Paul Bttner
(geb. Dresden, 10. Dezember 1870 – gest. Dresden, 15.
Oktober 1943)
Konzertstck fr Violine und Orchester in G-Dur
(1937)
Allegro (p. 1) – Andante (p. 6) – Poco pi moto (p.
11) – Beschwingt (p. 16) – Agitato (p. 25) –
Adagio (p. 40) – Allegro (p. 51) – Vorwrts! (p. 70)
– Andante (p. 73) – Allegro molto (p. 77)
Vorwort
In unserer Zeit, wo fast tagtglich neue Entdeckungen gemacht
werden und Vergessenes und Vermisstes wieder ausgegraben wird, mutet es seltsam
an, wenn pltzlich ein Gigant auftaucht, an dessen Gre schon mit dem ersten
Hren kein Zweifel bestehen kann, und dessen Musik mit jedem weiteren Hren an
Tiefe, Gre und Weite gewinnt. Und dass dieser Komponist ein absolut
Unbekannter ist – nicht dem Namen nach vielleicht, aber noch nie habe ich
eines seiner Werke im Konzert gehrt, und nur eines seiner Hauptwerke, die
Vierte Symphonie, ist (in einer historischen DDR-Aufnahme) auf CD
verffentlicht worden –, sollte nun doch bedenklich stimmen (und wirft
ein grelles Schlaglicht auf die Funktionsweise einer Musikszene, die auer den
populrsten Namen und Trends und Moden von fast nichts Notiz nimmt). Dabei gab
es Zeiten, als Paul Bttner den Konservativen als der ganz groe
Hoffnungstrger der deutschen Symphonik erschien, als Dirigenten wie Arthur
Nikisch, Fritz Busch, Joseph Keilberth, Carl Schuricht, Fritz Stein, Paul
Scheinpflug, Hermann Kutzschbach, Paul van Kempen, Rudolf Kempe, Heinz Bongartz
oder Rudolf Mauersberger, Orchester wie die Dresdner Hofkapelle und die
Berliner Knigliche Kapelle (die heutigen Staatskapellen), das
Gewandhaus-Orchester Leipzig oder das Radio-Sinfonieorchester Berlin seine
Symphonien und andere Werke auffhrten. Ist es mglich, dass Symphonik von ganz
groem Format, selbst wenn sie erst einmal die Aufmerksamkeit einer breiteren
ffentlichkeit auf sich gezogen hat, wieder nachhaltig in vllige Vergessenheit
gert? Das Beispiel Paul Bttners, eines groen Unzeitgemen, kann als
Lehrstck dafr dienen, wie der Wechsel von ungnstigen und gnstigen Umstnden
dafr sorgen konnte, dass dies sogar gleich zweimal geschehen ist –
einmal, nachdem er als Fnfzigjhriger pltzlich unversehens ins Rampenlicht
der Vergtterung geriet, und noch einmal – etwas dauerhafter und weniger
spektakulr –, nachdem ihm in der jungen Deutschen Demokratischen
Republik postume Verehrung und Pflege seines Schaffens zuteil wurde, die dann
freilich kaum noch in den Westen Deutschlands jenseits des eisernen Vorhangs
ausstrahlte, geschweige denn darber hinaus. ber die Landesgrenzen hinaus hat
es Bttners Musik, bei aller Qualitt, Pracht und Schnheit, nie geschafft. Sie
blieb ein deutsches Phnomen, in zwei dem Untergang geweihten Nationalstaaten,
und damit jeweils auch als Bestandteil einer untergehenden Kultur. Erst heute
erkennen wir wieder, dass Paul Bttner einer der berragenden Meister seiner
Generation war, ein vollkommen natrlicher Fortfhrer der von Beethoven und
Schubert ber Bruckner und Brahms sich weiterspinnenden Tradition organisch
wachsender, kontrastmchtiger, modulatorisch grorumig disponierter und in der
niemals zu selbstzweckhaftem Effekt gebrauchten, unerschpflich reichen,
glanzvollen Orchestration bildnerisch den Hrer in Bann ziehenden deutschen
symphonischen Tradition. Seine Musik war, obgleich eigenstndig in der
Subtilitt der Mittel und in ihrer monumental transzendenten Courage, nie
revolutionr. Und zugleich ist sie, wenn wir sie heute hren, ebenso wenig
veraltet. Ihre Qualitt ist zeitlos, mit untrglichen Knnen manifestiert, und
darin erffnet sich ein unausschpflicher Raum.
Geboren in Dresden in bescheidenen Verhltnissen als Sohn eines
Bauern aus dem Erzgebirge, erhielt Paul Bttner als Achtjhriger ersten
Geigenunterricht. Er studierte am Dresdner Konservatorium Oboe und Bratsche und
erwies sich bald als der begabteste und tiefgrndigste Student in der
Kompositionsklasse von Felix Draeseke (1835-1913), wo er das tonsetzerische
Handwerk in grndlichster und umfassender Weise erlernte.
Es
drfte uns nicht verwundern, dass der beste Schler Draesekes spter ein
solches kontrapunktisches Meisterwerk wie die Trio-Sonate fr Streichtrio
schreiben sollte, ber welche 1930 in den Dresdner Nachrichten zu lesen ist:
Sechs kurze Stze in der Form des Kanons mit Umkehrungen im doppelten Kontrapunkt,
der Duodezime! Ein Unikum der Literatur, hhere Mathematik der
Kompositionstechnik, wenn man das Werk analysiert und liest. Und das Ganze doch
ein echtes Kunstwerk, das innerhalb der selbstgewhlten Form frei ausschwingt
und so anmutig klingt, dass es eine Freude war, zuzuhren. Und der Dresdner
Anzeiger kommt zu dem parallelen Schluss: Diese kompositionstechnische
Meisterschaft zeigte in hohem Mae Bttners Sonate fr Streichtrio, die in
ihrem Bau die verwickeltsten und kunstreichsten Formen der Kanontechnik
verwendet, die sich ausdenken lassen. Und trotz dieser kaum zu fassenden
Schwierigkeiten hatte das Werkchen einen staunenswerten Klang, als ob nichts
von alledem darin verborgen lge. Es ist in der Tat ein mustergltiges Beispiel
fr eine Kunst, bei der satztechnisches Knnen und allseitigste
Formbeherrschung als Selbstverstndlichkeiten ins Gebiet der Voraussetzung
hinabsinken. Zugunsten des uns erscheinenden und zutiefst in uns wirksamen
Gesamtklangbildes. Ja, das ist das besonders Frappierende an Bttners Kunst,
wie elaboriertester altmeisterlicher Kontrapunkt blhendes Leben entfaltet und
niemals trocken gelehrsam erscheint, sondern aus dem Moment in freiem Flug der
Phantasie zu entstehen scheint, und dabei eine solch bezwingende formale Einheit,
sei es in kleinen oder groen Dimensionen, bildet, als knne es nicht anders
sein.
