Alexander Konstantinovich Glazunov - The Forest , op. 19
(b. 10 August [o.s. 29 July] 1865, St. Petersburg; d. 21 March 1936, Neuilly-sur-Seine).
Symphonic fantasy
Vorwort
Alexander Glazunov is well represented in our catalogue. And rightly so, he is a prominent composer and his works are still regularly performed. Unfortunately, being born in 1865, he did not belong to the previous generation of The Mighty Five and he was born just too early to be mentioned in one breath with Scriabin (born 1872) and Rakhmaninov (born 1873).
Alexander Glazunov was a precocious child. According to a well-known story, after the first performance of his first symphony (conducted by Mili Balakirev) a sixteen-year-old boy stepped forward to meet with the stormy approval of the amazed audience. Newspapers carried pictures of the composer in nappies. He was a pupil of Balakirev, whom Glazunov’s parents had chosen for their obviously very talented child.
Most of his musical confrères were very impressed by this achievement. The critic Vladimir Stasov nicknamed him Samson. Alexander Borodin spoke of a Wunderkind (prodigy); Borodin’s wife even placed Glazunov above Beethoven! Unsurprisingly, his next compositions were judged as rather disappointing, but Balakirev kept faith in his pupil. Even Tchaikovsky, who despised minor composers like Cesar Cui, stated in a letter to his brother Modeste that obviously the boy was very talented. Glazunov dedicated his “First Overture on Greek Themes” to Tchaikovsky (the dedication copy is still extant). Taneyev, however, found Glazunov’s symphony an outstanding achievement from a sixteen-year old gymnasium pupil, but in itself not good.
Rimsky-Korsakov took the promising lad under his wings. As Glazunov was already knowledgeable in harmony and counterpoint, his lessons concentrated on instrumentation. Small wonder his pupil poured out one orchestral piece after another, including another symphony.
Already in 1884 Tchaikovsky strongly recommended the publisher Yurgenson to publish Glazunov’s Poème Lyrique in D-flat major for orchestra, op. 12. Balakirev had been pestering Yurgenson to publish the works of the young composer, but to no avail. Yurgenson declined, but a few years later the Maecenas Mitrofan Belyayev founded a publishing house that would print virtually all Glazunov’s compositions.
The present work, The Forest, was already opus 19! At its first performance (5 December 1887) it was not so well received as most of his previous work. In particular, this piece prompted Cesar Cui to publish his notorious article “Fathers and Sons” (1888).
The subject of this symphonic fantasy could hardly be called original, neither was the depiction of a thunderstorm followed by birdsong. Glazunov was evidently intent on showing of his skill as an orchestrator. He was less successful in finding an appropriate form for his musical ideas.
The characters of this long-winded pantheistic tone-poem. come from the realm of fairy-tales and are obviously inspired by Rimsky-Korsakov’s opera The Snow Maiden (1882), based on the spiritual world painted by the playwright Alexander Ostrovsky. Balakirev urged Glazunov to include a proper hunting scene, but the composer declined. His score depicts a night in a wilderness, beginning with an adagio. The opening theme sounds like diluted Borodin. It is presented in various guises in the lower strings and wind instruments, at first against a background of string tremolos and harp. In the course of the piece it regularly appears, alternating with a lyrical melody. Soon the pace quickens; accompaniment to the brass and strings is provided by the woodwind playing scales, arabesques and fast staccato notes. The slender substance of the music material is at times drowned in the sumptuous sound.
The program of The Forest (as printed in the first edition of the score) is not followed in detail. Rather some elements are used as guide: a spine-chilling giant, “crushing everything in his way”, a wood-goblin growing out of the ground and another evil wood-spirit, assembling for a nocturnal feast including boisterous dancing. The party is disturbed by thunder and lightning. When the weather has calmed down the music comes serenely to its end.
The composition of The Forest took the young composer several years, besides other jobs, and proved a vital link in Alexander Glazunov’s development. In 1896, on the occasion of the first performance of his sixth symphony, Rimsky-Korsakov stated that Glazunov had left the debris of The Forest behind him and now showed a splendid development of his enormous talent.
Willem Vijvers 2019
For performance material please contact Belaieff / Schott, Mainz.
Alexander Konstantinowich Glazunow - La Forêt, op. 19
(geb. St. Petersburg, 10 August [29. Juli] 1865 - gest. Neuilly-sur-Seine, 21. März 1936)
(Les in russisch)
Symphonisc Fantasie
Vorwort
In unserem Katalog ist Alexander Glazunow gut vertreten. Zu Recht, er ist ein anerkannter Komponist, und seine Werke werden immer noch regelmässig aufgeführt. Unglücklicherweise geboren im Jahre 1865, gehörte er weder zur vorangegangenen Generation des „Mächtigen Häufleins“ noch nennt man ihn in einem Atemzug mit Skriabin (geboren 1872) und Rachmaninow (geboren 1873), die zur nachfolgenden Generation gehören.
Alexander Glazunow war ein frühreifes Kind, ein Schüler von Balakirew, den seine Eltern für ihr unüberhörbar talentiertes Kind ausgesucht hatten. Es ist überliefert, wie nach der Premiere seiner ersten Symphonie (dirigiert von Balakirew) ein sechzehn Jahre alter Junge auf die Bühne trat, um den stürmischen Beifall des Publikums entgegenzunehmen. Die Zeitungen veröffentlichten Bilder des Komponisten in Windeln.
