Franz Liszt

(geb. Raiding/Ungarn, 22. OktFranz Liszt (geb. Raiding/Ungarn, 22. Oktober 1811
— gest. Bayreuth, 31. Juli 1886)

Fest-Marsch zu Goethe´s Jubiläums Feier (1849/57)

Huldigungsmarsch (1853/57)

 

Vorwort
Im heutigen Konzertbetrieb kommt lediglich ein Bruchteil von Liszts erstaunlich umfangreichem Oeuvre zur Aufführung. Wenige Werke sind sehr bekannt geworden, vor allem seine Symphonische Dichtung Les Préludes, die leider noch immer Assoziationen zum Dritten Reich weckt, da die Nationalsozialisten dieses Werk für Ihre Siegesmeldungen im Rundfunk missbrauchten. Viele weitere hingegen sind beinahe vergessen.
Die Weimarer Jahre 1848-1858 waren trotz seiner immensen Verpflichtungen als Hofkapellmeister die produktivsten seines Lebens. Richard Wagner bemerkte dazu: "Wenn ich auf Deine Thätigkeit in diesen letzten Jahren zurückblicke, kommst du mir ganz übermenschlich vor." Es entstanden neben zahlreichen kleineren Werken die zwei Klavierkonzerte, die Ungarischen Rhapsodien, die Faust- und Dante-Symphonie und vor allem seine zwölf Symphonischen Dichtungen, die als Liszts wichtigster Beitrag zur Orchestermusik gelten. So machte Liszt in diesen Jahren große Fortschritte in der Komposition für das Orchester, da er nun durch seine dirigentische Tätigkeit die Möglichkeiten des Orchesters besser kennenlernte. Zudem brachte er zahlreiche neue Werke in Weimar zur Uraufführung, hier sind natürlich zu allererst die Werke Wagners zu nennen. Daher eignete Liszt sich sehr schnell die Kunst des Instrumentierens an, die er schließlich meisterhaft beherrschte.
Die Liebe zur Literatur spielte in Liszts Leben eine herausragende Rolle. Eine große Zahl seiner Kompositionen, auch die symphonischen, ist durch die Werke großer Dichter inspiriert. Hier sind vor allem Victor Hugo, Lamartine, Dante, Shakespeare, Byron, aber vor allem Goethe zu nennen.
Märsche entstanden ursprünglich, um Soldaten zu disziplinieren oder Aufmärsche effektvoll zu gestalten. Diese Funktion verloren die Märsche allmählich, als sie ab der Mitte des 18. Jahrhunderts immer beliebter wurden. Der militärische Ausdruck wurde nun durch eine mehr unterhaltende, lebendige Stilistik verändert. In dieser Zeit wurde ebenfalls ein kontrastierender Mittelteil (Trio) eingefügt. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden Märsche für ein großes symphonisches Orchester zu besonderen Anlässen, wie z.B. Wagners Großer Festmarsch. Diese Märsche wurden häufig im Konzertsaal oder bei großen Freiluftveranstaltungen aufgeführt. Auch Liszt schuf mehrere Werke, die zu dieser Gattung des Konzertmarsches zu zählen sind.
Im Goethe Gedenkjahr wurde am 28. August 1849 im Weimarer Hoftheater eine besondere Aufführung seines Tasso mit Musik von Liszt gegeben. Liszt komponierte hierzu eine Tasso Ouvertüre, aus der später die Symphonische Dichtung Tasso wurde. Dazu erklangen als Zwischenaktmusik ein Scherzo von August Conradi (1821-1873), Ausschnitte aus Beethovens Ruinen von Athen, der langsame Satz aus Beethovens Symphonie Nr.5 und ein Festmarsch von Liszt. Dieser Festmarsch stellt die erste Fassung des Goethe Festmarsch dar. Im Original für Klavier erschien der Festmarsch 1849 bereits im Druck. In den ersten Jahren seiner Weimarer Tätigkeit halfen ihm zwei junge deutsche Komponisten bei der Instrumentierung: August Conradi und Joachim Raff (1822-1882), wobei die Zusammenarbeit mit Raff deutlich länger währte. Bei den Werken, die 1849 und 1850 entstanden, ist es schwer zu bestimmen, was auf Liszts Arbeit an der Instrumentation zurückgeht und was auf die beiden genannten anderen. Liszt sah die Manuskripte der Instrumentation genau durch und korrigierte auch selber. Ab 1854 instrumentierte er dann ohne weitere Unterstützung, so schuf er auch eine eigene Instrumentierung des Goethe Festmarsch. Diese neue Fassung wurde 1857 zum ersten Male aufgeführt. Im Jahr 1859 erschien der Marsch nun in der Instrumentierung von Liszt und unterscheidet sich in der Orchestrierung Conradis von 1849 und der durch Raff aus dem Jahre 1850, die Instrumentierung Liszts ist insbesondere im Mittelteil meisterhaft.
Der Huldigungsmarsch wurde 1853 für die Amtseinführung von Liszts Freund, dem Prinzen Carl Alexander, komponiert. Liszt schuf auch den Huldigungsmarsch zunächst für Klavier, und Raff erstellte die Orchesterfassung, die Liszt ebenfalls 1857 überarbeitete.
Spieldauer Goethe Festmarsch: ca. 9 Minuten.
Spieldauer Huldigungsmarsch: ca. 6 Minuten.
Marcus Prieser 2011