Im
Anschluss an sein Studium fand Bttner zunchst als Oboist und Bratscher eine
Anstellung in Bremerhaven, dann in Majori bei Riga, und ab 1892 im Dresdner
Gewerbehaus-Orchester. Zu dieser Zeit begann er auch mit der Leitung von
Arbeiterchren, und zeitlebens blieb er ein berzeugter und loyaler
Kunsterzieher der Arbeiterklasse, was sich auch in seiner politisch linken
Haltung zum Ausdruck brachte. 1896 wurde er als Chorgesangslehrer ans
Knigliche Dresdner Konservatorium verpflichtet, und bald darauf unterrichtete
er ebendort auch Musiktheorie. Mit dem Chor des Konservatoriums brachte er die
groe polyphone Literatur von Palestrina ber Bach zu Brahms und Draeseke zur
Auffhrung. Auerdem dirigierte er das Dresdner Eilers-Orchester und gab mit
dem Gewerbehaus-Orchester vornehmlich Konzerte fr die Arbeiterschaft.
Ohne
jede Aussicht auf Auffhrungen schrieb Paul Bttner die ersten drei seiner vier
Symphonie nieder, die den gewichtigsten Teil seines uvres bilden: 1898 die
Erste Symphonie in F-Dur, 1902 die Zweite Symphonie in G-Dur, und 1910 die
Dritte Symphonie in Des-Dur.
1907
gab er seine Stellung am Dresdner Konservatorium auf, was teils auf
Arbeitsberlastung, teils auf interne Auseinandersetzungen zurckzufhren ist,
und war fr das folgende Jahrzehnt hauptschlich als Leiter seiner
Chorgemeinschaften ttig, mit Arbeiterchren von bis zu 200 Mitwirkenden. Auch
trat er regelmig als Dirigent der Symphoniekonzerte des Jugendbildungsvereins
der Dresdner Arbeiterschaft auf, deren Programme sich bei fr jedermann
erschwinglichen Eintrittspreisen von der Symphonik Haydns, Mozarts, Beethovens
und Schuberts ber Liszt bis zu Draeseke, Busoni und seinem eigenen Schaffen
erstreckten. Ab 1913 war ihm seine jdische Frau Eva als professionelle
Pianistin und Kunstkritikerin der Dresdner Volkszeitung bei der Verfassung von
Werkeinfhrungen behilflich und hielt Einfhrungsvortrge mit
Klavierbeispielen.
1915
setzte, dank der Urauffhrung der Dritten Symphonie, der berwltigende Erfolg
der Bttnerschen Symphonik ein, was neben Wiederauffhrungen auch die
Urauffhrungen der ersten zwei Symphonien an prominenter Stelle und 1917 die
Komposition seiner Vierten Symphonie in h-moll zur Folge hatte. Wir wissen
nicht, warum Bttner danach keine weitere Symphonie geschrieben hat, doch
zweifelsohne nahmen ihn seine anderen Ttigkeiten zunehmend in Anspruch, und
die Erfolge reichten nicht aus, um sich ausschlielich dem kompositorischen
Schaffen zu widmen. 1918 nahm er seine Lehrttigkeit am Dresdner Konservatorium
wieder auf, nunmehr erweitert um Komposition, Orchesterdirigieren, Chorleitung
und Kammermusik, und bald darauf wurde er zudem zum knstlerischen Direktor des
Konservatoriums gewhlt. Ab 1922 schrieb er berdies als unbestechlicher und
geistreicher Kritiker fr die Dresdner Volkszeitung, und verfasste verschiedene
Schriften und Essays, unter denen Die Kunst zu komponieren hervorzuheben ist
(ein Teil dieser Schriften sowie die meisten seiner Kompositionen befinden sich
heute in der Schsischen Landesbibliothek – Staats- und
Universittsbibliothek Dresden). Paul Bttners intensives ffentliches
Engagement whrte fnfzehn Jahre, bis er als Sozialdemokrat und offener Gegner
des Nationalsozialismus am 18. Mai 1933 von der Konservatoriumsleitung fristlos
entlassen wurde. Seine Werke, deren traditionsverbundene Ausrichtung fr die
Ideologen des Regimes kein Problem dargestellt htte, kamen auf die Liste
unerwnschter Kunst. Auch wurde die Dresdner Volkszeitung verboten, was neben
dem ffentlichen Verstummen die Familie Bttner in akute wirtschaftliche Not
brachte. Es folgten Schikanen wie Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmungen,
gipfelnd in der vorbergehenden Inschutzhaftnahme seiner als Jdin
hochgefhrdeten Frau, die schsische Landtagsabgeordnete der SPD war. Paul
Bttner widmete sich die letzten zehn Jahre seines Lebens, soweit es seine
Krfte zulieen, dem Komponieren, und bestritt sein Leben mhevoll als
Privatmusiklehrer. Als er nach einjhriger schwerer Krankheit am 15. Oktober
1943 verstarb, war seine Frau in der von Juden gesuberten Stadt Freiwild.
Sie tuschte mit Hilfe des Dresdner Arztes Dr. Magerstdt eine Vergiftung vor
und lebte die letzten zwanzig Kriegsmonate in einem Versteck bei der
Rittergutsbesitzerin Frau von Helldorf ber dem Pferdestall des Schlosses Pulsnitz. Unter allen jdischen Musikern, die
teilhatten am von der ffentlichkeit ausgegrenzten jdischen Kulturleben der Stadt
von 1933 bis 1938, sollte Eva Bttner (1886.1969) die einzige sein, die nach
Kriegsende zurckkehrte. Sie wirkte ab 1945 wieder sehr aktiv in der
Kulturpolitik des Kreises Kamenz mit, doch uerte sie sich nie ffentlich ber
ihre Erfahrungen whrend des Dritten Reiches und hinterlie bei ihrem Tode auch
keine Aufzeichnungen ber diese schreckliche Zeit.
Paul Bttner hat, neben einer undatierten Ouvertre in C-Dur und
der ursprnglich zur einaktigen Oper Anka geschrieben Ouvertre in h-moll,
folgende in chronologischer Abfolge aufgelisteten Orchesterwerke hinterlassen:
Slawischer Tanz und Idylle (1896), Saturnalia fr Blasorchester und Pauken
(1898), I. Symphonie F-Dur (1898), II. Symphonie G-Dur (1902), III. Symphonie
Des-Dur (1910), IV. Symphonie h-moll (1917), Prludium, Fuge und Epilog
– eine Vision (1922; ursprnglicher Titel der Erstfassung: Sinfonische
Fantasie Der Krieg), Heroische Ouvertre fr groes Orchester (1925), Fuge
c-moll (1925), Blserstck fr 2 Flten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte,
Horn und 2 Trompeten (1930) und Konzertstck G-Dur fr Violine und Orchester
(1937). Der Groteil der Orchestermusik fand einen Verleger, doch sind nicht
alle dieser Werke gedruckt worden (sogar die IV. Symphonie ist bei Peters nur
als Manuskriptkopie in sehr problematischem Zustand entleihbar).
