Gian Francesco Malipiero
(geb. Venezia, 18. März 1882 – gest. Treviso, 1. August 1973)

Sinfonia del mare
(1906)

Andante sostenuto (p. 1)
Allegro scherzoso, mosso (p. 22)
Un poco trattenuto (p. 68)
Sostenuto (p. 73)
Mosso (p. 84)
Allegro con brio (p. 87)
Andante sostenuto (p. 107)
Sostenuto (p. 110)
Allegro con brio (p. 111)
Festoso (p. 125)
Lento (p. 136)
Andante (p. 137)
Andante funebre (p. 142)
Andante un poco mosso (p. 147)
Lento (p. 151)

John C. G. Waterhouse beurteilt Gian Francesco Malipiero im Vorspann zu seinem Grove-Artikel als „obgleich sehr ungleich in der Qualität und weniger einflussreich als Casella und Pizzetti, der originellste und erfindungsreichste italienische Komponist seiner Generation“.

Gian Francesco Malipiero war der prominenteste Vertreter einer Musikerfamilie, die mit dem Opernkomponisten Francesco Malipiero (1824-87, seinem Großvater) und Riccardo Malipiero (1914-2003, seinem Neffen) mindestens zwei weitere namhafte Tonschöpfer hervorbrachte. (Über Jahrhunderte hatte sich die Familie Malipiero in Venedig einen legendären Namen gemacht; 1178 war Orio Malipiero zum Dogen ernannt worden, im 15. Jahrhundert wirkte Pasquale Malipiero im selben Rang; ein weiterer Malipiero wirkte als Botschafter, und einer als Bürgermeister von Verona; doch schließlich, ab dem 19. Jahrhundert, sollte sich der Schwerpunkt der öffentlich wahrgenommenen Tätigkeit der Familie von der Politik den Künsten zuneigen.) Mit sechs Jahren erhielt Gian Francesco Malipiero ersten Violinunterricht. Als er zehn Jahre alt war, trennten sich seine Eltern und er begleitete seinen Vater Luigi, der als reisender Pianist und Dirigent unterwegs war, nach Triest, Berlin und Wien, wo er 1898-99 am Konservatorium studierte. 17jährig kehrte er zu seiner Mutter nach Venedig zurück und trat ins Liceo Musicale ein, wo Marco Enrico Bossi (1861-1925), der von den Fähigkeiten des jungen Studenten nicht viel hielt, ihn in Kontrapunkt unterwies. Als Bossi 1902 nach Bologna übersiedelte, widmete sich Malipiero ausgiebigem Selbststudium. 1902 entdeckte er in der Biblioteca Marciana die alte polyphone Musik Italiens, insbesondere Monteverdi, Frescobaldi und Claudio Merulo, für sich, und fertigte erste Transkriptionen an. 1904 ging er nach Bologna, überzeugte nunmehr seinen Lehrer Bossi und erhielt das Diplom des dortigen Liceo Musicale. Bald darauf lernte er den erblindeten Komponisten Antonio Smareglia (1854-1929), einen der wenigen Wagnerianer Italiens, der mit Opern und auch Orchesterwerken teils sehr erfolgreich gewesen war, kennen. Später bekannte Malipiero, dass er dieser Begegnung, vor allem hinsichtlich der Kunst des Orchestrierens, mehr verdanken sollte als all seinen offiziellen Studien. Hingegen gab ihm die Teilnahme an Kompositionsklassen Max Bruchs 1908 in Berlin kaum etwas. Umso überwältigender und nachhaltiger sollte sich zu jener Zeit die Erfahrung der Musik Claude Debussys auswirken, und vorübergehend geriet Malipiero auch in fiebrige Begeisterung für Richard Strauss’ ‚Salome’. 1913 besuchte er Paris, schloss Freundschaft mit Alfredo Casella (1883-1947) und wurde Zeuge der Uraufführung von Igor Strawinskys ‚Le Sacre du printemps’, die ihn, wie er sich später erinnerte, „aus einer langen und gefährlichen Lethargie riss“. Infolge dieser einschneidenden Erfahrung zog er bald darauf fast sämtliche seiner früheren Kompositionen zurück. (Er hat weit weniger von seinen Jugendwerken vernichtet, als er die Welt lange glauben machte; sämtliche erhaltenen Frühwerke gingen nach seinem Tod an die Sammlung der Fondazione Cini in Venedig.) Für eine Sensation sorgte er, nachdem er beim Kompositionspreis 1912-13 der Accademia di Santa Cecilia in Rom fünf Werke eingereicht hatte: Zwar wurde die Preisvergabe an das einzige Stück, das er unter seinem Namen abgegeben hatte, abgelehnt, doch die übrigen vier Stücke, die er mit Phantasienamen signiert hatten, gewannen sämtliche vier zu vergebenden Preise.
Seit 1905 hatte Malipiero wieder in Venedig gelebt, nun zog er 1910 in das im venezianischen Hügelland gelegene Städtchen Asolo. Zwar floh er 1917, nachdem die Italiener die Schlacht von Caporetto verloren hatten, nach Rom, wo er an der Seite des idealistischen Rückkehrers Casella in der Società Italiana di Musica Moderna wirkte, doch wurde er 1921 als Kompositionsprofessor nach Parma berufen und zog wieder nach Asolo, wo er gegen Ende des Jahres 1922 ein Haus kaufte und bis zum Ende seines Lebens bleiben sollte. 1923 gründete er mit dem unermüdlich für die Sache der neuen Musik kämpfenden Casella die Corporazione delle Nuove Musiche, und 1926 begann er mit der Herausgabe der kompletten Werke Claudio Monteverdis bei seinem Wiener Verleger Universal Edition – einer höchst verdienstvollen und in Fachkreisen umstrittenen Arbeit, die er 1942 vollenden konnte, und an welche sich die kritische Erstausgabe vieler Werke Antonio Vivaldis anschloss. 1932 wurde Malipiero als Kompositionsprofessor am Liceo Musicale in Vendig verpflichtet. Von 1939 bis 1952 wirkte er zudem als Rektor dieses Instituts, an dem er bis zu seiner Pensionierung wirkte. In späteren Jahren setzte er, der bis 1971 als knapp neunzigjähriger Komponist aktiv war, den Unterricht privat am Istituto Italiano Antonio Vivaldi fort.

