Felix Draeseke
(geb. Coburg, 7. Oktober 1835 – gest. Dresden, 26. Februar 1913)

Drittes Oratorium: Tod und Sieg des Herrn

aus dem Mysterium in einem Vorspiele und drei Oratorien

CHRISTUS          

Erste Abtheilung
I Bereitung des Osterlammes und Fußwaschung p. 3
II Das Abendmahl p. 19
III Jesu Seelenkampf p. 51
IV Der Verrath p. 67

Zweite Abtheilung
I Jesus vor Kaiphas p. 82
II Jesus vor Pilatus p. 88
III Der Gang zum Kreuz p. 135

Dritte Abtheilung
I Die Auferstehung p. 180
II Weitere Bezeugungen der Auferstehung p. 197
III Jesus erscheint den Jüngern p. 213
IV Himmelfahrt und Schlusschor p. 240

Vorwort
Eine Überraschung erwartet einen, wenn man in einem Musiklexikon nach der Definition eines Mysteriums sucht, weil man dort Hinweise auf eine bis in die griechische Antike zurück-
reichende Musikpraxis findet, die unter dem in der Mehrzahl angeführten Ausdruck Mysterien, (zumindest bei Hugo Riemann), nachzulesen ist. Unter Mysterien verstanden die Griechen eine Art dramatischer Veranstaltungen mit Musik in ihrem Götterkult, welche vermutlich von den Ägyptern übernommen worden war. Diese griechischen Mysterien waren Vorbilder für die im christlichen Mittelater entwickelten Passionsspiele und Marienschauspiele, die wir heute als musikalische Vorgänger von Kantate und Oratorium anerkennen. Der Komponist Felix Draeseke (1835-1913) war sich dieser geschichtlichen Herkunft gewiss bewußt, als er den Ausdruck Mysterium als allgemeine Bezeichnung seines in einem Vorspiel und drei Oratorien betitelten Lebenshauptwerks Christus wählte.
Obwohl Felix Draeseke selbst aus einer Theologenfamilie stammte und offiziell dem lutherischen Glaubensbekenntnis angehörte, war er doch recht liberal in der Wahl von kirchlichen Texten für seine Vokalwerke, und gebrauchte das katholische Latein (zwei Messen, beide Requien) ohne Zögern, ebenso wie Lutherbiblische deutsche Worte (kleinere geistliche Werke, Christus, usw.). Wie tief seine Religiösität, oder wie streng sein evangelischer Glaube wirklich war, spielt heute keine wesentliche Rolle in der Beurteilung seines Christus als einem der bedeutendsten Chor- und Orchesterwerke überhaupt, in mancher Hinsicht sicher eine Krönung der Gattung Oratorium.
Draeseke begann sehr früh in seiner Komponistenlaufbahn mit den Plänen für dieses Monumentalwerk. In einem Brief vom 2. Februar 1903 an einen Kritiker in Leipzig schreibt er: “Die Idee [zu Christus] fasste ich sicher Anfang der 60er Jahre, zu welcher Zeit ich mit meinem Schwager Schollmeyer zusammen das Textbuch fertigstellte. Aus dieser Zeit stammen auch einige große Themen, die ich nie aufgeschrieben, aber auch nie vergessen habe. 1864, als der später verschiedentlich umgearbeitete Text fertig war, war mir klar, daß ich das Werk auf meinem damaligen Standpunkt nicht bewältigen konnte und sehr großen kontrapunktischen Vorarbeiten nachgehen müßte, ehe daran zu denken war.” Die folgenden drei Jahrzehnte befaßte sich Draeseke zeitweise mit Materialien für seinen Christus, welchen er endlich am Ostersonntag 1895 zusammenzustellen begann. Erst am 15. September 1899 konnte Draeseke seinen Christus als beendet bezeichnen.

