Lyadov, Anatoly

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Lyadov, Anatoly

Eight Russian Folk Songs Op. 58 for orchestra

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Anatolij Konstantinowitsch Ljadov

Acht Russische Volksweisen op. 58, für großes Orchester (1906)

(geb. St. Petersburg, 11. Mai 1855 – gest. Polynowska, Gouv. Nowgorod, 28. August 1914)

Vorwort
Wie alle anderen Mitglieder des Petersburger Beljaev-Kreises hegte auch Anatolij Ljadov ein brennendes Interesse für das russische Volkslied, in dem er eine mögliche Brücke zu erkennen glaubte zwischen der westlich orientierten musikalischen Intelligenz, zu der er gehörte, und der urwüchsigen Musik des ungebildeten Bauerntums, das die großen Weiten seines Heimatlands bevölkerte. Das nicht gerade umfangreiche musikalische Oeuvre Ljadovs beinhaltet daher nicht weniger als 150 Volksliedbearbeitungen für Singstimme und Klavier, dazu noch weitere 53 für Chor. Obwohl die meisten der zugrundeliegenden Melodien den bahnbrechenden Volksliedsammlungen von Nekrasov, Ljapunov und Djutsch (1894-1902) entnommen wurden, vertonte Ljadov sogar vierzehn Volksweisen, die er selber in seinen Jugendjahren im Gouvernement Nowgorod gesammelt hatte. Die Ergebnisse seiner lebenslangen Faszination durch die ursprüngliche Musik Rußlands fanden unter anderem in drei großen Liedersammlungen ihren Niederschlag, zu denen er feinfühlige Klavierbegleitungen lieferte und die alle in St. Petersburg unter der Aufsicht der Liedkommission der Russischen Geographischen Gesellschaft in Druck erschienen: 35 chants populaires russes (1902), 50 chants populaires russes (1903) sowie ein weiterer Band von 35 chants populaires russes (1903).

Indessen besteht das wohl beeindruckendste Zeugnis der Liebe und Hochachtung Ljadovs zum russischen Volkslied – und sicher eines seiner beliebtesten Werke überhaupt – im Orchesterstück Acht Russischen Volksweisen (Huit chants populaires russes) von 1906. Sämtliche der acht Volksweisen entstammten seinen oben erwähnten Sammlungen für Singstimme und Klavier aus den Jahren 1902/03, allerdings nun als kleinformatige Kompositionen ausgearbeitet, mit der üppigsten Orchestrieungskunst der Russischen Schule ausgestattet und als achtsätzige Orchestersuite angelegt. Die acht Stücke zusammen mit ihren jeweiligen Quellenangaben lauten wie folgt:

I: Geistliches Lied = Nr. 1 aus 50 chants
II: Kalenderlied = Nr. 7+9 aus 50 chants
III: Rubatolied = Nr. 45 aus 50 chants
IV: Scherzlied = Nr. 49 aus 50 chants
V: „Über die Vögel“ = Nr. 5 aus 50 chants
VI: Wiegenlied = Nr. 35 aus 35 chants (1903)
VII: Tanzlied = Nr. 24 aus 35 chants (1902)
VIII: Reigenlied = Nr. 34 aus 50 chants

Ljadovs op.58 wurde als großformatige Orchestersuite mit einem symmetrischen Aufbau konzipiert, der nicht nur in der Wahl der jeweiligen Tonarten (C-e-a-A gefolgt von d-a-G-C), sondern auch in den paarweise angeordneten Satzcharakteren zum Ausdruck kommt, wobei Nr. 4 und 5 scherzhafte Lieder, Nr. 3 und 6 langsame Lieder, Nr. 2 und 7 schnelle Tanzlieder und Nr. 1 und 8 eine Einleitung bzw. ein Finale darstellen. Das Endergebnis ist demnach eine symphonisch anmutende, achtsätzige Suite von verblüffender Einheitlichkeit und Zusammen-gehörigkeit, die seit der Uraufführung durch Felix Blumenfeld im Rahmen eines Russischen Symphoniekonzerts am 10. März 1905 in St. Petersburg noch nichts von ihrer Beliebtheit eingebüßt hat.