Das Schaffen Gian Francesco Malipieros wird von den Experten vorzugsweise in vier Stilperioden eingeteilt:
- Die Jugendwerke bis 1916, zu welchen an Orchesterwerken auch die ‚Sinfonia del mare’ sowie die ersten zwei Folgen der ‚Impressioni dal vero’ (1910-11 und 1914-15) gehören;
- die eigentliche Periode der stilistischen Selbstfindung, die gemeinhin als seine inspirierteste Zeit angesehen wird: von 1917, dem Jahr der ersten Folge der ‚Pause del silenzio’, bis 1929;
- die zentrale Periode bis Mitte der fünfziger Jahre, in welcher vor allem auch seine gezählten Symphonien Nr. 1-7 entstanden;
- die letzten eineinhalb Jahrzehnte zurückgezogenen Schaffens des weltabgeschieden heiter-melancholischen Eremiten ab ca. 1955, die über die lapidare Kapriziosität der vorhergehenden Zeit hinaus durch die Zunahme der chromatischen Komplexität bis hin zur Verwendung von Zwölftonreihen gekennzeichnet sind.

Malipiero wurde von der Fachwelt und den Kollegen stets hoch verehrt (Luigi Dallapiccola bezeichnete ihn als den bedeutendsten italienischen Komponisten des 20. Jahrhunderts), doch ein breites Publikum erreichte sein so sublimiertes wie erratisches Schaffen nie. Den lange als weniger interessant erachteten, unverstellt klangsinnlicheren Frühwerken jedoch könnte nunmehr, nach überfälliger Wiederentdeckung und kommerzieller Ersteinspielung derselben, allmählich doch ein höherer Bekanntheitsgrad beschieden sein.

Die offizielle Zählung, die Malipiero seinen Symphonien angedeihen ließ, bietet regelmäßig Anlass zu Konfusion. Seine ersten drei Symphonien (1905-10) hat er nicht nummeriert, die spätere Erste sollte zunächst die ‚erste und letzte’ sein, die 1950, 1951 und 1962 komponierten drei Symphonien zwischen der Siebten und der Achten sind wiederum nicht nummeriert. So ist zwar seine letzte, die ‚Sinfonia delle cornamuse’ von 1969, als seine Elfte ausgegeben, tatsächlich ist sie jedoch seine siebzehnte. Auch hat sich eine Art läppischer Tradition der ästhetischen Bewertung in der Fachwelt fortgepflanzt, die den Symphonien Nr. 1-7 (1933-48) den höchsten künstlerischen Rang einräumt, jedoch die komplexere Faktur der nachfolgenden Symphonien weit geringer schätzt. Meines Erachtens sind es gerade einige dieser späten Werke (die ‚Sinfonia per Antigenida’ von 1962, die ‚Sinfonia dell’ahimè von 1966, die ‚Sinfonia Atropo’ von 1967 und die ‚Sinfonia delle cornamuse), in welchen Malipieros Aussage höchste Authentizität, Dichte und Unabhängigkeit erreicht. Als die bei weitem umfangreichste der reifen Symphonien bildet die nicht gezählte ‚Sinfonia dello zodiaco’ von 1951 einen Sonderfall – dies aufgrund der Tatsache, dass sie dem Tierkreis entsprechend zwölf Sätze umfasst, die alle für sich recht knapp gehalten sind. Unter den zentralen Symphonien Nr. 1-7 ragt insbesondere die Vierte ‚in memoriam Natalie Koussevitzky’ von 1946 hervor, von welcher eine großartige Aufführung unter Sergiu Celibidache bei der italienischen RAI als Mitschnitt erhalten ist.
Malipieros erste zwei Symphonien sind beide einsätzig. 1905 schrieb er die in fünf Großabschnitte gegliederte ‚Sinfonia degli eroi’, die im Aufbau seine traditionellste ist. Ihr folgte 1906 die ‚Sinfonia del mare’, deren Aufbau die Malipiero-Forscherin Beate Thiemann in ihrem Buch ‚Die Sinfonien Gian Francesco Malipieros’ (Gustav Bosse Verlag, Kassel, 2001) als zwölfteilig kategorisiert. 1909-10 komponierte Malipiero dann die ‚Sinfonia del silenzio e della morte’ mit den drei Sätzen ‚Danza tragica’, ‚Sinfonia del silenzio’ und ‚Il molino della morte’, doch dann wendete er sich dezidiert kurzweiligeren Formen der Orchesterkomposition zu und schrieb einige seiner zeitlos reizvollsten Werke wie die drei Folgen der ‚Impressioni dal vero’, ‚Pause del silenzio’ und ‚L’esilio dell’eroe’ (letzteres später umgetitelt in ‚Pause del silenzio II’).

Erst 23 Jahre nach der ‚Sinfonia del silenzio e della morte’ wandte er sich wieder der Gattung der Symphonie zu, nunmehr mit der klaren Zielsetzung, einen aus der lokalen Tradition gespeisten neuen italienischen Symphonietypus zu kreieren, der sich möglichst kompromisslos abgrenzte gegen die durchführende Arbeit der von der deutschen Tradition im Gefolge Haydns und Beethovens abgeleiteten Symphonik, wie sie überall auf der Welt verstanden wurde. Ernest Ansermet kennzeichnete die so entstandene Musik des reifen Malipiero als „nicht thematisch, sondern motivisch generiert […] Diese Symphonien haben eigentlich keine tonale ‚Führung’, in dem Sinne, dass sie zwar durchaus einen harmonischen Verlauf aufweisen, aber dass dieser harmonische Verlauf nirgendwohin führt. Es gibt dort eine Art und Weise tonaler Starrheit, zwar beweglich und mannigfaltig, die aber die gleiche Art der Unbestimmtheit hat, wie sie in der melodischen Ordnung der gregorianische Gesang aufweist. […] Seine Symphonien sind voller Bilder. Kurz, der alte Verfasser der ‚Impressioni dal vero’ ist noch da, und man könnte in seinen Symphonien eine Art äußerster Anstrengung dieses Musikers sehen, der Musik, die er in sich trug, eine erfüllte und reinere Form, eine wahrhaftige Autonomie zu geben.“
Everett Helm gegenüber äußerte Malipiero später: : „Die deutsche thematische Entwicklung, zum Beispiel von Beethoven, versuchten einige italienische Komponisten wie Sgambati und Martucci nachzuahmen. Aber das Resultat war negativ. Die italienische Tradition, die Oper einmal beiseite gelassen, ist ein freies Gespräch, logisch, lebendig, und nur selten mit thematischen Wiederholungen. Ich nenne nur einen strahlend großen Meister: Domenico Scarlatti.“ Schon 1927 hatte er geschrieben: „Der Einfluss Domenico Scarlattis auf die ganze Instrumentalmusik seiner Zeit ist vielleicht noch nie von der Kritik zugegeben worden. Keiner wagt zu bestätigen, dass Beethoven immer wieder die Abfälle des großen italienischen Cembalisten aufgelesen hat; es ist ein reiner Akt der Gerechtigkeit, das geistige Band zwischen zwei Musikern zu erkennen, die entgegengesetzte musikalische Tendenzen vertreten.“ Und 1948 ließ Malipiero wissen: „Die italienische Symphonie ist eine freie Form der Dichtung in mehreren Teilen, die in launischer Art und Weise aufeinander folgen und dabei nur jenen ungreifbaren Gesetzen gehorchen, die der Instinkt erkennt und annimmt, um einen Gedanken oder eine Abfolge musikalischer Gedanken auszudrücken.“

