Schumann, Robert

Schumann, Robert

Genoveva Op. 81

Art.-Nr.: 01 Kategorie:

60,00 

Preface

Robert Schumann

»Genoveva« op. 81

(geb. Zwickau, 8. Juni 1810 — gest. Endenich bei Bonn, 29. Juli 1856)

Oper in vier Akten (1847-48)
Libretto von Robert Schumann und Robert Reinick (1805-52)
nach den gleichnamigen Dramen von
Friedrich Hebbel (1813-63) und Ludwig Tieck (1773-1853)

Vorwort
Im Frühjahr 1847 fasste Robert Schumann konkrete Opernpläne, nachdem er über Jahre hinweg verschiedenste Projekte unterschiedlichster Ausrichtung erwogen und verworfen hatte. In Clara Schumanns Tagebuch heißt es: „Am 4. April ging Robert zu Reinick und nahm ihm ein anderes Buch Genoveva, von Hebbel bearbeitet, mit. Das ist ein schönes Opernsujet, und haben sich beide gleich dafür entschieden.“
Am 14. Mai schrieb Schumann aus Dresden an Friedrich Hebbel in Wien: „Je öfter ich Ihre Tragödie las, die ihresgleichen sucht — lassen Sie mich darüber nichts weiter sagen —, je musikalisch-lebendiger gestaltete sich die Poesie in mir. Endlich beriet ich mich mit einem hier lebenden poetisch begabten Mann (Rob. Reinick), und von der außerordentlichen Schönheit der Dichtung ergriffen, ging er schnell auf meinen Wunsch ein, sie mir zu einem Operngedicht nach besten Kräften umbilden zu wollen.
Zwei Akte liegen jetzt vor mir, die beiden letzten erhalte ich in diesen Tagen. Aber so viel guten Willen der Bearbeiter zeigte, so behagte mir doch das Wenigste; vor allem, es fehlte überall an Kraft — und der gewöhnliche Operntextstil ist mir nun einmal zuwider; ich weiß zu solchen Tiraden keine Musik zu finden und mag sie nicht.“ Infolgedessen bat Schumann Hebbel, „daß Sie sich das Ganze ansähen, Ihr Urteil mir sagten und nur hier und da Ihre kräftigende Hand anlegten, — dies wäre meine herzliche Bitte.“
Bald darauf konnte Schumann in sein Notizbuch eintragen: „Eine große Ehre ist unserm Haus widerfahren — Fr. Hebbel besuchte uns auf seiner Durchreise. Das ist wohl die genialste Natur unserer Tage. Auch seine Persönlichkeit war entsprechend. Überspannt er seine Kräfte nicht, so wird er das Höchste erreichen, sein Name den unsterblichen Künstlern aller Zeiten beigezählt werden.“
Über Robert Reinick schrieb er Anfang Juli an Ferdinand Hiller: „Mit dem Text zur Oper geht es langsam, aber doch vorwärts. Ein guter freundlicher Mensch, unser Reinick, aber schrecklich sentimental. Und gerade bei unserem Stoff hat er ein so außerordentlich kräftiges Vorbild in Hebbel.“
Walter Dahms (1887-1973) führt in seiner Schumann-Biographie (Berlin, 1914) aus: „…aus dem ‚Theaterbüchlein‘, das er sich angelegt hatte, geht hervor, daß er in diesem Jahr sehr oft die Oper besuchte. Inzwischen schwitzte Reinick am Text, ohne es Schumann recht machen zu können. Der Tondichter verbesserte den Textdichter unentwegt, und zwar so gründlich, daß dieser schließlich seinen Autornamen zurückziehen mußte, da er nichts mehr zu vertreten hatte. Der Text zu Genoveva ’nach Tieck und Hebbel‘ war fertig.“

Richard Wagner versuchte sich, als ihm am 12. August 1848 Schumann das Textbuch vorgelesen hatte, mit Ratschlägen und resümierte später: „Schumann ließ sich durch keine Vorstellung meinerseits davon abbringen, den unglücklich albernen dritten Akt nach seiner Fassung beizubehalten: er wurde böse und war jedenfalls der Meinung, ich wollte ihm durch mein Abraten seine allergrössten Effekte verderben.“