Das „Geistliche Lied“ (= Nr. I) entpuppt sich als verhältnismäßig schmucklose Bearbeitung des russisch-orthodoxen Kyrie Gospodi pomjani („Herr, erbarme dich“) und nimmt zugleich die Rolle einer eröffnenden langsamen Einleitung ein. Beim darauffolgenden „Kalenderlied“ (Koljada-Maljada = Nr. II) handelt es sich um eine Koleda, d.h. um ein slawisches Weihnachts- und Neujahrslied, das – wie etwa bei den heutigen deutschen „Sternsingern“ – zwischen Weihnachten und Dreikönigsabend von wandernden maskierten Musikern vorgetragen wird. Die Bezeichnung Koleda stammt ursprünglich von den lateinischen calaendae, die in diesem Falle die ausgehenden Tage des Jahres bezeichnen – daher der deutsche Titel „Kalenderlied“. Dieses Stück stellt den umfangreichsten Satz des ganzen Werkes dar, der daher auch den Platz und das Gewicht eines symphonischen Allegros einnimmt. Das langsame Protjazhnye (= Nr. III) ist ein sogenanntes „Rubatolied“ – ein Volksliedtypus, dem Ljadov auch einige seiner feinfühligsten Klavierbegleitungen entlockte. Oft wurden solche Lieder auch polyphon von mehreren Stimmen getragen, was hier auch den Einsatz von vier Violoncellos in Nachahmung eines Männerchors erklärt. Beim „Scherzlied“ Shutochnye (= Nr. IV) handelt es sich um einen Liedtypus lustigen oder satirischen Inhalts, der in diesem Falle mit der Liedzeile „Ich tanzte mit der Mücke“ anfängt, wobei das Mückengesumme durch Streichertriller zur Untermalung der Pikkolomelodie musikalisch geschildert wird. Die Byline „Über die Vögel“ (= Nr. V) vertritt eine episch-heldenhafte Volksliedgattung, bei der der Sänger über einer schlichten, sich ständig wiederholenden Melodiefloskel eine endlose Kette gereimter Versen vorträgt bzw. improvisiert. Die als „Über die Vögel“ bekannte Byline ist mit nicht weniger als 110 Versen überliefert, in denen bekannte Vogelarten der russischen Tierwelt – meistens stark ins Komische überzeichnet – scherzhaft dargestellt werden. Hier erhält die Suite in Verbindung mit der vorhergehenden Nr. 4 das notwendige „Scherzo“-Element. Das „Wiegenlied“ (Kolybel‘nye = Nr. VI) dient der Suite – wie der Titel bereits vermuten läßt – als langsamer Adagio-Satz. Das „Tanzlied“ (Pljasovje = Nr.VII) stellt eine ländliche Tanzform dar, bei der auch das Volksinstrument Balalaika durch Streicher-Pizzicati vernehmlich zur Geltung kommt. Das ab-schließende „Reigenlied“ (Chorovodnye = Nr. VIII) vertritt eine oft erzählerisch angelegte Liedgattung, bei der ein kreisförmiger Reigentanz von bis zu hundert Sängern musikalisch begleitet wird. Das historische Alter dieser russischen Volksgattung läßt sich bereits am Namen Chorovodnye erkennen, stammt er doch vom altgriechischen Begriff chorea als Bezeichnung für die gleiche Tanzform (siehe etwa das deutsche Lehnwort „Chor“).

