischen Tätigkeit — Nachklänge von Beethoven, Mendelssohn, Spohr, Schubert und selbstverständlich Brahms in einen überzeugenden Eigenstil verschmilzt. Vor allem erkennt man einen Komponisten, der einen fast unbeirrbaren Sinn für formale Vollendung entwickelte und dem jegliche leere Geste abhold war.

Friedrich Gernsheim stammte aus einer aufgeklärten, weitgehend assimilierten, jedoch tief gläubigen jüdischen Familie in Worms. In seinem 1928 veröffentlichten und bis heute unübertroffenen Standardwerk über den Komponisten (Friedrich Gernsheim, Leben, Erscheinung und Werk) erzählt Karl Holl eine Geschichte, die für die geistige Haltung der Familie kennzeichnend ist: Seit altersher stand an einem Wormser Stadttor ein mit «Judengefängnis» betafeltes Gebäude, wo Juden, die sich dem Judenzoll zu entziehen versuchten, eingesperrt wurden. Als 1793 die französische Armee die Stadt eroberte und «Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit» als gesetzliches Prinzip einführten, stieg der Großvater des Komponisten auf eine Leiter und zerschlug die «Judengefängnis»-Tafel mit einem Beil. Auf demselben Platz sollte Jahre später sein Sohn Abraham, der Vater des Komponisten, das Haus bauen, in dem Friedrich am 17. Juli 1839 geboren wurde. Abraham Gernsheim war von Beruf Arzt, und in seinen wenigen freien Stunden auch begeisterter Flötist; seine Frau, eine ungemein begabte Klavierspielerin, gab dem jungen Fritz — übrigens das einzige Kind des Ehepaars — den ersten Musikunterricht. Er zeigte bald sowohl im Klavierspiel wie auch in der Komposition von Liedern außerordentliche musikalische Fähigkeiten, und schon als Siebenjähriger bekam er Unterricht in Klavierspiel und Theorie vom Spohr-Schüler Louis Liebe, mit dem er lebenslänglich befreundet blieb. 1848 entschloss sich die Familie, Mutter und Kind nach der von den Wirren der Revolution wenig berührten Festung Mainz zu schicken. Eigentlich sollte es sich um eine vorübergehende Sicherheitsmaßnahme handeln, aber trotz aller Zuneigung zur Familie und zur Vaterstadt Worms sollte das Kind nur noch als Gast zurückkehren. Kaum war Friedrich ein Jahr in Mainz, als der Frankfurter Klavierpädagoge Aloys Schmitt Mutter und Kind nach Frankfurt brachte. Dort hinterliess der junge Musiker einen so starken Eindruck bei seinen Lehrern, dass sie alsbald zur öffentlichen Vorführung seiner Fähigkeiten ein Konzert veranstalteten: Am 5. Mai 1850 erschien er im Frankfurter Stadttheater als Pianist (mit dem A-moll-Konzert von Hummel), als Geiger (mit den G-dur-Variationen von Rode) und schließlich als Komponist (mit einer Orchesterouvertüre aus seiner Wormser Zeit). Der junge Fritz wurde als Wunderkind gefeiert, und bald folgten weitere Konzerte und eine Konzertreise rheinaufwärts bis Karlsruhe.