 

Wegen Aufführungsmaterial wenden Sie sich bitte an Kalmus, Boca Raton. Nachdruck eines Exemplars aus der Sammlung Marcus Prieser, Wittmund.

verzeichnis 242), die Liszt während einer kurzen Rückkehr nach Pest im Winter 1839/40 komponierte. Sie erschienen bis 1847 in zehn Heften unter den Titeln Magyar dallok (Ungarische Nationalmelodien, Heft I bis IV) und Magyar Rhapsodiak (Ungarische Rhapsodien, Heft V bis X). Liszt erkundete weiterhin die ungarische Volksmusik, und schließlich schrieb er 1852 an Louis Köhler, er wolle »die Ergebnisse dieser nationalen Studien in einem hübsch umfangreichen Band ungarischer Rhapsodien veröffentlichen«. Der Band, von dem Liszt hier sprach, kam 1853 heraus. Er enthielt nunmehr 19 Ungarische Rhapsodien (Searle 243), darunter sechs ganz neue Kompositionen (Nr. 1, 2, 9, 16–18), ansonsten Umarbeitungen aus Stücken der früheren zehn Bände (Nr. 3–8, 10–15), darunter 243/14 als Umarbeitung von 242/21 aus der Veröffentlichung von 1847. Dies war der erste von zwei Versuchen Liszt, einige kompositorische Probleme der Urfassung zu bewältigen, in diesem Fall insbesondere deren offene Harmonik, mit einem Schluß in F-Dur, der eine Rückkehr in die Anfangstonart e-moll konterkarierte. Bei der Umarbeitung nutzte Liszt die Gelegenheit, dies zu ändern und gestattete dem Stück, am Ende in die Anfangstonart zurückzukehren.

Wohl zur gleichen Zeit, als Liszt mit der Rhapsodie Nr. 14 experimentierte, begann er eine dritte Fassung der ursprünglichen Nr. 21, die später als Fantasie über Ungarische Volksmelodien (Searle 123) erschien und unter dem Namen Ungarische Fantasie bekannt wurde. Ungeachtet ihrer frühzeitigen Uraufführung im Jahr 1853 erschien die Ungarische Fantasie jedoch nicht in den veröffentlichten Rhapsodien des gleichen Jahres. Hans von Bülow, dem das Werk gewidmet ist und der oft als Kopist für Liszt arbeitete, dirigierte dessen Uraufführung. Die Fantasie verwirft wiederum den verbesserten Harmonik-Plan von Nr. 14 und kehrt zur offenen Harmonik der Urfassung zurück – beginnend in e-moll, durch E-Dur, cis-moll und a-moll hindurch bis hin zu F-Dur. Die Bearbeitung des Stückes für Klavier und Orchester gestattete Liszt, die Virtuosität des Klavierparts zu erhalten und zugleich den Tonumfang und die Farben des großen Orchesters zu nutzen.

