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Théodore Dubois -Violin Concerto in D minor

(b. Rosnay, 24 August 1837 – d. Paris, 11 June 1924)

 

Allegro. p.1
Adagio. p.47
Allegro giocoso p.60

 

Preface
The life and career of Théodore Dubois follows a path typical of nineteenth-century French musicians: its trajectory embraces composition, teaching and the organ loft. Dubois was born in the village of Rosnay and took his initial musical education from Louis Fanart, the cathedral organist in nearby Rheims. At the age of 16 he enrolled at the Paris Conservatoire; he received tuition in piano, organ, harmony, and counterpoint – this last from Ambroise Thomas. His compositions gained him several first prizes and then, with his cantata Atala, the Prix de Rome in 1861. During his sojourn at the Villa Medici he was given encouragement from Franz Liszt, but on his return to Paris he began to teach and work as an organist, first as maître de chapelle at Ste Clotilde with César Franck at the organ (1863-8) and then in the same position at the Madeleine (1869-1877) after which he replaced Saint-Saëns there as organist. He taught harmony and counterpoint at the Conservatoire from 1871, and later succeeded Thomas as director. In this post he continued his predecessor’s intransigently conservative regime. In 1902 he forbad his students from attending performances of Debussy’s groundbreaking opera Pelléas et Mélisande. He was forced to bring his planned retirement forward in 1905 after a very public scandal involving the faculty’s blatant attempt to prevent another ‘modernist’, Maurice Ravel, from winning the Prix de Rome. His directorship was taken over by Gabriel Fauré.

Dubois is chiefly known in France for his sacred music, notably the oratorio Les sept paroles de Christ (1867), and for his textbooks on harmony, counterpoint and fugue, some of which remain in use to this day. In Anglophone countries he is better known for his charming organ works, in particular the ever-fresh Toccata in G. He was an extraordinarily prolific composer who fostered a desire to conquer the operatic stage. In fact his classically disciplined outlook was much better suited to church music where he composed various masses and at least 70 mostly utilitarian motets. His name is hardly absent from any of the main instrumental genres as well, but barring the organ oeuvre, this body of work is mostly forgotten. A curious footnote to his composition list is an arrangement he made of Bach’s ‘48’ for piano duet.

The virtuosic Violin Concerto dates from 1896 and provides a meaty challenge for the soloist while eschewing any sort of formal experimentation. Classically conceived, the concerto presents idiomatic writing for the violin in music that moves freely between keys while all the time avoiding the shade of Richard Wagner. Apart from the four horns, the accompanying orchestra is the size required for some of Haydn’s ‘London’ symphonies written a century earlier. The Violin Concerto was dedicated to Henri Marteau (1874 – 1934), a French virtuoso who later in life took Swedish citizenship.

The first movement begins an orchestral tutti in which several short motifs are presented: the initial subdued march, a more impassioned theme (figure 1) and a declamatory dotted pattern (figure 3). When the soloist enters he presents new motifs more suited to his instrument, most memorable of which is the tender utterance at figure 9. The development (figure 13) mixes treatment of these motifs with rapid passagework. It is perhaps worth remarking that Dubois is quite content to temporarily diverge from a stable tonality in the course of an exposition or recapitulation while keeping the fixed points intact. Thus the recapitulation here starts in D minor with the violinist’s tender theme in D major, but in between these points there are several harmonic diversions. If the first movement overstays its welcome then the same criticism cannot be levelled against its successors. The Adagio in the subdominant key allows a stream of appealing melody to unfurl while keeping strict structural limits in place. Here is Romanticism in Classical form. The final Allegro giocoso permits the soloist to display technical brilliance and emotional lyricism determined by the characteristics of the two main themes. Again there are some surprising tonal detours, but as with the other movements the underpinning structural matrix is never in doubt. A cadenza towards the end makes discreet reference to themes from the previous movements. Although the concerto is well crafted and coherent, it perhaps lacks the melodic distinction and formal imagination necessary to carve out a permanent place for itself in the mainstream repertoire.

Alasdair Jamieson, April 2021

For performance material please contact Heugel, Paris.


 


 

Théodore Dubois - Violinkonzert in d-Moll

(geb. Rosnay, 24. August 1837 - gest. Paris, 11. Juni 1924)

 