Schon als Dreizehnjähriger ging er auf das Leipziger Konservatorium, wo er 1852 bis 1854 bei einigen der renommiertesten Lehrer der Zeit Unterricht bekam: bei Ignaz Moscheles und Louis Plaidy (Klavier), Ferdinand David und Raimund Dreyschock (Violine), Moritz Hauptmann und Ernst Friedrich Richter (Kontrapunkt), Julius Rietz (Komposition) und Franz Brendel (Musikgeschichte). Von 1855 bis 1861 lebte er in Paris, wo er bei Antoine François Marmontel Klavier studierte und eine Reihe von Komponisten kennenlernte: Rossini, Liszt, Rubinstein, Lalo, Heller und Saint-Saëns. Dort schloss er auch eine lebenslange Freundschaft mit dem Dirigenten Hermann Levi, dem er 1861 als Leiter des Saarbrücker Gesang- und Instrumentalvereins nachfolgte. 1865 erhielt er eine Stellung als Lehrer für Klavier und Komposition am Kölner Konservatorium sowie als Leiter der Musikalischen Gesellschaft und des Städtischen Gesangsvereins. Unter seinen Schülern war Engelbert Humperdinck; unter seinen engen Freunden und künstlerischen Mitstreitern waren Max Bruch und Ferdinand Hiller, bei dessen Soirées Clara Schumann, Johannes Brahms und Joachim Raff häufig zu Gast waren. Die Jahren in Köln gefielen ihm sehr, aber sein Wunsch nach mehr Selbstständigkeit brachte ihn 1874 nach Rotterdam, wo er bis 1890 als Direktor der Maatschappij tot bevordering van toonkunst (Gesellschaft zur Beförderung der Tonkunst) tätig war. Er wurde somit praktisch zum «Generalmusikdirektor» der ganzen Stadt: Die großen Reihen von Chor- und Orchesterkonzerten gehörten ihm sowie die Führung einer Musikschule; darüber hinaus erschien er regelmäßig als Gastdirigent der Deutschen Oper in Rotterdam. Er fühlte sich in Rotterdam wohl, und seine Tätigkeiten — als Komponist, als Dirigent, als Pädagoge — wurden dort hoch geschätzt, jedoch sehnte er sich gelegentlich nach Deutschland. Als 1880 die Stellung als Leiter des Berliner Stern’schen Gesangvereins frei wurde, überlegte sich er lange, ob er sich darum bewerben sollte; schließlich entschied er sich dagegen, wohl weil es damals in Berlin, wie Holl aufgrund eines Briefs von Hiller an Gernsheim argumentiert, kein anspruchsvolles Orchester gab. Vier Jahre später wurde die Stellung als Leiter des Kölner Konservatoriums frei, und Gernsheim hoffte sehr auf eine dauerhafte Rückkehr in die Stadt, die er so sehr geliebt hatte. Jedoch, wie Holl schreibt: «Die Frage der künstlerischen Befähigung war von einigen Leuten zu einer Frage des Glaubensbekenntnisses degradiert worden.»

Endlich hatte Gernsheim Erfolg, als 1890 die Berliner Stellung wieder frei wurde. Dank der tatkräftigen Fürsürache von Kollegen wie Brahms, Bruch, Joachim und Bülow wurde er mit großer Mehrheit für den Posten gewählt. Diesen hielt er bis 1904 inne, und er verstand es trotz anhaltender Sympathie für den Konkurrenten Julius Stockhausen den guten Willen des Chors zu gewinnen und ihn zur weiteren künstlerischen Entfaltung zu bringen. Trotz seiner konservativen Haltung entwickelte er ein väterlich-freundliches Verhältnis zu Gustav Mahler, deren Zweite Symphonie ihre Berliner Erstaufführung 1895 unter Mitwirkung von Gernsheims Chor erlebte. Seine Tätigkeit als Lehrer am Stern’schen Konservatorium legte er 1897 nieder, als er zum Senat der Königliche Akademie der Künste berufen wurde. In seinen letzten Jahren unterrichtete er nur gelegentlich, um seine schwindenden Kräfte der Komposition zu widmen; als Dirigent und Pianist trat er noch gelegentlich auf, u.a. im Winter 1907-08 als Leiter der Meininger Hofkapelle (als Gastdirigent anstelle des erkrankten Freunds Wilhelm Berger), und 1914, als die Stadt Dortmund seinen 75. Geburtstag mit einem zweitägigen Fest zu seinem Ehren veranstaltete.