All das steht freilich in offensichtlichem Kontrast zu dem, was Malipiero 1912 in der Schrift ‚La sinfonia italiana dell’avvenire’ zu Protokoll gegeben hatte: „In der Kunst darf es keine Rivalitäten geben: ‚Nationale’ Bestrebungen sind nur von lokaler und vorübergehender Bedeutung! Wenn Deutschland der Symphonie den ersten ‚großen’ Impuls gegeben hat, heißt das, dass die intellektuellen Verhältnisse in Deutschland große Symphoniker hervorbringen konnten, und die italienischen Musiker dürfen das, was Deutschland sie ‚lehren’ kann, weder vernachlässigen noch gering schätzen. […] Sammartinis symphonisches Schaffen ist nur von historischer Bedeutung, und ganz andere sind die Grundlagen der ‚italienischen Symphonie der Zukunft’. […] Auch wenn man jeden Umgang mit ‚ausländischer’ Musik abbrechen könnte und ausschließlich von den Quellen italienischer Musik ausgehen wollte, könnte man nicht den Einfluss Beethovens und Wagners auslöschen, denn diese beiden Titanen der Symphonie leben nun in der musikalischen Atmosphäre der ganzen Welt, und die neuen Generationen besitzen eine ‚Fähigkeit’, die unseren Vätern fehlte: die Fähigkeit, Wagner und Beethoven verstehen zu können. […] Es ist offensichtlich, dass die gegenwärtigen Verhältnisse in Italien eher dazu geeignet sind, jede künstlerische Begeisterung zu zerstören als Energien zu fördern, die die ‚italienische Symphonie’ hervorbringen könnten, und daher hat die Symphonie in Italien nie das erste Versuchsstadium überwunden.“

Bemerkenswert ist, dass Malipiero seiner ‚Sinfonia del mare’ gegenüber zwei Jahrzehnte nach ihrer Entstehung eine ganz andere, bejahende Haltung an den Tag legte als bezüglich seiner frühen Werke im allgemeinen. In einem Brief, der 1926 im Jahrbuch seines Wiener Verlagshauses Universal Edition anlässlich des 25-jährigen Wirkens im Dienste der neuen Musik veröffentlicht wurde und den wir hier auch in voller Länge zum Abdruck gebracht haben, teilte Malipiero mit: „Weißt Du, warum ich mich in diesen zwei Werken wiedergefunden habe? Weil alles das, was mir gewisse Kritiker heute vorwerfen: die Orgelpunkte (die ich gern anwende, um eine beruhigte Stimmung fest zu halten, manchmal auch um Kombinationen beschwingter Rhythmen herauszubringen), die kanonischen Folgen (das sind Stimmen, die einander nachjagen und antworten wie das Echo), kurz alle die Kunstmittel, die mir angehören und die ich, ohne damit zu jonglieren, in meinen Werken gern anbringe, weil alles das mir schon vor zwanzig Jahren zugehört hat und für meine musikalische Sprache von mir verwendet wurde. […] Nun, diese beiden Werke, die den Flammen entkommen sind, machen eben jetzt die Druckerpresse ächzen…“
Im Zuge dieser verspäteten Wiederentdeckung erreichte Malipiero denn auch die Uraufführung der ‚Sinfonia del mare’ 22 Jahre nach ihrer Entstehung im Dezember 1928 in Utrecht. Und Waterhouse erzählte, dass Malipiero ihm auch 1962 noch freudig die Partitur der ‚Sinfonia del mare’ präsentierte. Tatsächlich zeigt sich in diesem atmosphärisch evokativen, dichten und reichen Werk nicht nur als phänomenal hellhöriger, erfindungsreicher und treffsicherer Orchestrator, sondern überhaupt als vollendeter Techniker, der als 24jähriger sowohl feinste, subtilste Ziselierung der Details als auch das organische Verweben der heftigen Kontraste zu mitreißendem Fluss der großen Form souverän zu inszenieren verstand. So entstand eines der originellsten Meisterwerke des italienischen Impressionismus, das nun endlich auch als Studienpartitur zugänglich ist. Die erste und bislang einzige kommerzielle Aufnahme der ‚Sinfonia del mare’ wurde 1993 in Moskau im Rahmen des mehrteiligen Malipiero-Symphonien-Projekts von Marco Polo durch das Moskauer Symphonie-Orchester unter der Leitung von Antonio de Almeida eingespielt (wiederveröffentlicht 2008 von Naxos).

Christoph Schlüren, im Oktober 2011

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Originalverlags Universal Edition, Wien. Aufführungsmaterial ist erhältlich vom Verlag Universal Edition, Wien (www.universaledition.com).

 

Ein Brief
von Gian Francesco Malipiero

Lieber Freund,

ich dachte gerade darüber nach, und nicht ohne Traurigkeit, dass nun das erste Viertel des Jahrhunderts vorüber ist und zu welchem Chaos die Musik dieser letzten fünfundzwanzig Jahre geführt hat - da, gerade da brachte man mir Deinen Brief. 