Die vier Hauptthemen der Fantasie entsprechen Liszts Tradition, die Tiefe und emotionale Breite ungarischer Volksmusik einzufangen. Wie viele der Rhapsodien beginnt auch die Fantasie mit den langsameren, dunkleren Melodien, wird mit jedem neuen Thema lebendiger und katapultiert schließlich Klavier und Orchester in den Schlußakkord. Sie beginnt mit einer leicht instrumentierten, dunklen Einleitung in e-moll. Die statischen, punktierten Rhythmen im Horn entsprechen der Tempo-Angabe von Nr. 21 – lento, tempo di marcia funebre. Das Klavier unterbricht das Orchester immer wieder und treibt es mit Nachdruck in Richtung Dur. Eine brillante Kadenz führt in das erste Thema, Allegro eroica, in E-Dur. Der königlich-heroische Charakter wird jedoch durchbrochen von der Trompete, die über schwungvollen Klavier-Figurationen das Thema mehrmals wiederholt, bevor sie es dem Klavier und später Holzbläsern überlässt. Wie unfähig, sich selbst zu zwingen, übernimmt das Orchester das Thema nochmals für eine abschließende, majestätische Darstellung. Die Stränge des abschließenden Akkords dürfen gnädigerweise in Pausen der Stille verklingen, bevor das Klavier das zweite Thema präsentiert, quasi Fantasia. Es ist die erste von nur zwei Entlehnungen aus der Originalquelle der Fantasie, der Rhapsodie Searle 242/21. Ein Publikum, das mit ihr oder der Umarbeitung von 1853 als Rhapsodie Searle 243/14 vertraut ist, hätte nun einen Capriccio-Teil erwartet. Die Melodik dieses ursprünglichen Capriccios war ge-radezu eine Burleske des heroischen ersten Themas, verschieden im Charakter, doch unfähig, mit dem vorausgehenden Material zu kontrastieren und die weitere Durchführung des Stückes voranzubringen. Die Melodie, die Liszt in der Fantasie stattdessen wählte, nämlich das erste Thema der Rhapsodie Searle 242/10 von 1847, bietet nun einen beträchtlichen Kontrast zu dem heroischen ersten Thema und greift zugleich den Ton der Einleitung auf. Dieses ernste Thema beginnt in cis-moll, wird aber etwas humorvoller, als die Streicher hinzutreten, dann nach E-Dur ausweichend. Ein virtuoses Klavier-Zwischenspiel hin nach a-moll leitet nahtlos in das spielfreudige dritte Thema über, nun wieder auf die Originalvorlage zurückgreifend. Es steht den dunkleren Klängen von Einleitung und zweitem Thema fern und ist eine Zigeunerweise (à la Zingarese). Rasch folgt ein viertes Thema, markiert durch den Einsatz der Holzbläser und zupfenden Streicher. Während das Klavier atemlos durch virtuose Läufe und Figurationen hetzt, passiert das Thema von der Flöte in die Oboe und dann in die Klarinette. Es wird verkürzt und klingt fast nach Klezmer-Musik, als es ein kurzes Fugato erreicht, geprägt von Holzbläsern und einer ähnlich klingenden Viola. Die Aufregung steigt, wenn alle anderen Instrumente nach und nach einfallen, hinführend schließlich zu einer Wiederkehr des heroischen Hauptthemas im massiven Unisono, dem letzten Rückgriff auf die Original-Vorlage. Diese Reprise des Hauptthemas anstelle jenes neuen Themas in der Rhapsodie Searle 242/21 verleiht dem Werk eine Einheitlichkeit, die der Originalfassung für Klavier allein fehlt. Eine lange Kadenz führt dann in das Schlussthema, vivace assai, eingeführt vom Klavier unterstützt von zupfenden Streichern. Noch deutlicher ist das Thema beim Einsatz des Englisch-Horns zu hören. Ein letztes Mal kehrt vor der Coda im vollen Orchester das erste Thema wieder, das Stück trotzig in F-Dur zuende bringend.