Obwohl Draesekes Mysterium als einmalig in der Geschichte des Oratoriums erscheint, steht es auch klar unter dem Einfluß der musikalisch fortschrittlichen Gedanken von Richard Wagner. Die vier Teile des Christus sind ganz bestimmt parallel zu den vier Musikdramen des Ring-Zyklus zu betrachten, und der Gebrauch der leitmotivischen Technik Wagners im Dienste der ”unendlichen Melodie” ist gewiss zu spüren. Draeseke bleibt aber Draeseke, und sein persönlicher Stil and seine Eigenart im harmonischen Denken und in der Stimmführung seiner Kontrapunktik mögen nach wie vor die Menschen in Staunen versetzen.
Seit der Uraufführung des gesamten Werkes am 6., 13. und 20. Februar 1912 in Berlin unter Bruno Kittel hat das Christus-Mysterium nur selten die nötigen Aufführungskräfte und die vorgesehenen drei Vorstellungsabende gefunden. Natürlich sind die vier Teile einzeln aufgeführt worden, vor allem das Vorspiel Die Geburt des Herrn und das erste Oratorium Christi Weihe; am seltensten wurde das zweite Oratorium Christus der Prophet aufgeführt; dem dritten Oratorium Tod und Sieg des Herrn soll durch erstmaligen Druck der Partitur im Studienformat zu weiteren Aufführungen verholfen werden. Die Partitur zu Tod und Sieg des Herrn und diejenige zum Vorspiel Die Geburt des Herrn sind die beiden einzigen Partituren der vier verschiedenen Teile des Mysteriums Christus, die zu Lebzeiten des Komponisten zum Zwecke öffentlichen Verkaufs gedruckt wurden. Die beiden anderen Partituren – zu Christi Weihe und Christus der Prophet – sind in Kopistenabschrift Eigentum des Verlegers (oder von dessen Nachfolger) geblieben, wobei wir beabsichtigen, diese Partituren auch zu veröffentlichen. Vielleicht liegt der Grund dafür, dass Draeseke die ersten und letzten Teile des Christus für den kommerziellen Druck bevorzugt hat, darin, dass diese Teile eher geeignet sind, den beiden Hauptfeiern christlicher Gemeinden zu dienen als die zwei mittleren Oratorien des Mysteriums.
Als Schlußteil zum Mysterium Christus nimmt Tod und Sieg des Herrn die Position eines zu erwartenden zusammenfassenden Werkes ein, was es zugleich ist und auch nicht ist. Obwohl der Entwurf von Christus dem Ring-Zyklus von Richard Wagner viel schuldet, ist Tod und Sieg des Herrn nicht nur Huldigung an die Götterdämmerung, dies allein schon aus stofflichen Gründen. Diesem Oratorium liegt die christliche Passionsgeschichte zugrunde, wie bei den großen Passionskompositionen des Barocks. Der Hauptunterschied bei Draeseke ist der Verzicht auf einen Evangelisten , und statt dessen herrscht der Gebrauch eines bibeltreuen aber zeitgenössisch bearbeiteten Textes, in dem das Drama der Passion des Erlösers herrscht. Und ein geistliches Drama ist Tod und Sieg des Herrn, ein Musikdrama im Wagnerschen Sinn, das für Aufführungen in der Kirche oder im Konzertsaal ohne Prunk eines Bühnenbildes gedacht ist.
Tod und Sieg des Herrn besteht aus drei miteinander verbundenen Teilen, die zusammen die biblische Passion von Jesus Christus darstellen. Jeder Teil selbst enthält untergeordnete, aber individuell wichtige Szenen, die praktisch selbstständig in Erinnerung bleiben, aber untrennbar vom Ablauf des Geschehen sind, so musikalisch-dramatisch integriert ist alles in dem Werk. Die expansiven großen Chöre im letzten Teil des Oratoriums dürften von dieser Betrachtung ausgenommen werden, wenn auch nur wegen der eher allgemeineren und weniger dramatisierenden Textworte, die Draeseke und sein Schwager Adolf Schollmeyer verfassten, um den Glanz und die Herrlichkeit des Sieges des todüberwindenden Christus zu feiern.
