Chaminade, Cécile

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Chaminade, Cécile

Concertstück for Piano and Orchestra, Op. 40

Art.-Nr.: 1593 Kategorie:

23,00 

Cécile Chaminade – Concertstück für Klavier und Orchester, op. 40

(b. Paris, 8 August 1857 – Monte Carlo, 13 April 19

Weil Informationen über Cécile Chaminade oft ungenau sind, sei dem Vorwort zum Concertstück zunächst eine kurze Biographie vorangestellt. Cécile Louise Stéphanie Chaminade wurde am 8. August 1857 in Paris in eine musikalische Familie hineingeboren. Ihre Mutter, eine Pianistin und Sängerin, war wahrscheinlich ihre erste Lehrerin. In den frühen 1860er Jahren kaufte die Familie ein Stück Land im Dorf Le Vésinet nahe Paris, in unmittelbarer Nachbarschaft des Komponisten Georges Bizet. Vermutlich hat er Céciles außergewöhnliche musikalische Begabung früh erkannt, als sie schon mit nicht einmal zehn Jahren komponierte. Bizet drängte ihren Vater, seiner Tochter die besten Musiklehrer zu verschaffen.
Dieser verweigerte seiner Tochter den Besuch des Conservatoire, aber er arrangierte privaten Unterricht beim Pianisten Félix Le Couppey (1811-1887), der am Conservatoire unterrichtete, sowie Unterricht in Kontrapunkt, Harmonielehre und Fugenkomposition bei Augustin Savard (1814-1881). Ihr Violinlehrer war Martin Marsick (1848-1924), später studierte sie Komposition bei Benjamin Godard (1849-1895).
Als erste Oper besuchte Chaminade Meyerbeers Les Huguenots am 14. Dezember 1868. Irgendwann in den späten 1860er Jahren spielte sie Liszt vor, der fand, dass ihre musikalische Auffassung der von Chopin ähnlich sei. Tatsächlich waren ihre ersten veröffentlichten Werke 1869 – die Deux Mazurkas für Klavier – offensichtlich von Chopin beeinflusst. Als Zuhörerin erlebte sie die desaströse Premiere von Bizets Carmen am 3. März 1875. Später schrieb sie einen Essay, in dem sie Bizats Schmerz über die Ablehnung durch das musikalische Establishment beschreiben wollte. Ab dem Jahr 1875 erschienen erste Kritiken zu ihren Aufführungen als Solo- Pianistin und Teilnehmerin in den Salons. Im Haus von Le Couppey gab sie am 25. April 1878 ein Konzert, das einzig und allein aus eigenen Klavierwerken und Liedern bestand.
Am 8. Februar 1880 trat sie im Salle Erard als Pianistin mit einem Programm auf, das ihren Kompositionen gewidmet war. Dies beinhaltete zusätzlich zu solistischen Klavierwerken und den Mélodies das Klaviertrio Nr.
1, welches ein Jahr später bei Durand verlegt wurde. Ihre Suite d’orchestre op. 20 erschien 1881 in einem Programm der Société Nationale de Musique. Im darauffolgenden Jahr dirigierte sie im Haus ihrer Eltern in Paris eine private Aufführung ihrer Opéra comique La Sévillane, die viel Beifall von den anwesenden Kritikern erhielt. Auszüge daraus wurden in darauffolgenden öffentlichen Aufführungen zusammen mit der Suite d’orchestre und Orchestrationen von schon existierenden Klavierwerken gespielt, die sämtlich positive Resonanzen erhielten.
Ihr Klaviertrio Nr. 2 op. 34 wurde am 4. Februar 1886 im Salle Erard uraufgeführt. Nach seiner Publikation wurde es schnell ins Repertoire von Ensembles aus Frankreich, Belgien und der Schweiz aufgenommen. Am 16. März 1888 feierte ihr Ballet Callirhoë in Marseille Premiere und erlebte in den darauffolgenden zwei Dekaden zahlreiche Aufführungen. Eine viersätzige Orchestersuite des Werkes wurde ins reguläre Programm aufgenommen. Als die Klavierfassung im Druck erschien, wurde eine Auswahl wie etwa der Pas des Echarpes und der Pas des Amphores zu ihren bekanntesten Werken.