Übertragung ins Deutsche: Benjamin-Gunnar Cohrs, © 2008

(Anmerkung des Übersetzers: Zum besseren Verständnis der verwirrenden Quellenlage wurden bei den Werk-Angaben im deutschen Text Ergänzungen vorgenommen, bezogen auf das maßgebliche Liszt-Werkverzeichnis von Humphrey Searle.)

Die Orchesterstimmen sind bei Peters erhältlich.

Franz Liszt

(born in Raiding/Hungary, 22. October 1811 – died in Bayreuth, 31.July 1886)

Festive March for Goethe's Jubilee Celebration (1849/57)

Homage March (1853/57)

Preface
These days, only a very small portion of Liszt's extraordinarily extensive work is performed. Few works are very well known, principally his symphonic poem Les Préludes, which unfortunately still recalls the Third Reich, as the National Socialists abused this work for their radio announcements of victories. Many other works, in contrast, have been almost forgotten.

The years in Weimar 1848-1858 were, in spite of considerable commitments as Hofkapellmeister, the most productive of his life. Richard Wagner commented: "When I look back at your activities in these last years, your appear superhuman to me." In addition to numerous smaller works he composed the two piano concertos, the Hungarian Rhapsodies, the Faust- and Dante Symphony and above all his twelve symphonic poems, which are regarded as Liszt's most imported contribution to orchestral music. During these years Liszt made considerable advances in the composition for orchestra as he increasingly got to know the potential of the orchestra through his activity as conductor. In addition he conducted numerous first performances in Weimar, naturally above all the works of Wagner. Thus Liszt rapidly acquired the art of instrumentation, which he subsequently mastered perfectly.

His love of literature played a dominant role in Liszt's life. A large number of his compositions, also the symphonies, were inspired by the works of great writers, in particular Victor Hugo, Lamartine, Dante, Shakespeare, Byron, but above Goethe.

Marches were originally written to discipline soldiers or affectively fashion parades. Marches gradually lost these functions from the middle of the 18th century, as they became more popular. The military expression was then modified by a more lively entertaining style. In this period a contrasting central section (trio) was also introduced. From the second half of the 19th century marches were written for a large symphonic orchestra for particular occasions, such as Wagner's Great Festive March. These marches were often performed in the concert hall or at large open air occasions. Liszt also wrote several works, which belong to this category of the concert march.

In the Goethe commemoration year on the 28th of August 1849 a special performance of Tasso with music from Liszt was given in the Weimar Hoftheater. Liszt composed a Tasso Overture which later became the symphonic poem Tasso. Between the acts the following pieces were played: a Scherzo from August Conradi (1821-1873), extracts from Beethoven's Ruins from Athens, the slow movement from Beethoven's symphony number 5 and a Festive March from Liszt. This Festive March was the first version of the "Goethe Festive March". The Festive March was first printed in 1849 for piano. In the first years of his time in Weimar two young German composers helped with the instrumentation; August Conradi and Joachim Raff (1822-1882); the cooperation with Raff proved more durable. In the works that appeared in 1849 and 1850, it is difficult to determine how far the instrumentation is based on Liszt's work, or to what extend on the two mentioned above. Liszt carefully checked the score of the instrumentation and corrected himself. From 1854 he then instrumented without further support and also created his own instrumentation for the Goethe Festive March. This new version was first performed in 1857. In 1859 the march appeared with Liszt's instrumentation and differs from the orchestration by Conradi from 1849 and the one by Raff from 1850. The instrumentation by Liszt, particularly in the middle section, is masterly.

The Homage March was composed in 1853 for the inauguration of Liszt's friend Prince Carl Alexander. Liszt also wrote the Homage March initially for piano and Raff wrote the orchestration, which Liszt also modified in 1857.

Duration Goethe Festive March: about 9 minutes.

Duration Homage March: about 6 minutes.

Translation: John Conrad

For performance material please contact Kalmus, Boca Raton. Reprint of a copy from the collection Marcus Prieser, Wittmund.