An
Kammermusik weist das von Peter Voigt erstellte Bttner-Werkverzeichnis auf:
eine Elegie fr Violine, Cello, Harfe, Flten und Hrner (1894), das einst
vielgespielte Streichquartett g-moll (1916), zwei Sonaten fr Violine und
Klavier in c-moll (1917) und in F-Dur (1941), die Trio-Sonate in Kanonform fr
Streichtrio (1930), sowie undatiert: Fantasie-Sonate G-Dur fr Violine und
Klavier, die Kanon-Humoreske Katzenmusik fr 3 Violinen mit unterlegtem Text
von Goethe, und Gedenkblatt fr Violine oder Cello und Klavier. Undatiert
sind auch die Fugen, Menuette und Ghasele fr Klavier solo (letztere als
Formidee wohl inspiriert von Felix Draesekes Fata Morgana. Ein Ghaselenkranz
op. 13 fr Klavier von 1877).
Neben
dem Opern-Einakter Anka schrieb Bttner auch die Operette Das Wunder der
Isis und die Mrchenoper Rumpelstilzchen. Seine Werkliste umfasst auerdem
an Vokalmusik ohne Orchester 11 Mnnerchre, diverse Frauenchre, Terzette und
Lieder, gemischte Chre wie ein achtstimmiges Te Deum, dreistimmige Kanons
auf Goethe- und Hlderlin-Texte, und Kinderchre. Die Vokalmusik mit Orchester
beinhaltet sechs Werke fr Mnnerchor und Orchester, die Rezitative mit
Orchester zu Liszts Chorwerk Der gefesselte Prometheus auf Texte von Richard
Dehmel, Waldesrauschen und das einst sehr beliebte Kinderkonzert Heut und
ewig (nach Des Knaben Wunderhorn) fr Solostimme, Kinderchor und Orchester
(1905).
Im Jahr 1915, also seinem 45. Lebensjahr,
hatte Paul Bttner bereits drei groe Symphonien hchsten Karats geschrieben und war mglicherweise schon lngst mit der Erstellung seiner IV.
Symphonie beschftigt, doch noch keines dieser Werke war erklungen. Er befand sich also in einer
Situation innerer Notwendigkeit, diese Werke zu vollenden, ohne dass er irgendwelche
Rckmeldung oder gar Besttigung von auen bekommen htte. Von umso
entscheidenderer Bedeutung war nun, dass sich mit Nikisch der fhrende Dirigent
jener Zeit seiner Dritten Symphonie annahm. Sie kam im fnften Jahr nach ihrer
Vollendung am 21. Januar 1915 im 14. Konzert der Saison im Gewandhaus zu
Leipzig durch das Gewandhaus-Orchester unter seinem Chefidirigenten Arthur
Nikisch zur Urauffhrung. Musiker und Publikum waren ergriffen und in hchster
Bewunderung, und auch die Begeisterung der Presse berstieg jedes herkmmliche
Ma vorbehaltloser Wrdigung, was sich schnell herumsprach und dann vor allem
in den Kritiken zur Berliner Erstauffhrung durch die Knigliche Hofkapelle im
Oktober 1917 seinen aufrttelnden Niederschlag fand. So berichtete der noch
heute als einfhlender Biograph Schuberts, Schumanns und Mendelssohns bekannte
Walter Dahms (1887-1973, ab 1935 in Lissabon in zweiter Identitt unter dem
Pseudonym Gualtrio Armando ttig) am 19. Oktober 1917 im Nachhall dieser
Auffhrung: Mit einer ganz auerordentlichen Tat begann Richard Strauss die
dieswinterliche Konzertreihe im Knigl. Opernhause. Er berlie den Taktstock
dem Komponisten Paul Bttner aus Dresden, der hier seine dritte Sinfonie in
Des-dur zum ersten Male zur Auffhrung brachte. Mit freudiger Genugtuung
verzeichnen wir diese Tatsache, dass diesem Tondichter, der schon auf eine
groe Reihe bedeutungsvoller Werke zurckblicken kann, sich nun endlich auch
der uere Erfolg zuwendet. Die ersten Orchester Deutschlands spielen seine
Sinfonien, die berall mit heller Begeisterung von den Musikverstndigen
aufgenommen werden. Kein Wunder, spricht sich doch in diesen Werken endlich
einmal der von uns allen so sehnschtig erwartete Vollblutmusiker, der
Komponist von Gottes Gnaden aus. Niemand beklage die Armut unserer Zeit an
wahrhaft schpferischen Talenten, wenn Leute wie Paul Bttner unter uns leben
und wir nun auch das Glck haben, uns – wie in diesem Falle – an
ihrem Schaffen erfreuen zu knnen. Kurz gesagt: Paul Bttner ist ein Meister,
seine Des-dur-Sinfonie ein Meisterwerk fr jeden, dessen Seele noch empfnglich
ist fr die gewaltige Sprache des Genius. Aus den Niederungen des Alltags fhrt
uns der Tondichter in die Hhen festlichen Erlebens. Grenzenlos ist der
Ausblick, feierlich erhaben die Stimmung, die uns durchdringt. Was Bttner vor
so vielen anderen Tondichtern von heute auszeichnet, ist die innere
Wahrhaftigkeit seiner Musik, die berquellende Flle der Eingebung, die
Spannkraft, die Wucht, der Schwung und die Gre seiner Gedanken. Hier werden
weitreichende melodische Bogen gezogen und die eherne Rhythmik ist von der
ungebrochenen Urkraft eines Naturereignisses. In Schubert und Bruckner wurzelt
dieser neue Meister. Er ist gewaltig und lieblich wie sie, seine Fantasie ist
wie die ihre von unerschpflichem Reichtum und die Melodien, die er
verschwenderisch ausschttet, tragen alle den mystischen Stempel des
Ewiggeborenen. Und wie alle groen Meister der Musik liebt er es, seine
Melodien aus den Stufen des Dreiklanges aufzubauen. Er meielt daraus Motive,
die mit ihrem majesttischen Quintenschritt das Erhabene verkrpern und
wiederum schmeichelt er dem Dreiklang Melodien von unendlicher Sehnsucht und
Se ab. Kein Tasten kein Suchen, kein Haschen nach Effekten –, sondern
nur der sichere Griff des seiner selbst bewussten Meisters. Vielleicht sagt
dieser oder jener: Bttners Melodik sei zu einfach. Dem sei geantwortet, dass
alles Groe einfach erscheint. Auch Bttner wird es erfahren, dass Dummheit und
Anmaung ihn bekritteln. Aber ihm hat das gtige Schicksal einen festen Stab
fr die beschwerliche Wanderung zum Parnass gegeben: die groe
leidenschaftliche Seele des Knstlers, dem es vergnnt ist, in klingenden
Werken auszusprechen, was an Freuden und Schmerzen ein Menschenherz bewegt
— kurz: Genie.
Im
Mittags-Konzert wurde Bttner sehr gefeiert. Die Knigl. Kapelle spielte sein
Werk mit Begeisterung. Es war ein Erlebnis, das uns unverloren bleiben wird.