Man wird mich ganz gewiss nicht mit allerhand Autoren zusammentun, die ihren Werken übertriebene Bedeutung beimessen, und sie durchaus aufdrängen möchten, ich fühle mich, ganz im Gegenteil, vor meiner eigenen Musik nicht anders als Jean Jacques Rousseau, der seine Abkömmlinge ins Findelhaus brachte. Aber indem Du mein Franziskus - Mysterium verwirfst, weil Du Einfachheit mit bloßem Hinwerfen verwechselst, gerätst Du auf dieselbe Linie wie die Kritiker, die nun wiederum von einem entgegengesetzten Vorurteil ausgingen und das Werk nach der ersten Aufführung als revolutionär abtaten. Ich habe sogleich einen Zusammenhang zwischen Deinen Begründungen und alle dem gemerkt, was heute auf dem Gebiete der europäischen Musik Erscheinung wird; und da ich, wie ich Dir sagte, eben daran war, gewissermaßen die Bilanz dieser fünfundzwanzig Jahre Musik zu ziehen, wirst Du mir wohl erlauben, Dir das Ergebnis meiner Beobachtung mitzuteilen. Aber glaube nur nicht, dass ich für mich das Recht des Kämpfers geltend machen will, um Leute zu überzeugen, die, gemächlich auf ihrem bequemen Stuhl sitzend, ihr Urteil abgeben, wobei sie einzig und allein gegen ein unbezwingbares Schlafbedürfnis zu kämpfen haben. Wenn ich meine Meinung sage, so heißt das nicht, dass ich sie aufdrängen möchte. 

Ich begann mein Studium im ersten Licht des neuen Jahrhunderts und meine Lehrer waren noch von der Art, dass sie Richard Wagner (aber mehr wegen seiner Harmonik als wegen seiner doch wohl offenkundigen Revolutionierung des Dramas) als den Satan der Musik betrachteten; während einige Musiker unter uns, die sich von der Sklaverei des Theaters gern frei gemacht hätten und damals schon hätten reif sein können, durchaus zufrieden waren, wenn man ihnen erlaubte, ihren Hunger mit den Brosamen vom üppigen Tisch der Wagnerei zu stillen. Obwohl ich mein Leben unter den wildesten Hassern Wagners verbrachte, erfuhr ich, als mich das Werk Wagners zum ersten Mal berührte, doch mehr seinen Zauber als dass ich in seinen Bann geriet: ich erkannte im ersten Augenblick die ganze Gefahr, die von Wagner ausging. lch erkannte, dass das Chroma Wagners allen Saft der Diatonik völlig ausgesogen hatte, aber ohne eine neue Harmonie zu bilden noch auf die Kadenzierungen zu verzichten, die zwei Jahrhunderte lang in der Musik den Fluss der Rede gehemmt und sie in Formen gezwungen hatten, die ihrer Wirkung Abbruch tun. In Begeisterung geriet ich dann, als ich die alten Meister der italienischen Musik entdeckte. Erst 1906 wurde ich mit den Werken von Debussy bekannt und 1918 lernte ich die ersten Arbeiten Schönbergs, die Klavierstücke Opus 11 und 19 kennen. 

Da kam der Krieg, ein langes Einschiebsel im Leben eines Menschen, wie ich es war: nicht jung genug, das Ereignis als Probe des Mutes, nicht alt genug, es als Abstieg unserer Gesittung zu werten. 

Mit der Sperrung der Grenzen wurde die Musik in ihre naturgegebenen Bezirke verbannt. Schon hatte uns der Stern Strawinsky geleuchtet (es war 1913), die “Frühlingsweihe”, fast eine Vorbereitung für den traurigen Herbst, der sobald darauf  kam. Und Dein Brief atmet alle Schwermut des Herbstes; sie müsste meine Heiterkeit trüben, wenn mir nicht mein Wille so genau den Weg vorgezeichnet hätte, wenn ich nicht meinem Instinkt zu folgen hatte, der mich vielleicht eines Tages verraten wird, den ich aber bis jetzt nur getreulich zu beachten brauchte. Um mich zu kontrollieren, versuche ich zu vergleichen, zu beobachten, was um mich her vorgeht. 

Die einen rufen: “Strawinsky ist das einzige lebende Genie”; die andern: “Arnold Schönberg ist der Gott”; die “Sechs” brüllen: “Sechs ist die Zahl der Gebote in der Musik.” Die Gemässigteil sagen: “Debussy ist gross, er ist der einzig grosse moderne Musiker”. Die Snobs: “Wagner und Debussy sind erledigt.” Die alten Zöpfe: “Strawinsky ist ein Schmarrn, einen Schonberg hat es überhaupt nicht gegeben.” Wie bringt man ein so verfitztes Garn auseinander? Wie fängt man es an, nicht in alle die Fallen zu geraten, die einem überall drohen - es sei denn, man wäre bis zu den Zahnen bewaffnet? 

Ich wollte Dir nicht von mir sprechen. Aber Du musst doch den Entschluss zu diesem Brief in Deinem Angriff gegen meinen “Franziskus” suchen. Erlaube mir also, dass ich Dir einige Fragen stelle. 

Das “Mysterium”, das Dir missfällt, ist mir in einer ganz merkwürdigen Wende meines Lebens aufgegangen: als nämlich der Franziskus-Friede meiner seelischen Verfassung gleichkam. Es war mir unmöglich, mich einem Werk hinzugeben, das die Liebe oder den Krieg zu preisen gehabt hätte. Konnte ich da meine Vision, eine wenn schon nicht mystische, so doch völlig franziskanische Vision, mit den gleichen Mitteln gestalten, die ich noch kurz vorher in meinen Sette Canzoni, in der Orfeide, der Pantea angewendet hatte? Sicherlich nicht. Das ist der Grund, dass ich, immer dem Instinkt folgend, ohne es so recht zu wollen, eben die harmonischen und rhythmischen Elemente zu wählen hatte, die dem Wesen des Werkes angemessen waren. Um technische Bedenken bekümmerte ich mich nicht. Es gibt keine Technik.