Die Musik schrieb Schumann wie stets in äußerster Schnelligkeit und Rastlosigkeit nieder, wie die Daten der Skizzierung belegen:
Ouvertüre 1.-5. April 1847
Akt I. 26. Dezember 1847 – 3. Januar 1848
Akt II. 21. Januar – 4. Februar
Akt III. 24. April – 3. Mai
Akt IV. 15.-27. Juni
Dies schlug sich, für seine Freunde erschreckend, in einer zunehmenden „Veränderung seines Wesens“ nieder, und der plötzliche Tod des Freundes Felix Mendelssohn-Bartholdy am 4. November 1847 tat das seine dazu. Nachdem er in zwei Wochen vom 10. bis 23. Januar den ersten Akt instrumentiert hatte, erlitt er einen schweren Nervenzusammenbruch. Ähnlich erging es nach jedem weiteren Akt, und am 4. August 1848 hatte er die Oper in Partitur vollendet.
Als Schumann bereits schwankte zwischen dem weiteren Verbleib in Dresden und dem verlockenden Angebot, nach Düsseldorf zu gehen, wurde nach vielen Verhinderungen an der Leipziger Oper Genoveva vorbereitet. Schon im Herbst 1848 hatte Kapellmeister Julius Rietz die Annahme des Werkes durchgesetzt. Doch zweimal mußte die Aufführung verschoben werden. So kam es auch, daß die Genoveva-Ouvertüre am 25. Februar 1850 in Leipzig unter Schumann vorab zur Uraufführung gelangte. Im Mai 1850 bezogen Robert und Clara Schumann in Leipzig Quartier. Am 23. Juni leitete Schumann die Generalprobe, der Louis Spohr, Niels Gade, Ferdinand Hiller, Ignaz Moscheles, Moritz Hauptmann und andere beiwohnten. Die Uraufführung der Genoveva am 25. Juni 1850 im Stadt-Theater zu Leipzig in der Regie von Heinrich Barthels und unter der musikalischen Leitung des Komponisten wurde zu einem Achtungserfolg. Weitere Erstaufführungen fanden 1865 in Weimar, 1867 in Karlsruhe, 1873 in München, 1874 in Wien, 1877 in Berlin, 1879 in Hamburg, 1882 in Dresden, 1893 in London (auf englisch), 1896 in Petersburg (auf russisch) und 1902 in Prag statt. In Paris kam die Oper erstmals 1894 konzertant (auf französisch) heraus. Jedoch fand Schumanns einzige Oper trotz aller Rettungsversuche von Anfang an nicht den Weg ins ständige Repertoire, was ihr bei allen unverzeihlichen Schwächen des Librettos eine musikalisch unvertretbare Geringschätzung unter Opernexperten eintrug und dazu führte, daß sie in den meisten gängigen Opernführern fehlt oder ein Schattendasein fristet.
Christoph Schlüren

Aufführungsmaterial (nach der Gesamtausgabe) ist vom Verlag Breitkopf & Härtel, Wiesbaden, erhältlich.

Robert Schumann

»Genoveva« op. 81
Oper in vier Akten (1847-48)

Die Genoveva-Legende ging aus der mittelalterlichen französischen Sagenwelt hervor und wurde 1638 als Erzählung des Jesuiten René de Cerisiers unter dem Titel L’innocence reconnue ou Vie de Sainte Geneviève de Brabant im gebildeten Europa bekannt. Während Schumann bei seiner Genoveva von Friedrich Hebbels Drama Genoveva (veröffentl. 1843) ausging, griff der von ihm zunächst mit der Erstellung des Textbuchs beauftragte Robert Reinick auf Ludwig Tiecks lyrisches Stück Leben und Tod der heiligen Genoveva (1799) zurück. Schumann nahm schließlich nur ca. 200 Verse von Reinicks — heute verschollenem — Text in sein Libretto auf, welches in wesentlichen Punkten von den Vorlagen Hebbels und Tiecks abweicht.