Da das Oratorium im Sinne des Musikdramas verfasst ist, sollte man wenig Ähnlichkeiten mit bekannten Werken der Barockmeister erwarten. Verschwunden sind Rezitative, da das Drama sich von selbst entfaltet. Erich Roeder nach hatte Draeseke selbst zugegeben – besonders in bezug auf Solopartien –, dass er der Mahnung Richard Wagners gehorche: „Man kann dramatische Personen keine lyrischen Partien singen lassen!“ Das bedeutete nicht, dass Melodie verschwinden sollte, sondern nur, dass Progressionen zu Höhepunkten anzustreben seien und keine bloß gefällige Notenbastelei vorkommen sollte. Der Gebrauch des Chores ist auch verschieden von Bach und Händel, aber hin und wieder erinnern Draesekes Sätze in ihrer Kürze an die Turbae der ganz frühen Passionsvertonungen des Frühbarocks (z.B. Heinrich Schütz). Dagegen sind die großen und breit entwickelten Chorsätze bei Draeseke unverkennbare Produkte des Geistes eines Neudeutschen des 19. Jahrhunderts. Seine kontrapunktische Kunst und Eigenart in Harmonie und Stimmführung aber versetzen diese Chöre auf einen Sonderplatz in der Geschichte des Chorsatzes überhaupt und gehören zu den genialsten Einfällen des Komponisten.
Aber Orchesterklang ist auch eine wichtige Komponente in dieser Komposition, und Draeseke verlangt einen Riesenapparat im ganzen Christus. Sein Sinn für Kolorit entspricht jedem dramatischen Moment: nirgendwo Bombast oder leere Sanftheit, nur treffende orchestrale Unterstreichung oder Ergänzung. Rein orchestrale Passagen gibt es kaum, obwohl nötige orchestrale Übergänge zwischen den Szenen der Geschichte selbstverständlich existieren. Farbe allein ist nicht das einzige Motiv in Draesekes orchestralem Denken. Anwendung und Entwicklung der verschiedenen Leitmotive sind hier auch wichtige Teile der musikdramatischen Technik, und das Orchester spielt eine überaus tragende Rolle in deren Darstellung, Kombination und symbolischen Anwendung. Es ist nicht nur beinahe unmöglich für den Zuhörer, die ganze Komplexität der Leitmotive beim ersten Anhören zu begreifen; es ist auch fast unmöglich, diese voneinander zu unterscheiden. Gewiss erkennt man die Symbolik des rhythmischen Motivs des schleppenden Gangs zum Kreuz – aber im Zusammenhang mit der ganzen Vielfalt anderer bedeutenden Motive? Nicht wirklich. Das vermittelt sich erst bei näherer Bekanntschaft mit dem Stoff des Oratoriums. Und an dieser Stelle sollte bemerkt werden, dass Draeseke trotz seines kühnen Könnens in der Kontrapunktik keine thematische Zusammenfassung sämtlicher Hauptleitmotive des ganzen Mysteriums Christus durch Kombination der Themen (wie im Finalsatz seiner Symphonia Tragica) versucht. Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass in allen vier Teilen des Werkes nur wenige Haupt-motive ständig wiederkehren: die beiden Christus-Motive (Gregorianik und neudeutsche Fanfare) und das Satansmotiv vor allem, obwohl Leitmotive vom einen Oratorium ins andere übergehen.
Tod und Sieg des Herrn umfasst drei große Teile, und zwei Pausen erscheinen einer Aufführung angemessen. Diese großen Teile selbst enthalten Unterteilungen, welche den biblischen Lauf der Passionsgeschichte spiegeln. Der erste grosse Teil beginnt ohne Einleitung, und die große Tragödie fängt mit der Szene Bereitung des Osterlamms und Fußwaschung an. Der Chor schweigt, während Jesus, Johannes und Petrus sich untereinander unterhalten; ein vierstimmiger Engelschor tritt kurz auf, ehe Jesus sich an seine Jünger wendet, um ihnen das nahende Schicksal zu verkünden. Mit einem kurzen Chorsatz schließt die Szene ab. Gleich darauf folgt Das heilige Abendmahl. Wichtig ist hier das erste Erscheinen des Motivs des Judas Ischariot. Vom Chor in dieser Szene wird recht wenig verlangt (Engels- und Jüngerchor-sätze), da der Dialog zwischen Jesus und den Jüngern in den Vordergrund tritt. Am Ende der Szene wird Gebrauch vom Choral Laß mich dein sein und bleiben gemacht. Die dritte Szene Jesus in Gethsemane ist als Monolog konzipiert und stellt den Seelenkampf Christi dar. Der Chor der zuschauenden Engel dient als Zeuge, der an verschiedenen Stellen kommentiert. Das Dramatische dieser Szene steigert sich in der diesen ersten Großteil des Oratoriums abschließenden Szene Der Verrat. Elemente aus dem zweiten Oratorium Christus der Prophet kehren hier zurück, um Erinnerungen an das Böse und Satan zu erwecken. Die Höhepunkte, die in der Szene erreicht werden, bilden das Ergreifen Christi durch Kaiphas’ Schergen und die Flucht der Jünger, ehe die unheimliche Drohung Satans die Szene durchdringt und den ersten grossen Teil des Oratoriums zu Ende führt .
