Max Christian Friedrich Bruch
Damajanti op. 78 (1903)
(geboren am 6. Januar 1838 in Köln; gestorben am 2. Oktober 1920 in Berlin)
Vorspiel für Orchester p.5
Nr. 1 Szene p.9
Nr. 2 Chor p.32
Nr. 3 Szene 43
Besetzung: Sopran, Chor, 2 Violinen, Viola, Cello, Kontrabass
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Vorwort
Max Bruch wurde 1838 als Sohn des Polizeirats August Karl Friedrich Bruch und dessen Frau Wilhelmine, einer Sopranistin, geboren. Den ersten Klavierunterricht erhielten Max und seine ebenfalls äußerst musikalische Schwester von ihrer Mutter. Die Fähigkeiten des jungen Max Bruch zeigten sich schon sehr früh und wurden stets eifrig gepflegt. Neben seinem Talent zur Musik entwickelte Max Bruch im Alter von etwa sieben bis zehn Jahren sein Talent zur Malerei. Bereits mit neun Jahren schrieb Max Bruch seine erste Komposition, ein Lied zum Geburtstag seiner Mutter. Von da an wurde die Musik zu seiner großen Leidenschaft. Den ersten musiktheoretischen Unterricht erhielt Max Bruch von Professor Heinrich Breidenstein, einem Freund seines Vaters, in Bonn.
Der junge Bruch wurde Zuhause von seinen Eltern erzogen, Schulunterricht erhielt er privat von Lehrern aus dem Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln. So kam es, dass Bruch nie ein offizielles Schulabgangszeugnis erhielt. Eben dieser Umstand hat ihm später, trotz seiner qualitativ äußerst hochwertigen Arbeit, Probleme bereitet, nämlich als er sich an der Bonner Universität als Student einschreiben wollte. Durch ein hervorragendes Empfehlungsschreiben von Professor Hoss, einem einwandfreien Leumund und dem Wohlwollen des Rektors der Universität wurde ihm die Immatrikulation 1859 (Bruch war bereits 21 Jahre alt) schließlich doch noch ermöglicht. Zusätzlich zum Unterricht von Breidenstein begann Bruch noch mit Unterricht bei Ferdinand Hiller (1853-1857), dessen Einfluss sein Leben lang bedeutsam sein sollte. Klavierunterricht erhielt Bruch von Carl Reinecke und Ferdinand Breunung.
Nach Abschluss seiner Studien arbeitete Bruch als Musiklehrer in Köln, unternahm aber in den folgenden Jahren viele Künstlerfahrten nach Frankreich, Belgien, Deutschland und Österreich (1861-1865). In den Jahren danach arbeitete Bruch als Musiklehrer, Musikdirektor und Hofkapellmeister in verschieden Städten (Koblenz, Thüringen, Bonn, Berlin, Breslau). Bruch erhielt 1894 die Ehrendoktorwürde der Universität Cambridge und 1918 der Universität Berlin. 1910 schied Bruch aus der Akademie aus und widmete sich fortan seiner kompositorischen Tätigkeit. Zu seinen in der gesamten Musikwelt anerkannten Werken zählen diverse Opern, Symphonien, Chorwerke und Lieder. Am 2. Oktober 1920 starb Max Bruch mit 82 Jahren in Berlin.
Interessant erscheint, dass Damajanti für Sopran, Chor und Orchester die Opuszahl 78 trägt und es kein Opus 77 unter den Veröffentlichungen Max Bruchs gibt. Die ersten Ideen zu Damajanti hatte Bruch bereits 1886 in Breslau. Es sollten schließlich einige Jahre vergehen, bis Bruch 1893 einen Entwurf von Bulthaupt bekam. Der Szenenplan zu Damajanti wurde 1899 abgeschlossen. Den Text dazu hat Max Bruch sowohl aus der Rückert’schen Übersetzung des altindischen Epos Nala und Damajanti als auch aus Fragmenten einer Dichtung von Heinrich Bulthaupt zusammengestellt. Aufgeführt wurde Damajanti aber erst am 20. Oktober 1903.