Die meisten der musikalischen Zeitgenossen waren von seiner Leistung ausserordentlich beeindruckt. Alexander Borodin sprach von einem „Wunderkind“, während seine Ehefrau ihn gar über Beethoven setzte. Angesichts dieses Rummels überraschte es nicht, dass seine nächsten Werke als ziemlich enttäuschend empfunden wurden, aber Balakirew glaubte an seinen Schüler. Sogar Tschaikowsky, der Komponisten wie etwa Cesar Cui verachtete, die als weniger talentiert angesehen wurden, bestätigte in einem Brief an seinen Bruder Modeste, dass der Junge ohne Zweifel sehr begabt sei. So war Glasunows Erste Ouvertüre auf griechische Themen Tschaikowsky gewidmet (eine Widmungskopie ist noch erhalten). Für einen sechzehnjährigen Gymnasiasten, so urteilte Tanejew, sei Glasunows Symphonie eine herausragende Leistung, in musikalischer Hinsicht aber fand er sie nicht gelungen.
Rimsky-Korsakow nahm den vielsprechenden Knaben unter seine Fittiche. Da Glasunow schon mit Harmonielehre und Kontrapunkt vertraut war, konzentrierte sich der Unterricht auf Instrumentation. So verwunderte es nicht, dass sein Schüler nunmehr ein Orchesterstück nach dem anderen produzierte, darunter eine weitere Symphonie.
Bereits im Jahre 1884 empfahl Tschaikowsky seinem Verleger Jürgenson eindringlich, Glasunows Poème Lyrique in Des-Dur für Orchester, op. 12 zu veröffentlichen. Auch Balakirew hatte den Verleger gedrängt, sich der Werke des jungen Komponisten anzunehmen, aber vergeblich. Jürgenson unternahm nichts, aber ein paar Jahre später gründete der Mäzen Mitrofan Belajeff einen Musikverlag, der nahezu alle Werke des Musikers verlegen sollte.
La Forêt war bereits Glasunows Opus 19! Bei der Premiere des Werks am 5. Dezember 1887 wurde es weniger gut aufgenommen als die meisten seiner vorhergehenden Kompositionen. Insbesondere veranlasste dieses Stück Cesar Cui, seinen berüchtigten Artikeln „Väter und Söhne“ (1888) zu verfassen.
Den Inhalt dieser symphonischen Fantasie kann man schwerlich als originell bezeichnen; gleiches gilt auch für ihre musikalische Bebilderung einer Gewitters, gefolgt vom Gesang eines Vogels. Glasunow war fest entschlossen, sein Geschick als Orchestrator unter Beweis zu stellen, weniger erfolgreich war er jedoch darin, eine passende Form für seine musikalischen Ideen zu finden.
Die Charaktere dieses weit ausholenden, pantheistischen Tongedichts stammen aus dem Reich der Märchen und zehren offenbar von Rimsky-Korsakows Oper Schneeflöckchen (1882), die in einer übernatürlichen Welt angesiedelt ist, die der Autor Alexander Ostrowsky zauberte. Balakirew mahnte den Komponisten, eine zünftige Jagdszene nicht zu vergessen, aber Glasunow weigerte sich. Seine Partitur beschreibt eine Nacht in der Wildnis und beginnt mit einem Adagio - das Eröffnungsthema klingt wie ein zweiter Aufguss von Borodin. In verschiedenen musikalischen Gewändern wird es in den tiefen Streichern und Blasinstrumenten vorgetragen, zuerst vor einem Hintergrund aus Streichertremoli und Harfe. Im Verlauf des Stückes taucht es regelmässig auf, abwechselnd mit einer lyrischen Melodie. Bald zieht das Tempo an, und die Holzbläser stellen eine Begleitung zu Blechgebläse und Streicher, sie intonieren Skalen, Arabesken und schnelles Stakkato. Der dünne Substanz des Materials ertrinkt gelegentlich in schwelgerischen Klängen.
Dem Programm des Werks (wie es in der Erstausgabe des Werks abgedruckt ist) wird nicht sklavisch gefolgt. Nur wenige Elemente sind als Wegweiser erkennbar: ein grausiger Riese, der „alles zerquetscht, was ihm in den Weg gerät“, ein Waldkobold, der aus dem Boden wächst, und ein weiterer, böser Waldgeist, die sich zu einem nächtlichen Fest inklusive ausschweifendem Tanz versammeln. Das Fest wird gestört durch Blitz und Donner. Als das Wetter sich beruhigt hat, endet die Musik heiter.
Die Arbeiten an La Forêt kosteten den jungen Komponisten neben anderen beruflichen Herausforderungen viele Jahre und sollten sich als wichtiges Bindeglied in Glasunows Entwicklungen erweisen. Im Jahre 1896, aus Anlass der Premiere seiner sechsten Symphonie, vermerkte Rimsky-Korsakow, dass Glasunow nunmehr der Asche von La Forêt entstiegen sei und eine erstaunliche Entwicklung seines grossen Talents an den Tag lege.
Übersetzung: Peter Dietz
Aufführungsmaterial ist von Belaieff / Schott, Mainz, zu beziehen.