Glaubst Du nicht auch, dass die Entwicklung der Harmonik, die die Umwälzungen der Musik hervorrief, heute dahin geführt hat, alle die aufzuschrecken, die sich bei Künstelei und kaltem Klügeln nicht beruhigen können? Die Harmonie ist der mächtigste Antrieb in der Musik. Warum daraus eine bloße Formel machen? Es ist sicherlich ein Fortschritt, wenn das Reich der Musik größer geworden ist durch die neuen Ausdrucksmöglichkeiten, die sich den Komponisten bieten; warum aber vorsätzlich auf das Gesetz der Kontraste verzichten, wie man das tut, wenn man bloss die neuesten Ergebnisse der Harmonik heranzieht? Willkommen sei die Sechstöne-Skala, der Zwölfton-Akkord sei willkommen, aber man muss auch die übrigen Mittel des Ausdrucks gelten lassen, um nicht die Ausdrucksmöglichkeit als solche zu mindern. Die griechische Tonleiter, das Chroma, die neuesten Entdeckungen in der Harmonie, alles, alles kann das Rüstzeug des Komponisten vermehren; aber bevor man irgend etwas zum alten Eisen wirft, sollte man sichs wohl überlegen: die Geschichte von dem Huhn, das den Edelstein verschleudert, um ein Hirsekorn aufzupicken, ist alt genug. 

Unsere Rhythmik hat volkstümliche Elemente aufgenommen, die Orchesterfarben sind reicher geworden, um viele neue Farbenskalen reicher und von der Bereicherung der Harmonik habe ich schon gesprochen.
Aber hat sich auch die Form der Musik weiterentwickelt? Sind auch die Beziehungen zwischen Dichtung und Musik in dem Maß reicher geworden, das sonst dem Aufschwung unserer Kunst entspricht? Ist der Musiker schon so recht ein Kind seiner Zeit, kann er auf das geistige Leben der Zeit Einfluss nehmen oder ist er bloss ein Spielzeug der Mode? 

Um zu einem Ende zu kommen, will ich Dir etwas mitteilen, worüber Du staunen wirst. An einem Abend im letzten Winter, als das Feuer in meinem Kamin ausging, überkam mich plötzlich, ich weiß nicht wieso, der Wunsch, einen Schrank zu öffnen, der ausser anderm auch einige meiner Manuskripte enthielt - ich hatte sie seinerzeit verbrennen wollen und nur nicht den Mut dazu gefunden. Zu allererst fiel mir ein Drama in einem Akt in die Hände. Entrüstet über meine dumme Wahl ~ ich hatte mir eingebildet, einen Text durch die Musik veredeln zu können - überlieferte ich mit Wollust das Ergebnis vergeudeter Mühe den gefräßigen Flammen. Das gleiche Schicksal wiederfuhr einem recht unmöglichen Ballett von nicht geringen Maßen. Und dann musste ihnen eine symphonische Dichtung Gesellschaft leisten und dann ... und dann sollte eben eine Kantate für Bariton, Chor und Orchester drankommen. Aber da las ich von ungefähr die ersten Verse (“Canto notturno di un pastore errante” aus “Asia” von Giacomo Leopardi), die Schönheit der Dichtung hielt mich fest, ich überlas noch einmal die Partitur und da, da fand ich mich selbst. Ich hatte den gleichen Eindruck, als ich die Noten meiner Sinfonia del Mare durchblätterte. Weißt Du, warum ich mich in diesen zwei Werken wiedergefunden babe? Weil alles das, was mir gewisse Kritiker heute vorwerfen: die Orgelpunkte (die ich gern anwende, um eine beruhigte Stimmung fest zu halten, manchmal auch um Kombinationen beschwingter Rhythmen herauszubringen), die kanonischen Folgen (das sind Stimmen, die einander nachjagen und antworten wie das Echo), kurz alle die Kunstmittel, die mir angehören und die ich, ohne damit zu jonglieren, in meinen Werken gern anbringe, weil alles das mir schon vor zwanzig Jahren zugehört hat und für meine musikalische Sprache von mir verwendet wurde. Wichtig ist also nur, dass man beurteile, ob es mir geglückt ist, meine Eingebungen zu gestalten. Was aber die Zerlegung der von mir angewendeten Kunstmittel anlangt, so macht es mir nichts aus, ob müßige Leute sie nun durcheinanderrühren und wieder auseinandernehmen, so wie sich Kinder damit vergnügen, eine Taschenuhr zu zerstören, um nur zu sehen, wie das etwa gemacht sei; mit dem Unterschied freilich, dass geistiges Schaffen eine Zerstörung nicht zu fürchten hat. Nun, diese beiden Werke, die den Flammen entkommen sind, machen eben jetzt die Druckerpresse ächzen; und vielleicht wirst auch Du ächzen, wenn Du sie zu Gesicht bekommst, aber nur Mut, die Sonne wird schon morgen wieder scheinen, auch wenn meine Musik nichts wert ist; und die Sonne, an der kann ich meine Freude haben.
Glaube nicht, dass ich mich der Einbildung hingebe, ich hätte Dich nun bekehrt. Ich hoffe nur, dass Du Dich jetzt nach Deinem Interesse für einen guten Teil meiner Arbeit, auch ein wenig mehr mit den Gedanken befassen wirst, die sie bewegen. 

Meine schönsten Grüße! Erhalte mir Deine Neigung! 

Der Deine 
G. Francesco Malipiero. 