Zur inhaltlichen Vorgeschichte: Der junge indische König Nala, der, verwirrt von einem bösen Geist, im Glücksspiel sein Reich an einen erbarmungslosen Gegner verloren hat, wandert gemeinsam mit seiner Gattin Damajanti ins Elend der Wildnis. Trostlos über das gemeinsame Leid beschwört Nala Damajanti, sich von ihm zu trennen. Damajanti würde aber eher sterben als Nala zu verlassen. Des Nachts, als Damajanti schläft, verlässt Nala sie heimlich in dem Glauben, dass ihr kein Unheil mehr wiederfährt, wenn er weg ist. Damajanti bleibt alleine in der Wildnis zurück.
Hier setzt Max Bruch inhaltlich an: Damajanti ist verzweifelt, weil sie alleine und von ihrem Gatten getrennt ist. Daraufhin beschließt sie, sich bei den Büßern im Hain Hilfe zu suchen. Ihre Liebe gibt ihr Kraft und ihre Entschlossenheit weist ihr den Weg. In der zweiten Szene, für den Chor, werden die Pflanzen und die Tierwelt im Hain der Büßer beschrieben. Die Büßer, ein vierstimmiger Männerchor, stellen den Hain als einen Ort voll Ruhe und Frieden vor. Als Damajanti eintrifft, sind die Büßer überwältigt von ihrer Schönheit und wollen sie anbeten. Damajanti erklärt ihnen, dass sie eine Sterbliche ist, und dass sie ihre Hilfe benötigt, um ihren Gatten zu finden. Die Büßer erklären sich bereit, ihr zu helfen und mit Nala wieder zurück zu kehren. Daraufhin verschwindet der Hain. Damajanti fragt sich, ob der Hain und die Büßer nur Einbildung ihres Verstandes waren. Ihre Zweifel werden jedoch schnell zerschlagen, als unsichtbare Schutzgeister (ein gemischter Chor) sie ermutigen, die Suche fortzusetzen. Voller Hoffnung und Vertrauen macht sie sich wieder auf den Weg.
Wie viele seiner Chorwerke eröffnet Bruch auch dieses mit einer Einleitung im pianissimo und verbindet in der Szenengestaltung gegensätzliche Tempi und dynamische Abschnitte wie rezitativische und ariose Deklamationen. Die für diese Zeit durchaus übliche pathetische Deklamation des Schauspielers und Rezitators wurde hier von Bruch auf die musikalische Gestaltung übertragen. Getragen wird dies von einem ausdrucksvollziehenden Orchester. Diese in sich gespannte Ausdrucksgebung wird von den Chören übernommen. Die im 3. Abschnitt gestaltete Szene führt schließlich Solo, Chor und Orchester in einer großen Steigerung zusammen.
Marlene Priller, 2016
Quellen
- Bruch, Max: Damajanti. Scenen aus der indischen Dichtung „Nala und Damajanti“ für Sopran-Solo, Chor und Orchester, op. 78, Klavierauszug, Berlin 1903.
- Deutsches Historisches Museum, Berlin: Max Bruch 1838-1920, [online verfügbar, URL: https://www.dhm.de/lemo/biografie/max-bruch, 26.10.2015].
- Fellerer, Karl Gustav: Max Bruch (1838-1920), Köln 1974 (Beiträge zur Rheinischen Musikgeschichte 103).
- Fifield, Christopher: Max Bruch. Biographie eines Komponisten, Zürich 1990.
Aufführungsmaterial ist von Boosey & Hawkes, Berlin, zu beziehen.
Max Christian Friedrich Bruch
Damajanti, op. 78 (1903)
(b. Cologne, 6 January 1838 – d. Berlin, 2 October 1920 )
Prelude for Orchestra p.4
No. 1: Scene p.9
No. 2: Chorus p.32
No. 3: Scene p.43
Instrumentation: soprano, chorus, two violins, viola, cello, double bass
Duration: ca. 30 mins.
Preface
Born in 1838, Max Bruch was the son of a police commissioner, August Karl Friedrich Bruch, and his wife Wilhelmine, a soprano, and received his first piano lessons from his mother’s equally musical sister. The boy’s musical abilities soon become apparent and were always zealously cultivated. In addition to a talent for music, he also displayed a gift for painting roughly between the years seven and ten. By nine he had already written his first piece: a song for his mother’s birthday. From then on music became his grand passion. His first theory lessons came from Heinrich Breidenstein, a friend of his father’s living in Bonn.
