Busoni, Ferruccio

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Busoni, Ferruccio

Concertino for clarinet and small orchestra Op. 48 (Piano Reduction/Solo)

Art.-Nr.: 991b Kategorien: ,

14,00 

Ferruccio Busoni

(geb. Empoli, 1. April 1866 – gest. Berlin, 27. Juli 1924)

Concertino für Klarinette und kleines Orchester, op. 48 (1918)

Vorwort
Gegen Ende seines Lebens, als er noch an seinem asketisch-strengen, jedoch schließlich unvollendet gebliebenen Hauptwerk Doktor Faustus arbeitete, nahm sich Ferruccio Busoni die Zeit, um zwei Instrumentalwerke zu komponieren, die zu den liebenswürdigsten Schöpfungen aus seiner Feder gehören: das Klarinettenconcertino op. 48 (1918) und das Divertimento op. 52 für Flöte und kleines Orchester (1920). Tatsächlich wurden diese beiden Werke als eine Art musikalisches Diptychon konzipiert; in einem Brief an seinen Freund Albert Biolley sprach er 1920 vom Concertino: „C’est un ‚pendant‘ au Concertino de Clarinette; plus fantastique peut-être, peut-être aussi plu viril. Et une idée plus court (probablement par ‚l’idée‘ qui m’a manquée)“. Wie das Wort „viril“ bereits andeutet, handelt es sich beim Concertino wohl um den weibliche Teil einer männlich-weiblichen musikalischen Werkpaarung – eine Verbindung, die in anderen Werkpaaren aus diesem Zeitraum ebenfalls vorkommt, wie etwa in den Sarabande und Cortège von 1918/19, die später in die Oper Doktor Faustus Eingang fanden.

Das Concertino entstand rasch im März-April 1918 und wurde Edmonda Allegra, der Soloklarinettistin des Tonhallenorchesters in Busonis damaliger Wahlheimat Zürich, gewidmet. Am 10. Mai 1918 wurde das neue Werk vom Tonhallenorchester in Anwesenheit des Komponisten durchgeprobt, der – wie auch das ganze Orchester – seine vollkommene Zufriedenheit zum Ausdruck brachte. Die Uraufführung fand am 9. Dezember 1918 ebenfalls in Zürich statt, als der getreue Busoni-Freund Volkmar Andreae das Tonhallenorchester unter Mitwirkung der Widmungsträgerin Edmonda Allegra dirigierte. Das neue Werk wurde vom Publikum wie von den Musikern gleichermaßen bejubelt, worauf sich das Concertino – um mit dem Busoni-Biographen Antony Beaumont zu reden – „einen unspektakulären Platz im Repertoire behaupten konnte“. Im gleichen Jahr wie das seiner Entstehung wurde das Werk bei Breitkopf & Härtel als Partitur verlegt (Breitkopf & Härtel Partitur-Bibliothek Nr. 2480). Gleichzeitig wurde eine Bearbeitung für Klarinette und Klavier von Otto Taubmann besorgt, die 1920 ebenfalls bei Breitkopf & Härtel in Druck erschien.

Das Concertino erhielt eine sehr durchsichtige Besetzung für ein „orchestrino“ (Busonis drollige Bezeichnung), das aus jeweils zwei Oboen, Fagotten und Trompeten nebst Schlagzeug (einschl. Triangel) und Streichern besteht. Der Leichtigkeit der Instru-mentierung entspricht auch die Leichtigkeit des musikalischen Duktus: Im Grunde genommen handelt es sich beim Concertino um eine zehnminütige Kantilena für Klarinette, bei der das Orchester eine ausgesprochene Nebenrolle spielt. Angelegt wird das Werk in einem einzigen Satz, der sich jedoch in vier Abschnitte unterteilt, um etwa die Form eines knapp gefaßten dreisätzigen romantischen Instrumentalkonzerts zu umreißen. Der lyrisch ausladende, eindeutig tonal konzipierte Anfangsteil vermittelt das Gefühl eines historischen Pastiche, der die ungefähr gleichzeitig entstandene Suite Le bourgeois gentilhomme von Richard Strauss oder die Klassische Symphonie von Sergej Prokofiew (beides 1917) in Erinnerung ruft. Staccato-Begleitfiguren im Stile Rossinis stehen neben Tarantella-Passagen in raschen Triolen und an Weber mahnenden Klari-nettenrouladen, um einen Gesamteindruck von zierlich-filigranen Stilzitaten hervorzurufen. Nach einer stark gekürzten Reprise mündet der Anfangsteil in den zweiten Abschnitt: einen langsamen Walzer von gegensätzlichem Charakter mit einer seltsam umherwandelnden Tonartlichkeit und einer gezupften Baßbegleitung, die an die gleichzeitig entstandenen Studie für Doktor Faustus – die Sarabande (1918/19) – stark erinnert. Dieser langsame Satz entspringt einer verworfenen Liedvertonung des bekannten Lieds des Gretchens “Es war ein König in Thule“ aus dem 1. Teil von Goethes Faust. Eventuell fiel Busoni die Grundähnlichkeit seines Liedentwurfs mit der berühmten Vertonung des gleichen Gedichts durch Hector Berlioz in Fausts Verdammnis (“Le Roi de Thule”) auf, denn daraufhin verwarf er seinen Entwurf insgesamt und verarbeitete einige der melodischen Ideen und des rhythmischen Impulses in den langsamen Satz des Concertino, wobei er einen weltentrückten, bedrohlich wirkenden Ton in diese sonst heiter-ausgewogene Komposition einfließen ließ. Auf diesen langsamen Teil folgt – wie im Violinkonzert Mendelssohns – ein kurzer Abschnitt mit orchestralem Rezitativ, das direkt ins Finale führt, wo die Hauptmelodie zunächst der Solooboe mit Begleitung von Klarinettenarpeggi zugeteilt wird. Schließlich wird ein gemächlich daherschreitender, komisch gestelzter Menuettrhythmus eingeführt, dessen Aura später zur Begleitung des Auftritts des Herzogs und der Herzogin von Parma in Doktor Faustus dienen sollte. Mit einer schwungvoll aufsteigenden chromatischen Tonleiter von der Klarinette, gefolgt von einem kurzen akkordischen Epilog, kommt das Concertino zu einem gutgelaunten und durchaus befriedigenden Abschluß.

Seit seiner Entstehung im Jahre 1918 hat das Klarinettenconcertino Busonis einen bescheidenen, jedoch würdigen Platz im zugegebenermaßen beschränkten Repertoire der konzertanten Werke für Klarinette behalten können und wurde auch verschiedentlich auf Tonträger aufgezeichnet, worunter die Einspielungen von Ulf Rodenhauser mit dem Berliner Rundfunksinfonieorchester (Dir. Gerd Albrecht), Ludmila Peterková mit der Prager Kammerphilharmonie (Dir. Jiři Bĕlohlávek), Paul Meyer mit dem English Chamber Orchestra (Dir. David Zinman) sowie John Bradbury mit dem Philharmonischen Orchester der BBC (Dir. Neeme Järvi) besonders zu erwähnen sind.

Bradford Robinson, 2010

In Fragen des Aufführungsmaterials wenden Sie sich bitte an Breitkopf und Härtel, Wiesbaden.

Partitur Nr.

991b

Edition

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Genre

Solo Instrument(e) & Orchester

Format

Anmerkungen

Druck

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