Der Rezensent S. des Vorwrts zog ber das selbe Konzert
anschlieend folgendes Fazit: Es war eines der wenigen wirklich groen und
nachhaltigen Ereignisse unseres berreichen Berliner Musiktreibens. [] Die
Des-dur-Sinfonie zeigt eine Reife und Ursprnglichkeit der Eingebung, eine
bezaubernde Klangschwelgerei in der farbenreichen Orchesterbehandlung, eine
Geschlossenheit in der Verarbeitung der Themen, die dieses Werk von der ersten
bis zur letzten Note zu einem der fesselndsten der ganzen neueren Sinfonik
machen. Wir erkennen mit Genugtuung, dass Bttner einen eigenen Stil von
ausgeprgter Selbstndigkeit hat, der das Erhabene mit dem Beschaulichen, das
Dramatische mit dem Lyrischen wunderbar vereinigt. Die Ideale einer flammenden
Seele, eines strmischen Wollens und innigen Empfindens finden ihre schnste
Verkrperung in diesem Meisterwerk. Wir werden im tiefsten Innern gepackt von
der rckhaltlosen Wahrhaftigkeit des Ausdrucks und der Kraft der berzeugung,
die aus den Tnen Bttners zu uns spricht. [] Wir gren ihn heute als den
langersehnten Tondichter, der unserer Zeit wieder das reine beglckende
Erlebnis einer aus innerstem Herzen erwachsenen Hhenkunst bringt.
An
anderer Stelle resmierte selbiger S. angesichts der unverhofften
Erfolgsserie von Bttners Musik seit der Urauffhrung der Dritten Symphonie
unter Nikisch: Bttner, der aus den einfachsten Verhltnissen emporgestiegen
ist, und der das Musikertum zu Genge ausgekostet hat, kmmert sich nicht um
die sthetischen und modischen Forderungen des Tages. Seine Musik ist die
Sprache seines Herzens. Mit schlichen Worten sagt er es selbst: ber die Idee
der Des-dur-Sinfonie, die mir eingegeben worden ist und die ich als treuer
Knecht in die reinste Form, die ich beherrsche, gekleidet habe, mag ich nicht
sprechen. Mge sie selbst zu den Seelen sprechen. []
Paul
Bttner hat wie alle Groen die Tugend des Wartenknnens erproben mssen. 18
Jahre lang hat die Partitur seiner ersten Sinfonie im Pult gelegen, ehe sie zum
Erklingen kam. Eine groe Reihe bedeutsamer Schpfungen sind unterdes von ihm
verwirklicht worden. Nun aber ist das Eis gebrochen. Deutschlands erste
Kunstinstitute, die Kniglichen Kapellen in Dresden und Berlin, das
Gewandhaus-Orchester in Leipzig, haben sich seiner Sinfonien angenommen. Und
berall ist die Begeisterung der aufrichtigen empfnglichen Zuhrer dieselbe
berstrmende. Dem nun bald Fnfzigjhrigen wird jetzt die Genugtuung der
Verehrung der Besten.
Bezugnehmend
auf die vier Symphonien und das Streichquartett g-moll schreibt Eugen Schmitz
in einem Wrdigungsartikel zu Paul Bttners sechzigstem Geburtstag am 10.
Dezember 1930: Mit den musikalischen Zeitstrmungen des zwanzigsten
Jahrhunderts hat also keines der fnf Meisterwerke Bttners etwas Wesentliches
zu tun. Nicht mit der Programmusik des Richard-Strauss-Kreises, noch weniger
mit der schon wieder im Versinken begriffenen atonalen Mode. Bttner ist wie
Brahms und Reger ein Musiker, der gegen die Zeit geschaffen hat. Hchstens an
Einzelheiten der Technik, also etwa der sehr khnen und eigenartigen (aber
stets streng tonalen) Harmonik und der eine Synthese zwischen Bruckner und
Richard Strauss ziehenden Instrumentation knnte man, sofern man es nicht schon
wsste, erraten, dass Bttners Musik im zwanzigsten Jahrhundert geschrieben
wurde.
Das
Konzertstck in G-Dur fr Violine und Orchester vollendete Bttner 1937,
inmitten groer Schwierigkeiten und weitestgehender Hoffnungslosigkeit, was die
politische, knstlerische und
gesellschaftliche Zukunft Deutschlands betraf. Sein Schaffen stand zwar
auf keiner offiziellen Liste entarteter oder sonstwie verbotener Kunst, doch
war es wie dasjenige anderer vormals in der sozialistischen Arbeiterbewegung
Ttiger wie etwa Heinz Tiessen oder auch Max Butting unerwnscht und vom
Mainstream des Musiklebens ausgeschlossen. Zur Urauffhrung gelangte Bttners
Konzertstck, das als groer Variationssatz in seiner expressiven
Mannigfaltigkeit zugleich Zge eines Violinkonzerts in einem Satz trgt, nicht
lange nach Kriegsausbruch am 10. Dezember 1939 in der Mnchner Tonhalle durch Konzertmeister
Rudolf Schne und die Mnchner Philharmoniker unter Adolf Mennerich (1902-66).
1941 erklang es erstmals in Dresden, gespielt von Jan Dahmen (1898-1957) und
der Schsischen Staatskapelle unter Paul van Kempen (1893-1955). Ein Jahr nach
Kriegsende, Anfang Mai 1946, kam es zu einer weiteren Dresdner Auffhrung durch
Rohtraut von Koerber in einem Konzert der Dresdner Philharmonie. Seither ist es
still geworden um dieses so substanzielle wie bezaubernd wirkungsvolle Werk.
Es ist als Glcksfall zu betrachten, dass Bttner zwei Jahrzehnte
nach dem Abschluss seiner Vierten und letzten Symphonie und mehr als ein
Jahrzehnt nach der Heroischen Ouvertre von 1925 noch dieses einzige spte
Orchesterwerk vollendet hat. Lngst hatte der Nationalsozialismus seinen Namen
komplett aus dem Bewusstsein der ffentlichkeit verdrngt, und diejenigen, die
sein Schaffen liebten, mgen zwar zumindest in Dresden noch zahlreich gewesen
sein, hatten jedoch seit Jahren fast keine Gelegenheit mehr gefunden, ihm irgendwie
zu begegnen. Bttner war ein Mythos unter Kennern geworden, den man als
Menschen behandelte, als sei er bereits verstorben, und als Komponisten, als
sei er entartet. Nach dem Konzertstck hat Bttner 1941-42 mit der wundervoll
eigentmlichen Zweiten Sonate fr Violine und Klavier in F-Dur nur noch ein
weiteres greres Werk zu Papier gebracht, welches dann erst nach dem Krieg am
10. Dezember 1946 in Dresden durch Charles Funke (Violine) und Hans Dieter
Wagner (Klavier) postum zur Urauffhrung kam.