Dem zweiten großen Abschnitt des Oratoriums liegt der gesamte Bericht der Passion Christi zugrunde, deren Tragödie durch die Ausarbeitung des Librettos poetisch hervorgehoben wird. Befreit vom barocken Rezitativ und melodramatisch Gesprochenen zeigen sich des Verfassers musikdramatische Instinkte in klarster Weise. Dem Chor begegnen wir hier häufiger, die Solopartien werden darstellerisch subtil schwieriger, und das Orchester wird mit voller Kraft und Freiheit verwendet, aber alles mit meisterlicher Kontrolle. In der ersten Szene dieses Teils wird Jesus gleich vor seinen Richter durch die empörte Menge geführt: Jesus vor Kaiphas. Der Zorn und Hass der Pharisäer auf Christus wird in einem erschütternden Chorsatz (Diesen bringen wir) geschildert. Die Befragung Christi durch Kaiphas weist verschiedene psychologische Ebenen auf, die in der bekannten Erwiderung von Christus Du sagst es gipfeln. Ein reuiger Judas erscheint und wird mit Was geht das uns an, das siehe du zu verhöhnt. Immer erregter (Satansmotiv) wird die Szene, bis gefordert wird, Jesus vor Pilatus zu bringen: Er ist des Todes schuldig, und mit diesem Vorwurf beginnen die großartigen Ausrufe des Chores, die das ganze Verhör vor Pilatus begleiten: Er hat das Volk erregt, Wäre dieser nicht ein Übeltäter, Hinweg mit diesem, Kreuzige ihn und Sein Blut komme über uns. Die folgende Szene Der Gang zum Kreuz ist verhältnismäßig kurz gehalten und eher in der Spannung nachlassend, da Draeseke sich mehr auf die Reaktion der Mitleidhabenden als die der Hetzer konzentriert, z. B. in dem wunderbar kanonisch gehaltenen Terzett der beiden Marien und der Salome Sie führen ihn hin. In ruhigem Übergang zur Schlußszene dieses Teils Jesus am Kreuz schildert Draeseke die auch im Sterbenskampf bleibende Gnade des Gottessohnes, und die Szene ergibt sich als demütig lyrische Schilderung von des Heilands letzter Stunde, welche allen Hass, Hohn und Zweifel überwindet und seine Sendung als Welterlöser offenbart. Draeseke macht dabei im Orchester Gebrauch vom Choral O Haupt voll Blut und Wunden. Die Stille am Ende dieses zweiten Oratoriumsteils wirkt erschütternd und erwirkt eine Art Stimmung, die den Zuhörer beinahe ungeduldig auf den Schlußteil des dritten Oratoriums warten lässt.
Die Auferstehung des Herrn wird im allerletzten Teil vom ganzen Mysterium Christus, dem Oratorium Tod und Sieg des Herrn dargestellt. Die menschliche Tragödie ist vorbei: Nun beginnt die göttliche Komödie, das Glück im Glaubensbekenntnis zur wahren Natur von Jesus Christus, die in seiner Auferstehung aus dem Totenreich und seiner Himmelfahrt bewiesen worden ist. Hier ist nicht der Platz zu analysieren, aber denjenigen, die das tun wollen, wird durch diesen Neudruck der Partitur reichlich gedient. Ob in bezug auf Kontapunktik, Harmonie oder melodische Erfindung, das Staunen dominiert, besonders wenn man bedenkt, wie diese technischen Erwägungen den Symbolismus im Text illuminieren. In diesem Abschnitt herrscht der Chor, und Draesekes meisterhafte und zugleich individuelle Stimmführung bringt Chorsätze hervor, wie sie auf vergleichbarem Niveau nur bei wenigen anderen großen Komponisten zu entdecken sind.