Das Concertstück für Klavier und Orchester wurde am 18. April 1888 in Antwerpen mit Chaminade als Solistin uraufgeführt. Bei dieser Gelegenheit spielte das Orchester der Société de Musique des Cercle Catholique unter Leitung von Joseph Moreal ebenfalls die Uraufführung ihrer dramatischen Symphonie Les Amazones (mit Chor und Vokalsolisten). Bei den Lamoureux-Konzerten in Paris führte Chaminade am 20. Januar 1869 das Concertstück mit großem Erfolg auf. Später sagte sie, dass ihre eigentliche Karriere als Musikerin mit diesem Konzert begann. Louise Steiger, der Chaminade die gedruckte Fassung widmete, spielte zwei Aufführungen im Jahr 1889 – eine in Angers beim 14. Concert Populaire und eine weitere im Salle Pleyel (Paris) unter der Leitung von Edouard Colonne. Ein weiteres Konzert gab Chaminade im Salle Erard (Paris) am 30. Januar 1890 und zusammen mit Amina Goodwin in der Fassung für zwei Klaviere in der St. James’s Hall in London am 23. Juni 1892. Außerdem führte Louis Livon das Stück 1892 in Marseille auf.
Unter dem Dirigat von Chaminade spielte Willy Rehberg das Werk am 19. Februar 1894 in Genf; in einer weiteren Aufführung mit der Société Philharmonique am 16. März 1894 in Reims übernahm sie selbst den Klavierpart. Die erste Aufführung in Nordamerika fand in Chicago mit Hans Schiller am Klavier und dem Theodore Thomas Orchestra statt. Auf ihrer Konzertreise durch Nordamerika im Jahr 1908 spielte Chaminade das Concertstück zweimal mit dem Philadelphia Orchestra unter der Leitung von Carl Pohlig. Derweil fanden weitere Konzerte statt oder waren geplant, insbesondere mit der Fassung für zwei Klaviere und gelegentlich auch die für Orchester.
In den 1880er Jahren schrieb Chaminade groß angelegte Werke, wendete aber anschließend ihre Aufmerksamkeit fast ausschließlich der Komposition von Klavierstücken und weiteren melodies zu. Mit dem Tod des Vaters im Jahr 1887 und der damit verbundenen Verschlechterung ihrer finanziellen Lage ging neben ihrer sehr regen Konzerttätigkeit ein Veränderung in ihren Kompositionen einher. Die Veröffentlichung eines salon-typischen Repertoires war lukrativer und tatsächlich auch von den Verlegern gefordert. Ihr einziges größeres Werk war das Concertino für Flöte und Orchester op. 107, das für das Pariser Conservatoire geschrieben wurde. Als im 20. Jahrhundert Kompositionsstile aufblühten, für die Chaminade wenig Sympathien hatte, entstand durch die Beliebheit ihrer populäreren Werke in der Öffentlichkeit und bei den Mitgliedern zahlreicher Chaminade-Clubs, die sich in Nordamerika gebildet hatten, ihr Ruf einer Salon-Komponistin. Tatsächlich geriet Chaminades Musik noch vor ihrem Tod in Monte Carlo am 13. April 1944 in Vergessenheit.
Im Frankreich der 1870er Jahre gab es zwei kompositorische Lager. Wegen des starken Einflusses von Wagner auf Komponisten wie etwa d’Indy erhielt das erste den Titel „Petit Bayreuth“, während das zweite, die Société nationale de musique, 1871 von Saint-Saëns und Bussine gegründet worden war. Chaminade hatte mehr mit letzterem gemein, war jedoch nicht gegen Einflüsse Wagners immun, wie es im Anfangsthema des deutsch betitelten Concertstücks zu hören ist. Die eröffnende aufwärtssteigende reine Quarte über einer leeren Quinte (Violinen im Tremolo) erinnert an das Anfangsthema von Wagners Der fliegende Holländer.
Die einsätzige Komposition beinhaltet vier Themen. Das Orchester präsentiert das erste Thema in den Takten 1 bis 10 in cis-Moll, gefolgt von dem eher lyrischen zweiten Thema, das durch eine aufwärtssteigende leere Quinte (Takte 11-18) gekennzeichnet ist, die von den Celli und Fagotten in A-Dur eingeführt. Der Solist steigt mit einer Übergangspassage ein, die an Liszt erinnert, und präsentiert das erste Thema in der linken Hand,
