Roelstraete, Herman

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Roelstraete, Herman

Symphonia brevis Op. 21 for string orchestra (score and parts / first print)

20,00 

Herman Roelstraete – Symphonia brevis, op. 21 (1952-1953)

(20. Oktober 1925 in Lauwe – 1. April 1985 in Kortrijk)

 

Herman Roelstraete begann sein Musikstudium an der Lehrerbildungsanstalt von Torhout, wo er den Lehrgang für Küster belegte. Dort bekam sein lebenslanges Interesse für den gregorianischen Gesang, die Orgel und die flämische Kulturbewegung starke Impulse. Im Jahre 1942 immatrikulierte er sich am Institut für Kirchenmusik in Mecheln (Lemmensinstitut). Zu seinen herausragenden Lehrern zählten Henri Durieux (Harmonielehre), Marinus de Jong (Klavier und Kontrapunkt), Flor Peeters (Orgel) und Jules Van Nuffel (Chorleitung und Musikästhetik). Durch Van Nuffel, der die Edition der Werke von Philippus de Monte leitete, lernte er damals auch die flämischen Polyfonisten kennen. Nachdem er sein Studium in Mecheln als „Laureat des Lemmensinstituts“ mit magna cum laude absolviert hatte, bildete er sich am Königlichen Konservatorium von Brüssel weiter. Er schloss seine Ausbildung mit den Diplomen für Gesang (bei Maurice Weynandt), Kontrapunkt (bei Marcel Poot) und Orgel (bei Paul de Maleingrau) ab. Ferner vertiefte er sich 1957 bei Mátyás Seiber noch in das Studium der Zwölftonmusik.

Unterdessen wuchs sein Einfluss auf das kulturelle Leben seiner westflämischen Heimat. Er gründete Chöre, Ensembles und Orchester, unterhielt enge Kontakte zu vielen Liebhaberchören, die er auch begleitete, widmete sich der Volksliedforschung und wurde 1950 Direktor der Musikschule von Izegem. Daneben hatte er auch eine kurze Karriere als Sänger (hoher Tenor), aber wegen einer zeitweiligen Lähmung der Stimmbänder brach er diese 1953 kurzentschlossen ab. Als Konzertorganist dagegen blieb er stets aktiv.

Ebenso wie andere Kollegen seiner Generation (Frits Celis, Roland Coryn, Vic Nees) setzte er sich sein Leben lang für vergessene oder unterschätzte Werke seiner Vorgänger ein, unter anderen Frans J. Krafft (1727-1795), Pieter Vanderghinste (1789-1860), Philippe Vanden Berghe (1822-1885), Edward Mechelaere (1827-1906), Peter Benoit (1834-1901), Edgar Tinel (1854-1912) und Alfons Mervillie (1856-1942). Roelstraete bearbeitete eine Anzahl von Werken dieser Komponisten, um sie für die zeitgenössische Praxis zu erschließen. Manche wurden bei Musica Flandrorum herausgegeben, einer Stiftung, die er 1978 selbst ins Leben gerufen hatte, um das Schaffen vergessener flämischer Komponisten wieder zugänglich zu machen. Auch als Dirigent setzte er sich für diese Musik ein. Im Jahr 1967 bekam er von der Stadt Antwerpen und dem Peter Benoit Fonds den Peter-Benoit-Preis für seine Aufführung von Benoits Drama Christi, und 1983 erkannte die belgische Musikpresse ihm den Snepvangers-Preis für seine Aufnahme des Requiem von Benoit zu. Als Orgelfachmann erforschte er die Geschichte der Orgelbauerfamilie Anneessens und inventarisierte zahlreiche flämische Orgeln.
Roelstraete hinterließ ein vielgestaltiges Gesamtwerk mit ungefähr 160 Opusnummern, in denen außer der Oper fast alle Gattungen vertreten sind. Sein besonderes Interesse galt der Chormusik – von A-cappella-Werken bis zu Oratorien – wodurch jedoch sein übriges Œuvre allzu oft vergessen wurde. Seine besten Schöpfungen finden sich wohl in seiner Kammermusik, nicht zuletzt in seinen drei Streichquartetten, die er als Fünfzigjähriger schrieb, als er schon mit zunehmenden Gesundheitsproblemen zu kämpfen hatte.

In seinem gesamten Werk sucht Roelstraete nach einem Gleichgewicht zwischen Überlieferung (Gregorianisch, Barockformen, Neoklassizismus) und Erneuerung (Polytonalität, Serielle Musik, Dodekafonie). Kontrapunkt war seine Stärke; gleichzeitig war ihm aber auch eine ausdrucksvolle Melodieführung sehr wichtig. Sein Werk bewegt sich hin und her zwischen expressionistischen, vitalistischen Schöpfungen und, besonders gegen Ende seines Lebens, meditativen und elegischen Kompositionen. Ein Großteil seines Œuvres hat einen religiösen Charakter oder Hintergrund.

Diese frühe Symphonia brevis für Streichorchester ist die erste von vier Sinfonien, die Roelstraete komponierte. Es folgten die Symfonie in E, op. 39 für sinfonisches Orchester (1957-1959), die Symfonie in c, op. 75 für Concert Band (1968-1969) und die Symfonie nr. 4, op. 82 für sinfonisches Orchester (1971).

Die Symphonia brevis ist eines jener charakteristischen Werke Roelstraetes, in denen er ein zeitgenössisches, polytonales Idiom in eine traditionelle Form verpackt. Der Guss seiner noch immer auf der Suche befindlichen neuzeitlichen Sprache in die alte Form einer vorklassischen Sinfonie erzeugt eine interessante Spannung. Die kurzen Ecksätze – eine Sonatenform im ersten Satz und eine kontrapunktisch ausgearbeitete Gigue mit einer kurzen Geigenkadenz im letzten Satz – umkränzen den breiter ausgeführten meditativ-eleganten Mittelsatz (eine Liedform).

Dieses dynamische und virtuose Werk wurde am 4. Oktober 1954 während einer Studioaufnahme des Rundfunkorchesters des NIR unter der Leitung von Jozef Verelst uraufgeführt. 1955 wurde es in Harelbeke vom Limburgs Symfonie Orkest erstmals öffentlich gespielt. Es folgten Aufführungen mit dem Brabants Kamerorkest unter Anton Koene im Jahr 1975 und mit das Collegium Instrumentale Brugense unter der Leitung von Patrick Peire. (Aufnahmen der Aufführungen von 1954, 1975 und 1996 werden in den Rundfunkarchiven aufbewahrt.)

Jan Dewilde
(Übersetzung: Eva-Maria Kintzel)

José Reyes edierte diese Partitur auf der Grundlage eines Faksimiles des Autographs, das in der Bibliothek des Königlichen Konservatoriums von Antwerpen aufbewahrt wird (KVC 193.036). Das Autograph selbst wird in der Musikabteilung der Königlichen Bibliothek in Brüssel aufbewahrt (Mus. Ms. 2315). Diese Partitur wurde herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem Studienzentrum für Flämische Musik (www.svm.be).

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Partitur Nr.

2619

Sonderedition

Genre

Streichorchester

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Anmerkungen

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Erstdruck

Seiten

34

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