Gian Francesco Malipiero
(b. Venice, 18 March 1882 – d. Treviso, 1 August 1973)

Sinfonia del mare
(1906)

Andante sostenuto (p. 1)
Allegro scherzoso, mosso (p. 22)
Un poco trattenuto (p. 68)
Sostenuto (p. 73)
Mosso (p. 84)
Allegro con brio (p. 87)
Andante sostenuto (p. 107)
Sostenuto (p. 110)
Allegro con brio (p. 111)
Festoso (p. 125)
Lento (p. 136)
Andante (p. 137)
Andante funebre (p. 142)
Andante un poco mosso (p. 147)
Lento (p. 151)

John C. G. Waterhouse, in the lead paragraph of his article for Grove’s, sums up Gian Francesco Malipiero as follows: “Although very uneven, and less influential than Casella and Pizzetti, he was the most original and inventive Italian composer of his generation.”
Gian Francesco Malipiero is the most prominent member of a family of musicians that brought forth at least two other noteworthy composers: his grandfather, the opera composer Francesco Malipiero (1824-1887), and his nephew Riccardo Malipiero (1914-2003). Over the centuries the family had acquired a storied reputation: Orio Malipiero was appointed Doge in 1178; Pasquale Malipiero rose to the same office in the fifteenth century; another Malipiero served as an ambassador, and yet another as major of Verona. But finally, beginning in the nineteenth century, the main focus of the family’s public activities shifted from politics to the arts. At the age of six Gian Francesco began taking violin lessons. His parents separated when he was ten years old, and he accompanied his father Luigi, a traveling pianist and conductor, to Trieste, Berlin, and Vienna, where he studied at the Conservatory (1898-99). He then returned to his mother in Venice at the age of seventeen and enrolled at the Liceo Musicale. There he was instructed in counterpoint by Marco Enrico Bossi (1861-1925), who had a low opinion of the young man’s abilities. When Bossi moved to Bologna in 1902, Malipiero devoted himself to a broad regimen of self-instruction. In 1902 he made the discovery of Italy’s early polyphonic music in the Biblioteca Marciana (particularly that of Monteverdi, Frescobaldi, and Claudio Merulo) and prepared initial transcriptions. In 1904 he, too, moved to Bologna, where he now won over his teacher Bossi and earned a degree from the Liceo Musicale. Soon thereafter he met the blind composer Antonio Smareglia (1854-1929), one of Italy’s few Wagnerians and at times a highly successful composer of operas and orchestral works. Later Malipiero would claim that he owed more to this encounter, especially with regard to orchestration, than to all his official studies. By contrast, he gained almost nothing from attending Max Bruch’s composition class in Berlin in 1908. All the more overwhelming and long-lasting was his discovery of the music of Claude Debussy at this time, and for a while he was deliriously excited by Richard Strauss’s Salome. In 1913 he traveled to Paris, developed a friendship with Alfredo Casella (1883-1947), and witnessed the première of Igor Stravinsky’s Le Sacre du printemps, which, as he later recalled, “wrested him out of a long and dangerous lethargy.” Soon thereafter, as a result of this formative experience, he withdrew almost all of his earlier compositions. (He destroyed much less of his juvenilia than he was long fond of claiming. All his surviving early music passed into the collection of the Cini Foundation in Venice after his death.) He caused a sensation by submitting five works to a composition sponsored by Rome’s Accademia di Santa Cecilia in 1912-13: the sole work submitted under his own name was turned down, but the other four pieces, all signed with fictitious names, won all four of the competition’s prizes.

Having returned to live in Venice in 1905, Malipiero moved in 1910 to the town of Asolo in Venice’s outlying hilly countryside. When the Italians lost the Battle of Caporetto of 1917 he fled to Rome, where he joined forces with the idealistic Italian returnee Alfredo Casella in the Società Italiana di Musica Moderna. But in 1921 he was appointed professor of composition in Parma and returned to Asolo, where, toward the end of 1922, he purchased a house and remained to the end of his days. In 1923, together with that tireless champion of modern music, Casella, he founded the Corporazione delle Nuove Musiche, and in 1926 he launched his complete edition of the works of Claudio Monteverdi with his Viennese publishers Universal Edition. This estimable project, though controversial in professional circles, was completed in 1942, and he followed it with scholarly first editions of many works by Antonio Vivaldi. In 1932 he was appointed professor of composition at Venice’s Liceo Musicale, where he also served as rector (1939-52) and remained until his retirement. He only ceased composing in 1971, at the age of almost ninety, and continued to teach privately at the Istituto Italiano Antonio Vivaldi.
Scholars generally divide Malipiero’s compositional output into four stylistic periods:
- the works of his youth until 1916, including such orchestral pieces as Sinfonia del mare and the first two sets of Impressioni dal vero (1910-11, 1914-15);
- the years of stylistic self-discovery, which are commonly viewed as his period of greatest inspiration, beginning in 1917 with the first set of Pause del silenzio and lasting until 1929;
- the central period up to the mid-1950s, which above all witnessed the creation of his numbered symphonies (nos. 1 to 7); and
- his final one and a half decades of hermetical seclusion, beginning roughly in 1955, when this cheerfully melancholy composer transcended the terse whimsicality of the preceding years by adopting chromatic complexity, including the use of the twelve-tone series.

Though Malipiero was always highly esteemed by professional musicians and colleagues (Luigi Dallapiccola called him the most important Italian composer of the century), his at once sublime and erratic music never reached a broad audience. However, his unabashedly sensuous early works, long dismissed as uninteresting, have at long last been rediscovered and recorded commercially for the first time, and are gradually becoming better known.

The official numbers that Malipiero applied to his symphonies have regularly been a source of confusion. His first three symphonies (1905-10) were left unnumbered; the later First Symphony was initially meant to be his “first and last”; the three symphonies he wrote between the Seventh and Eighth, in 1950, 1951, and 1962, were again left unnumbered. Consequently, though his last symphony, Sinfonia delle cornamuse (1969), is called his Eleventh, it is in fact his seventeenth. Similarly, a sort of comfortable tradition of artistic evaluation has taken root in scholarly circles, where his Symphonies Nos. 1 to 7 (1933-48) are accorded the greatest artistic stature while the more complex fabric of his subsequent symphonies is valued much less highly. To my mind, it is precisely in some of these late works – Sinfonia per Antigenida (1962), Sinfonia dell’ahimè (1966), Sinfonia Atropo (1967), and Sinfonia delle cornamuse – that Malipiero’s expression achieved its greatest authenticity, density, and independence. By far the longest of his mature symphonies, the unnumbered Sinfonia dello zodiaco (1951), is a special case in that it consists of twelve relatively concise movements, each corresponding a sign of the zodiac. Of the central Symphonies Nos. 1 to 7, special importance attaches to the Fourth (1946), dedicated to the memory of Natalie Koussevitzky, which was given a magnificent performance by Sergiu Celibidache in 1946 that survives in a live recording from Italian Radio (RAI).