während die rechte Hand gebrochene Akkorde und Tremoli spielt. Den zweiten Einsatz des zweiten Thema in E- Dur (Takte 64-91) führen die Violinen ein, während der Pianist aufsteigende Skalen mit zahlreichen Vorschlägen spielt. In der daraus resultierenden Struktur erklingen Einflüsse der exotischen Janitscharenmusik, die Chaminade später durch den Gebrauch natürlicher Moll-Skalen und türkischer Schlaginstrumente im Orchester (Triangel, Zymbeln, große Trommel) ausbaut.
Im langsameren Tempo stellt das Orchester das dritte Thema in A-Dur vor (Takte 92-117), und das Klavier nimmt bald die lyrische Stimmung auf, die auf der häufigen Verwendung der reinen Quarte beruht. Allmählich zum Anfangstempo zurückkehrend, führt das Klavier das vierte Thema (Takte 118-133) in Des – Dur ein, der enharmonischen Durvariante der ersten Tonart. Anders als die anderen Themen ist es durch eine absteigende Sexte gekennzeichnet.
In der Präsentation der vier Themen baut Chaminade nicht auf ein einziges Motiv eines Themas, sondern kombiniert häufig kontrapunktisch Elemente zweier verschiedener Themen. Das zweite Thema – in dieser Fassung mit verminderten Septimen (Takte 140-147) –, erzeugt weiterhin eine orientalische Stimmung. Eine lange Passage (Takte 163-232) folgt in Gis-Dur. Dieses hauptsächlich neue thematische Material beinhaltet von Zeit zu Zeit die wichtigen Intervalle vorangegangener Themen und setzt auffällig viel Staccati und Vorschläge in den brillanten Passagen des Klaviers ein. Das dritte Thema taucht erneut in den Takten 233-248 in E-Dur als Klaviersolo auf. Eine brillante Übergangspassage folgt und führt in die Reprise.
Nur das Orchester führt das erste Thema in f-Moll aus, das Klavier spielt erneut Skalen und Vorschläge, während das Orchester das zweite Thema in E-Dur vorstellt. Brillante Skalen des Klaviers führen in die Vorstellung des dritten Themas in Des-Dur durch das Orchester, die der Pianist mit einer Tremolo-ähnlichen Begleitung unterlegt. Eine große Verdichtung führt in eine ebenfalls dichte Struktur des Klaviers, in der die verzierende Motivik des vierten Themas in Des-Dur erklingt. Das Orchester verkündet das Thema, umgarnt von brillanten Passagen des Solisten.
Die Coda (Takte 337-395) bleibt in Des-Dur und benutzt das Material, das zuerst in Takt 163 auftauchte. Der Klavierpart ist mit seinen interessanten Gegenrhythmen und häufigen Handwechseln in virtuosen Passagen vielfältiger und komplexer.
Bei ihren Orchesterwerken erhielt Chaminade oft Lob für die Orchestrierung und den farbenreichen Einsatz verschiedener Instrumentengruppen wie etwa von Bläsern und Schlagwerk. Einige Quellen zufolge erhielt Chaminade bei der Orchestrierung des Concertstücks Unterstützung durch ihrem Schwager Moritz Moszkowski. Harmonisch gesehen setzt die Komponistin die Chromatizismen der Romantik ein, gelegentlich kommt es zu harmonischer Mehrdeutigkeit durch nicht-funktionale Fortschreitungen und Hinzufügung von Sekunden und Sexten zu Akkorden, was gelegentlich an Polytonalität grenzt. Als Beispiel dienen die Takte 122-125, in denen die verminderte Septime nicht aufgelöst wird.
Im Concertstück zeigt Chaminade die Beherrschung pianistischer Techniken häufig im Gebrauch von Gesten, die über fünf Oktaven verschiedene Arten von Skalen und Arpeggien umfassen. Durch die beiden Haupttempi – Allegro und Allegro moderato – verlangt sie vom Pianisten die Kreation verschiedenster Stimmungen. Die Allegro-Passagen sollten durch Witz und Launigkeit glänzen, während die melodischeren Teile, für die sie berühmt war, im Allegro moderato geschrieben sind, das mehr dramatische und kraftvolle Ausbrüche erlaubt.

Elaine Keilor, 2014

Aufführungsmaterial ist von Enoch, Paris, zu beziehen. Nachdruck eines Exemplars der Vera Oeri-Bibliothek der Musik

Akademie Basel, Basel.

Partitur Nr.

1593

Edition

Repertoire Explorer

Genre

Tasteninstrument & Orchester

Seiten

74

Format

Druck

Reprint

Anmerkungen

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