«In der vierten Symphonie — B dur op. 62 — soll Gernsheim den späten Niederschlag seiner Jugenderinnerungen geformt haben. Es besteht kein Grund, daran zu zweifeln.» So schreibt Holl in seiner Arbeit über den Komponisten; da viele Einzelheiten der biografischen Schilderung Frau Gernsheim (und wohl dem Komponisten selbst) zu verdanken sind, besteht tatsächlich kein Grund, daran zu zweifeln! Es ist nicht schwer, die verschiedenen Sätze dieser Symphonie für Stimmungsbilder aus der Jugend zu halten, jedoch ist kein weiterer programmatischer Inhalt überliefert worden. Der erste Satz (Allegro, B dur) könnte auch wohl als «Erinnerungen an Brahms» bezeichnet werden, und zwar ohne abschätzend-böse Absicht. Der Zuhörer wird zwar Ähnlichkeiten in Thematik, Instrumentierung und Satztechnik entdecken; er wird jedenfalls auch bewundern, mit welch sicherer Hand Gernsheim alles in ein überzeugendes, anspruchsvolles Ganzes gestaltet. (Sein Orchestersatz übertrifft sogar den von Brahms an Durchsichtigkeit.) Das darauf folgende Andante sostenuto (Es dur), ebenfalls ein Sonatensatz, wird von Hermann Kretzschmar in seinem Führer durch den Konzertsaal besonders gepriesen «in Bezug auf Lebenswahrheit» und wegen seines «von Beethovenschem Geist getränkten» Haupt-themas. Der Scherzosatz (Vivace scherzando e con grazia, B dur) wird von Holl beschrieben als «ein bezaubernd lebendiges, zart hingestricheltes Spielstückchen . . . von Gernsheim an einem glücklichen Sonntagvormittag aufs Papier geworfen.» Das Finale (Allegro con spirito e giocoso, B dur) beginnt mit einer kräftig-feierlichen Geste in der Trugschlusstonart G-dur; sie dient als Folie zur heiteren Grundstimmung des Satzes, vertreten durch ein rüstiges Hauptthema in den Hörnern und ein schwungvolles Seitenthema in den hohen Violinen. Holl bemängelt den Satz im Vergleich zum Finale der c-moll Symphonie von Brahms, und insbesondere wegen der bescheidenen Wachstumsmöglichkeiten der Themen, aber diese Kritik ist teilweise gegenstandslos, wenn nicht abwegig: Hier wird kein schwer erkämpfter Sieg errungen und bestätigt, wie bei Brahms, und die mangelnde Dichte der Themenentwicklung passt nicht schlecht zur aufgeknöpften Stimmung des Satzes! Schliesslich muss man Gernsheims Kunstfertigkeit bewundern, Farben- und Themenspiel so abwechslungsreich zu gestalten — es zieht sich nichts in die Länge — bis zum letzten Jubelruf der atemlosen, hinreißenden Stretta.

Über die Entstehungsgeschichte der Vierten Symphonie ist in der Sekundärliteratur leider nichts überliefert worden. Gernsheim selbst dirigierte selbst die erfolgreiche Uraufführung am 22. Januar 1896 in einem Konzert des Städtischen Orchesters zu Mainz; im folgenden Jahr — so Holl — hat Arthur Nikisch das Werk in einem Konzert der Berliner Philhamoniker ebenso erfolgreich vorgestellt, und bald wurde es auch u.a. in Köln, Bonn und Frankfurt gespielt. Partitur, Simmen, und vierhändiger Klavierauszug (vom Komponisten) sind 1896 bei Simrock erschienen. Eine CD-Aufnahme aller vier Symphonien (Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz; Dirigent: Siegfried Köhler) erschien 1999 bei der Münchener Firma Arte Nova und gilt als erster Schritt in der Wiederentdeckung dieser zu Unrecht vergessenen Werke.

Stephen Luttmann, 2006

Aufführungsmaterial ist von N. Simrock, Hamburg, zu beziehen. Nachdruck eines Exemplars der Musikbibliothek des Vassar College, Poughkeepsie, New York, USA.

 

 

Friedrich Gernsheim
(b. Worms, 17 Juli 1839 — d. Berlin, 11 September 1916)

Symphonie No. 4
(B-dur) für großes Orchester, Op. 62
(1896)

I Allegro
II Andante sostenuto
III Vivace scherzando e con grazia
IV Allegro con spirito e giocoso

Preface
When one sees the name Friedrich Gernsheim — and this still happens all too rarely — then usually in connection with that of Johannes Brahms: Gernsheim belonged to the Brahms Circle; Gernsheim was influenced by Brahms. This is partly true, but overlooks a lot. Granted, Gernsheim was a conservative composer, little drawn to program music and by all accounts less drawn to opera than Brahms; he was also a friend of Brahms’s from their first encounter in 1862 until the death of the great master. But the charge that he was merely a Brahms epigone rests upon unfamiliarity with his works, and often upon latent (or not at all latent) anti-Semitism as well. When one takes a closer look at his works, one recognizes in Gernsheim a composer who in his music — whether thanks to his origins in the Rhineland, or whether because of his activity as conductor — melds together echoes of Beethoven, Mendelssohn, Spohr, Schubert and (of course) Brahms into a convincing style of his own. Above all one recognizes in Gernsheim a composer who developed an almost unflinching sense of formal perfection and who was averse to any kind of empty gesture.