Nach der Dresdner Erstauffhrung des Konzertstcks schrieb Karl
Laux (1896-1978) 1941 in den Dresdner Neuesten Nachrichten: Bttner versteht
fr die Geige zu schreiben, er gibt dem Solisten viele Mglichkeiten zu
brillieren, ohne dass das Virtuose Selbstzweck wird. Immer ist der Solist Teil
des Ganzen, immer trgt er das Seine dazu bei, ein Thema von fast
Beethovenscher Einfachheit in ein vielfltiges Licht zu rcken. Diese
Variationen sind das Kernstck des Werkes, abgeschlossen werden sie in interessanter
Weise von einem gleichsam sinfonischen Epilog, der selbstndig ist, aber doch
auf die Variationen Bezug nimmt. Die reiche Abwechslung in der Folge der
Variationen, ihre Gegenstzlichkeit, die einschmeichelnde Melodik, das wie
angegossen sitzende Instrumentalkleid verfehlten ihre Wirkung nicht
Der
Rezensent der Schsischen Zeitung vom 8. Mai 1946 konstatierte reiche
Erfindung im Melodischen, ausgesprochenen Klangsinn im Orchestralen, souverne
Beherrschung der Satztechnik, Vielseitigkeit der Rhythmik, vollendetes
Formgefhl und Kenntnis der Eigenart des Soloinstruments. Daher ist das Werk
nicht nur ein dankbares Stck fr den Solisten, sondern auch eine wirklich
wertvolle Bereicherung der musikalischen Literatur. Anlsslich der gleichen
Auffhrung bemerkte Carl Schne in Kamenz: Nach einer erregten Einleitung
fesselt vor allem das weitgespannte melodise Hauptthema, das in einigen
Variationen abgewandelt wird. Glnzend ist dabei die Sologeige behandelt, die
trotz ihrer gleichsam sinfonischen Mitgestaltung doch stets virtuos fhrt.
Bei
all der Begeisterung nimmt es nicht Wunder, wenn sich auch Bttners Kollegen in
die Schar der Bewunderer einreihten. Paul Scheinpflug (1875-1937) gratulierte
ihm schlicht: Dem letzten groen Sinfoniker herzliche Wnsche! Carl Schuricht
(1880-1967) schrieb: Darf ich Sie bitten, hochverehrter Meister, mich zu den
Bewunderern Ihres prachtvollen Schaffens zu zhlen. Ich hoffe, bald weitere
Werke von Ihnen kennenzulernen und meinen Empfindungen fr Sie durch die Tat Ausdruck
geben zu knnen. Joseph Keilberth (1908-68) verlieh 1948 der Hoffnung
Ausdruck, bei Gelegenheit wieder ein Werk Paul Bttners ansetzen zu knnen,
und Robert Heger (1886-1978) bemerkte 1949, dass ich die Kompositionen Paul
Bttners immer als die Werke eines ernst schaffenden und tief schrfenden
Musikers angesehen habe.
Christoph Schlren, Juni 2015
Auffhrungsmaterial ist erhltlich vom Musikverlag Edition Peters, Frankfurt am Main
(www.edition-peters.de). Vorliegende Partitur ist ein Nachdruck des Paul
Bttnerschen Autographs nach der Reproduktion des Verlags C. F. Peters, Leipzig.
Hellmuth Pattenhausen zu Paul Bttners 60. Geburtstag im Dezember
1930:
Paul Bttner ist ein deutscher Musiker, genauer gesagt:
derjenige, dem wir es zu danken haben, dass die Reihe der groen sinfonischen
Meister nach Brahms und Bruckner nicht abgerissen ist, sondern fortlebt bis in
den heutigen Tag, bereichert um einen Neuen, der in der Kunstgesinnung der
Alten wurzelt, aber dennoch ein neues Gesicht zeigt. Und es ist
schlechterdings unmglich, ihn als Epigonen zu stempeln. [] Im Gegenteil sind
Kraft, Stolz und persnliches Schpfertum die Zeichen, die Bttners Musik an
die Stirn geschrieben sind. Diese Zeichen wurden von Fachleuten und Laien
erkannt oder gefhlt, als der Name des Komponisten vor 15 Jahren durch die
Urauffhrung seiner 3. Sinfonie unter Arthur Nikisch pltzlich hell beleuchtet
wurde. Diese und die folgende Auffhrungen der vier Sinfonien in den nchsten
Jahren (Berlin, Dresden, Stuttgart, Mnchen, Dsseldorf usw.) erfahren ein fast
einstimmiges Urteil: man rhmt die groangelegte Architektur dieser Musik, man
rhmt das elementare Leben, den rhythmischen Schwung, die schne Harmonie
dieser Musik, man rhmt endlich das ungeheure rein fachliche Knnen eines
Meisters, man rhmt – und das mchten wir heute als das Staunenswerteste
in diesen sinfonischen Werken ansehen – die unerschpfliche melodische
Erfindung. Bttners Melos hat das Merkmal aller groen Melodie: sie geht leicht
ins Ohr, drinnen aber, in der Seele oder im ganzen Menschen, offenbart sie ihre
Bedeutung, blht und wchst in die Tiefe und in die Hhe zugleich als Urbild
des Kosmos und des menschlichen Gemts, bald unendlich zart, bald kraftvoll
gebndigt, bald ungestm fordernd und wild Und diese Musik ist seit einer
Reihe von Jahren verstummt! [] Was sollen nun die Zeitgenossen sagen von
einem, der mit groem Blick ber das ganze Getriebe hinwegsieht, nicht anders,
als wre es gar nicht vorhanden?
Paul Bttner
(b. Dresden, 10 December 1870 – d.
Dresden, 15 October 1943)
Konzertstck in G major for Violin and
Orchestra
(1937)
Allegro (p. 1) – Andante (p. 6) – Poco pi moto (p.
11) – Beschwingt (p. 16) – Agitato (p. 25) –
Adagio (p. 40) – Allegro (p. 51) – Vorwrts! (p. 70)
– Andante (p. 73) – Allegro molto (p. 77)
Preface
In
our day, when new discoveries are made and forgotten or misplaced things
unearthed on a daily basis, it seems strange that suddenly a titan should
resurface whose greatness stands beyond question at first hearing, and whose
music gains in depth, breadth, and grandeur with each repeated listening. That
this composer is entirely unknown (I knew of him by name but had never heard
any of his works in concert, and only one of his major creations, the Fourth Symphony, has been released on CD, in an historic recording from East
Germany), should give us pause. It sheds glaring light on the functioning of a
music scene that takes notice of practically nothing outside the most popular
names, trends, and fashions. Yet there were times when conservatives considered
Paul Bttner the great white hope of the German symphony, when his symphonies
and other works were performed by conductors of the stature of Arthur Nikisch,
Fritz Busch, Joseph Keilberth, Carl Schuricht, Fritz Stein, Paul Scheinpflug,
Hermann Kutzschbach, Paul van Kempen, Rudolf Kempe, Heinz Bongartz, and Rudolf
Mauersberger, heading such ensembles as the Dresden Court Orchestra and the
Berlin Royal Orchestra (each today called Staatskapelle), the Leipzig
Gewandhaus Orchestra, or the Berlin RSO. Is it possible for symphonies of such
towering significance, having once enraptured large audiences, to be plunged
permanently into oblivion? The example of Paul Bttner, one of musics great
anachronistic figures, serves as a object-lesson in how changes from
favorable to unfavorable circumstances can ensure that this happens not just
once but twice. First, in his fifties, he was suddenly thrust into the bright
glare of adulation; then, more long-lastingly and less spectacularly, his music
was honored and cultivated posthumously by the young state of East Germany, but
made practically no impression on the western half of the country on the
opposite side of the Iron Curtain, much less elsewhere. For all its quality, splendor, and
beauty, Bttners music never managed to cross national borders; it remained a
German phenomenon in two doomed nation-states, and in each case as part of a
doomed culture. Only today do we again recognize in Bttner one of the supreme
masters of his generation and a completely natural conduit of the German
symphonic tradition from Beethoven and Schubert via Bruckner and Brahms,
organically evolving, highly diverse, spaciously modulating, and with
inexhaustibly rich and brilliant orchestration, never concerned with effects
for their own sake and holding listeners spellbound with its musical imagery.
