Emil Nikolaus von Rezniçek
- Violin Concerto (1918)
(b. Vienna, 4 May 1860 - d. Berlin, 2 August 1945)
Preface
Emil Reznicek was born in Vienna on May 4, 1860, and grew up in a household without financial worries, but his memories of childhood were not particularly happy ones. He was encouraged to study law. On the side he took composition and piano lessons with Wilhelm Mayer (also known as W.A. Remy) in Graz who had also studied law before choosing music as a profession. After a few years of studying law Reznicek also took the same path, turning to the Leipzig conservatory where he studied primarily with Carl Reineke and Salomon Jadasssohn. In 1894 his Donna Diana opera was first performed and solidified his success as a composer, and indeed, the overture to this opera remains a popular orchestral piece in its own right. He remained active as a composer until around 1933 and the beginning of the Second World War. During the early war years, he worked closely with Richard Strauss to champion non-dodecaphonic composers in Germany and the rest of Europe. He was politically cool in a volatile political climate, and his family was much divided on the subject of fascism. His health was also very bad: he suffered deeply from depression, had a stroke, and became increasingly senile. On August 2, 1945 he succumbed to typhoid during a breakout of dysentery in Berlin.
He wrote 3 pieces for violin and orchestra in the first 20 years of the 20th century. The first was the Nachtstueck of 1905, followed by two concertos in 1918: the Concert Piece (in E-major), and the Violin Concerto (first movement in E-minor). These two pieces are often incorrectly conflated into one. In fact, the Violin Concerto was born from the Concert Piece, but other than about two minutes of music from the second movement, they are completely different and separate compositions. Carl Flesch declined to premiere the Concerto, finding it derivative and reminiscent of de Berio. The first performance was in 1924 by Wladyslaw Waghalter at the Berlin College of the Arts. Reznicek however considered the official premiere to be in 1940 with violinist Alice Schoenfeld, whose interpretation Reznicek considered more true.
The influence of Mendelssohn and Leipzig in the first movement is apparent in multiple ways, in the form and in the technique of floating the violin melody over the orchestra and of course in the opening few measures which seem a direct homage to Mendelssohn’s violin concerto (here the theme is borrowed from Cherubini). The comparison breaks down then, with forays into a deeply modern chromaticism before returning to the first theme. The second theme is a march in B-major which evolves into a brisk virtuosic gigue before recapitulating. The second theme returns again, this time in minor. After a brief cadenza there is a surprising orchestral section marked “Poco meno allegro, pesante” which, after some woodwind solos, is taken over by the violin and led attacca into the second movement, “Andante Espressivo.” The B-major nocturne is marked by contrasting slow melodic lines and ethereal cadences with fast arpeggios and trills. The form of the last movement, Allegretto con comodo, cappricioso, seems itself capricious. The light and fast dance-like (3/8) character of the main theme in E-major is abruptly interrupted by a pesante section in G-minor in a heavy three, with the violin playing a czardas-like melody interspersed with dotted-rhythm bird calls before returning to a fast three in E-major but with an entirely new theme. This theme is again interrupted by the slow pesante theme: this time in A-minor which accelerates into yet another brand new E-major scherzando. Exactly when final cadence seems inevitable there is a last, brief struggle with pesante A-minor before ending triumphantly at the top of E-major. It is in this last movement that Reznicek’s deep individualism shines through the most.
His daughter Felicitas’ biography of her Father, “Gegen den Strom,” was written in part from her memories of repeated stories, several from long before she was born, and is extraordinarily inaccurate on many details of his life. These inaccuracies are perennially repeated and often reprinted despite the availability of correct information, but a transcription of Reznicek’s personal memoirs will be published shortly by Michael Whittmann.
Irma Servatius, 2020
For performance material please contact the publisher Richard Birnbach Musikverlage, Berlin.
Emil Nikolaus von Rezniçek - Violinkonzert (1918)
(geb. Wien, 4. Mai 1860 - gest. Berlin, 2. August 1945)
Vorwort
Emil Reznicek wurde am 4. Mai 1860 in Wien geboren und wuchs in einem Haushalt ohne finanzielle Sorgen auf. Seine Erinnerungen an die Kindheit jedoch waren nicht besonders glücklich. Man ermutigte ihn, Jura zu studieren. Nebenbei nahm er Kompositions- und Klavierunterricht bei Wilhelm Mayer (auch bekannt als W.A. Remy) in Graz, der vor seiner musikalischen Laufbahn auch Jura studiert hatte. Nach einigen Jahren des Jurastudiums entschied sich Reznicek ebenso und schrieb sich am Leipziger Konservatorium ein, wo er vor allem bei Carl Reineke und Salomon Jadasssohn studierte. 1894 wurde seine Oper Donna Diana uraufgeführt und festigte seinen Erfolg als Komponist. Tatsächlich ist die Ouvertüre zu dieser Oper noch heute ein beliebtes Orchesterstück. Reznicek blieb als Komponist bis etwa zum Beginn des Zweiten Weltkriegs aktiv. Während der ersten Kriegsjahre arbeitete er eng mit Richard Strauss zusammen, um sich für Komponisten, die nicht zwölftönig komponierten, in Deutschland und im übrigen Europa einzusetzen. Reznicek war politisch neutral in einem unbeständigen gesellschaftlichen Klima, und seine Familie war beim Thema Faschismus sehr gespalten. Auch sein Gesundheitszustand war sehr schlecht: Er litt unter schweren Depressionen, hatte einen Schlaganfall und wurde zunehmend senil. Am 2. August 1945 erlag er in Berlin dem Typhus beim Ausbruch der Ruhr .
