Haydn, Michael

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Haydn, Michael

Mythologische Operette (Sinfonia, Menuet, and Finale)

19,00 

Michael Haydn – Mythologische Operette

Sinfonia, Menuet und Finale

(geb. Rohrau / Niederösterreich, 14. September 1737 – d. Salzburg, 10. August 1806)

Vorwort
An Johann Michael Haydn, der ein grosses Oeuvre hinterliess, erinnert man sich vornehmlich wegen seiner sakralen Musik. Geboren 1737 im niederösterreichischen Rohrau begann er seine Laufbahn als Chorknabe am Stephansdom in Wien. 1763 wurde er Konzertmeister des Erzbischofs von Salzburg, wo er für den Rest seines Lebens bleiben sollte. Obwohl ihm nicht das gleiche Maß an Ruhm zuteil wurde wie seinem älteren Bruder Joseph war er ein Meister des stile antico, der fast 400 liturgische Werke schuf und mehr als drei Dutzend Messen. Sein immenser Werkkatalog und sein Ruf als exzellenter Komponist brachte ihm schliesslich die Gunst der Kaiserin Maria Theresia ein. Obwohl seine Werke fast ausschliesslich im sakralen Bereich angesiedelt waren, komponierte er auch weltliche Werke, darunter zahlreiche italienische Kantaten, deutsche Oratorien und Singspiele. Sein Schuldrama Mythologische Operette war bis vor kurzem in Vergessenheit geraten, teils wegen seines uneindeutigen Titels. Dennoch erweist es sich als wichtiges Werk, gibt es uns doch einen Einblick in das heute unbekannte Genre des Schuldrama wie auch in den Kompositionsstil Haydns auf weltlichem Gebiet.

Schuldramen waren akademische Dramen, gewöhnlich mit protestantischen allegorischen Themen, die für die Aufführung in Schulen und Universitäten geschaffen waren. Die Musik stammte normalerweise von Hofmusikern. Von 1767 bis 1771 komponierte Michael Haydn diese Dramen an der Benediktineruniversität in Salzburg. Die Aufführungen waren beliebt und für die meisten Bürger finanziell und ästhetisch zugänglich. Das Libretto der Mythologischen Operette basiert auf dem populären Gedicht von P.F. Reichsiegel mit dem Titel “Die Wahrheit der Natur, in den drey irdischen Grazien, nämlich in der Dichtkunst, Musik und Malerey.” Der Text ist ein Scherz-und Lehrgedicht, eine komische Dichtung, die moralische Lektionen vermittelt. Die Geschichte folgt dem Mentor, einer Verkörperung der Vernunft, und den drei irdischen Grazien, den Töchtern der Natur, auf ihrer Suche nach der Wahrheit. Eigentlich sollte das Drama unter dem Titel seines Librettos bekannt sein, aber Haydn nannte seine Partitur Mythologische Operette. Trotz der unterschiedlichen Titel sind sich Musikwissenschaftler darüber einig, dass es sich um Reichsiegels Vorlage handelt, denn die Namen der Charaktere aus dem original Libretto erscheinen im musikalischen Manuskript. Ausserdem vollendete Haydn seine Komposition am 7. Juli 1769, nur einige Tage vor der Aufführung von “Die Wahrheit der Natur“.

Die hier vorliegende dreisätzige Fassung der Mythologische Operette verzichtet auf die vokalen Sätze aus dem originalen Schuldrama und reduziert die sechs Orchestersätze auf die drei wichtigsten: die eröffnende Sinfonia, ein Menuett und das Finale. Alle Sätze stehen in F-Dur und ergeben ein zusammenhängendes Konzertstück.

Authentisch für den Stil des 18. Jahrhunderts ist die Sinfonia in der Sonatenform geschrieben. Das Eröffnungsthema ist ein ruhiges, dennoch vitales Unisono, das unmittelbar in eine freiere, rhythmisch orientierte forte-Melodie überleitet. Das Nebenthema ahmt das erste Thema nach, in Moll kreiert es eine stürmische Atmosphäre. Diese dunklere Stimmung weicht schliesslich einem sanften, friedlichen Abschluss und führt in den zweiten Satz. Das Menuett in dieser Ausgabe ist das zweite der zwei Menuette und Trios aus dem ursprünglichen Schuldrama, ein verspielter Satz mit einem aussergewöhnlichen Trio. Im für den galanten Stil charakteristischen Dreiertakt führen die Streicher die lebhafte Melodie durch eine rasche harmonische Entwicklung. Die Dynamik ist piano, dennoch baut das Trio mit aufsteigenden Triolen und einer hochfliegenden Melodie auf und kommt zu einem ruhigen Abschluss, bevor das Stück zum homophonen Menuett in forte zurückkehrt. Das Finale, ebenfalls in der Sonatenform, ist der mit Abstand längste Satz. Die stattliche Eröffnung macht bald den Weg frei für eine phantasievolle Linie der Violine. Spannung baut sich auf durch den Gesang der Violine, der seine Stimmungen unerwartet ändert und so die Erregung hält. Der Satz endet mit einer langen Koda, die wie der Beginn des Stücks das Gefühl einer Spannung durch stetig aufsteigende melodische Gesten und Noten der Violine eskaliert. Die Musik beruhigt sich durch einen Abschluss im piano, der den Zuhörer bis zum letzten Takt überrascht.

Insgesamt erlaubt die Mythologische Operette einen Einblick in Michael Haydns säkularen Stil und in das Schuldrama als Gattung. Trotz des etwas antiquierten Rufs, der seiner sakralen Musik anhaftet, ist das Stück mit seinen einfachen, aber dynamischen und verspielten Eigenschaften ein Zeugnis seines Interesses an der säkularen galanten Ästhetik.

Die autographe Partitur, die dieser Ausgabe zugrunde liegt, findet sich in der Musikabteilung der Nationalen Széchényi Bibliothek, Budapest, Ungarn unter der Bezeichnung “Ms. Mus. II. 112.”

Kinley Johnson, 2018

Aufführungsmaterial ist von Zenemuediado Vallalat, Budapest, zu beziehen. Nachdruck eines Exemplars der Musikbibliothek der Münchner Stadtbibliothek, München.

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