Bttners music, though independent in the subtlety of its resources and its
transcendent, monumental courage, was never revolutionary. Yet neither does it
sound out of date when we hear it today. Its quality is timeless, manifest in
infallible skill, and it opens up a limitless universe.
Bttner
was born in Dresden into modest circumstances, his father being a peasant from
the Ore Mountains. He began taking violin lessons at the age of eight and later
studied oboe and viola at Dresden Conservatory. There he soon proved to be the
most gifted and profound student in the composition class of Felix Draeseke
(1835-1913), where he mastered the composers craft in the most thorough and
comprehensive way imaginable. It should come as no surprise that Draesekes
best student would later write such a contrapuntal masterpiece as the Sonata for String Trio, of which the Dresdner Nachrichten had the following to say in 1930:
Six
short movements in the form of a canon with inversions in invertible
counterpoint – at the 12th! It is one of a kind in the musical
literature, the higher mathematics of compositional technique when one reads
and analyzes it. Yet the entire piece is a genuine work of art, soaring freely
within its self-imposed strictures and sounding so graceful that it was a
delight to hear.
The
Dresdner Anzeiger came
to a similar conclusion:
This
compositional mastery is displayed to a degree in Bttners Sonata for String Trio, which employs, in its structure, the
most convoluted and intricate forms of canon imaginable. Yet despite its barely
fathomable difficulties, the little piece had an astonishing sound, as if none
of this were lurking within it. Indeed, it is a superb example of an art in
which technical skill and a comprehensive mastery of form are taken for granted
and descend into the realm of givens. What we hear instead is the overall sonic
image, which operates within us at the deepest possible level.
Indeed,
the especially striking thing about Bttners music is the way in which the
most elaborate and time-hallowed contrapuntal devices spring into life and
never sound arid or didactic. Rather, they seem to emerge from the given moment
in free imaginative flight, and yet form such a convincing unity, whether in
the small or in the large, as if it could be no other way.
After
completing his studies, Bttner first worked in Bremerhaven as an oboist and
viola player, then in Majori near Riga, and from 1892 in the Dresden
Gewerbehaus Orchestra. At that time he also began to direct workers choruses;
to the end of his days he remained a staunch and loyal educator of the working
classes, which also found expression in his left-wing stance. In 1896 he was
retained to teach choral singing at Dresden Conservatory, where he shortly
thereafter also taught music theory. He conducted the Conservatorys chorus in
the great polyphonic literature from Palestrina and Bach to Brahms and
Draeseke. He also headed Dresdens Eilers Orchestra and gave concerts with
the Gewerbehaus Orchestra, primarily for audiences of workers.
Bttner
wrote the first three of his four symphonies – the core of his oeuvre
– without any prospect of performance. The First,
in F major, was composed in 1898; the Second,
in G major, in 1902; and the Third, in D-flat major, in
1910. In 1907 he gave
up his position at Dresden Conservatory, partly due to overwork and partly due
to internal quarrels. The next ten years were mainly spent conducting
his choral societies, including workers choruses of up to two-hundred singers.
He also regularly conducted the
orchestral concerts of the Youth Education Association of the Dresden
Workforce, whose programs, all at affordable prices, ranged from the symphonies
of Haydn, Mozart, Beethoven, and Schubert to Liszt, Draeseke, Busoni, and his
own creations. From 1913 his Jewish wife Eva, a professional pianist and art
critic for the Dresdner Volkszeitung,
helped him to write his program notes and delivered introductory lectures with
examples at the piano.
The
triumphant success of Bttners symphonies began with the premire of the Third in 1915. It was followed by prominent
repeat performances, the premires of his first two symphonies, and, in 1917,
by the composition of his Fourth Symphony,
in B minor. It is uncertain why he never composed any symphonies thereafter; no
doubt his other activities placed severe demands on his time, and the successes
were insufficient to ensure that he could devote himself entirely to composing.
In 1918 he resumed teaching at Dresden Conservatory, his courses now expanded
to include composition, orchestral conducting, choral conducting, and chamber
music. Soon he was also elected the Conservatorys director. As if that were
not enough, beginning in 1922 he wrote high-minded, witty reviews for the Dresdner Volkszeitung as well as various articles and essays,
of which Die Kunst zu komponieren (The
Art of Composing) deserves special mention. (Some of these writings and most of
his compositions are preserved today in the Saxon State and University Library,
Dresden.) Bttners active life in the public eye lasted fifteen years until 18
May 1933, when, being a Social Democrat and an open opponent of National
Socialism, he was dismissed without notice from the directorship of the
Conservatory. His works, whose traditionalist leanings would have made them
perfectly acceptable to the ideologues of the new rgime, were blacklisted. The
Dresdner Volkszeitung was
likewise banned, which, together with his public ostracism, plunged Bttners
family into severe financial straits. This was followed by acts of harassment,
such as search warrants and confiscations, culminating in the temporary
imprisonment of his Jewish wife, a Social Democratic member of the Saxon State
Parliament. Bttner devoted the final decade of his life, strength permitting,
to writing music and eked out a meager living as a private music teacher. When
he died on 15 October 1943 after a year-long illness, his wife became fair game
in the city, now cleansed of its Jewish population. With the help of a
Dresden physician, Dr. Magerstdt, she feigned a case of poisoning and spent
the last twenty months of the war hiding in the horse stables of Pulsnitz
Castle on a manorial estate owned by Frau von Helldorf. Of all the Jewish
musicians who had taken part in the citys cultural life from 1933 to 1938,
expelled from public view, Eva Bttner (1886-1969) was the only one to return
after the war. She again became very active in the cultural politics of the Kamenz district, but never did she
express herself in public on her experiences during the Third Reich; nor at her
death did she leave behind any notes on this terrible period.
In addition to an undated Overture in C major and the Overture in B minor (originally written
for the one-act opera Anka), Bttner
left behind the following orchestral works, listed here in chronological order:
Slavonic Dance and Idyll
(1896), Saturnalia for
wind band and timpani (1898), First Symphony in
F major (1898), Second Symphony in
G major (1902), Third Symphony in
D-flat major (1910), Fourth Symphony in
B minor (1917), Prelude, Fugue and Epilogue: A Vision
(1922; first version originally entitled Symphonic Fantasy: War), Heroic Overture for full orchestra (1925), Fugue in C minor (1925), Wind Piece for two flutes, two oboes, two clarinets,
two bassoons, horn and two trumpets (1930) and Konzertstck in G major for violin and orchestra
(1937). The bulk of his orchestral music found publishers, but not all of them
were actually published; even the Fourth Symphony is
available from Peters only in a manuscript in very questionable condition.