Synopsis
I. Akt. Pfalzgraf Siegfried zieht in den heiligen Krieg gegen die ins Frankenland eingefallenen Mauren. Er befiehlt seine Gattin Genoveva in den Schutz seines Vasallen Golo. Als Genoveva beim Abschied ohnmächtig wird, küßt dieser sie. Dies beobachtet Golos einstige Amme Margaretha, worin sie die Gelegenheit sieht, sich dafür zu rächen, daß Golo sie einst wegen ihrer Hexenkünste hatte vertreiben lassen. Also macht sie Golo glauben, Genoveva sei offen für seine Werbung.
II. Akt. Golo gesteht Genoveva, daß er sie in ohnmächtigem Zustand geküßt hat. Er wird zudringlich, da ruft sie ihm entgegen: „Zurück, ehrloser Bastard!“ Sein Begehren wandelt sich in Haß, und er streut das Gerücht, sie habe ein Verhältnis mit dem Kaplan. Margaretha hilft nunmehr Golo bei seinen finsteren Plänen. Sie will den verwundeten Pfalzgrafen mit einem Zaubertrank von der Heimfahrt abhalten. In der Nacht dringen Knechte und Mägde in Genovevas Gemach ein, wo sie ihren Aufseher Drago finden, der von Golo gebeten worden war, Genoveva zu überwachen. Margaretha behauptet, Drago habe Genoveva in seinen Armen gehalten. Die Untertanen fordern Genovevas Einkerkerung.
III. Akt. Margaretha hält den Pfalzgrafen, der nach Hause kehren will, auf. Da kommt Golo mit der Nachricht von Genovevas Untreue, worauf ihm Siegfried befiehlt, sie töten zu lassen. Mit Trugbildern ihres Zauberspiegels bestärkt Margaretha ihn in diesem Glauben. Doch da erscheint der Geist Dragos und droht ihr mit dem Scheiterhaufen, falls sie nicht die Wahrheit gesteht.
IV. Akt. Zwei Knechte verschleppen Genoveva in eine bizarre Landschaft und verhöhnen sie. Golo trifft ein mit Siegfrieds Befehl, sie zu töten. Er bietet ihr freilich den Ausweg, sie in seinen Schutz zu nehmen. Sie ruft: „Hinweg, du fluchbelad’ner Mann!“. Er ordnet die Vollstreckung des Todesurteils an und reitet davon. Die Knechte schenken ihren Unschuldsbeteuerungen keinen Glauben. Da kommt Margaretha, ruft Siegfried herbei und gibt die Wahrheit kund. Siegfried und Genoveva kommen zurück. Jubelnder Ausklang.


 

Robert Schumann
(b. Zwickau, 8 June 1810 — gest. Endenich near Bonn, 29 July 1856)

Genoveva Op. 81

Opera in four acts (1847-48)
Libretto by Robert Schumann and Robert Reinick (1805-52)
after the eponymous plays of
Friedrich Hebbel (1813-63) and Ludwig Tieck (1773-1853)

Preface
In early 1847 Robert Schumann drew up firm plans for an opera, having for some years deliberated over and rejected a number of projects on various subjects. As Clara Schumann’s notes in her diary: „On April 4th Robert called on Reinick and brought him another Genoveva text, adapted by Hebbel. They both decided at once that this would make a wonderful subject for an opera.“
Schumann wrote from Dresden to Friedrich Hebbel in Vienna on May 14th: „The more I read your tragedy (which simply calls out for someone like yourself – I need say no more), the more the musician-poet in me sprang to life. Finally I took counsel from a poetically inclined neighbour of mine (Rob. Reinick). He enthused about the extraordinary beauty of the poetry and quickly responded to my request to adapt it as an operatic drama to the best of his abilities.
I have in front of me two acts; the remaining two will be delivered in the next days or so. But however hard my colleague had tried I liked hardly any of it. Basically it lacks strength and I do find the style of the standard opera libretto unattractive. I cannot summon the musical inspiration for all these tirades. I do not like them.“ Consequently Schumann asked Hebbel „… to cast an eye over the whole thing, tell me what you think and add a few firm finishing touches here and there – that is my earnest request.“
Shortly afterwards Schumann was to note in his diary: „Our household has been granted a great favour. Fr. Hebbel paid us a visit on his travels. He must be one of the most brilliant persons living. That is also reflected in his personality. So long as he does not stretch himself beyond his limits, he will achieve the greatest of all honours – to be counted amongst the immortal artists of all times.“
He referred to Robert Reinick in a letter to Ferdinand Hiller at the beginning of July, as follows: „Slowly but surely, the opera libretto moves forwards. Our Reinick is a good and friendly soul but he is terribly sentimental, although for this special project of ours he has such an unusually strong precedent in Hebbel.“
As Walter Dahms (1887-1973) records in his Schumann biography (Berlin, 1914): „… from the Theaterbüchlein he had started it is clear that he returned to the opera time and time again in the course of that year. Reinick meanwhile sweated away at the text without being able to please Schumann. The composer constantly improved on the dramatist, even to the point that Reinick finally had to withdraw his name as author of the libretto, since there was nothing left that was his. The libretto for Genoveva ‚after Tieck and Hebbel‘ was complete.“

Richard Wagner, when Schumann read him the text on August 12, 1848, offered some advice and was later to sum up the position as follows: „Schumann would not be persuaded by my advice not to keep the unfortunately rather silly third act in his own version. He was angry and thought that by discouraging him I merely wanted to spoil its special effects.“