Friedrich Gernsheim came from an enlightened, largely assimilated, and yet deeply religious Jewish family in Worms. Karl Holl, the author of a 1928 study that remains the standard work on the composer (Friedrich Gernsheim, Leben, Erscheinung und Werk) relates a story that is representative of the family’s spiritual-intellectual attitude: There had long been in Worms a building at one of the city gates that bore the sign «Jewish Prison»; Jews who had sought to evade the Jew tax were incarcerated there. After the French army conquered the city and introduced the legal principle of «liberty, equality, fraternity», the composer’s grandfather mounted a ladder and smashed down the sign with a club. Years later at that very location his son Abraham, the composer’s father, would erect the house in which Friedrich was born on 17 July 1839. Abraham Gernsheim was a physician by trade, and in his few spare hours an enthusiastic flute player; his wife, an uncommonly talented pianist, gave the young Fritz — the couple’s only child — his first music instruction. He quickly demonstrated extraordinary talent both as a pianist and as a composer of songs, and at the tender age of seven he began to receive instruction in piano and theory from Louis Liebe, who had once been a student of Louis Spohr’s. The two would remain lifelong friends. In 1848 the family decided that mother and son should move to Mainz, which was little touched by the revolutionary disturbances of the time. This was intended as only a temporary measure, but despite his love for his family and his home town, from then on the child would return to Worms only as a guest. He had been in Mainz hardly a year when Aloys Schmitt, a Frankfurt piano teacher, brought mother and child to Frankfurt. There he impressed his teachers so quickly and deeply that they put together a concert to showcase his talents: On 5 May 1850 he appeared on stage at the Frankfurt Stadttheater as a pianist (in the A-minor Concerto by Hummel), as a violinist (in the G-major variations by Rode), and finally as a composer (with an orchestral overture written during his years in Worms). The young Fritz was celebrated as a child prodigy, and further concerts and a concert tour up the Rhine as far as Karlsruhe soon followed.

At the age of thirteen he entered the Leipzig Conservatory, where he was taught by some of the most renowned teachers of the day: Ignaz Moscheles and Louis Plaidy (piano), Moritz Hauptmann and Ernst Friedrich Richter (counterpoint), Julius Rietz (composition), and Franz Brendel (music history). From 1855 to 1861 he lived in Paris, where he studied piano under Antoine François Marmontel and made the acquaintance of several composers: Rossini, Liszt, Rubinstein, Lalo, Heller, and Saint-Saëns. There he also cemented a lifelong friendship with the conductor Hermann Levi, whom he followed as director of the Gesang- und Instrumentalverein (Singing and Instrumental Society) of Saarbrücken in 1861. In 1865 he was appointed teacher of piano and composition at the Cologne Conservatory as well as director of the city’s Musical Society and Singing Society. Among his pupils was Engelbert Humperdinck; among his close friends and musical allies were Max Bruch and Ferdinand Hiller, at whose soirées Clara Schumann, Johannes Brahms, and Joachim Raff were frequent guests. He was happy during his years in Cologne, but his desire for greater artistic independence brought him to Rotterdam in 1874, where he was director of the Maatschappij tot bevordering van toonkunst (Society for the Promotion of Music). In this position he was practically the «general music director» of the entire city: The big series of choral and orchestral concerts belonged to him, as did the direction of a music school; on top of all that he also appeared regularly as guest conductor of the city’s German Opera. He liked Rotterdam, and his activities — as composer, conductor, and teacher — were highly appreciated, and yet he occasionally longed for Germany. When the position of director of the Stern Singing Society in Berlin came open in 1880, he debated with himself for quite some time as to whether he should apply. Eventually he decided against doing so, probably because Berlin lacked a decent orchestra at the time, as Holl argues on the basis of a letter from Hiller to Gernsheim. Four years later the directorship of the Cologne Conservatory came open, and Gernsheim hoped very much to return permanently to the city he had loved so much. However, in Holl’s words: «The question of artistic capability degraded in the minds of some people to a question of religious confession.»
In 1890 Gernsheim finally succeeded in returning to Germany. The position in Berlin became available again, and this time, enjoying the powerful support of colleagues such as Brahms, Bruch, Joachim, and Bülow, he was elected to the position by a great majority of votes. He remained in the position until 1904 and, despite persistent sympathy for Julius Stockhausen, who had also applied for the position, he was able to win for himself the good will of the Singing Society and spur it to further artistic perfection. Despite his conservative attitudes he developed a fatherly friendship with Gustav Mahler, whose Second («Resurrection») Symphony received its first Berlin performance in 1895; Gernsheim’s Singing Socity took part in the performance. His activity as teacher at the Stern Conservatory lasted only until 1897, at which time he was appointed to the Royal Academy of Arts. In his last years Gernsheim taught only intermittently, the better to devote his aging powers to composition. He continued to make appearances as conductor and pianist as well, most notably in the winter of 1907-08 (as guest conductor of the Meiningen Court Orchestra, substituting for his sick friend Wilhelm Berger), and in 1914 when the city of Dortmund celebrated his seventy-fifth birthday with a two-day festival.