Allegro. p.1
Adagio. p.47
Allegro giocoso p.60

Vorwort
Das Leben und die berufliche Laufbahn von Théodore Dubois folgt einem für französische Musiker des 19. Jahrhunderts charakteristischen Weg: Er führt über Komposition, Unterricht und die Orgelempore. Dubois wurde in dem Dorf Rosnay geboren und erhielt seine erste musikalische Ausbildung von Louis Fanart, dem Domorganisten im nahen Reims. Im Alter von 16 Jahren schrieb er sich am Pariser Conservatoire ein; dort erhielt er Unterricht in Klavier, Orgel, Harmonielehre und Kontrapunkt - letzteres bei Ambroise Thomas. Für seine Kompositionen erhielt er mehrere erste Preise und 1861 mit seiner Kantate Atala den Prix de Rome. Während seines Aufenthalts in der Villa Medici wurde er von Franz Liszt gefördert, aber nach seiner Rückkehr nach Paris begann er zu unterrichten und als Organist zu arbeiten, zuerst als Maître de Chapelle an St. Clotilde mit César Franck an der Orgel (1863-8) und dann in derselben Position an der Madeleine (1869-1877), nachdem er dort Saint-Saëns als Organist abgelöst hatte. Ab 1871 unterrichtete er Harmonie und Kontrapunkt am Conservatoire und wurde später Nachfolger von Thomas als Direktor. In diesem Amt setzte er das unnachgiebig konservative Regime seines Vorgängers fort. Im Jahr 1902 verbot er seinen Studenten, Aufführungen von Debussys bahnbrechender Oper Pelléas et Mélisande zu besuchen. Er war gezwungen, seinen geplanten Ruhestand 1905 vorzuziehen, nachdem es zu einem öffentlichen Skandal gekommen war, bei dem es um den unverhohlenen Versuch der Fakultät ging, einen anderen „Modernisten“, Maurice Ravel, am Gewinn des Prix de Rome zu hindern. Sein Direktorat wurde von Gabriel Fauré übernommen.

Dubois ist in Frankreich vor allem für seine geistliche Musik bekannt, insbesondere seine Lehrbücher über Harmonie, Kontrapunkt und Fuge, von denen einige bis heute in Gebrauch sind. In angelsächsischen Ländern hält man ihn eher mit seinen charmanten Orgelwerken in Erinnerung, insbesondere die immer frische Toccata in G. Er war ein außerordentlich produktiver Komponist, der den Wunsch hegte, die Opernbühne zu erobern. Tatsächlich aber war seine klassisch disziplinierte Herangehensweise viel besser für die Kirchenmusik geeignet. Hier schuf er verschiedene Messen und mindestens 70 Motetten, zumeist geschrieben für den praktischen Gebrauch in den Gottesdiensten. Auch in den wichtigsten Instrumentalgattungen fehlt sein Name kaum, aber mit Ausnahme des Orgelwerks ist sein Oeuvre weitgehend vergessen. Eine kuriose Fußnote in seiner Kompositionsliste ist eine Bearbeitung von Bachs „48“ für Klavierduett.

Das virtuose Violinkonzert stammt aus dem Jahr 1896 und stellt eine große Herausforderung für den Solisten dar, während es auf jede Art von formalen Experimenten verzichtet. Klassisch konzipiert, präsentiert das Konzert idiomatisches Schreiben für die Violine in einer Musik, die sich frei zwischen den Tonarten bewegt und dabei stets den Schatten von Richard Wagner meidet. Abgesehen von den vier Hörnern hat das begleitende Orchester die Größe, die für einige von Haydns „Londoner“ Sinfonien typisch ist, die ein Jahrhundert zuvor geschrieben wurden. Das Violinkonzert wurde Henri Marteau (1874 - 1934) gewidmet, einem französischen Virtuosen, der in seinem späteren Leben die schwedische Staatsbürgerschaft annahm.

Der erste Satz beginnt mit einem Orchestertutti, in dem mehrere kurze Motive vorgestellt werden: der anfangs gedämpfte Marsch, ein leidenschaftlicheres Thema (Ziffer 1) und ein deklamatorisches punktiertes Pattern (Ziffer 3). Der Solist setzt ein und präsentiert nun neue Motive, die besser zu seinem Instrument passen; am einprägsamsten die zarten Äußerungen bei Ziffer 9. Die Durchführung (Ziffer 13) mischt die Verarbeitung dieser Motive mit schnellen Passagen. Es ist vielleicht erwähnenswert, dass Dubois sich damit zufrieden gibt, während der Exposition oder Reprise vorübergehend von einer stabilen Tonalität abzuweichen, während er die harmonischen Fixpunkte intakt lässt. So beginnt die Reprise in d-Moll mit dem zarten Thema der Geige in D-Dur, dazwischen jedoch gibt es zahlreiche harmonische Umleitungen. Während der erste Satz etwas überlang ist, kann die gleiche Kritik nicht für seinen Nachfolger gelten. Das Adagio in der Subdominante erlaubt es einem Strom ansprechender Melodie, sich zu entfalten, während die strenge strukturelle Linie bleibt. Das ist Romantik in klassischer Form. Das abschließende Allegro giocoso erlaubt es dem Solisten, technische Brillanz, Emotion und Lyrizismus zu entfalten, gemäß des Charakters der beiden Hauptthemen. Wieder gibt es einige überraschende tonale Umwege, aber wie bei den anderen Sätzen wird die zugrunde liegende strukturelle Matrix nie angezweifelt. Eine Kadenz gegen Ende nimmt dezent Bezug auf Themen aus den vorangegangenen Sätzen. Obwohl das Konzert gut gearbeitet und kohärent ist, fehlt ihm vielleicht die melodische Differenzierung und die formale Phantasie, die notwendig sind, um sich einen festen Platz im Mainstream-Repertoire für die Geige zu sichern.

Alasdair Jamieson, April 2021

Aufführungsmaterial ist von Heugel, Paris, zu beziehen.

 

 

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