Die erste Szene beginnt in der Tiefe des Orchesters, und zwar mit einer Dissonanz von großer Spannung A gegen B. Während die Harmonien sich stabilisieren, singt der Chor der Grabes-wächter Die Erde erbebet. Ein Engelschor erwidert Jesus Christus ist auferstanden. Maria Magdalenens Weg zum Grab folgt, und Engel bedeuten ihr, vor ihr stünde keine menschliche Gestalt, sondern Christus selbst, und sein Bekenntnis Ich fahre auf zu meinem Vater gibt Anlass zu einem jubelnden Chorsatz der Engel für alle Lande. Weitere Bezeugungen der Auferstehung heißt die nächste Szene. Frauenstimmen berichten als weitere Zeugen des Wunders, und die Jünger werden nach Galiläa gewiesen. Jesus verlangt nach seinen Jüngern, und der triumphale Gesang der Engel Der Tod ist verschlungen in den Sieg setzt an, der in einer dreistimmigen Fuge seinen Gipfel findet – die Leidenschaftlichkeit der Musik an dieser Stelle ist in der Tat unwiderstehlich. Die Musik geht in die nächste Szene über, Jesus erscheint den Jüngern. Der Verlauf dieser Szene wird durch Ausrufe, vereinzelt oder kollektiv, gestaltet. Petrus und die Jünger überwinden ihre Zweifel, und jedes neue Glaubensbekenntnis wird mit Chören gefeiert, die in einer freudigen Fuge den finalen Höhepunkt erreichen. Erich Roeder beschreibt das abschließende Amen als ekstatisch.
Himmelfahrt und Schlußchor hat Draeseke den letzten Teil des Oratoriums genannt. In seiner Position erwartet man etwas Imponierendes, Überwältigendes. Draeseke enttäuscht nicht. Die Szene beginnt mit dem Aufruf von Christus an seine Jünger: Siehe, ich will euch senden die Verheißung meines Vaters! … Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie … und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt! Es beginnt dann eine orchestrale Schilderung der Himmelfahrt, und nachdem die Jünger das Wunder erlebt haben, bestätigen zwei Engel die Geschehnisse, und das Orchester kündigt das erste große Thema des Schlußchors an. Dieser Teil geht über etwa 330 Takte. Die kommende Weltgeschichte und der ewige Sieg des Herrn werden durch steigernde Chorsätze proklamiert. Halleluja! wird erreicht. Diese Krönung des Mysteriums enthält nicht nur kühne Kontrapunktik und lapidäre thematische Behandlung, sondern auch eine einzigartige Kombinatorik von thematischen Hauptgedanken.. Zum Schluß des Amen erklingt in den langen Trompeten die Christus-Fanfare.
Draeseke hat seine Wünsche über ausführende Kräfte im Mysterium sehr präzise dargelegt: „Bei Einzelaufführungen von Oratorienteilen oder auch ganzen Oratorien wird eine Besetzung des Chores mit 150-200 Stimmen genügen. […] Die Orgel würde schwer entbehrt werden können, da sie nicht bloß zur Verstärkung herangezogen worden ist, sondern auch hier und da durch ihre eigene Klangfarbe wirken soll. […] Die beiden Harfen könnten zur Not auf eine beschränkt werden. […] Ungern würde er auf das […] sehr viel mehr wieder in Gebrauch gekommene Kontrafagott verzichten. […] Dieses ist an einigen Stellen mit einem gewöhnlichen Fagott zu vertauschen wie die kleine Flöte mit einer grossen und das englische Horn mit einer Oboe. […] Die vierte Posaune (Quartventilposaune) möge, wenn irgend angänglich, nicht durch Tuba ersetzt werden. […] Dagegen kann neben der in der Versuchungs- szene neu zugezogenen Kontrabaßposaune (Quartventilposaune) hier sehr wohl mit einer Tuba vertauscht werden. […] Außerordentliches Gewicht legt der Komponist auf die Beschaffung der zeitweise verwendeten langen Trompeten, […] die mit voller Absichtlichkeit von der Versuchungs-Szene […] ferngehalten sind, und bei deren Gebrauch der Komponist sich selbstverständlich auf die offenen Töne […] „C“ und „D“ beschränkt hat.“
Falls Interessenten etwas vollständigeres als die obige Zusammenfassung über Chor und Orchester wünschen, sollten sie eine Kopie des vollständigen Textbuches mit Einführung und Lebensbeschreibung von Draeseke von der Internationalen Draeseke Gesellschaft, Speyer, verlangen, die auch über das Stimmenmaterial zu vielen Werken Draesekes verfügt.
Alan H. Krueck, August 2004.