Bereits in ihrem Entstehungsjahr erschienen die Acht Russischen Volksweisen als Partitur bei der Leipziger Zweigniederlassung des russischen Verlegers Beljaev (1906). Kurz darauf wurde 1914 eine vierhändige Bearbeitung beim gleichen Verlag, diesmal jedoch in St. Petersburg, veröffentlicht. Neben einer weiteren Partiturausgabe beim Staatlichen Musikverlag Moskau (1966) wurde Ljadovs op. 58 wenigstens zweimal auch als Taschenpartitur verlegt, und zwar einmal bei Eulenburg (Wien und Leipzig o.J.) und nochmals beim New Yorker Verlag International Music Company (1948). Als weiteres Zeichen seiner Beliebtheit ist das Werk 1948 als «condensed score» mit zwei Violinen plus Stimmen beim Verlag Mills Music, neuerdings sogar in einer Fassung für fünf Saxophone bei Western International Music erschienen. Wohl der sicherste Beweis der Hochwertigkeit der Acht Russischen Volksweisen ist jedoch die umfangreiche Liste der Dirigenten, die dieses spritzige Werk auf Schallplatte einspielten, darunter solche Größen wie Nicolai Malko mit der Londoner Philharmonia (1958), Ernst Ansermet mit dem Orchestre de la Suisse Romande, Albert Coates mit dem London Symphony Orchestra, André Previn mit dem gleichen Orchester (1966) sowie zwei Aufnahmen durch Leopold Stokowski, eine mit dem London Royal Symphony Orchestra und eine weitere mit dem Philadelphia-Orchester. Das Werk ist relativ oft in heutigen Konzertprogrammen zu finden, wo es neben Ljadovs drei Tondichtungen Baba Jaga, Kikimora und Der verzauberte See zu den berühmtesten und langlebigsten Kompositionen gehört, die aus der Feder dieses nach wie vor vernachlässigten Komponisten geflossen sind.

Bradford Robinson, 2006

 

Aufführungsmaterial ist von Peters, Frankfurt zu beziehen. Nachdruck eines Exemplars der Musikabteilung


 

Anatol Konstantinovich Lyadov

(b. St. Petersburg, 11 May 1855 – d. Polinovka, Novgorod district, 28 August 1914)

Eight Russian Folk Songs op. 58, for full orchestra (1906)

Preface
Like any other member of the Belaïeff circle in St. Petersburg, Anatol Lyadov took a keen interest in Russian folk song, which he viewed as a potential bridge between the western-influenced art music of the musical intelligentsia, to which he belonged, and the untutored music of the illiterate peasantry that peopled the vast expanses of his native county. Lyadov’s not exactly voluminous oeuvre includes no fewer than 150 arrangements of Russian folk songs for voice and piano and another fifty-three for chorus. Most of the melodies were taken from the pioneering collections by Nekrasov, Lyapunov, and Dyutch (1894-1902), but Lyadov even set fourteen tunes that he himself had collected and notated in the Novgorod district during his youth. The results of his lifelong fascination with Russia’s vernacular music were published inter alia in three major collections of folk songs with sensitive piano accompaniments, all issued in St. Petersburg under the auspices of the Russian Geographic Society: 35 chants populaires russes (1902), 50 chants populaires russes (1903), and another volume of 35 chants populaires russes (1903).

Yet perhaps the most impressive testament to Lyadov’s love and respect for Russian folk song – and certainly one of his most lastingly popular works altogether – was his Huit chants populaires russes for orchestra (1906). All eight of the melodies were taken from the above collections of 1902-3 for piano and voice. Now, however, they are elaborated into small-scale compositions, cloaked in the sumptuous orchestral garb of the Russian School, and arranged to form an eight-movement suite. The movements and their sources are as follows:

I: Sacred Song = No. 1 from 50 chants
II: Calendar Song = Nos. 7+9 from 50 chants
III: Rubato Song = No. 45 from 50 chants
IV: Satiric Song = No. 49 from 50 chants
V: Legend of the Birds = No. 5 from 50 chants
VI: Lullaby = No. 35 from 35 chants (1903)
VII: Dance Song = No. 24 from 35 chants (1902)
VIII: Round Song = No. 34 from 50 chants

Lyadov’s suite is laid out in a large-scale symmetrical form evident not only in the choice of keys (C-e-a-A followed by d-a-G-C) but also in the axial pairings of its movements, with nos. 4 and 5 being humorous songs, nos. 3 and 6 slow songs, nos. 2 and 7 fast dance numbers, and nos. 1 and 8 an introduction and a finale, respectively. The result is a work of surprising unity and cohesion that has retained its popularity ever since its première, conducted by Felix Blumenfeld at a Russian Symphony Concert in St. Petersburg on 10 March 1905.

