Indy, Vincent d’

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Indy, Vincent d’

Poème de Rivages, Orchestral Suite

Art.-Nr.: 1780 Kategorien: ,

36,00 

Vincent d’Indy

Poème des rivages op. 77
Orchestersuite

(geb. Paris, 27. März 1851 – gest. Paris, 2. Dezember 1931)

Vorwort
Die Orchestersuite Poème des rivages [Gedicht von den Ufern] ist ein außer­gewöhnliches Werk innerhalb Vincent d‘Indys kompositorischem Werdegang wegen der besonderen Enstehungszusammenhänge, die ihn zur Schöpfung dieses neuen, engagierten und sehr bildhaft beschreibenden Werks in vier Sätzen anregten. Es wurde zu einer Zeit geschrieben, als der Komponist wieder geheiratet hatte: Am 26. Oktober 1920 ehelichte d‘Indy seine ehemalige Studentin, die um 36 Jahre jüngere Caroline Janson. Das Musikstück kann als musikalische Allegorie ihrer Flitterwochen und des gemeinsamen Neuanfangs an der Mittelmeerküste gedeutet werden. Poème des rivages wurde im Jahr 1919 begonnen und 1921 vollendet. Eine Besprechung der Premiere im Jahr 1922, aufgeführt bei den Concerts Colonne, stellte fest: „Si le musician a laissé cette fois les sommets un peu âpres et le langage un peu abstrait de sa période d’avant-guerre, il n’avait pas à craindre de déroger, et ce qu’il nous donne n’a pas un moindre prix.“ [Wenn der Musiker dieses Mal die Gipfelhöhe und die etwas abstrakte Sprache seiner Vorkriegsperiode hinter sich gelassen hat, dann hatte er dennoch keinen Niedergang zu fürchten, und er gibt uns etwas von keinem geringeren Wert] (Lindenlaub, 1922, 3). Es scheint, wenn man diese Kritik richtig versteht, dass dieses neue Werk als eine Abweichung von seinem früheren Stil erwartet und erkannt wurde.

Diese wenig bekannte Orchestersuite zeigt uns einen Komponisten, der emp­findsam mit musikalischen Bildern arbeitet, die durch eine strukturell abenteuerliche Orchester­partitur erzeugt werden, welche viele von d‘Indys kompositorischen Charakteristika enthält. Bemerkenswert ist, dass das Material der Hauptthemen durch alle vier Sätze hindurch einer Durchführung unterzogen wird. Das Stück setzt Kontraste in Tempo, Taktart und rhythmischen Motiven, um die vielen Erscheinungsformen des Meeres beschreiben; aber es ist auf keinen Fall ein zweites La Mer (Claude Debussy, 1905). Vielmehr ist diese Meeres­landschaft eine Kombination aus szenischen Bildern und der atmosphärischen Beschreibung der Mittelmeerküste, wohin d‘Indy und seine neue Braut umgezogen waren. Viele klangliche und strukturelle Kontraste entstehen durch Kontraste im Register, durch ein großes Orchester mit einigen neuen Instrumenten sowie instru­mentale Verdoppelungen und Teilungen, außerdem durch Imitationen zwischen den Stimmen (einiges war für d‘Indy zu diesem Zeitpunkt neuartig, vor allem die Verwendung von vier Saxophonen). Das Orchester ist groß: d‘Indy fordert dreifache Holzbläser, ein Alt-, zwei Tenor- und ein Baritonsaxophon, drei Trompeten und Posaunen, zusätzlich eine Piccolo­­-Trompete und eine Kontrabassposaune (diese kann durch eine Tuba ersetzt werden). Die Streicher werden mit zwei Harfen, Celesta, Klavier, Xylophon, Becken und Pauken ergänzt.