Aufführungsmaterial ist erhältlich vom Verlag Kistner & C.F.W. Siegel & Co., Köln.

Nachdruck eines Exemplars aus der Sammlung Heinz Ebert.

 

 

Felix Draeseke
(b. Coburg, 7 October 1835 – d. Dresden, 26 February 1913)

Third Oratorio: The Death and Triumph of the Lord

to the Mysterium with Introduction und three Oratorios

CHRISTUS

Erste Abtheilung
I Bereitung des Osterlammes und Fußwaschung p. 3
II Das Abendmahl p. 19
III Jesu Seelenkampf p. 51
IV Der Verrath p. 67

Zweite Abtheilung
I Jesus vor Kaiphas p. 82
II Jesus vor Pilatus p. 88
III Der Gang zum Kreuz p. 135

Dritte Abtheilung
I Die Auferstehung p. 180
II Weitere Bezeugungen der Auferstehung p. 197
III Jesus erscheint den Jüngern p. 213
IV Himmelfahrt und Schlusschor p. 240

Preface
A surprise awaits those who look up the definition of Mysterium in a music encyclopedia, because there one will find reference to a musical practice which reaches back to the time of the ancient Greeks and which (at least in Hugo Riemann’s lexicon) is presented with the German plural, Mysterien. With Mysterien the Greeks understood a type of dramatic production with music in service to their cult of gods, something which may have been taken over from the Egyptians. These Mysterien of the Greeks were definitely models for the passion plays and Marian presentations developed by the Christian church in the middle ages, which we today recognize as musical predecessors for cantata and oratorio. The composer Felix Draeseke was certainly aware of this historical background when he chose the expression Mysterium as the general designation for his magnum opus, Christus, with its Introduction and three Oratorios.
Although Felix Draeseke himself came from a family of theologians and was officially Lutheran, he was reasonably liberal in his choice of liturgical texts for his vocal works and without hesitation would use Catholic Latin texts (two masses, both requiems) as well as Lutheran German (smaller sacred works, Christus, etc.). How deep his actual religiosity went or how strictly he adhered to his evangelical faith really plays no role in the evaluation of his Christus as one of the most important choral-orchestral works of all time and in some respects as a crowning achievement in the genre oratorio.
Draeseke began planning his gigantic work very early in his career as composer. In a letter of February 2, 1903, written to a critic in Leipzig, he confessed: “I envisioned the idea of Christus surely around the beginning of the 60’s, during which time I assembled the textbook for it with the help of my brother-in-law Schollmeyer. From this period as well come some major themes which, though I never wrote them down, I never forgot. When this text was later drastically revised, it was clear to me that I was not at a point where I could master such an undertaking and would have to undergo considerably more training in contrapuntal matters before thinking about it any more.” For over three decades Draeseke did collect materials every now and then for his Christus, which he finally began to assemble Easter Sunday, 1895. It was not until September 15, 1899, however, that Draeseke could call his Christus finished.

Although Draeseke’s Mysterium stands in isolated grandeur in the history of oratorio. It also stands clearly under the influence of the musically progressive ideas of Richard Wagner. The four parts of Christus assuredly parallel the four music dramas of the Ring Cycle und use of Wagner’s leitmotiv technique in the service of “unending melody” are definitely noticeable. However, Draeseke remains Draeseke. and his personal style and individuality in harmonic thought and originality in the voice leading of his counterpoint can certainly bring a sense of astonishment even to the listener of today.