Peter
Voigts catalogue of Bttners works lists the following pieces of chamber
music: Elegy for
violin, cello, harp, flutes and horns (1894); the once popular String Quartet in G minor (1916); two sonatas for violin and piano,
one in C minor (1917) and the other in F major (1941); Trio Sonata in the Form of a Canon for
string trio (1930); plus the undated works Fantasy-Sonata in G major for violin and piano, Canon-Humoresque (Katzenmusik) for three violins with underlaid text
by Goethe, and Gedenkblatt for
violin or cello and piano. Likewise undated are the fugues, minuets, and Ghasele for solo piano, the latter being a formal
idea probably inspired by Felix Draesekes piano piece Fata Morgana: Ein Ghaselenkranz,
op. 13 (1877).
Besides the one-act opera Anka, Bttner also wrote
an operetta Das Wunder der Isis and the fairy-tale opera Rumpelstilzchen. His list of works also includes vocal music without
orchestra: eleven mens choruses, various womens choruses,
trios, lieder, mixed choruses (such as an eight-voice Te Deum), three-part canons on texts by Goethe
and Hlderlin, and childrens choruses. The vocal music with orchestra includes
six pieces for mens chorus and orchestra, Recitative with Orchestra for Liszts Choral Work Prometheus Bound
(after Richard Dehmel), Waldesrauschen,
and the once highly popular childrens concert Heut und ewig (after Des Knaben Wunderhorn) for solo voice, childrens chorus and
orchestra (1905).
By
1915 Bttner, then in his forty-fifth year, had already written three
top-caliber full-length symphonies and may well have already embarked on his Fourth. Yet none of these works had been given a
hearing. He found himself in a situation of inner necessity to complete these
works without receiving any feedback or even acknowledgement from the outside
world. It was thus all the more significant that the leading conductor of the
age, Arthur Nikisch, decided to take on the Third. On 21 January 1915, fives years after
its completion, it was premired in the fourteenth concert of the Leipzig
Gewandhaus, with the Gewandhaus Orchestra headed by its principal conductor
Nikisch. Also included on the program were Gustav Mahlers Urlicht, Wo die schnen Trompeten blasen, and
Das irdische Leben,
Franz Schuberts Der Wegweiser
and Die Post (from
Die Winterreise)
as well as Der Erlknig (all
sung by Maria Freund), and, for orchestra alone, Carl Goldmarks Sakuntala Overture, op. 15. The musicians and the audience
were left deeply moved and full of admiration; even the critics went well
beyond the standard level of unreserved approval. The word soon spread, leaving
a deep mark especially on the reviews of the Berlin premire, given by the
Royal Court Orchestra in October 1917. Walter Dahms (1887-1973), a critic still
valued today for his empathetic biographies of Schubert, Schumann, and
Mendelssohn (from 1935 he adopted a second identity in Lisbon under the
pseudonym of Gualtrio Armando), captured the reverberations of this performance
on 19 October 1917:
Richard
Strauss opened this winters concert series in the Royal Opera House with a
quite extraordinary feat. He handed the baton to the Dresden composer Paul
Bttner, who thereupon conducted his Third Symphony in D-flat major for the first time in our
city. With joyful satisfaction we note that this composer, who can already look
back on a large number of major works, is finally being fted by the outside
world. Germanys leading orchestras are playing his symphonies, which are
greeted with visceral excitement by music connoisseurs everywhere. No wonder,
for in these works we can at last hear the longingly awaited natural musican,
the composer blessed by Gods grace. No one need complain about the paucity of
truly creative talents in our time when men like Paul Bttner live among us and
we have the good fortune, as in this case, to savor their creations. In short,
Paul Bttner is a master, and his D-flat major
Symphony a masterpiece for anyone whose soul is
still receptive to the mighty language of genius. He leads us from the nether
regions of everyday life to the heights of festive experience. The prospect is
limitless, the mood that penetrates us solemn and sublime. What distinguishes
Bttner from so many other composers of today is the intrinsic verity of his
music, its overflowing wealth of inspiration, its tension, vehemence, buoyancy,
and lilt, the grandeur of its ideas. Here far-reaching arcs of melody are
constructed, and the iron rhythms have the unbroken primeval strength of a force majeur. This new master is rooted in Schubert
and Bruckner. He is just as powerful and lovely as they; his imagination is,
like theirs, of inexhaustible richness; and the melodies that he lavishes upon
us bare the mystic emblem of a man born to the eternal. And like all the great
masters of music, he loves to construct his melodies on the steps of the triad.
From them he chisels out motifs that embody the sublime with their majestic
progressions of a 5th, and then coaxes melodies of infinite longing and
sweetness from the very same triads. No groping, no seeking, no toying with
gimmickry: just the sure assured touch of the self-confident master. Perhaps
someone or another will say that Bttners melodies are too simple. To them
we shall reply that all grandeur seems simple. Bttner, too, will discover that
stupidity and presumption will cavil at him. But a benevolent Fate has given
him a firm staff with which to travel the difficult path to Parnassus: the
great and passionate soul of an artist who is granted to pronounce in sound the
things that cause joy and pain in the human heart. In short: genius.
Bttner
was uproariously celebrated in the noonday concert. The Royal Orchestra played
his work with enthusiasm. It was an experience that shall ever remain in our
memory.
The
reviewer of Vorwrts, a
certain S, drew the following conclusion from the same concert:
It
was one of the few truly great and lasting events of our overly saturated
musical goings-on in Berlin. [] The D-flat major Symphony reveals a maturity and originality of
inspiration, an enchanting feast of sound in the multi-colored treatment of the
orchestra, a consistency in the development of the themes, that make this work
from first note to last one of the most riveting of all recent symphonies. We
acknowledge with satisfaction that Bttner commands his own striking and
strongly independent style that marvelously unites the sublime and the
meditative, the dramatic and the lyrical. The ideals of an ardent soul, a
tempestuous will, and intimate sensitivity find their finest embodiment in this
masterpiece. We are seized in our innermost being by the ruthless truthfulness
of expression and the power of conviction that speaks to us from Bttners
music. [] We welcome him today as the long-awaited composer who restores to
our age the pure and exhilarating experience of lofty art brought forth from
the deepest reaches of the heart.
Elsewhere
the same S discusses the unexpected series of triumphs undergone by Bttners
music since the premire of the Third Symphony
under Nikisch:
Bttner,
who arose from the most modest of circumstances, and who has savored the
musicians lot to the last draught, is unconcerned with the aesthetic and
fashionable demands of our time. His music is the language of the heart. To
quote his own plain words, I do not wish to talk about the idea which was
given to me for the D-flat major
Symphony, and which, as
a loyal servant, I have clothed in the purest form at my command. May the symphony
itself speak to the soul. [] Like all great men, Paul Bttner has had to
practice the virtue of being able to wait. The score of his First Symphony had to lay on his writing desk for
eighteen years before it received a hearing. Since then a large number of
significant creations have flowed from his pen. Now the ice has been broken.