Schumann wrote the music at breakneck speed as usual, hardly pausing for breath, as the dates for the draft indicate:
Overture: April 1-5, 1847
Act 1: December 26, 1847 – January 3, 1848
Act 2: January 21 – February 4
Act 3: April 24 – May 3
Act 4: June 15 – 27
This pace was to take its toll, as his friends were shocked to observe, in a gradual „personality decline“, to which the sudden death, on November 4, 1847, of his friend, Felix Mendelssohn-Bartholdy, was also a contributory factor. After he had orchestrated the first act, between January 10 and 23, he suffered the first of a series of severe nervous breakdowns, which were to recur after each of the remaining acts. The score of the opera was finally completed on August 4, 1848.
Whilst Schumann was deliberating between staying in Dresden or accepting the enticing offer of a move to Düsseldorf, the opera Genoveva underwent rehearsals after a number of setbacks. Although the Kapellmeister Julius Rietz had championed the opera’s cause since the autumn of 1848, performance was delayed on two occasions. That was the reason why the Overture was given its first performance as a foretaste to Genoveva on February 25, 1850, in Leipzig, conducted by Schumann himself. Robert and Clara Schumann took up residence in Leipzig in May 1850. On June 23, Schumann directed the dress rehearsal, at which Louis Spohr, Niels Gade, Ferdinand Hiller, Ignaz Moscheles, Moritz Hauptmann, amongst others, were present. The premiere of Genoveva, which took place on June 25, 1850, at the Leipzig City Theatre, produced by Heinrich Barthels and conducted by the composer, was a notable success. Further premieres were to take place in Weimar in 1865, Karlsruhe in 1867, Munich in 1873, Vienna in 1874, Berlin in 1877, Hamburg in 1879, Dresden in 1882, London in 1893 (in English), St Petersburg in 1896 (in Russian) and Prague in 1902. A concert performance (in French) was staged for the first time in Paris in 1894. Despite numerous rescue attempts, Schumann’s one and only opera never made its way into the standard repertoire, due to the inexcusable weaknesses of the libretto. This led to a completely unacceptable devaluation of the work amongst opera experts as a piece of music and, as a result, the piece is simply either ignored or else receives only a passing mention in most opera guides.
Translation: Jonathan Price

For performance materials (according to the edition of Schumann’s complete works) please contact the publisher Breitkopf & Härtel, Wiesbaden.

Robert Schumann

„Genoveva“ Op. 81
Opera in four acts (1847-48)

The legend of Geneviève originates from a mediaeval French legend which became familiar to cultivated Europeans from the tale by the Jesuit Father, René de Cerisiers, entitled LÔinnocence reconnue ou Vie de Sainte Geneviève de Brabant, published in 1638. Whereas SchumannÕs Genoveva is based on Friedrich HebbelÕs drama Genoveva, published in 1843, Robert Reinick, whom he originally commissioned to write the libretto drew on Ludwig TieckÕs lyrical work The Life and Death of St Geneviève (1799). Schumann ultimately selected only about 200 verses from ReinickÕs text – now lost – for his own libretto, certain aspects of which deviate materially from HebbelÕs and TieckÕs originals.

Synopsis
Act I. Siegfried, Count of Palatine, sets out to join the Crusade against the Moors, who have invaded France, having entrusted his bride Genoveva to the care of his servant Golo. On his departure Genoveva faints and Golo embraces her, observed by his former nurse, Margaretha, who sees a chance for revenge on Golo for having banished her for sorcery. She therefore casts a spell on Golo, who now believes that Genoveva will respond to his advances.
Act II. Golo confesses to Genoveva that he had kissed her whilst she was unconscious. She rebuffs him with the words „Be off, thou faithless wastrel!“ His passion gives way to hatred, as he spreads the rumour of a liaison between her and the Chaplain. Margaretha now assists Golo with his evil designs and plans to delay the wounded CountÕs homecoming by means of a magic potion. During the night grooms and maids force their way into GenovevaÕs chamber at dark and find Drago, their steward, whom Golo had asked to keep watch over her. Margaretha accuses Drago of having held Genoveva in his arms, whereupon the courtiers demand that she should be imprisoned.
Act III. Margaretha detains the Count in his attempt to return. Golo arrives with the news of GenovevaÕs infidelity, at which Siegfried commands him to have her executed. His suspicions are confirmed and further incited by fake scenes from MargarethaÕs magic mirror. DragoÕs ghost then appears and warns her that she will be burnt alive if she does not tell the truth.
Act IV. Two knights carry Genoveva off into a bizarre region and subject her to derision. Golo enters with SiegfriedÕs command to put her to death. He offers her the choice of accepting his protection, at which she cries „Away, thou cursed man!“ He orders her execution and rides off. The knights dismiss her protests of innocence, whereupon Margaretha appears and, summoning Siegfried, confesses the truth. Siegfried and Genoveva return to scenes of great rejoicing.

[German]

Score Data

Edition

Opera Explorer

Format

160 x 240 mm

Druck

Reprint

Seiten

320

Genre

Oper

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