Peragallo, Mario

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Peragallo, Mario

Fantasia per orchestra

Art.-Nr.: 4082 Kategorie:

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Mario Peragallo – Fantasia per orchestra (1950)

(geb. Rom, 25. März 1910 _ gest. Rom, 23. November 1996)

Vorwort
Mario Peragallo wurde in Rom als Kind genuesischer Eltern geboren. Sein Vater, ein Geschäftsmann, hieß Cornelio, seine Frau Matilde. Beide Eltern waren leidenschaftliche Musikliebhaber, und sein Vater wurde von 1944 bis 1950 zum Präsidenten der Accademia Filarmonica Romana ernannt. Mario studierte Komposition bei Vincenzo di Donato und Klavier bei Francesco Baiardi. Di Donata, eine führende Persönlichkeit des römischen Musiklebens, gab Editionen mit der Musik vielversprechender Komponisten unter dem Titel Collezione Dorica heraus, und Peragallo tat sich bald in dessen „dorischem“ Zirkel hervor. Sein Debut gab der junge Komponist mit Adagio per orchestra d’archi e arpa, das während der 1925/26er Spielzeit der Accademia Filarmonica aufgeführt wurde. Weitere seiner Werke erschienen ebenfalls in Dorica und der Nachfolgepublikation La Rassegna Musicale (gegründet von Donato im Jahre 1929). Berühmt wurde Peragallo anfangs vor allem auf dem Gebiet der Oper. Aus seiner Zusammenarbeit mit dem grossen Librettisten Giovacchino Forzano entstanden seine Opern Ginevra degli Almieri (1937) und Lo Stendardo di San Giorgio (1941), die vom Publikum mit Beifall begrüsst wurden. Die Kriegsjahre gingen mit Veränderungen im künstlerischen und persönlichen Leben des Komponisten einher. 1943 heiratete er Flora Gianna, mit der er zwei Kinder hatte. Nach einer kreativen Pause von fünf Jahren trat Peragallo in die zweite Phase seiner künstlerischen Laufbahn ein und schuf Werke, die eine eher chromatisch gesättigte Klangwelt erforschten, um danach zu einer individuellen Version der Zwölftönigkeit fortzuschreiten. Die erste Frucht seiner neuen, seriellen Arbeitsweise war das „madrigale scenico“ La Collina, das 1947 beim zeitgenössischen Musikfestival in Venedig auf grosses Interesse stiess. Im gleichen Jahr organisierte Peragallo eine Konzertreise durch neun italienische Städte mit Schönbergs Ode ab Napoleon Bonaparte und Pierrot Lunaire, in Anlehnung an die legendäre Pierrot- Tour, die Casellas Corporazione delle Nuove Musiche im Jahre 1924 durchführte. Peragallo schritt auf dem zwölftönigen Pfad fort: es folgten Musica per doppio quartetto d’archi (1948), Concerto per pianoforte e orchestra (1949), die hier veröffentlichte Fantasia per orchestra (1950) und vor allem das Concerto per violino e orchestra (1953-4). Gegen Ende der 1950er Jahre verband er sich stilistisch mit den Techniken der jüngeren Komponistengeneration in seinem Forme sovrapposte per orchestra (1959) und in Vibrazioni per flauto, piano e tiptofono (1960), das wie so viele Kompositionen anderer Komponisten durch die Virtuosität des Flötisten Severino Gazzelloni inspiriert war. Dieses musikalische Reisetagebuch ist vergleichbar mit dem von Petrassi, der den Serialismus in zahlreichen seiner Concerti per Orchestra in den 1950er Jahren einsetzte und im folgenden Jahrzehnt in die Klangwelt von Berio, Castiglioni and Donatoni eintauchte. Danach enden die Parallelen zu anderen Kollegen: In den vielen Jahren, da er Präsident der Società Italiana di Musica Contemporanea (1956-60, 1963-86) war, betätigte sich Peragallo hingebungsvoll als ausserordentlicher Organisator und wirkte als Erneuerer. Seine organisatorischen Tätigkeiten jedoch forderten ihren Tribut: Anders als der unermüdlich produktive Petrassi durchlitt Peragallo eine zwanzig Jahre dauernde kompositorische Dürre, die nur 1980 durch sein Emircal (für Orchester und Tonband) unterbrochen wurde. Emircal (‘Lacrime’ rückwärts gelesen) entstand in der Zeit grosser Trauer über den Tod seines langjährigen Freundes Luigi Dallapiccola. 1979 wurde Peragallo Witwer, aber er heiratete zehn Jahre später Anna Cudin. Der Komponist starb im Jahre 1996.

In Werken wie La Collina, dem Doppio Quartetto und dem Piano Concerto arbeitet Peragallo nicht etwa mit Ableitungen einer einzigen Zwölftonreihe, sondern verwendet freizügig unterschiedlichste Reihen und zögert nicht, ihre Durchführung mit freien diatonischen Passagen auszuschmücken. Die Fantasia per orchestra jedoch war anders: in diesem Stück beschränkte er sich zum ersten Mal auf eine einzige Reihe als Grundmaterial.

Jedoch geht er auch hier immer noch sehr frei mit dem Material um und bringt strenge, wenn nicht sogar sehr intensive serielle Verfahren mit eher konventionellen Texturen, rhythmischen Pattern und Strukturen zusammen. Die zwölftönige Reihe wird dem Werk in langen Noten über eine bacarolle-artige Weise und einen „tonalen“ Orgelpunkt in Es vorangestellt. Dieser „Grundton“ wird am Schluss zurückkehren. Die zusammengesetzten Metren bleiben eine Konstante während des gesamten Werks. Selbst wenn die Tempoangabe „Tempo di valse lento“ lautet, bleibt die Musik im 6/8-Takt. Peragallos Umgang mit Pedalnoten und perpetuum mobile- Achtelnoten lassen an einen neoklassischen oder gar neoromantischen Ethos denken. Diese Arbeitsweise ist weit entfernt von den Verweigerungen von Tonartbezug und der sprunghaften Rhythmik in den Werken von Schoenberg und Webern: Ausdruck einer insgesamt traditionelleren Essenz ist hier das Gebot der Stunde. Die insgesamte Struktur des Werks ist bestimmt durch Wechsel im Tempo und Artikulation, mit anderen Worten, hier wird ein frei fliessendes Konzept verfolgt – ganz im Sinne des Titels Fantasia. Gegen Ende des Stückes (Takt 404) erklingt eine klare Umkehrung der Reihe als ein gedämpfter Choral, bevor der abschliessende, auf Es basierende Akkord angestimmt wird.

In seinem 1958 erschienen Buch Storia della dodecafonia fasst Roman Vlad diese Schaffensperiode des Komponisten zusammen: „Peragallo ist tatsächlich einer der typischsten und auch international bekanntesten Vertreter der italienischen Dodekaphonie. Und dies nicht trotz, sondern vielleicht sogar wegen der Tatsache, dass er eine vollkommene Unabhängigkeit von den Regeln und der Ästhetik der historischen Dodekaphonie anstrebte.“

Die hier nachgedruckte Partitur wurde 1953 von der Universal Edition veröffentlicht (Plattennummer UE 12153). Ein Klavierauszug (mit einer etwas früheren Plattennummer UE12137) erschien im gleichen Jahr.

Übersetzung: Peter Dietz

 

Aufführungsmaterial ist von Universal Edition (www.universaledition.com), Wien, zu beziehen.

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