Joachim Raff - Concert Overture in F, Op.123
(b. Lachen near Zürich, 27. May 1822 — d. Frankfurt, 24. Junie1882)
Preface
Born in Lachen, Switzerland, Joachim Raff was the son of a teacher and an organist who had fled from Württemburg in the face of French conscription. Raff was a child prodigy who played violin, piano and organ, and was also hugely gifted in linguistic studies; much of his musical accomplishment was achieved without any formal instruction, and as for composition, he was entirely self-taught. He initially followed his parents’ wishes for him to become a teacher, but then branched out into writing musical criticism and pursuing his true calling as a composer. He received encouragement from Mendelssohn who arranged for some of his early piano pieces to be published by Breitkopf and Härtel. Mendelssohn invited the young man to come and study with him in Leipzig, a project that was thwarted by the great composer’s premature death in 1847. Liszt had befriended Raff as early as 1845; the story of their first meeting involved Raff walking from Zurich to Basle on a pilgrimage to hear the virtuoso give a recital. The magnanimous Liszt created many important connections to boost Raff’s struggling musical career; he got him positions in a piano warehouse in Cologne, and with the publisher Schuberth in Hamburg. Eventually Raff arrived at Liszt’s musical court in Weimar in January 1850. He became one of the staunchest supporters of the Weimar School, absorbing Liszt’s thoughts about programme music and becoming an advocate of Wagner. In his turn Liszt was keen to learn from Raff about the art of instrumentation, a field in which he readily acknowledged the younger man’s greater experience; Raff would exaggerate the importance of his work for the older man, but certainly in the early stages of the Weimar phase he was a significant guide orchestrator, and musical assistant. In 1856 Raff’s association with Liszt ended. He married Doris Genast in 1859, and for some years enjoyed a successful career as a piano teacher in Wiesbaden. He became director of the Frankfurt Conservatory in 1877, where his pupils included Alexander Ritter and Edward MacDowell. Here he excelled as both teacher and administrator until his death 1882. As a composer, Raff came under the influence of Mendelssohn – as did so many mid-nineteenth-century composers – and like Schumann, his early works were all for piano (Opp. 1-46). His association with the forward-looking Weimar School led to a surge in his creativity, but while his works show sympathy with programmatic tendencies he was also keen to emphasize the preeminence of sonata form as well as incorporating a contrapuntal strand into his outpourings. His eleven programmatic symphonies on pastoral themes may have had an influence on the young Richard Strauss even if he seldom used an orchestra bigger than that of Beethoven. At his death the number of his works with opus numbers exceeded 200, and in addition, he made many arrangements both of his own and other people’s music. During his lifetime he was considered one of the leading lights of German music, placed on the same level as the more durable giants, Wagner and Brahms. Although much of his output shows a high level of craftsmanship, the perils of his productivity are not always avoided when it comes to actual inspiration. Nevertheless, his daughter, Helene, in her biography of her father maintained that Raff was so confident of his ultimate artistic destiny and his assured place in the German Pantheon of great men, that he failed to make any provision for his family in his will, convinced that they could comfortably live off his royalties!
The Konzert-Overtüre was written in 1862 and was published four years later by Siegel; it demonstrates rather neatly the various sides to Raff’s musical character. The sonata form overture starts by stating the two themes, A and B, which will hold the composition together and also that will undergo mild Lisztian transformation. A appears at the outset (page 1) and B at the poco meno mosso on page 2; this latter theme assumes the function of a ‘motto’ and as such is developed over the next 12 pages in almost sacred antiphony. The main portion of the overture starts at figure C (page 14) with a busy texture emerging out of theme A. The second group starts at figure F with a minor-tinged motif building up to a climax and then subsiding to herald a development section (figure H, page 41). A fugato on theme B forms the centrepiece of this process before the recapitulation begins at figure I (page 52). The outlines of the original exposition are clearly discernable before the music segues into an extensive coda (letter N, page 71); here theme B is declaimed heroically by the brass before theme A generates a bustling rush to the final double bar.
Alasdair Jamieson, 2019
For performance material please contact Kistner & Sigel, Brühl.