Since the world premiere of the complete work on the 6th, 13th and 20th of February, 1912 in Berlin under Bruno Kittel, the complete Christus has seldom found the necessary forces for performance or the three evenings for full presentation. Individually, of course, its four parts have been performed separately, above all the Introduction, The Birth of our Lord (Die Geburt des Herrn) followed by the first oratorio Christ’s Consecration (Christi Weihe); the least performed remains Christ the Prophet (Christus der Prophet), the second oratorio. This first publication in study score format of the third oratorio, Death and Triumph of the Lord (Tod und Sieg des Herrn) should further renew presentation. This score for Tod und Sieg des Herrn and that for the prelude, The Birth of the Lord are the only two of the four different full scores for the different parts of the Mysterium Christus which Draeseke allowed to be published for general public purchase. The two other full scores (for Christi Weihe and Christus der Prophet) remained property of the publishers (or their successors), although we have plans to publish these scores. Perhaps the reason why Draeseke chose the first and last parts of Christus for commercial release rests in the fact that these parts are perhaps more suited to serve the two annual major celebrations of Christian congregations than the two inner oratorios of the Mysterium.
As the concluding part of the Mysterium Christus, Tod und Sieg des Herrn assumes the position as a work of summary, which it is and which it isn’t. Although the design of Christus is indebted to the Ring-Cycle of Richard Wagner, Tod und Sieg des Herrn is no mere homage to Götterdämmerung, if for no other reason than its textual material. The passion of Christ is the basis for this oratorio, as it is for the great passion compositions of the Baroque. The major difference with Draeseke is the lack of an evangelist, or story narrator, and use of a contemporary rendering of true biblical texts where the drama of the passion of the savior is to the fore. And Tod und Sieg des Herrn is a spiritual drama, a Musikdrama in Wagnerian terms to be sure, but one which is dedicated to performances in a church or concert hall without the pomp of stage design.
Tod und Sieg des Herrn is comprised of three connected parts, which together present the biblical passion of Jesus Christ. Each part contains within itself subordinate and individually important scenes, which remain fixed in the mind almost as independent, but which are inseparable from the course of action, so musically and dramatically integrated is the work. The widely expansive choruses of the final part of the oratorio might be excused from this consideration, if only because of the somewhat broader but generally more limited dramatizing words of the text which Draeseke and his brother-in-law Adolf Schollmeyer employ to celebrate the majesty of Christ’s victory in the triumph over death.
Since the oratorio was written with a sense of Musikdrama, one should not expect many similarities with well-known baroque masterworks. Recitative disappears, since the drama unfolds of and by itself. According to Erich Roeder, Draeseke himself admitted that he was answering – especially with reference to solo parts – the appeal of Richard Wagner: “One cannot let dramatic characters sing lyrical parts!” That didn’t mean that melody should disappear; only that progress toward the climactic should not be impeded by a merely pleasing succession of notes. The use of the chorus here is also different from Bach and Handel, but every now and then the brevity of choral utterance is reminiscent of the turbae in the very early settings of the passion (i.e. Heinrich Schütz). On the other hand, the grand and broadly developed choral scenes are undeniable products of the spirit of the 19th century New Germans. Draeseke’s contrapuntal art and individulity of harmonic thought and voice leading however, remove the choral scenes here to a special place in the history of choral writing and they belong among the most genial inspirations of the composer.
But orchestral sound is also an important component in this composition and Draeseke requires a gigantic apparatus throughout Christus. His sense of orchestral color responds to every dramatic moment, neither bombast nor empty quietude, only suitable orchestral emphasis or complement. There are but few independent orchestral pasages, although necessary orchestral transitions between scenes obviously do occur. Color is not the only motivation in Draeseke’s orchestral thinking. Application and development of disparate leitmotives are also important parts of the technique of music drama and the orchestra plays a truly major role in their presentation, unification and symbolic application. It is not only almost impossible for the listener to comprehend the complex of leitmotives on first hearing, it is almost impossible at first to distinguish among them. To be sure, one recognizes the rhythmic motive in the dragging of the cross to the crucifixion – but in relation to a host of other important motives? Not really. Such a thing is only possible upon further acquaintance with the musical material of the oratorio. And here it should be noted, that Draeseke, despite his intrepid contrapuntal ability, does not attempt (as in the final movement of the SymphoniaTragica) a thematic summary of all the major leitmotives in the entire Mysterium Christus by combining them. It should be mentioned however, that there really are only a few major leitmotives which constantly recur: primarily the two Christus motives (Gregorian melody and New German fanfare) and the Satan motive, although leitmotives from one oratorio will appear in others.
Tod und Sieg des Herrn contains three large sections, and two intermissions would be reasonable for a performance. The larger sections themselves contain sub-sections which mirror the course of the biblical story of the Passion. The first large part begins without extended introduction and the grand tragedy opens with the scene Passover Preparations and the Washing of the Feet. The Chorus remains silent while Jesus, John and Peter converse among themselves; a four part Angel’s choir appears briefly before Jesus turns to his disciples to announce his approaching destiny. The scene closes with a brief choral section. Immediately following this is the The Last Supper. Important here is the appearance of the leitmotive for Judas Iscariot. Little is required of the full chorus in this scene (short sections for the Angel’s choir and the Disciples), since the dialog of Jesus with his disciples is to the forefront. At the end of this section use is made of the Chorale Laß mich dein sein und bleiben. The third scene, Gethsemane is a monolog for Jesus and describes his conflicts of consideration. A chorus of Angels witness and briefly comment every now and then. The drama of this scene increases in the concluding section of this first large part, Betrayal. Elements from the first oratorio Christus der Prophet reappear to awaken a sense of evil and and of Satan. The major climaxes reached in the scene relate to Christ’s seizure by henchman of Caiphas and the flight of the disciples: an ominously threatening sense of Satan floods the scene and brings it to a conclusion.