Malipiero’s first two symphonies are both laid out in a single movement. The most traditional in its design is Sinfonia degli eroi (1905), which falls into five large sections. It was followed in 1906 by Sinfonia del mare, whose form is described as “dodecapartite” by the Malipiero scholar Beate Thiemann in her book Die Sinfonien Gian Francesco Malipieros (Kassel: Gustav Bosse, 2001). In 1909-10 Malipiero then composed Sinfonia del silenzio e della morte with its three movements Danza tragica, Sinfonia del silenzio, and Il molino della morte. After that he turned to more explicitly entertaining forms of orchestral music and wrote some of his most timelessly delightful pieces, such as the three sets of Impressioni dal vero, Pause del silenzio, and L’esilio dell’eroe (later renamed Pause del silenzio II).
It was not until twenty-three years after Sinfonia del silenzio e della morte that Malipiero again turned to the symphony, now with the firm intention of creating a new species of Italian symphony nourished on local tradition. This new species was intended to radically part ways with the thematic development favored by the German symphonic tradition in the wake of Haydn and Beethoven – a tradition considered synonymous with the symphony the world over. Ernest Ansermet described the resultant music of the mature Malipiero as “not thematic but motivic. […] To speak the truth, these symphonies do not have a tonal ‘flow,’ in that they present a harmonic progress without a destination. There is a sort of static tonality, agile and diverse, but with the same sort of indeterminacy we find, on the melodic level, in Gregorian chant. […] His symphonies are full of images. In sum, the early author of Impressionisi dal vero is still with us, and one can view his symphonies as a supreme effort to give a finished and more pure form, a genuine autonomy, to the music he bore within himself.”

Later, speaking to Everett Helm, Malipiero put this as follows: “Several Italian composers, such as Sgambati and Martucci, tried to imitate German thematic development – Beethoven’s for example – but with negative results. The Italian tradition, leaving opera aside, is a free conversation – logical, lively, and rarely with thematic repetition. I need name only one brilliantly great master: Domenico Scarlatti.” As early as 1927 he had written: “The influence of Domenico Scarlatti on the instrumental music of his entire era has perhaps never been admitted by critics. No one dares to state that Beethoven constantly gathered up crumbs from the table of the great Italian harpsichordist. It is a simple act of justice to acknowledge the spiritual bond between two musicians who represent diametrically opposed musical currents.” And again in 1948: “The Italian symphony is a free form of poetry in several sections that follow in whimsical succession, obeying only those intangible laws recognized and accepted by the instinct in order to express an idea or a series of musical thoughts.”

Admittedly all of this stands in sharp contrast to what Malipiero committed to paper in his essay “La sinfonia italiana dell’avvenire” of 1912: “There must not be any rivalries in art: ‘national’ aspirations are merely of local and temporary importance! If Germany gave the symphony its first ‘great’ impulse, this means that the intellectual circumstances in Germany were able to bring forth great symphonists. Italian musicians can neither neglect nor disparage what Germany is able to ‘teach’ them. […] Sammartini’s symphonies are merely of historical importance, and the foundations of the ‘Italian symphony of the future’ lie completely elsewhere. […] Even if we could cut off all contact with ‘foreign’ music and proceed exclusively from Italian musical sources, we would be unable to eradicate the influence of Beethoven and Wagner, for these two giants of the symphony live on in the musical atmosphere of the entire world. The new generations have an ‘ability’ that our fathers lacked: the ability to understand Wagner und Beethoven. […] It is obvious that the present circumstances in Italy are more suitable for stifling all forms of artistic enthusiasm than for releasing the energy necessary to produce the ‘Italian symphony.’ That is why the symphony in Italy has never overcome the earliest stage of trial and error.”

It is remarkable that Malipiero, speaking of his Sinfonia del mare two decades after its origin, revealed a far different affirmative attitude than he did toward his early works in general. In a letter he sent to the yearbook of his Viennese publisher Universal Edition in 1926 to celebrate the twenty-fifth anniversary of its commitment to modern music (we quote this letter at full length below), he informed his readers: “Do you know why I rediscovered myself in these two works? Because everything that certain critics accuse me of today: the pedal points (which I am fond of using to capture a mood of tranquility, and sometimes to bring out combinations of buoyant rhythms), the canonic sequences (parts that chase each other and reply like an echo), in short, all the artistic devices that belong to me, and which I like to present in my works without legerdemain – all of this was already part of me and found application in my musical language twenty years ago. […] Well, these two works that escaped the flames are now causing the printing presses to creak and groan.”

As a result of this belated rediscovery, Malipiero brought about the première of Sinfonia del mare in Utrecht in December 1928, twenty-two years after its creation. Waterhouse recounts that Malipiero joyously showed him the score of Sinfonia del mare as late as 1962. Indeed, this evocative, tight-knit, luxuriant work reveals him to be not only a phenomenally sharp-eared, inventive, and accurate orchestrator, but an exquisite craftsman who even at the age of twenty-four was capable of presenting not only the most subtle and delicately-etched details, but also organically interwoven violent contrasts in the exhilarating flow of large-scale form. The result is one of the most original masterpieces of Italian Impressionism, now at last made available in a study score. The first and, to date, only commercial recording of Sinfonia del mare was made for Marco Polo by the Moscow Symphony Orchestra under Antonio de Almeida (Moscow, 1993) as part of a multi-volume project devoted to Malipiero’s symphonies. It was re-released by Naxos in 2008.

Translation: Bradford Robinson, 2011

 

Reproduced with the kind permission of the original publisher, Universal Edition, Vienna. For performance material please contact the original publisher (www.universaledition.com).

 

A Letter
from Gianfrancesco Malipiero

Dear Friend!

I was in the process of pondering the thought – not without sadness – that the first quarter of our century has come to an end, and the chaos into which it has plunged the music of these past twenty-five years, when lo! at that very moment I was handed your letter. I shall most certainly not be lumped with those many authors who attach exaggerated importance to their works, and who wish to impose themselves at all costs; quite the contrary, I feel, when faced with my own music, no different from Jean Jacques Rousseau, who dispatched his progeny to the foundlings’ home. But by dismissing my mystery San Francesco d’Assisi because you equate simplicity with fecklessness, you fall in line with those critics who proceed from the opposite bias and brand the work after its first performance as revolutionary. I have just noticed a connection between your reasoning and everything that appears today in the field of European music; and since, as I mentioned to you, I was about to take stock, as it were, of those twenty-five years of music, I trust you will allow me to report the findings of my observations. But whatever you do, do not think that I wish to assert for myself the warrior’s right to convince people who sit placidly in their comfortable armchairs and proffer their verdicts, while the only thing they must struggle against is an invincible need for sleep. If I give you my opinion, it does not mean that I wish to impose it.