Ein Großteil von d‘Indys Werken ist heute aus dem Konzert-Repertoire verschwunden – vielleicht wegen seines Rufes als ganz rechts stehender Antisemit und wegen seiner Mitgliedschaft im rechten Flügel der Ligue de la Patrie Française. Es gab umfangreiche Forschungen und kritische Reaktionen in Bezug auf d‘Indys Musik. Daraus entstanden zwei wichtige Hindernisse für das Fortleben seiner Musik und seines Vermächtnisses. Als erstes die unangenehme Erkenntnis, dass er ein Künstler war, der den Antisemitismus befürwortete (wie von Jane Fulcher diskutiert, 1997). Doch dieses erste Argument enthält Widersprüche, weil d’Indy offen einzelne jüdische Komponisten, vor allem Paul Dukas (1865-1935), gefördert hatte. Andrew Thomson hat in seiner Biographie ausführlich veranschaulicht, wie d‘Indy in einem grösseren Kontext als kulturelle Persönlichkeit wirkte, und er legt Wert darauf, d‘Indy im umfassenderen Frankreich-Kontext zu zeigen, für den er eine „kollektive Paranoia“ feststellt (Thomson, 1997, S. 18). Thomson bemerkt, dass Lean Vallas’ frühe Biografie von d‘Indy (1949) in der Tat „ehrfürchtig“ gewesen sei (Thomson, 1997, S. 18). Das zweite Gegenargument wurde von feministischen Musikwissenschaftlern formuliert, zum Beispiel in der Arbeit von Marcia J. Citron (1993) in ihrer Kritik an d‘Indys geschlechtsspezifischer Ansicht der Sonatenform. Das wird belegt anhand seines dreibändigen Werks Le cours de composition (1903-1905). Es zeigt d‘Indys pädagogische Annäherung an Kompo­sitionstechnik, integriert zeitgenössische musikalische Beispiele und diskutiert Aspekte seiner Reformbestrebungen in Bezug auf neue und alte Musik. Als Mitgründer der Schola Cantorum (im Jahre 1894) war d‘Indy eine wichtige Persönlichkeit innerhalb der Wiederbelebung der Alten Musik und der französischen Musik-Identität. Somit war er von zentraler Bedeutung für das Pariser Musikleben des späten neunzehnten Jahrhunderts.

D‘Indy war in seiner Zeit auch als Komponist, Herausgeber und Lehrer hoch ange­sehen. Seine Haupt-Verleger waren Durand, Hamelle und Heugel, seine Werke wurden in der zeitgenössischen Presse besprochen. Darüber hinaus wurden seine kritischen und musikwissenschaftlichen Schriften sehr beachtet: er veröffentlichte oft. Er zeigte Interesse an klassischer Musik, besonders in der Biographie Beethoven, veröffentlicht 1911. D‘Indy schrieb ausserdem kritische Werke über zeitgenössische Komponisten, darunter das Buch César Franck (1906) und den Band Emmanuel Chabrier et Paul Dukas (1920). Ausführlich beschrieb er in seinem Buch Richard Wagner et son influence sur l’art musical français (1930) den Einfluss, den Wagner auf seine Entwicklung hatte. Daneben beschrieb er die Gründung der Schola Cantorum in La Schola Cantorum: son histoire depuis sa fondation jusqu‘au 1925, 1927 gedruckt, und präsentierte seine pädagogischen Ansichten in dem zuvor erwähnten dreibändigen Cours de composition musicale.

[Poems of the shores], is an exceptional work within Vincent d’Indy’s compositional career, due to the special contextual inspiration which became a catalyst for the creation of a new, engaging and highly pictorial descriptive piece of music in four movements. Poème des rivages was written at the time d’Indy remarried: on 26th October 1920 he married a former student 36 years his junior, Caroline Jansan. This work can be read as a musical allegory to their honeymoon and new start together on the Mediterranean coast. Having begun the work in 1919, he completed the work in 1921. A review of the premiere in 1922, performed by the Concerts Colonne, noted that: ‘Si le musician a laissé cette fois les sommets un peu âpres et le langage un peu abstrait de sa période d’avant-guerre, il n’avait pas à craindre de déroger, et ce qu’il nous donne n’a pas un moindre prix’ [If the musician has left little rough peaks this time and a somewhat abstract language of his pre-war period, he did not fear a departure, and what he gives us has no lesser value] (Lindenlaub, 1922, 3). It seems, from this review, that this new work was anticipated and recognized as a departure in his style.

This little known work reveals a composer sensitive to musical imagery, produced through a texturally adventurous orchestral score, which integrates many of d’Indy’s compositional characteristics. Notably, the main thematic material is developed across all four movements. The piece uses contrasts of tempo, time signature and rhythmic motives to depict the many perspectives of the sea, but it is by no means another La Mer (Claude Debussy, 1905). Rather this seascape is a combination of scenic images and with a seeming reflection of the atmosphere of the Mediterranean coast where d’Indy and his new bride moved too. Much timbral and textural contrasts are created using contrasts in register, a large orchestra, including some new instruments, instrumental doubling and divisions and imitation between parts (some of which is novel for d’Indy at this time, notably the inclusion of four saxophones). The orchestra is large: d’Indy calls for triple woodwind, with the addition of an alto, two tenor and baritone saxophone, along with three trumpets and trombones, with the addition of a piccolo trumpet and contrabass trombone (noting that this could be replaced by a tuba). The strings are joined by two harps, celeste, piano, xylophone, cymbals and timpani.

 

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Score No.

1780

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Orchestra

Size

225 x 320 mm

Printing

Reprint

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