As the basis for the second large section of the oratorio is the entire story of the persecution, crucifixion and death of Christ, the tragedy of which is emphasized in poetic manner by the reworkings of the libretto. Unfettered by baroque recitative or melodramatic spoken narrative the composer’s music drama instincts reveal themselves clearly. The solo parts become subtly more difficult in dramatic projection, the chorus is more frequently encountered and the orchestra is applied with majesty and freedom, but everywhere reigns dedicated control. In the first scene of this section, Jesus vor Kaiphas, Christ is led to his interrogator through an angered mob. The rage and hate of the pharisees for Christ are expressed in the powerful choral entity, Diesen bringen wir (We bring this one). The interrogation by Caiphas exhibits various psycholological levels, which reach their pinnacle in the famous reply of Christ Du sagst es (Thou hast said it). A penitent Judas appears and is mockingly rebuffed with, Was geht das uns an, das sieh du zu (What does that matter to us, that’s your business). With introduction of Satan’s motive the scene becomes more excited until it is demanded that Jesus be brought before Pilate. The scene Jesus vor Pilatus follows: Er ist des Todes schuldig (He is guilty unto death) and with this accusation begin the magnificent choral exclamations which erupt throughout the entire trial before Pilate: Er hat das Volk erregt (He has aroused the people), Wäre er nicht ein Übeltäter (Were he not a wrongdoer), Hinweg mit diesem (Away with him), Kreuzige ihn (Crucify him) and Sein Blut komme über uns (Let his blood be upon us). The next scene, Der Gang zum Kreuz (The Way of the Cross) is relatively brief and almost a relaxation of dramatic tension, inasmuch as Draeseke focuses more on the reactions of the sympathetic than the persecutors, e.g. in the wonderfully contrived canonic terzetto featuring the two Marys and Salome, Sie führen ihn hin (They are taking him away). In quiet transition to the final scene of this part, Jesus am Kreuz, Draeseke describes the lasting grace of the Son of God, even in the throes of death, and the scene reveals itself as a piously lyrical manifestation of the savior’s last hour, which transcends ridicule and hatred and reveals Christ’s mission of world salvation. Here Draeseke makes use of the chorale O Haupt voll Blut und Wunden in the orchestra. The quietude at the end of this second part of the oratorio affects almost a mood of impatient expectation for the conluding section of the oratorio.
Die Auferstehung (The Resurrection) of the Lord is presented in the third and absolutely final portion of the Mysterium Christus, that of the oratorio Tod und Sieg des Herrn. The human tragedy has passed and now begins the divine comedy: happiness in the confession of belief in the true nature of Jesus Christ which, by his resurrection from the realm of the dead and his ascension is proven. This is not the place for analyses, but for those so inclined, this reprint of the score will provide invaluable assistance. Whether regarding matters of counterpoint, harmony, or melodic invention astonishment prevails, especially in consideration of how these technical matters illumine the inherent symbolism of the text. In this section the chorus is to the fore and Draeseke’s masterly and individual sense of voice leading elevates the art of choral writing to levels only seldomly encountered in other great masters.
The first scene begins in the depths of the orchestra with a dissonance of great tension: A against B-flat. As the harmonies stabilize the chorus of grave watchers sings Die Erde erbebet (The earth is trembling). A choir of angels echoes Jesus Christus ist auferstanden (Jesus Christ has arisen). Mary Magdalene’s way to the grave follows and angels indicate that before her stands not a human figure but Christ himself. His confession Ich fahre auf zu meinem Vater (I go now to my father above) allows for a jubilant choral passage from the angels conderning all lands. Weitere Bezeugungen der Auferstehung (Further accounts of resurrection) is the name of the next section. Women’s voices are emphasized to portray more witnesses of the miracle and the disciples are directed to Galilee. Jesus wants his disciples and the triumphant song of the angels Der Tod ist verschlungen in den Sieg (Death is vanquished in triumph) begins, which reaches its peak in a three-voice fugue: the ardor in the music here is truly irresistible. Without interruption the music proceeds to the next scene Jesus erscheint den Jüngern (Jesus appears to his disciples). The course of this scene is fabricated through exclamatory passages, either of individuals or of entities. Peter and the other disciples overcome their doubts and with every declaration of belief comes choral celebration, which reaches its climax in a joyous fugue. Erich Roeder describes the concluding Amen as ecstatic.
Draeseke calls the final part of the oratorio Himmelfahrt und Schlußchor (Ascension and Concluding Chorus). From its position one expects something imposing and overpowering. Draeseke does not disappoint. Its opening begins with Christ’s appeal to his disciples:  Siehe, ich will euch senden die Verheißung meines Vaters!… (Behold, I send you the promise of my father) … und darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie … und siehe ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt! (Therefore go and teach all people and baptize them … for behold that I am with you for all days until the end of the world!). Then begins an orchestral description of the Ascension, and after the disciples have experienced the miracle, two angels confirm the event and the orchestra announces the first grand theme of the final chorus. This section lasts some 330 measures. The future of the world and the eternal victory of the Lord are proclaimed in staggered choral entities. Halleluja! (Alleluia !) is reached. This crown of the Mysterium contains not only ingenious contrapuntal thinking and lapidary thematic development, but also manifests a singular technique for combining major thematic components. At the conclusion of the Amen the Christus fanfare sounds forth triumphantly from the long trumpets.
Draeseke expressed his wishes concerning the performance forces quite precisely: “For individual performances of parts of the oratorios or even complete oratorios a compliment of 150-200 singers in the chorus should suffice […] The organ would be very much missed, since it has not been called for merely for the sake of reinforcement, but also for specific tonal color at certain places. […] If necessary the two harps may be reduced to one […] He would most reluctantly do without the contrabassoon, an instrument which is nowadays more and more in evidence […] In some places this instrument may be exchanged for the usual bassoon, as may be the piccolo with a normal flute and the English horn with an oboe […] The fourth trombone (four note bass extension) may not be replaced by a tuba even if available […] On the other hand the contrabass trombone (four note bass extension) added to the temptation scene can be substituted by tuba […] the composer places exceptional emphasis on the employment of the long trumpets […] intentionally excluded from the temptation scene […] The composer has understandably limited himself to only their open tones […] C and D when using them.”
Individuals wishing something more substantial than this introduction should apply for the reprint of the complete textbook with introduction and biography of the composer (German only) prepared for the work’s premiere and available from the Internationale Draeseke Gesellschaft, Speyer, Germany.
Alan H. Krueck, August 2004.

For performance materials please contact the publisher Kistner & C.F.W. Siegel & Co. Cologne.

Reprint of a copy from the collection of Heinz Ebert.