Germanys foremost artistic institutions – the Royal Orchestras of
Dresden and Berlin, the Gewandhaus Orchestra in Leipzig – have take up
the cause of his symphonies. And everywhere the enthusiasm of truly receptive
listeners has been the same: overwhelming. The composer, soon to turn fifty,
now has the satisfaction of being revered by the very best.
Eugen
Schmitz, writing an appreciation for Bttners sixtieth birthday on 10 December
1930, specially singled out the four symphonies and the G-minor String Quartet:
None
of Bttners five masterpieces relate in any essential way to the musical
currents of our century. Not the program music of the Richard Strauss circle,
still less the fashion for atonality, already in the process of vanishing from
sight. Bttner, like Brahms and Reger, is a musician who creates against his
age. At most the details of his technique – his very bold and distinctive
(but always strictly tonal) harmonies and his orchestration, a synthesis of
Bruckner and Richard Strauss – might lead us to guess, if we did not
already know it, that Bttners music was written in the twentieth century.
Bttner
completed his G-major Konzertstck for
violin and orchestra in 1937 amidst great hardships and deep despondence
regarding the political, artistic, and societal future of Germany. True, his
works did not stand on any official list of degenerate or otherwise prohibited
art. Nevertheless, like the music of other composers formerly active in the
socialist workers movement, such as Heinz Tiessen or Max Butting, it was
thought undesirable and excluded from the mainstream of musical life. The Konzertstck is a large set of variations in a single
movement that bears traits of a violin concerto in its range and variety of
expression. Its first hearing took place on 10 December 1939, shortly after the
outbreak of war, in the Munich Tonhalle, with concertmaster Rudolf Schne as
soloist and the Munich Philharmonic conducted by Adolf Mennerich (1902-1966).
Its Dresden premire was given in 1941 by Jan Dahmen (1898-1957) and the Saxon
Staatskapelle, conducted by Paul van Kempen (1893-1955). In early May 1946, a
year after the cessation of hostilities, it was again performed in Dresden,
this time by Rohtraut von Koerber in a concert of the Dresden Philharmonic.
Since then, silence has descended on this substantial and magically effective
work.
That
Bttner managed to complete this sole orchestral work of his late period, two
decades after finishing his final Fourth Symphony and
more than a decade after the Heroic Overture (1925),
is a great stroke of luck. Nazi officialdom had long expunged his name from
public awareness, and for years the many listeners (at least in Dresden) who
loved his music were given practically no opportunity to encounter it in any
shape or form. Bttner had become a myth among connoisseurs, a man treated as
if he were already dead, and a composer treated as if he were degenerate.
Following the Konzertstck,
Bttner completed only one further large-scale work: the marvelously
idiosyncratic Sonata No. 2 in F major for Violin and
Piano (1941-42), which had to wait until after
the war for its posthumous premire, given in Dresden on 10 December 1946 by
Charles Funke (violin) and Hans Dieter Wagner (piano).
In
1941 the Dresden premire of the Konzertstck prompted
the following response from Karl Laux (1896-1978) in pages of the Dresdner Neueste Nachrichten:
Bttner
knows how to write for the violin; he gives the soloist many opportunities to
display brilliance without letting virtuosity become an end in itself. The
soloist always forms part of a whole and does his part to cast a theme of
almost Beethovenian simplicity in a varied light. These variations are the
heart of the work, interestingly rounded off as it were by a symphonic epilogue
that is at once independent of and related to them. The rich array in the
series of variations, their sharp contrasts, the ingratiating melody, an
instrumental garb that fits like a glove: none of this failed to achieve its
impact.
The
critic of the Schsische Zeitung of
8 May 1946 detected a wealth of invention in the melodic writing, a refined
sense of sound in the handling of the orchestra, a full command of
compositional technique, variety of rhythm, a consummate sense of form, and a
sound grasp of the individuality of the solo instrument. The work is thus not
merely a rewarding for the soloist but a truly valuable enrichment of the
musical literature. The same performance prompted Carl Schne of Kamenz to
write: After an agitated introduction, our attention is arrested above all by
a broad and melodious main theme that is then transformed in several
variations. Especially brilliant is the handling of the solo violin, which,
despite its almost symphonic setting, is invariably treated with virtuosity.
Given
this degree of enthusiasm, it comes as no surprise that Bttners colleagues
should join ranks with the crowd of admirers. Paul Scheinpflug (1875-1937) sent
him simple congratulations: Warm wishes to the last great symphonist! Carl
Schuricht (1880-1967) wrote, May I ask you, honored master, to number me among
the admirers of your magnificent creations. I hope soon to become acquainted
with further works from your pen, and to lend expression to my feelings for you
by translating them into action. Joseph Keilberth (1908-1968), writing in
1948, expressed the hope of being able once again to program a work by Paul Bttner;
and Robert Heger (1886-1978) noted in 1949 that he had always regarded the
compositions of Paul Bttner as the works of an earnestly and profoundly
creative musician.
Translation:
Bradford Robinson
For
performance material please contact the publishers Edition Peters, Frankfurt am Main (www.edition-peters.de). The present score is a reprint of Paul
Bttners autograph manuscript as reproduced by the publishers C. F. Peters,
Leipzig.
Hellmuth Pattenhausen, writing on Paul
Bttners sixtieth birthday in December 1930:
Paul
Bttner is a German musician – more precisely, the one to whom we must be
grateful that the series of great masters of the symphony did not come to an
end with Brahms and Bruckner, but continues to thrive to the present day,
enriched with a new master rooted in the artistic philosophy of his elders
while displaying a new face. Nor is it possible to label him derivative. []
On the contrary: strength, pride, and personal creativity are the signs written
on the forehead of Bttners music. These signs were recognized or sensed by
experts and laymen alike fifteen years ago, when the name of this composer was
suddenly emblazoned with light as Arthur Nikisch conducted the premire of his Third Symphony. This event, and the subsequent
performances of all four of his symphonies in the years that followed (in
Berlin, Dresden, Stuttgart, Munich, Dsseldorf, etc.), were received with an
almost unanimous verdict: praise was lavished on the musics large-scale
architecture, on its elemental vitality, its rhythmic verve, its ravishing
harmony, and finally on its enormous purely technical mastery. Equally highly
praised – and we consider this today the most astonishing thing about
these symphonies – was their inexhaustible melodic invention. Bttners
melody has a feature in common with all great melodic writing: it goes easily into the ear, but once it is there, in the soul
or in the entire person, it reveals its significance, blooms, and grows
in depth and height at once, the primal image of the cosmos and of human
nature, now infinitely tender, now powerfully restrained, now violently savage
and demanding. And for a number of years this music has lain silent! [] What
shall contemporaries say of a man who looks beyond all the hustle and bustle
with a grand gaze as if it did not even exist?