Piece no.1, «Sacred Song» (or «Religious Chant,» as it is sometimes known), is a straightforward setting of the Russian Orthodox Kyrie, Gospodi pomyani («Lord have mercy»), that functions as a slow introduction to the suite. Piece no. 2, Koliada-Maliada (sometimes called «Christmas Carol»), is a koleda, the Slavic equivalent of the English wassail song, likewise sung by maskers over the Christmas and New Year’s season up to and including Twelfth Night. The name koleda originally came from the Latin calaendae to denote the ringing in of the new calendar year – hence the name «Calendar Song» occasionally given to this piece. It is the longest piece in the entire suite, and thus assumes the weight and function of an opening symphonic movement. Piece no. 3, Protyazhnaya, is a rubato or «drawn out» song. This type of song, which inspired Lyadov to some of the most sensitive piano accompaniments, was often sung polyphonically by several voices – hence the composer’s use of four cellos here to imitate a male chorus. In English this piece, which functions as a sort of symphonic Andante, is variously called «Plaintive» or «Slow Song.» Piece no. 4 is a Shutochnaya, a humorous or satiric song. This particular one opens with the line «I danced with the mosquito,» the latter being depicted by garlands of string trills while the melody is assigned to the piccolo. Piece no. 5 is a bylina, an epic folk genre distinguished by simple repeated melodic formulae to which singers declaimed, or improvised, endless chains of rhymed verses. The particular bylina known as «Legend of the Birds» has been handed down with no fewer than 110 lines devoted to familiar birds of Russia, mostly depicted in comic exaggeration to add a scherzo element to the suite along with the preceding number. Piece no. 6 is a Kolybelnaya, a «Cradle Song» or «Lullaby,» which quite obviously serves as the suite’s slow movement. Piece no. 7, Plyasovaya, is a «Village Dance Song» (also known as «Little Dance Song») with a distinctive imitation of the balalaika in the pizzicato strings. The eighth and final piece is a Khorovod, a «Round Song.» These songs, often with a narrative basis, were originally performed by up to one-hundred singers to accompany a circle dance. The great longevity of the round song is apparent in the very name khorovod, which derives from the Greek word chorea for the same dance form and has lent us the modern word «chorus.»

Lyadov’s Huit chants populaires russes was published in full score as op.58 by Belaïeff of Leipzig in the year of its composition. This publication was soon followed by an arrangement for piano four-hands, likewise issued by Belaïeff, but this time in St. Petersburg (1914). Besides another edition in full score by the Russian State Music Publishing House in Moscow (1966), the work has also appeared at least twice before in miniature score, once by Eulenburg as Acht russische Volksweisen (Vienna and Leipzig, n.d.), and again by the International Music Company (New York, 1948). As further indications of its popularity, Lyadov’s op. 58 was issued in a «condensed score» of two violins plus set of parts by Mills Music (1948) and recently even in a version for five saxophones by Western International Music. But perhaps the surest evidence of its stature is the long list of conductors who have committed the work to disc, including Nicolai Malko (London Philharmonia, 1958), Ernst Ansermet (Orchestre de la Suisse Romande), Albert Coates (London Symphony Orchestra), André Previn (London SO, 1966), and two recordings by Leopold Stokowski, once with the London Royal Symphony Orchestra and again with the Philadelphia. The work is frequently found on today’s concert programs, where it vies with Lyadov’s three tone-poems Baba Yaga, Kikimora, and The Enchanted Lake among the most famous and lasting compositions to have proceeded from the pen of this perennially underrated composer.

Bradford Robinson, 2006

For performance material please contact the publisher Peters, Frankfurt. Reprint of a copy from the Musikabteilung der Leipziger Städtische Bibliotheken, Leipzig.

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