«In his Fourth Symphony — B-flat major, op. 62 — Gernsheim seems to have achieved the late crystallization of his memories of youth. There is no reason to doubt this.» Thus Holl writes in his book about the composer, and because credit for many of the details in Holl’s biographical account is due to Gernsheim’s wife (and probably to him as well), there is indeed no reason to doubt this! It is not difficult to consider the various movements as depictions of mood from his youth, but none of the sources offer any further programmatic content. The first movement (Allegro, B-flat major) could also be characterized as «memories of Brahms,» and indeed with out any deprecatory intent. The listener will discover similarities in thematic content, orchestration, and technique, and yet also admire the sureness with which Gernsheim shapes everything into a convincing and highly satisfying whole. (His handling of the orchestra is even superior to that of Brahms in its clarity.) In his Führer durch den Konzertsaal, Hermann Kretzschmar praises the following Andante sostenuto (E-flat major), likewise in sonata form, «in its lifelikeness» and because of its main theme, which is «saturated with the spirit of Beethoven». Holl describes the scherzo (Vivace scherzando e con grazia, B-flat major) as «an entrancingly lively, tenderly caressed little playtoy . . . set to paper by Gernsheim on a happy Sunday morning.» The finale (Allegro con spirito e giocoso, B-flat major) begins with a powerful ceremonial gesture in the deceptive-cadence key of G major; it serves as a foil to the essentially cheerful mood of the movement, a mood represented by a hearty main theme in the horns and a sweeping second theme in the high violins. Holl finds fault with the movement, comparing it negatively to the finale of Brahms’s First Symphony, and noting especially the modest ability for development the two themes offer. But this criticism is beside the point, if not misleading: In contrast to Brahms’s work, no hard-won victory is achieved and confirmed; and if the development of themes is lacking in density, still this is not at all inappropriate in a movement of such «unbuttoned» character! And finally one has to admire Gernsheim’s skill in molding his play of colors and themes in so variegated a manner — nothing overstays its welcome — up to the final joyful shout of the breathless, thrilling stretta.

The secondary literature has, unfortunately, nothing to say about the origins and compositional history of the Fourth Symphony. Gernsheim himself conducted the successful premiere of the work on 22 January 1896 in a concert of the local orchestra in Mainz; Holl reports that Arthur Nikisch conducted an equally successful performance by the Berlin Philharmonic in the following year, and that the work was soon played in cities such as Cologne, Bonn and Frankfurt as well. Score, parts, and an arrangement for piano four-hands by the composer were all published in 1896 by Simrock. A CD recording of all four symphonies (Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, conducted by Siegfried Köhler) was released by the Munich firm Arte Nova in 1999; it represents the first step in the rediscovery of these unjustifiably forgotten works.

Stephen Luttmann, 2006

For performance material please contact the publisher N. Simrock, Hamburg. Reprint of a copy graciously provided by the Music Library of Vassar College, Poughkeepsie, New York, USA.