In den ersten 20 Jahren des 20. Jahrhunderts schrieb er drei Stücke für Violine und Orchester Das erste war das Nachtstück von 1905, gefolgt von zwei Konzerten im Jahr 1918: das Konzertstück (in E-Dur) und das Violinkonzert (erster Satz in e-moll). Diese Stücke werden oft fälschlicherweise zu einem einzigen zusammengefasst. Tatsächlich entstand das Violinkonzert aus dem Konzertstück, aber abgesehen von etwa zwei Minuten Musik aus dem zweiten Satz sind sie völlig verschiedene und für sich selbst stehende Kompositionen. Carl Flesch lehnte die Uraufführung des Konzerts ab, da er es als abgeleitet und an de Beriot erinnernd empfand. Die Uraufführung an der Berliner Hochschule der Künste leitete Wladyslaw im Jahre 1924. Als offizielle Uraufführung betrachtete Reznicek jedoch die Uraufführung 1940 mit der Geigerin Alice Schoenfeld, deren Interpretation der Komponist als wahrhaftiger empfand.
Der Einfluss von Mendelssohn und Leipzig im ersten Satz zeigt sich in vielfältiger Weise, in der Form wie auch in der Technik, die Geigenmelodie über das Orchester schweben zu lassen, und natürlich in den wenigen Takten der Eröffnung, die eine direkte Hommage an Mendelssohns Violinkonzert zu sein scheinen (dort ist das Thema von Cherubini entlehnt). Der Vergleich endet jedoch hier, mit Vorstößen in eine zutiefst moderne Chromatik, bevor die Musik zum ersten Thema zurückkehrt. Das zweite Thema ist ein Marsch in H-Dur, der sich zu einer lebhaften, virtuosen Gigue entwickelt, bevor er rekapituliert wird. Das zweite Thema kehrt wieder zurück, diesmal in Moll. Nach einer kurzen Kadenz gibt es einen überraschenden Orchesterteil mit der Bezeichnung „Poco meno allegro, pesante“, der nach einigen Holzbläser-Soli von der Violine übernommen und attacca in den zweiten Satz „Andante Espressivo“ geführt wird. Das H-Dur-Nocturne ist durch den Kontrast von langsamen melodischen Linien und ätherischen Kadenzen mit schnellen Arpeggien und Trillern gekennzeichnet. Die Form des letzten Satzes, Allegretto con comodo, cappricioso, scheint selbst kapriziös zu sein. Der leichte und schnelle (3/8) Tanzcharakter des Hauptthemas in E-Dur wird abrupt durch einen Pesante-Abschnitt in g-Moll in einem schweren Dreiertakt unterbrochen, wobei die Violine eine csardas-ähnliche Melodie spielt, die von punktierten rhythmischen Vogelstimmen durchsetzt ist, bevor sie zu einem schnellen Dreier in E-Dur zurückkehrt, jedoch mit einem völlig neuen Thema. Dieses Thema wird erneut durch das langsame Pesante-Thema unterbrochen: diesmal in a-Moll, das sich zu einem weiteren, völlig neuen Scherzando in E-Dur beschleunigt. Genau in dem Moment, als die Schlusskadenz unvermeidlich scheint, gibt es einen letzten, kurzen Kampf mit dem Pesante a-Moll, bevor es triumphal am Höhepunkt von E-Dur endet. In diesem letzten Satz kommt Rezniceks tiefsitzender Individualismus am deutlichsten zum Vorschein.
Die Biographie seiner Tochter Felicitas über ihren Vater, „Gegen den Strom“, wurde zum Teil aus ihren Erinnerungen an überlieferte Geschichten geschrieben, die sich oft vor ihrer Geburt ereigneten, und ist in vielen Details seines Lebens außerordentlich ungenau. Diese Ungenauigkeiten wurden ständig wiederholt und werden trotz der Verfügbarkeit korrekter Informationen oft nachgedruckt, aber eine Transkription von Rezniceks persönlichen Erinnerungen wird in Kürze von Michael Whittmann veröffentlicht.
Irma Servatius, 2020
Für Aufführungsmaterial wenden Sie sich bitte an den Verlag Richard Birnbach Musikverlage, Berlin.