Young Max was raised at home by his parents and educated by private teachers from the Friedrich Wilhelm Grammar School in Cologne. Thus it happened that he never received an official school leaving certificate – a circumstance that caused him problems later, despite his extremely high-quality work, when he tried to enroll in Bonn University. Thanks to a strong letter of recommendation from Professor Hoss, an untarnished character reference and the benevolence of the university’s rector, he ultimately matriculated at the university in 1859, by which time he was already twenty-one years old. In addition to his lessons with Breidenstein, he now began to study with Ferdinand Hiller (1853-57), who would become a lifelong influence. He also received piano instruction from Carl Reinecke and Ferdinand Breunung.
After completing his studies, Bruch worked as a music teacher in Cologne. But in the years that followed he made many artistic tours of France, Belgium, Germany and Austria (1861-65). He then became a music teacher, music director and court conductor in various cities (Koblenz, Thüringen, Bonn, Berlin, Breslau). He received an honorary doctorate from Cambridge University in 1894 and another from the University of Berlin in 1918. In 1910 he resigned from the Academy and thereafter devoted himself solely to composition. His works, including various operas, symphonies, choral compositions and lieder, were acclaimed throughout the world of music. He died in Berlin on 2 October 1920 at the age of eighty-two.
Interestingly Damajanti, for soprano, chorus and orchestra, bears the opus number 78 and there is no op. 77 among Bruch’s published works. Initial ideas for the piece date back to Breslau in 1886. A number of years were to pass before Bruch received a draft from Heinrich Bulthaupt in 1893. The scenario was finished in 1899. Bruch himself compiled the libretto from Rückert’s translation of the ancient Indian epic Nala and Damayanti and from fragments of a poem by Bulthaupt. The première finally took place on 20 October 1903.
The narrative background: The young Indian king Nala, bewildered by an evil spirit, has gambled away his realm to a merciless opponent and is now wandering in a desolate wilderness with his wife Damayanti. Distraught by their suffering, he asks Damayanti to part ways from him. But she would rather die than leave Nala. One night, while she is sleeping, Nala secretly abandons her, believing that no further disaster can befall her once he is gone. Damayanti is now alone in the wilderness.
It is at this point that Bruch takes up the story. Damajanti, alone and separated from her husband, is in despair. She resolves to seek help from penitents in a grove. Her love gives her strength, and her resolution shows her the way. Scene II, for chorus, describes the flora and fauna in the penitents’ grove. The penitents, a four-voice male chorus, depict the grove as a place of peace and quiet. When Damayanti enters, they are overwhelmed by her beauty and want to worship her. She explains to them that she is a mortal woman, and that she needs their help to find her husband. The penitents express their willingness to help her and to return with Nala. The grove then vanishes. Damayanti wonders whether the grove and the penitents were only figments of her imagination. But her doubts are soon dispelled when invisible guardian spirits (a mixed chorus) encourage her to continue her search. Full of hope and confidence, she again sets out on her path.
As in many of his choral works, Bruch begins with a pianissimo introduction and combines contrasting tempos and dynamics, recitative and arioso, in the scenes that follow. Here he has transferred the emotion-laden delivery typical of the actors and public speakers of his day onto the music, expressively enhanced by the orchestra. This same intense expressivity is adopted in the choruses. In the end, the scene depicted in Part III unites the solo soprano, chorus, and orchestra in a grand climax.
Translation: Bradford Robinson
Bibliography
- Bruch, Max: Damajanti:. Scenen aus der indischen Dichtung “„Nala und Damajanti“” für Sopran-Solo, Chor und Orchester, op. 78 (Berlin, 1903) [piano-vocal score], Klavierauszug, Berlin 1903.
- Deutsches Historisches Museum, Berlin: Max Bruch 1838-1920, [available online at online verfügbar, URL: https://www.dhm.de/lemo/biografie/max-bruch, accessed on 26 October26.10. 2015].
- Fellerer, Karl Gustav: Max Bruch (1838-1920), Beiträge zur Rheinischen Musikgeschichte 103 (Cologne, Köln 1974 (Beiträge zur Rheinischen Musikgeschichte 103).
- Fifield, Christopher: Max Bruch: His Life and Works (London: Victor Gollancz, 1988). Biographie eines Komponisten, Zürich 1990.
For performance material please contact Boosey & Hawkes, Berlin.