Joachim Raff - Konzert-Overtüre in F, Op.123
(geb. Lachen bei Zürich, 27. Mai 1822 — gest. Frankfurt am Main, 24. Juni 1882)
Vorwort
Geboren im Schweizer Städtchen Lachen war Joachim Raff der Sohn eines Lehrers und Organisten, der vor der Zwangsrekrutierung durch die Franzosen aus Württemberg geflohen war. Als musikalisches Wunderkind spielte Raff Geige, Klavier und Orgel, war aber auch in Sprachen ausserordentlich begabt. Viel von seinen musikalischen Fähigkeiten hatte er sich ohne eine formale Ausbildung angeeignet, und seine Kompositionen schuf er als völliger Autodidakt. Nachdem Raff sich zuerst - dem Wunsch der Eltern folgend - auf eine Lehrerlaufbahn vorbereitete, entschied er sich schliesslich anders, schrieb Musikkritiken und verfolgte seine wahre Berufung als Komponist. Mendelssohn ermutigte ihn, indem er dafür sorgte, dass einige seiner frühen Klavierstücke bei Breitkopf und Härtel veröffentlicht wurden. Er lud ihn ein, bei ihm in Leipzig zu studieren, was aber durch den frühzeitigen Tod des grossen Komponisten im Jahre 1847 nicht zustande kam. Liszt war bereits seit 1845 mit Raff befreundet, und in der Geschichte ihrer ersten Begegnung hören wir auch von einem Fußmarsch Raffs von Zürich nach Basel, den der junge Mann unternahm, um ein Konzert des Virtuosen zu erleben. Der grosszügige Liszt arrangierte viele wichtige Verbindungen, um Raffs mühsamen Karriereweg zu stärken. Er verschaffte ihm eine Anstellung in einem Klavierhaus in Köln und brachte ihn mit dem Verleger Schuberth in Hamburg in Kontakt. Schliesslich kam Raff im Januar 1850 an Liszts musikalischem Hof in Weimar an. Er wurde einer der überzeugtesten Verfechter der Weimarer Schule, ging vollständig auf in Liszts Gedanken zur Programmmusik und wurde ein Verfechter Wagners. Liszt seinerseits war begierig, von Raff über die Kunst der Instrumentation zu lernen, ein Gebiet, auf dem er neidlos die überlegenden Erfahrungen des jüngeren Mannes anerkannte. Raff sollte später seine Bedeutung für das Werk des alten Mannes überbewerten, aber tatsächlich war er für Liszt in der frühen Weimarer Zeit eine wichtige Stütze, sein Orchestrator und musikalischer Assistent. Raffs Verbindung zu Liszt endete im Jahre 1856. 1859 heiratete er Doris Genast, und für einige Jahre erfreute er sich einer erfolgreichen Karriere als Musiklehrer in Wiesbaden. 1877 ernannte man ihn zum Direktor des Frankfurter Konservatoriums, wo unter anderem Alexander Ritter und Edward MacDowell seine Schüler waren. Hier tat er sich bis zu seinem Tod im Jahre 1882 als Lehrer wie auch als Komponist hervor. Als Komponist geriet Raff unter den Einfluss von Mendelssohn - wie so viele Komponisten aus der Mitte des 19. Jahrhunderts - und wie Schumann schuf er seine frühen Werke für Klavier (Opp. 1-46). Seine Verbindung mit der fortschrittlichen Weimarer Schule führten zu einer Woge an Kreativität, aber während seine Werke mit programmatischen Tendenzen sympathisierten, achtete er immer darauf, die Überlegenheit der Sonatenform zu betonen und das kontrapunktische Element in seinem Schaffen nicht zu vernachlässigen. Seine elf Programm-Symphonien haben wahrscheinlich einen Einfluss auf den jungen Richard Strauss gehabt, obwohl sie selten auf ein Orchester grösser als das von Beethoven zurückgriffen. Bei seinem Tod lagen mehr als 200 Opusnummern vor, zusätzlich hatte er zahlreiche Arrangements von eigener und fremder Musik geschaffen. Zu Lebzeiten hielt man ihn für eine der grossen Gestalten der deutschen Musik, gleichrangig mit den bewährten Giganten Wagner und Brahms. Obwohl ein grosser Teil seines Schaffens von ausserordentlichem handwerklichen Können geprägt war, konnte er - was tatsächliche Inspiration betraf - produktive Niederungen nicht immer vermeiden. Nichtsdestotrotz berichtet seine Tochter Helene in der Biographie ihres Vaters, dass dieser so überzeugt von seinem letztendlichen Schicksal und einem sicheren Platz im Pantheon der grossen Deutschen war, dass er in seinem Testament keine Vorsorge für seine Familie traf. Er war von überzeugt, dass sie sorglos von seinen Tantiemen leben könnten!
Die Konzert-Overtüre entstand 1862 und erschien vier Jahre später bei Sigel. In ihr präsentieren sich fein säuberlich die unterschiedlichen Seiten von Raffs musikalischem Charakter. Die Ouvertüre in der Sonatenform beginnt mit der Vorstellung der beiden Themen A und B, die das Werk zusammenhalten und milde Liszt’sche Transformationen durchlaufen. Thema A erklingt gleich zu Beginn (Seite 1), und B bei poco meno mosso auf Seite 2; dieses Thema übernimmt die Funktion eines „ Mottos“ und wird als solches auf den nächsten zwölf Seiten in fast sakraler Antiphonie durchgeführt. Der Hauptteil der Ouvertüre beginnt bei Ziffer C (S. 14) mit einer geschäftigen Textur, die sich aus Thema A erhebt. Die zweite Gruppe hebt bei Ziffer F an mit einem in Moll gefärbten Motiv, das sich zu einer Steigerung aufbaut, dann wieder vergeht, um die Durchführung anzukündigen (Ziffer H, S.41). Ein Fugato auf Thema B ist das Herzstück dieses Prozesses, bevor bei Ziffer I (S.52) die Reprise beginnt. Die Umrisse der ursprünglichen Exposition sind deutlich erkennbar, bevor die Musik in eine ausführliche Koda übergeht (Ziffer N, S.71). Hier deklamieren die Blechbläser heroisch das Thema B, bevor Thema A eilig in den letzten Doppeltakt fällt.
Übersetzung: Peter Dietz
Aufführungsmaterial ist von Kistner & Sigel, Brühl, zu beziehen.