I began my studies in the first dawn of the new century, and my teachers were still of the sort that viewed Richard Wagner as the Satan of Music (more because of his harmony than for the obvious revolution he brought about in drama), though some of the musicians among us who would gladly have liberated themselves from the slavery of the theater, and who might already have been mature at that time, were entirely content when allowed to appease their hunger with crumbs from the rich repast of Wagnerianism. Although I spent my life amongst Wagner’s most savage detractors, when I first came into touch with his music I felt his magic rather than falling under his spell: at the very first moment, I recognized the full danger that proceeded from him. I recognized that his chromaticism had completely drained the life-blood from diatonicism, but without establishing a new harmonic system or dispensing with the cadences that had blocked music’s fluency for two centuries and forced it into forms that diminish its impact. It was when I discovered the old masters of Italian music that I became thrilled. I did not discover Debussy’s works until 1906, and it was only in 1913 that I became acquainted with Schoenberg’s first efforts, the Piano Pieces opp. 11 and 19.

Then came the war, a long hiatus in the life of a man like myself: not young enough to view this event as a test of courage, nor old enough to see it as the decline of our moral fabric.

With the closing of the borders, music was banished to its natural precincts. Stravinsky’s star had already begun to shine (it was 1913); the Rite of Spring, almost a foretaste of the sorrowful autumn that came soon thereafter. And your letter exudes all the despondency of that autumn; it could only have darkened my cheerful mood if my will had not shown me my exact path, and if I did not have to follow my instincts, which may one day betray me, but which, until now, I have needed only to obey. To gain control of myself, I shall try to compare, to observe what is happening around me.
Some cry, “Stravinsky is the only living genius,” others that “Arnold Schoenberg is God.” Les Six yell, “Six is the number of commandments in music,” the moderates that “Debussy is great; he is the only great modern musician.” The snobs exclaim, “Wagner and Debussy are finished,” the antiquarians that “Stravinsky is a joke, and a Schoenberg has never existed.” How can such tangled yarn be unraveled? How can we avoid falling into all the traps that threaten us on all sides, unless we are armed to the teeth?

I did not want to speak to you about myself. But you must seek the reasons for my decision to write this letter in your attack on my San Francesco. So allow me to ask you a few questions.

The “mystery” that displeases you came to me at a quite remarkable turn in my life: namely, when the peace of St. Francis matched my own frame of mind. I found it impossible to yield to a work that had to praise love or war. Could I lend shape to my vision – a vision which, if not mystical, was at least wholly Franciscan – with the means I had just applied in my Sette Canzoni, Orfeide, and Pantea? Surely not. That is the reason why, always following my instincts without truly wanting to do so, I had to choose the harmonic and rhythmic elements appropriate to the essence of this work. I was not bothered by technical misgivings. There is no technique.

Do not you, too, believe that the evolution of harmony, which has caused such turmoil in music, has flushed out all those today who cannot get enough artifice and cold cerebration? Harmony is the mightiest driving force in music. Why reduce it to a simple formula? It is surely progress when the realm of music is expanded by the new expressive possibilities offered to composers; but why deliberately shun the law of contrasts, as happens when one draws only on the most recent harmonic discoveries? Let the six-note scale and the twelve-note chord be welcome, but the remaining expressive devices must also be allowed to co-exist lest the expressive potential as a whole be diminished. The Greek scale, chromaticism, the latest discoveries in harmony: everything, everything can enlarge the composer’s arsenal; but one should consider, before tossing something onto the scrap heap, whether the story of the hen that threw away a gemstone in order to pick a grain of sorghum is outdated.

Our rhythm has taken up folk elements; our orchestral colors have become more luxuriant with the addition of many new hues; and I have already spoken of the enrichment of harmony.

But has form continued to evolve in music? Have the relations between poetry and music become richer to an extent equal to the upsurge elsewhere in our art? Is the musician so much a child of his time that he can exert an influence on the spiritual life of our era, or is he no more than a plaything of fashion?

To conclude, I would like to tell you something that will astound you. One evening last winter, when the fire in my fireplace went out, I was suddenly seized, I do not know why, by the desire to open a cabinet which, among other things, contained several of my manuscripts. I had wanted to burn them long ago, but had not found the courage to do so. The first thing that fell into my hands was a one-act drama. Incensed at my inane choice of text – I had imagined I could ennoble the words with my music – I consigned the results of my misspent efforts with pleasure to the devouring flames. The same fate befell a no less unspeakably bad ballet. Then a symphonic poem was forced to keep them company, and then ... and then it was the turn of a cantata for baritone, chorus, and orchestra. But by chance I read the first lines of verse (“Canto notturno di un pastore errante” from Giacomo Leopardi’s Asia). The beauty of the poetry stopped my hand. I reread the score, and there, there I found myself. I had the same impression as I leafed through the music of my Sinfonia del Mare. Do you know why I rediscovered myself in these two works? Because everything that certain critics accuse me of today: the pedal points (which I am fond of using to capture a mood of tranquility, and sometimes to bring out combinations of buoyant rhythms), the canonic sequences (parts that chase each other and reply like an echo), in short, all the artistic devices that belong to me, and which I like to present in my works without legerdemain – all of this was already part of me and found application in my musical language twenty years ago. The important thing, then, is only to judge whether I have succeeded in imparting shape to my inspirations. But as to the dissection of the resources I apply, it does not matter to me if idle people mix them up and reassemble them, like children taking pleasure in destroying a pocket watch just to see how it is built; with the difference, of course, that creative work need not fear destruction. Well, these two works that escaped the flames are now causing the printing presses to creak and groan; and perhaps you will groan, too, when you chance to see them. But courage, tomorrow the sun will shine again, even if my music is worthless; and I can take delight in the sun.

You need not believe that I succumb to the delusion of having converted you. I only hope that now, having shown an interest in a good part of my work, you will also deal a bit more closely with the thoughts that motivate it.

Warmest greetings! Keep your affection for me!

Your
G. Francesco Malipiero